Catalunya – Teil 2
Der Ausflug im Oktober letzten Jahres nach Spanien hatte eindeutig Appetit gemacht, dort noch viel mehr über die Templer zu lernen und zu sehen. Ich bestellte mir also erstmal ein Buch zum Einstieg, und zwar das Werk „Los templarios en la península ibérica“ von Fuguet, Joan und Plaza, Carmen, Barcelona, 2005, was ich allen Templerforschern und Spanienreisenden, die Interesse am Mittelalter mitbringen, nur wärmstens empfehlen kann. Im Mai stand ein Urlaub in Katalonien an. Wir haben ein absolut traumhaft gelegenes Ferienhaus gemietet, das guten Freunden von uns gehört. Wir fühlten uns dort von der ersten Sekunde an wie zuhause, vor allem weil es an nichts fehlte. Das Haus liegt in der Urbanitzacio Mas Tomasi, Dalt -Masos, 17256 Pals, zwischen der Altstadt von Pals und Platja de Pals auf einem Hügel, von dem man aus eine fantastische Fernsicht auf die Umgebung hat.
Mas Tomasi mit Blick auf die Reisfelder von Pals und die Hügelkette Montgrí
Unser wunderbares Domizil hatte Wifi, sodaß die Templerreise in aller Ruhe bei feinstem Wetter auf der Terrasse geplant werden konnte. Mit einer Karte und dem Buch begann ich, mir Ziele auszusuchen. Bei der Vielzahl der Templerorte in der näheren Umgebung:
Quelle: ebreguia
war mir sofort klar, dass ich auch diesmal nur einen Bruchteil der Ziele erreichen würde. Die Auswahl erfolgte deshalb zum Einstieg eher willkürlich. Die Linie von Tortosa nach Montsó ist mit gewaltigen Burgen besetzt. Das würde nicht an einem Tag zu schaffen sein. Puig-reig und Barbens sollte es für den Anfang tun und dort warteten auf mich weniger trutzige Burgen, sondern eher schöne Templerkapellen. Es ergab sich folgender Reiseplan:
Die Generalitat de Catalunya teilt sich in die vier Provinzen Barcelona, Tarragona, Girona und Lleida. Jede Provinz ist sodann in sog. Comarcas gegliedert, die die Gemeinden zusammenfasst. Die reine Fahrzeit meiner Reise sollte 7 Stunden betragen. Ich mußte also morgens um 7:00 losfahren, wenn ich noch Chancen auf ein Abendessen haben wollte.
1 Provincia de Barcelona
1.1 Comarca Beguerdà
Puig-reig
Von Pals ging es erstmal südwestlich an Vic vorbei in Richtung Manresa und kurz davor wieder nach Norden, auf die Pyrenäen zu. Puig-reig liegt (wie der Name schon sagt!) hügelig und es dauerte eine Weile, bis ich die Zufahrt zur Templerkapelle dort fand.
Sie erhob sich neben einer modernen und grossen Pfarreikirche auf einer Anhöhe über der Gemeinde.
Esglesia de Sant Martí, 08692 Puig reig, Beguerdà
Die seitlichen Stützen wurden 1954 bei Instandsetzungsarbeiten angebracht.
Die Kirche Sant Martí diente sowohl der Gemeinde als Pfarreikirche als auch den Templern. Die Ländereien erhielten die Templer im Jahre 1187 von einem Troubadour namens Guillem de Beguerdà. (Fuguet et al., S. 82) Sie errichteten ein castillo, dessen Reste in ein modernes Privathaus umgestaltet wurden (Monasterios de Catalunya). Am Fusse dieser Hügel schlängelt sich der Fluß Llobregat durch eine von den Templern errichtete Brücke. Dort betrieben die Templer Mühlen (Fuguet et al., S. 82)
Sant Sadurní de Fonollet
Zur Komturei von Puig-reig gehörten noch drei untergeordnete Kapellen, Sant Sadurni de Fonollet, Sant Joan Degollat und Sant Andreu (aaO, S. 83). Ich konnte die erstgenannte im Navi finden. Sie war etwa 13 Km entfernt.
Auch diese Besitzungen erwarben die Templer 1187 von Guillem de Beguerdà. El lloc fou cedit pel trobador Guillem de Berguedà als Templers l’any 1187. L’església era sufragània de la de Sant Martí de Puig-reig, almenys així consta en una visita pastoral de l’any 1312. Wikipedia
Detail: romanisches Fenster über der Westpforte.
Ich verließ die comarca Beguerdà nach Süden und machte mich auf in die Nachbarprovinz Lleida.
