2017, Juni, Île-de-France

Région Île-de-France

Am 15.  Juni 2017 ging es wieder nach Frankreich. Die heutige Région Île-de-France entspricht in etwa dem früheren Kernland des Königreichs Frankreich und der historischen Region Île-de-France bis zur französischen Revolution. Die Stadt Paris mit dem Département 75 liegt in ihrem Mittelpunkt. Die für diese Fahrt ausgesuchten Templerorte lagen überwiegend im Département 77, Seine-et-Marne östlich von Paris, das mit der historischen Region Brie übereinstimmt. Hier kommt natürlich auch der weltberühmte Brie-Käse her. Ein nicht minder bekannter Vertreter dieser Spezialität ist der Coulommiers. Er stammt aus dem gleichnamigen Templerort.

1. Département Seine-et-Marne               1.1 Choisy-le-Temple, 77410 Charny

Auf Coulommiers werden wir später noch zurückkommen. Als erstes Ziel hatte ich mir die Commanderie Choisy-le-Temple ausgesucht, die im Norden dieses Departements zu finden ist, und zwar in der Nähe des Flughafens Charles-de-Gaulle. Die Nähe zu Paris spürt man hier noch nicht. Man muß immer etwas Acht geben beim Auffinden von Templerorten in Landkarten. Viele französische Orte – besonders Templerorte – haben ähnliche oder identische Namen (etwa Villedieu). Ein Choisy gibt es mindestens noch einmal im gleichen Departement, ca 50 km südwestlich. Es handelt sich dabei auch um einen Templerort, nämlich Choisy-en-Brie  mit der Postleitzahl 77320. Die kam mir sehr bekannt vor! Dieselbe Postleitzahl hat Saint Martin-des-Champs. Die Commanderie Choisy-en-Brie liegt zwischen den beiden Commanderien Chevru und Saint-Martin des Champs, jeweils nur ein paar Kilometer entfernt, in Spaziergangdistanz. Aber zu spät, da muß ich halt auch noch mal hin. Die To-do-Liste wird lang und länger. Die Commanderie von Choisy-le-Temple liegt ca. 2 Km südwestlich der Gemeinde Charny.

Carte Cassini, copyright IGN und Jack Bocar, templiers.net

Quelle google maps

Vor Ort fand ich ein landwirtschaftliches Gehöft neben einem Ferien-Gästehaus genannt „le Temple“.

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Die Gemeinde, die die Zeichen der Templer und deren Rechtsnachfolger, der Johanniter, noch heute stolz im Wappen führt, zeigt ihren Besuchern mit diesem Hinweisschild an, dass ihre Suche ein gutes Ende gefunden hat. Es waren Adlige aus Charny, die den Templern dieses Anwesen vermachten: Haton et Simon de Charny, donnérent, en 1181, à la maison du Temple de Choisy, « domui Templi de Soisy », Quelle: templiers.net

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Die meisten Gebäude sind moderne Zweckbauten. Das jedoch gilt nicht für dieses Gebäude, das noch aus dem Mittelalter stammen dürfte. War es die Kapelle oder eine Scheune?Champagne,Juni 2017I 012

Blick vom Gästehaus auf die Südflanke dieses Gebäudes

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Bei diesem Flügel auf der Nordseite hatte ich den Verdacht, dass es sich um das Herrenhaus aus der Johanniterzeit handeln könnte. Ich wollte aber die Privatsphäre der Leute nicht stören und so verzichtete ich darauf, tiefer in den bewohnten Bereich vorzudringen. Auf zum nächsten Ziel, nur 20 Km nach Südwesten, wo das Drama begann: Der Anfang vom Ende meines heißgeliebten Menzomobils, welches hier nach fast einer halben Million Kilometer, davon 200.000 Km im Dienste der Templer, das erste und zugleich vorletzte Mal in Rauch aufging.

1.2 77580 Crécy-la-Chapelle

Etwa 30 Km südöstlich von Choisy-le-Temple lag die nächste Templerstation, die ich mir vorgenommen hatte. Ich vermute hier eine Strasse, die von Paris nach Troyes führt. Meine Vorplanungen haben ergeben, dass ca. alle zwanzig Kilometer ein Templerort liegt.

Das Menzomobil hatte die ganze Strecke von Frankfurt gut geschafft und keinerlei Probleme bereitet. Es war zuvor wegen eines Kühlerdefekts in der Werkstatt, aber der schien nun wieder behoben. Dachte ich. Bis hierher.

