Die Templer in Polen
Wie letztes Jahr angekündigt, stand noch eine Erkundungsreise zu den Templern in Polen an. Die mußte aber bis ins neue Jahr aufgeschoben werden. Erst im Februar kam ich wieder nach Berlin, und konnte die Gelegenheit für eine Reise nach Polen nutzen. Die Fahrt ging von Berlin in Richtung Küstrin,
Auf besonderen Wunsch einer Interessentin zeige ich gerne noch ein Foto vom modern renovierten Innenraum dieser Kirche:
Wir beendeten diese Etappe in der nahen Kleinstadt Mysliborz und brachen am nächsten Morgen weiter nach Norden auf, in Richtung Szczecin / Stettin, der Hauptstadt dieser Woiwodschaft, einer respektablen Grosstadt mit wichtigem Ostseehafen. Auf dem Weg dahin waren drei Templerorte zu erforschen.
Erster Zwischenstopp in der Gemeinde 74-110 Banie. Dass die Templer hier gewaltigen Grundbesitz geschenkt bekamen, ist durch entsprechende Urkunden sicher belegt. Die Kirche in der Stadt hat ersichtlich nichts mit den Templern zu tun. Ein verblichener Hinweis führte zu einer Kapelle St. Georg. Wir liessen uns von Passanten den Weg dahin zeigen und fanden am Ortsrand tatsächlich diese Kapelle, die von den äusseren Abmessungen, vom Baustil und von der offensichtlichen Entstehungszeit sehr gut eine Templerkapelle sein könnte. Ich habe dazu aber bisher noch keine Literaturstelle finden können.
Kaplica ´sw Jérzego, 74-110 Banie
Westfassade:
Ein Blick durchs Fenster in den spartanisch ausgestatten Innenraum
Man kann den Urzustand der Kapelle auf diese Weise studieren
Für diese Innenfotos wurde kurzerhand das Leichtgewicht unserer kleinen Reisegesellschaft geschultert. Sie mußte sich in die Fensterlaibung hocken und die Kamera durch eine recht kleine geöffnete Fensterscheibe praktisch "blind" in den Raum hineinhalten.
Zum Abschied noch den Ostchor:
Der nächste Stopp sollte der angeblichen Templercommanderie von Wildenbruch gelten. Der Ort ist nicht allzuweit von Banie entfernt und heißt heute 74-110 Swobnica. Nach einer kolorierten Postkarte aus 1900 soll es sich bei dem dort vorzufindenden Anwesen um einen Besitz der Tempelritter handeln.
Das gesamte Anwesen ist stark verfallen und einsturzgefährdet. Es ist für die Öffentlichkeit unzugänglich. Es gibt auch keinerlei Hinweisschilder und es wäre ohne die Hilfe von Passanten garantiert nicht zu finden gewesen. Es liegt ausserhalb der Ortschaft, ist von der Landstrasse aus nicht zu sehen und nur über einen kopfsteinbepflasterten Feld- und Waldweg zu erreichen. Wir haben gut eine halbe Stunde gebraucht, um den Zugang zu finden:
Ja, es hat sich einiges verändert. Man wird die eine oder andere Glühlampe und Tapete ersetzen müssen, und vielleicht doch noch einiges mehr, wenn man mit diesem Gebäude noch einmal etwas anfangen will.
Ob dieses Gelände tatsächlich etwas mit den Templern zu tun hat, ist heftig umstritten. Urkundlich erwähnt ist jedenfalls, dass es ab 1382 den Johannitern gehörte (Lehmann/Patzner, Die Templer im Osten Deutschlands, S. 67, 73, 74). Lehmann/Patzner lehnen die Annahme ab, dass die Templer hier Grundbesitz hatten. Wilcke dagegen ist davon überzeugt und zitiert zum Beweis seiner Ansicht eine lateinischen Quelle (Ferdinand Wilcke, Die Geschichte des Ordens der Tempelherren, 2. Aufl. 1860, Neudruck 2005, S. 398 m.w.N.) . Eine weitere Bestätigung dieser Annahme liefert
Lassen statt der alten Bücher noch die Bilder dieses etwas unheimlichen Ortes auf uns wirken:
Der gotische, in schwindelnder Höhe befindliche Türstürz beweist, dass es sich hierbei um eine mittelalterliche Anlage handelt
Die stark verfallenen Hauptgebäude könnten aus dem siebzehnten oder achtzehnten Jahrhundert stammen. Hineinzugehen war nicht unmöglich, erschien aber lebensgefährlich. Die Holztreppen wirkten morsch, die Türstürze bestanden aus teilweise losen Ziegeln. Wir haben uns nur in zwei, drei Räume der untersten Etage des Haupthauses des Schlosses hineingewagt und fanden Reste wunderschöner Stuckdecken:
Dieses verfallene Nebengebäude könnte aus der Templerzeit stammen, es zeigt wieder die bekannten exakt behauenen Feldsteine, die ich bei den erwiesenen Templerkapellen in der gesamten Region schon mehrfach feststellen konnte. Ein Beweis ist das natürlich nicht, denn diese Steine wurden auch für andere Kirchen aus der Zeit benutzt.
Die vorerst letzte Station meiner Templerfeldforschungen in Polen liegt in dem Ort 74-500 Rurka. Man kannte aus dem Netz Fotos von einer stark "vom Zahn der Zeit angenagten" kleinen Kapelle, die erst kürzlich durch Sanierungsarbeiten am Dach vor dem Totalverfall wirksam bewahrt wurde. Ausserhalb der Ortschaft wurden wir fündig. Die Anlage wurde - auch gestützt durch EU-Mittel - von örtlichen Archäologen sondiert und es wurden Ausgrabungen vorgenommen. Auf dem Gelände eines ehemals wohl begüterten Landsitzes nähert man sich der Kapelle, die nicht ganz leicht zu finden war, mit diesem Blickwinkel:
Die gelben Schilder besagen, das sei Privatbesitz und das Betreten sei verboten.
Ein älterer Herr, der in einem Häusschen nahe bei der Kapelle lebte, gestattete uns aber doch, die Kapelle zu umrunden und Fotos zu machen. Er sagte uns, dass das gesamte Gut kürzlich von einem begüterten Investor erworben wurde, der hier ein Gestüt in großem Stil aufziehen werde. Der Investor würde auch das ziemlich verfallene Schloss wieder instandsetzen lassen. Die Kapelle wolle er in einem Freizeitpark der Öffentlichkeit zugänglich halten. Die Schilder würden vor allem vor etwa herabfallenden Steinen warnen.
Mir scheint, Vorsicht ist gewiss nicht unangebracht. Das müßte die Ostfassade sein.
Von dem Herrn erfuhren wir, dass das Kapellengebäude einst als Schnapsbrennerei umfunktioniert worden war. Man sieht die Spuren ehemaliger Anbauten. Offenbar war hier auch ein Raum mit einer stark russenden Feuerstelle vorhanden.
Rurka hiess früher auf deutsch Rörchen. Es gibt tatsächlich eine typische polnische Süßsspeise, die aus einem mit Sahne gefüllten Waffelrolle besteht und ebenfalls Rurka heisst.
Mit diesem letzten Bild der Kapelle von Rurka möchte ich mich von meinem Templertrip nach Polen verabschieden