2 Provincia de Lleida
2.1 Comarca Pla d’Urgell
Barbens
Nach etwas mehr als einer Stunde erreichte ich den Ort Barbens in tiefem Mittagsschlaf. Es war sonnig warm und absolut niemand war auf der Strasse, den ich hätte nach dem Weg fragen können. Das erwies sich auch als unnötig, denn der Ort ist recht klein. Ich durchquerte die Altstadt auf der Hauptstrasse und gelangte nach wenigen Minuten zu einem verlassenen Platz:
Es schien niemanden zu stören, dass ich mein Auto vorerst mitten auf dem Platz abstellte. Das Malteserkreuz im Wappen der Gemeinde zeigt mir erneut, dass offenbar in Spanien (ebenso wie in Italien) die Erinnerung an die Kreuzritter deutlicher aufrechterhalten wird, als etwa in Frankreich, wo bis heute noch häufig jedwede Hinweise auf Templerbesitzungen fehlen. Es war faszinierend. Rund um den Platz waren mehr oder weniger gut erhaltene Reste mittalterlicher Gebäude teilweise in eine moderne Bebauung integriert worden.
Esglesia Parroquia Santa Maria de Barbens
Gebäude aus dem 17. Jahrhundert.
Portal der Stadtverwaltung, die im ehemaligen Malteserpalast untergebracht ist. Die Inschrift ist verrät, dass die Komturei von dem Ritter Emmanuele de Montoliu y de Buxados im Jahre 1763 restauriert wurde.
Solche Inschriften der Malteser müssen mitte des 18. Jahrhunderts modern geworden sein. Hier ein Beispiel aus Belgien:
Commanderie de Visé, Province de Liège, Belgien
Die Gründung der comanda templera de Barbens erfolgte im Jahre 1168 anläßlich der Erweiterung der comanda templera de Gardeny, die hier in einem Gebiet mit ertragreichem Getreideanbau Ländereien dazu erwarb (Fuguet et a., S. 93). Der Kern der Gemeinde Barbens ging sodann aus dieser befestigten landwirtschaftlichen Komturei hervor (aaO, S. 94). Die Reste der Befestigung zeigen sich auf der Aussenseite des Palastes aus der Johanniterzeit.
Komturei heisst auf katalanisch comanda und auf spanisch encomienda.
Das Gebäude ist ersichtlich erst kürzlich grundlegend renoviert worden. Die Web-Seite
zeigt den Zustand der Gebäude von 2003.
2.2 Comarca Segrià
Vilanova de la Barca
Mein nächstes Etappenziel lag etwa 30 km westlich in Richtung der Provinzhauptstadt Lleida in der Comarca Segrià.
Esglesia Santa Maria, 25612 Vilanova de la Barca
Die Kirche ist ersichtlich erst vor einigen Jahren saniert worden, wobei man darauf Wert legte, dass die moderne Bausubstanz sich deutlich von dem Vorbefund abhebt. Schräg gegenüber befand sich ein Bauhof, was zur der Annahme berechtigt, dass die Maßnahmen dieses Projektes auch noch nicht komplett abgeschlossen sind.
Zustand in 2016:
Zustand bis 2005:
(Quelle: Los templarios en la península ibérica, J. Fuguet und C. Plaza, Barcelona, 2005)
Vilanova de la Segrià
Die nächste Etappe erreichte ich in ca. 20 Minuten. Auch hier stelle ich fest, dass die Kirche sich in einem komplett durchrestaurierten Zustand befindet. Die spanischen Denkmalschützer setzten auch hier auf die Verwendung von leicht erkennbarem Ersatzmaterial:
Esglesia de Sant Sebastià, 25133 Vilanova de la Barca
St. Sebastian ist der Schutzpatron der Stadt. Im Wappen befinden sich zwei gekreuzte Pfeile auf grünem Grund.
Ich hatte den südwestlichsten Punkt meiner Tagesreise erreicht und konnte so langsam an die Rückfahrt denken. Zunächst einmal musste ich wieder Richtung Küste fahren.
3 Provincia de Tarragona
3.1 Comarca Conca de la Barberà
Barberà de la Conca
Mein nächstes und letztes Ziel für den Ausflug hatte ich mir in Barberà in der comarca Conca gesetzt. Der Ort lag etwa 1 Autostunde südöstlich von Vilanova. Man muß hier etwas acht geben, denn es gibt noch einen Ort weiteren namens Barberà in der Nähe, der aber zwischen Sabadell und Badalona liegt. Das ist aber schon die comarca Vallès. Zur besseren Unterscheidung gibt man den Namen der comarca regelmässig mit an. Es war schon nachmittags, als ich ankam. Ich parkte am Ortseingang am Fuße dieser Strasse hier und machte mich an den Anstieg. Im Hintergrund sah man schon die befestigte comanda de Barberà:
Carrer de Promasó, Barberà de la Conca
Ups. Das sah schon von weitem sehr geschlossen aus…
… und der Befund verbesserte sich nicht, als ich die Pforte erreichte. Zu! Samstags nachmittags eigentlich auch kein Wunder. Hier würde ich nochmal herkommen müssen.