Ich hatte den Ort Crécy-la-Chapelle noch mühelos erreicht und bei der Einfahrt festgestellt, dass dies wohl ein recht charmanter Ort sein müßte. Es gab Brücken über einen kleineren Fluß, der sich durch die Häuserzeilen wand. Etwas templerisches war soweit nicht zu entdecken und so fragte ich mich nach der Kapelle durch. Ich geriet jedoch unversehens in einen Auflauf von mehreren hundert Schülern, die über die Strassen und Plätze verteilt nach ihren Schulbussen strebten und landete schliesslich auch noch ungewollt auf einem Schulparkplatz, der für PKWs zu dem Zeitpunkt gesperrt war. Eine Beamtin hatte – nachdem sie erst pflichtgemäß ihre Schimpfkanonade auf mich niederregnen ließ – sodann dafür gesorgt, dass ich aus diesem Wirrwarr wieder herauskam und mich dazu noch mit einer präzisen Beschreibung meines Weges ausgestattet.  Ich konzentrierte mich so sehr auf die vielen Schüler, den stärker gewordenen Verkehr und meinen Weg, dass ich die Temperaturanzeige meines Autos außer acht ließ. Ich war etwa noch 500 Meter von meinem Ziel entfernt und hatte gerade die Ausfallstrasse erreicht, als das Menzomobil mit einem lauten Knall aufgab. Der Kühler war zum zweiten Mal geplatzt.

Nun stand ich mit dem schweren Wagen auf der Landstrasse und die genervten Autofahrer schienen ernstlich zu hoffen, dass sie mich durch permanentes Hupen von der Strasse wegfegen könnten. Das ging eine ganze Weile so. Irgendwann half mir ein Kraftfahrer, das Auto an die Seite schieben.  Dort konnte es allerdings nicht auf Dauer bleiben. Nach einer Abkühlungspause gelang es mir, den Motor noch mal zu starten. Wenige hundert Meter weiter tauchte die Kapelle vor mir auf und es gab einen großen freien Parkplatz direkt davor:

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Église Notre-Dame-de-l’Assomption, 77580 Crécy-la-Chapelle

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Wo ich schon mal hier war, umrundete ich diese wunderbare gotische Kirche, deren Baubeginn auf das Jahr 1220 zurückgeht (Wikipedkia). Mit den Templern hatte die Kirche wohl nichts zu tun.

Im Jahre 1185 erhielten die Templer hier im Ort ein Maison  (Templiers.net Jack Bocar). Davon ist offenbar heute nichts mehr zu sehen. Aber es gab dennoch einen Beweis für die Bedeutung des Ordens:

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Ein Templerkreuz im Giebelfenster auf der Südseite.

Direkt an der Kirche lief auch der Fluß entlang, den ich im Ortskern schon mal bemerkt hatte.

Von diesem Befund beschwingt, schnappte ich mir den Koffer aus dem Auto und lief zurück in den Ortskern. Ab jetzt begann wieder meine Glückssträhne. Ich kam genau 5 Minuten vor Dienstende im Office de tourisme an. Dessen Mitarbeiter bot sich an, für mich ein Quartier  in einem nahegelegenen Golfhotel  Domaine de Crécy  zu einem absoluten Sonderpreis klarzumachen. Und er fuhr mich dann auch noch dahin! Ich erhielt dort eines der besten Abendessen meines Lebens und werde den Abend vermutlich nie mehr vergessen.

Mein Blick von der Terasse des Restaurants

Vorspeise: Foie gras mit Sesam- und Honig-Chips, Popcorn und einem Apfel-Schaum-Sorbet

Noch am Abend fand ich heraus, dass der Fluß durch den Ort hier „Grand Morin“ heißt, ca. 80 Km weiter westlich in der Champagne entspringt und weiter östlich in die Marne mündet.

Am nächsten Morgen gönnte ich mir noch ein fantastisches Frühstück und fuhr dann mit einem Taxi zur nächstgelegenen Mietwagenstation in Chessy. Direkt beim Disneyland Paris!

1.3 Saint-Martin-des-Champs, 77320 La Ferté-Gaucher

Von Crécy-la-Chapelle sind es 15 Km zum Templerort Coulommiers und etwa nochmal so weit zu meinem nächsten Templerort Saint-Martin-des-Champs bei La-Ferté-Gaucher. Die Commanderie de Coutran, oder auch Saint-Martin-des-Champs genannt, befindet sich einige hundert Meter westlich von La-Ferté-Gaucher. Ein Schild macht auf die Abfahrt aufmerksam.

