Im Oktober bekam meine Frau zum Geburtstag eine Reise nach Tortosa im Süden Kataloniens. Wir wollten da schon länger einmal hin. Es liegt ca 170 Km südwestlich von Barcelona. Auf der Mitte der Strecke befindet sich die Provinzhauptstadt Tarragona und der Flughafen Reus. Die Übernachtung hatte ich im Voraus im „Torre del Prior“ gebucht, einer ehemaliegen Niederlassung der Templer, die vor einigen Jahren in ein Bed-and-Breakfast Haus umgewandelt wurde. Die Unterkunft ließ kaum Wünsche offen. Einzelheiten finden Sie hier: Torre del Prior
1. Torre del Prior, Tortosa
Das Anwesen befindet sich ca. 2 Km nördlich von Tortosa an der C-12. Es liegt links von der Landstrasse. Die Ausfahrt ist schlecht beschildert. Wenn Sie von Norden kommen, können rechts nach Jesús abbiegen, im Kreisel wenden und dann über die Landstrasse hinwegfahren. Ich habe die Stelle aus Google Maps herauskopiert, um Ihnen ggf. eine lange Suche zu sparen.
Sie erwartet eine traumhaft gelegene und gestaltete Unterkunft, geräumige und moderne Zimmer, ein ordentliches Frühstück und im Sommer sogar ein Pool.
Torre del Prior, Camí de la Torre del Prior, 43500 Tortosa
Blick aus dem Zimmer auf das Ebro-Tal
Aus einem maroden Stall …. (das Foto hängt im Empfangsraum)
… wurde – mit viel Liebe zum Detail – eine schicke Empfangs-Lounge
Und so sah der Torre del Prior vor 2005 aus. (Copyright Fuguet y Plaza)
2. Stadt Tortosa
Im Jahre 1148 gelang dem Grafen Ramón Berenguer IV von Barcelona – unter Mithilfe der Templer, der Herrscher von Montcada und der Genueser – die Eroberung der Stadt Tortosa. Die Stadt wurde zu je einem Fünftel unter den Templern, denen von Montcada, dem Grafen von Barcelona, der Krone von Aragon und den Genuesern aufgeteilt. Die Templer vergrößerten Ihren Einfluß durch Schenkungen – auch und vor allem des Königs – und konnten schließlich auch den Teil der Genueser unter ihren Besitz bringen. Am Ende erlangten sie praktisch die Macht über die ganze Stadt Tortosa, bis auf die Burg Zuda (Fuguet y Plaza, S. 96 – 97).
Das Castillo de la Zuda ist nie eine Templerburg gewesen. Die Burg wurde im zehnten Jahrhundert von dem andalusischen Herrscher Abd al-Rahman III errichtet. Nach der Übernahme der Stadt durch die christlichen Eroberer diente sie erst als Gefängnis und wurde nach 1213 von König Jaume I als königliche Residenz beansprucht (La Ruta del Temple).
Castillo de la Zuda, Tortosa
Arabische Inschrift an einem Haus nahe der Kathedrale. (Foto: Beate Menzendorff)
Der Eingang zu Bischofspalast, Carrer de Cruera, Carrer de Palau, Tortosa
Bischofspalast, Obergeschoß
Der Bischofspalast von der Uferstrasse
Beim Spazieren durch die Altstadt, bzw. den Rest, der von ihr noch übrig geblieben ist, nahmen wir zufällig ein Johanniterkreuz aus dem 17. Jahrhundert an einem Gebäude war.
Wappen der Johanniter
Sitz der Johanniter in Tortosa
Kathedrale Santa Maria de Tortosa
Von den Templern ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Das ist in Städten zumeist der Fall, weil die Grundstücksspekulation schon sehr früh eingesetzt hatte. (Fuguet, S. 98). Der Platz, an dem sich früher der „Convento del Temple“ und die „Puerta del Temple“ befunden haben, sieht heute so aus:
Straßenkreuzung in Tortosa
3. Torre de Campredó
In der Region am Unterlauf des Ebro befinden sich zahlreiche Verteidigungstürme, die wohl die Aufgabe hatten, das Hinterland vor Angriffen von See zu schützen und zu warnen. Und gegebenenfalls das Eindringen auf dem Fluß Ebro zu unterbinden. Die Templer unterhielten diese Türme zusammen mit den Johannitern und anderen Mächten, um die Mündung des Ebro zu schützen. Einer der am besten erhaltenen Exemplare davon, der Torre de Campredó
Torre de Campredó aus dem 13. Jahrhundert
gehörte den Templern und befindet sich ca 10 Km Luftlinie von Tortosa entfernt in der Nähe des Flusses Ebro einerseits und der Fernstrasse nach Tarragona andererseits, auf halben Weg zwischen den Gemeinde Camp Redó und Aldea.