Auf diesem Schild konnte ich erkennen, was ich innen alles verpasste. Ich vertröste einstweilen meine Leser mit Fotos aus dem Innenbereichs aus der schon mehrfach von mir empfohlenen Seite Monasterios de Catalunya.
Für die Rückfahrt würde ich zweieinhalb Stunden brauchen, sodaß ich die Reise hier abbrach und rechtzeitig zum Abendessen zuhause eintraf.
1.1 Comarca Vallès Occidental
Palau-solità i Plegamans
Die Komturei von Palau-solità war an sich als letzte Etappe der oben beschriebenen Reise geplant, aber es passte zeitlich nicht und es war auch schon zuviel an Eindrücken. So mußte diese Etappe aufgeschoben werden. Da wir am übernächsten Tag ohnehin nach Barcelona mußten, um unsere Tochter am Flughafen abzuholen, würden wir einfach etwas früher losfahren. Ich hatte die Templerkapelle nach Bildern, die ich schon mal im Internet gesehen hatte, als ein kleines asymetrisches Kapellchen in einem schlechten Erhaltungszustand in Erinnerung.
Ein Blick in den Stadtplan von Palau bestätigt die Anwesenheit der Templer in diesem Ort. Google maps
Man erkennt die Carrer Templers und den Cami Santa Magdalena eine Plaça Santa Maria
Wir kamen nach einer knapp eineinhalbstündigen Autofahrt von Pals hier an und fanden unser Ziel schnell. Aber waren wir hier auch richtig? Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich so eine Kapellenruine in einem Ort ausmachen würde, der einen äußerst gepflegten Gesamteindruck darbot und im übrigen vornehmlich hübsche, vermutlich teure Einfamilienhäuser einladend präsentierte. Auch die Ortskirche Santa Maria zeigte sich in einwandfrei und stilsicher restauriertem Zustand:
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Bausubstanz dieser Kirche maßgeblich mittelalterlich ist. Die Einfassung des Portals dürfte aus neuem Material bestehen. In unmittelbarer Umgebung der Kirche erkannte man mittelalterliche Mauerreste, die teilweise in modernere Gebäudestrukturen integriert waren.
alter Ortskern von Palau-solità
Das Strassenschild beflügelte uns, die Suche noch nicht so schnell aufzugeben. Am Südeingang zu diesem Vorort von Palau war uns beim Vorbeifahren noch ein altes Gemäuer aufgefallen:
Es ist unklar geblieben, ob das vielleicht eine frühere Ortsbefestigung oder ein Gehöft ausserhalb des Ortskerns dargestellt hat, jedenfalls handelte es sich hier auch um mittelalterliche Mauern. An diese Mauern grenzte ein unbewohntes Haus, das von einer brusthohen Mauer umgeben und dessen Vorhof mit dichtem Gebüsch zugewachsen war. Hinter den Büschen blitzte einromanischer Torbogen hindurch, was das Adrenalin des Forschers mächtig in Bewegung brachte. Nun, Turnen in der Öffentlichkeit ist nicht so sehr meine Stärke. Meiner Frau machte das indessen gar nichts aus. Das Wort, was ich zu vernehmen glaubte, als sie mir den Fotoapperat aus der Hand nahm und begann, über die Mauer zu klettern, könnte „Memme“ gelautet haben, aber da bin ich mir nicht sicher. Sie verschwand jedenfalls hinter den Büchen. Es raschelte und dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder zum Vorschein kam, mit folgender Bildausbeute:
Das war zwar immer noch nicht der Kapelleneingang, den ich suchte. Aber wir hatten hier ein Haus aus der Templerzeit entdeckt. Ich war deshalb nicht allzu traurig, dass unser Ausflug nicht das eigentliche Ziel erreichte. Das, was wir gefunden haben, hätte ich auch nicht erwartet. Hier würde ich also noch einmal herkommen müssen. Es würde garnicht so lange dauern, denn für die Herbstferien hatten wir bereits erneut unsere Traumunterkunft in Pals gebucht. Wir haben dann noch in Barcelona exquisit und mit fantastischem Ausblick am Yachthafen zu abend gegessen
und anschließend unsere Tochter vom Flughafen abgeholt. Ab jetzt liess ich – jedenfalls für diesen Urlaub – von den Templern ab und wir erholten uns hier: