Templer in der Lorraine
Im März 2007 war die Lothringen-Visite zu knapp geplant. Wie sich durch
inzwischen neu erworbene Literatur ergab, hätte es dort noch mehr zu entdecken
gegeben. Im September 2008 machte ich mich für einen Tagesausflug auf, um die
Versäumnisse nachzuholen. Ich habe den Trip unterschätzt.
Am Ende des Tages hatte ich 700 Kilometer auf dem
Tacho (!) und der Tank war leer, als ich schließlich im Elsass rechtzeitig zum
Abendessen eintraf.
Meine Reise führte mich durch drei der vier Departements der Région Lorraine,
bestehend aus 55 Meuse, 54 Meurthe-et-Moselle, 57 Moselle und schließlich 88
Vosges.
1. Station 57120 Pierrevillers
Ein grosser Templerhof ist dort durch Urkunden nachgewiesen.


Architektonisch sind die Spuren nur noch gering,
alle Häuser dieses Hofes stammen aus 1820+, was nahelegt, dass in der Revolution
hier radikal gewütet würde.
Hier ein Blick auf die inzwischen
längst zur Pfarrkirche umgewandelte ehemalige Komtureikapelle:

Etwas komisch mit den Templern in Lothringen.
Einerseits hört man, sie seien dort genauso unnachsichtig verfolgt worden, wie
im Königreich Frankreich. Andererseits weiss man, dass die Templer dort faktisch
erst 1319 aufgehört haben, zu existieren und bis dahin noch zahlreiche
Einrichtungen offiziell in ihrem Besitz hielten.
Hier in Pierrevillers gibt es dafür ein steinernes Indiz. Auf einem Stein in
dieser Kirche gibt es ein lateinisches Memento auf das Ende der Templer in 1314.
Ich kam leider nicht rein und hatte auch keine Zeit, lange nach dem Schlüssel zu
fragen, denn es stand noch einiges auf dem Programm.
Dann südlich runter an dem rechten
Ufer des französischen Teils der Maas entlang zu
2. Station 55500 Dagonville
im Departement Meuse

Ob das eine Templerkirche ist, muß offenbleiben. Der Chor und die Apsis könnten
aus der Templerzeit sein. Man wird annehmen können, dass diese Kirche von den
Tempelherren mitbenutzt wurde, aber ein Hinweis fand sich nicht. Die commanderie
soll ausserhalb liegen. Ich habe sie indes nicht gefunden. Es konnte mir auch
niemand helfen.
Der nächste Templerort war nur
einige Kilometer entfernt, nach Osten vielleicht 20 Kilometer. Meine
3. Station 55300 Marbotte
Im Dorf selbst war nichts templerisches zu erkennen, eine Kirche, die ihre
Ursprünge vielleicht im Mittelalter gehabt haben könnte, und ein paar Hinweise
auf nahe Kriegsgräber aus dem "Grossen Krieg" 1914 - 1918. Die Mairie war offen,
mein Glück. Die Templer seien nicht hier im Ort gewesen, sondern am westlichen
Ortsausgang in einer sog. ferme. Ob ich dort einfach hineinkönne? Ich
müsse mir natürlich die Gestattung durch den Eigentümer verschaffen. Ok, dann
also los, von der Landstrasse über einen Holperweg (hab ich schon erwähnt, dass
sich das Menzomobil im Bedarfsfalle pneumatisch um 10 cm anheben lässt?
) den Hang hinauf, da sah ich das:

Das Auto abgestellt, zu Fuß näher
hingepirscht, zum Eingang, den man in obigem Bild etwas links neben der
Bildmitte erkennen kann:

Immer noch keine Menschenseele,
alles total ruhig. Der Eingang im Hintergrund, jawollja, das war es, was ich
suchte. Niemand, der auf mein Rufen reagierte, aber auch nichts, was weiteres
Hereinschleichen verhindern sollte.
Einen Schritt weiter:

Sieht schon sehr nach
commanderie aus, was kommt, wenn man vollends im Hof steht:

Was ich nicht wußte: In dieser Kapelle gibt es
Deckenmalereien, die noch zu besichtigen sind.
Ich fuhr weiter östlich, nach Toul,
einer grösseren Industriestadt. Dort lenkte mich der Navi in unmittelbarer Nähe
eines hässlichen Gewerbegebietes von der Hauptstrasse runter. Ich geriet in ein
landwirtschaftliches Anwesen mit mehreren Häusern. Nachdem ich mir von den
Anwohnern hierzu die Erlaubnis eingeholt hatte, fuhr ich noch 50 Meter
weiter, dann tauchte das hier unerwartet vor meinen Augen auf:
4. Station 54200 Libdeau

Tolle gotische Rosette. Starker
Verfall des Gebäudes, seit mehr als einem Jahrhundert wohl nur als Stall oder
Scheune benutzt. Seitenansicht:

Betreten strikt untersagt! teilten mir
verwitterte Schilder auf den fast offenen Holztüren mit. Richtig hineingelangen
konnte oder sollte man besser nicht. Die Türen liessen sich nur ein Stück
öffnen. Von der Decke bröselte es Staub und Steine, also machte ich nur ein paar
Bilder und zog mich wieder hinaus.
An der Fassade stellte ich wieder Kragsteine
fest, eine ähnliche Einrichtung, wie wir sie letztens an der Templerkapelle von
33 Magrigne diskutiert haben.

Falls dies die Spuren eines ehemaligen
Aussichtsbalkons gewesen sind, hätte man von diesem Balkon aus die Strasse, die
von Toul aus nach Nordosten führt, bestens im Blick gehabt.
Die letzte Station an diesem durchaus
anstrengenden Tag sollte 57260 Gelucourt sein. Hier gab es noch
die Überreste einer Templerkapelle zu sehen, deren Schiff bereits abgetragen
war. Nur noch der Chor blieb stehen:

Nun freute ich mich auf ein reichhaltiges Abendessen im Elsass und überquerte
die französisch-elsässische Sprachgrenze nach Osten ins Departement Bas-Rhin.
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