Nach der Legende war zwischen diesem Turm mit quadratischem Grundriß und der „Hospitalaria de la Carrova“ auf dem anderen Ufer des Ebros eine Kette ausgelegt, die bei Bedarf gespannt werden konnte, um das Eindringen von Wasserfahrzeugen zu verhindern (Fuguet y Plaza, S. 98).
Seitenansicht mit Ausguck auf den Fluß.
4. Torre de Burjassénia
Der zweitbesterhaltene Templerturm in der Region ist der Torre de Burjassénia in der Nähe der Gemeinde Aldea, ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert. Die Templer haben den Turm um 1200 von der Familie von Montcada gekauft (Fuguet y Plaza, S. 98 und wikipedia).
Seitenansicht Torre de Burjassénia, Aldea
Der Turm ist 14-16 m hoch und hat einen Durchmesser von 5-6 Metern am Boden (Quelle laldea.cat). Der Eingang ist sehr niedrig. Es befinden sich Fenster im Turm. Im Gemeindegebiet von Aldea gibt es vier solche militärischen Verteidigungstürme.
Zum Anwesen, das im Mittelalter mit einer hohem Mauer umgeben war
– von der noch Reste erhalten sind – gehört ein
Herrenhaus, wohl aus dem 17. Jahrhundert,
sowie zahlreiche kleinere Gebäude und eine Kapelle. Ein besonderes Rästel gab mir jedoch dieses Bauwerk auf:
Man konnte vor Ort nicht erkennen, was es damit auf sich hatte. Es gab keine Hinweisschilder und keine Chance, hineinzuschauen. Es mutet an, wie ein Tempel. Die Säulen scheinen aus der Römerzeit zu stammen.
Sehen wir uns die beiden Türme und die strategische Situation auf der Karte an, wird der Grund
für die Auswahl des Platzes schnell offensichtlich. Zwischen Tortosa, Campredó und Burjassénia besteht Sichtverbindung, wenn man auf die Wachtürme steigt. Alle drei Stationen liegen in Sichtweite zu Ebro. Die beiden Türme Campredó und Burjassénia liegen zudem auch noch an der alten Römerstrasse Via Augusta, der heutigen N-340 bzw. der alten N-340 a von Tarragona nach Valencia. Der Torre de la Burjassénia grenzt sogar punktgenau an die alte Trasse.
Mas de Bujassénia, direkt an der alten Römerstraße N-340 a
Als ich vor Ort war, wußte ich noch nicht, dass die Römerstraße hier vorbeiführte. Das ergab sich erst aus der Lagekarte. Ich vermute daher, dass die Säulen von einer Einrichtung an der alten Römerstraße stammen, was bedeuten könnte, dass die Templer hier vielleicht eine Straßenstation aus der Römerzeit „wiederbelebt“ haben. Das ist aber nur eine Arbeitshypothese. Ich habe bisher noch nichts dazu in der Literaur gefunden.
Nach dieser Entdeckung sahen wir den Reisbauern im Ebro-Delta etwas bei der Arbeit zu, wie sie mit Spezialtraktoren die schlammigen Reisbecken bearbeiteten. Diese Fahrzeuge haben keine Räder, sondern Lamellenwalzen, die an Heck-Schaufelräder von alten Flussschiffen erinnern.
Anschließend fuhren wir in das schöne Örtchen Sant Carles de la Ràpita – das ganz im Süden an der Grenze von Katalonien liegt – und gönnten uns dort ein leckeres Mittagessen mit Muscheln als Vorspeise und Paella als Hauptgericht, tranken ein paar Gläser krachend kaltend Weisswein dazu und legten uns anschließen glücklich und zufrieden zum Mittagsschläfchen ans Meer. Das Leben kann so schön sein ….
5. Horta de Sant Joan
Am nächsten Tag brachen wir gleich nach dem Frühstück in Richtung Norden auf, in die Comarca Terra Alta. Es standen fünf Orte auf dem Plan, die nicht allzuweit auseinanderlagen und mehr oder weniger mit dem Templerorden in Verbindung zu bringen sind. Das erste Ziel war Horta de Sant Joan.
Die Ortschaft wurde von Alfons, dem Trobadour, genannt auch „el Cast“ 1160 erobert und er übertrug die Herrschaft über sie im Jahre 1174 an die Templer (wikipedia) . Um 1185 erhielten die Templer vom Bischof von Tortosa sämtliche Rechte über die ganze Ortschaft (Fuguet y Plaza, S. 105).
Kirchplatz Sankt Johannes in Horta de Sant Joan
Alle Häuser hier stammen aus dem Mittelalter und gehörten einst den Templern.
Fenstersturz aus dem 13. Jhr.
Straßenschild: Straße der Ritter
Der hl. Georg, Schutzpatron der Templer
Kirchplatz
Nicht im Ort, sondern vielmehr gegenüber – getrennt durch das Tal des Barranco de Vilans – befindet der ehemalige Templerkonvent Sant Salvador. Mit dem Auto dahin zu gelangen, erwies sich als nicht einfach, aber es gelang schließlich doch.
Monastir Sant Salvador d’Horta
Die Templer hatten ihren Konvent und Ihren Sitz für die Herrschaft über Horta in dem etwa zwei Kilometer außerhalb von Horta liegenden Kloster, das zur Zeit der Templer Santa Maria dels Àngels genannt wurde. Die Johanniter haben das Kloster nach Auflösung des Templerordens noch bis ins 16. Jahrhundert fortgeführt und ausgebaut (Fuguet y Plaza, S. 105).
Westfassade des Klosters St. Salvador
sog. schwarze Madonna, nach Mitteilung der Buchautorin und Bloggerin Helene Luise Köppel handelt es sich um eine Kopie der Montserrat-Madonna
Wer über die schwarze Madonna, ihre Bedeutung und Ausbreitung mehr erfahren möchte, wird etwa bei Ean Begg, The Cult of the Black Virgin, oder bei Jean Hani, La vierge noire et le mystère marial Antworten finden. Das würde den Rahmen hier sprengen.
Handwerkerwappen am Hauptportal
Die Ostapsis der Klosterkirche
Blick vom Kloster auf die Ortschaft Horta de Sant Joan
6. Bot
Die kleine Ortschaft Bot liegt auf halbem Wege von Horta zu unserem nächsten Ziel Batea. Sie gehörte als „Zweigniederlassung“ zur Komturei von Horta (Fuguet y Plaza, S. 105). Das einzige, was noch an die Templer erinnert, ist ein Templerkreuz im Ortswappen.
Steinkreuz von Bot
Im Buch von Fuguet und Plaza, das aus dem Jahre 2005 stammt, ist von diesem Steinkreuz eine Zeichnung abgebildet und es wurde beschrieben, dass die Wappen sehr verwittert seien. Wir trafen das Steinkreuz erst kürzlich erneuert an. Das Ortswappen von Bots zeigt einen Ochsen und das Templerkreuz ist links davon zu sehen.
7. Batea
Batea war die faktisch die „Hauptstadt“ der Unterkomturei (subencomenienda) von Algars, die mit der Burg von Miravet verbunden war (Fuguet y Plaza, S 102). Seine Gassen und Gebäude gehen auf das Mittelalter zurück. Es gibt kein spezifisches Gebäude, welches als Templerhaus zu bezeichnen wäre. Wir sind durch die Strassen spaziert und haben einige Eindrücke von diesem Rundgang eingefangen:
Parkplatz vor der Altstadt von Batea
Hauptgasse
Seitengasse mit Kapelle
Diese Kapelle könnte in der Temnplerzeit entstanden sein, sie ist aber wohl noch einige hundert Jahre später verändert worden
Batea liegt also an einem Jakobsweg. Ich bin der Sache nicht nachgegangen. Ich wollte es hier nur festhalten.
8. Vilalba dels Arcs
Diese gotische Kapelle aus dem 13. bis 14. Jahrhundert wird den Templern zugeschrieben. Nach einer angebrachten Hinweistafel finden sich im Inneren der Kapelle an den Pfeilern der Joche Templerwappen und -kreuze. Leider war die Kapelle nicht von innen zu besichtigen.
Templerkapelle von Vilalba dels Arcs
Bauzustand der Kapelle vor der kürzlichen Renovierung
Südseite, drei Joche, drei Fenster.
Südseite vor der Renovierung, ca 2005, Aus Fuguet y Plaza
8 Ascó
Zum Schluss erreichten wir den nördlichsten Punkt unserer Tagesreise, die Burgruine Ascó. Von ihr ist jedoch nicht mehr viel erhalten. Sie liegt am rechten Ufer des Ebro auf einer recht steilen Anhöhe, die einen enormen Weitblick ins Land gestattet. Die Burg wurde 1182 von König Alfons el Cast zum Preis von 5.000 Morabotins an die Templer übertragen (Wikipedia).
Blick von der Burg Ascó auf das Ebrotal
dito
Dieser Bau ist ein Signalturm aus dem neunzehnten Jahrhundert. Seit 2014 finden bis heute umfangreiche Baumaßnahmen statt.
Zum Schluß dieser Reise übermittele ich Ihnen noch den Kartenausschnitt mit den einzelnen Zielen für Ihre Orientierung. Zum Vergrößern bitte anklicken.
Hier endet unser Ausflug durch die Provinz Tarragona nun. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen. Und Sie besuchen meine Seite bald wieder.