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Ausfahrtszeichen auf der D14, Rue de la Vigne, zwischen den Gemeinden La Ferté Gaucher und Saint-Martin-des-Champs

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Anfahrt von Süden auf die ehem. Commanderie

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Wie man auch aus der Distanz gut erkennen kann, ist die Kapelle Saint-Martin recht baufällig, aber doch auch teilweise instandgehalten worden. Näheres zu dem Bauwerk finden Sie auf der Seite des Temple de Paris.

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Diese Einstellung gelang nur mittels Nachbearbeitung am Computer durch Vergrößerung. In der Realität kommt man so nah nicht heran, ohne Gesetze zu verletzen.

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Näher als für diese Einstellung habe ich mich nicht herangetraut. Es waren nicht übersehbare Schilder angebracht, dass der Zutritt zu dem Gelände verboten ist. Dieses Gebäude ist das einzige, was ebenfalls aus der Zeit der Templer herrühren dürfte. Im Übrigen wurde die Commanderie im sog. hundertjährigen Krieg zerstört.

1.4 Prieuré de Saint-Martin, 77320 La Ferté-Gaucher

Sowohl die Commanderie de Coutran als auch die Nachbarstadt La Ferté-Gaucher liegen ebenfalls an dem Fluß Grand-Morin. Direkt nach der Brücke der Rue de Sézanne über den Grand-Morin biegt links eine Sackgasse namens Rue de Prieuré ab. Dort befindet sich ein mittelalterliches Gebäude aus dem 12. Jahrhundert. Ein Bezug zum Templerorden ist nicht ersichtlich (Observatoire du Patrimonie Religieux).

 

Ancienne église du prieuré Saint-Martin, La Ferté-Gaucher

Es bleibt noch nachzutragen, dass sich zwischen La Ferté-Gaucher und der Commanderie Saint-Martin einige versumpfte oder ausgetrocknete Wasserbecken befinden, auf die ein Weg namens „Chemin des Marais“ zuführt.

Das scheint mir ein erneuter Hinweis für meine These, dass man den Templern häufig und gerne Moorgebiete und Feuchtwiesen überlassen hat, weil diese an mehreren Orten schon ihr Geschick bewiesen hatten, solche Ländereien urbar zu machen, wie etwa bei ihrem Hauptsitz, dem Temple du Paris im Quartier du Marais (=Moor).

Das liefert mir zugleich das Stichwort für die Ausgangsfrage, ob hier eine „Templerstrasse“ von Paris nach Provins nachzuweisen wäre. Der Temple du Paris lag bekanntlich an der Rue du Temple, die nordwestlich aus Paris herausführt. Der nächste Templerort in nordwestlicher Richtung ist 93390 Clichy-sous-Bois  im Département Seine-St. Denis. Die Entfernung beträgt 15 Kilometer. Gebäudereste sind dort nicht mehr erhalten. Von Clichy-sous-Bois sind es 19 Km zu dem ersten Ort dieses Beitrages, Choisy-le-Temple und von dort wiederum ca. 20 Km nach Crécy-la-Chapelle. Von hier geht es weiter südwestlich und man erreicht in 15 Km den Templerort Coulommiers. Von hier sind es – entlang des Ufers des Grand-Morin – ca. 20 Kilometer bis Saint-Martin-des-Champs bei La Ferté-Gaucher.

Sechs Templerorte wie Perlen an einer Kette im Abstand von 15 bis 20 Km

Der „Buckel“ dieser Linie nach Norden scheint dem Verlauf der Marne und des Flusses Grand-Morin geschuldet zu sein. Man kann heute noch zahlreiche Gewässer rechts und links neben diesen beiden Flüssen erkennen, die früher einmal Altarme gewesen sein mögen. Das Marnetal ist recht breit und man wird hier wie im Rheintal im Mittelalter Schwierigkeiten bekommen haben, in Flußnähe eine dauerhafte Strassenverbindung zu unterhalten. Das wäre noch näher abzuklären.

1.5 77160 Provins

Die Stadt Provins, einst die „zweite Hauptstadt der Grafen der Champagne“ (Deutschlandfunk) und ein wichtiger Handelsplatz und Verkehrsknotenpunkt von Fernstrassen in alle Himmelsrichtungen (Wikipedia), ist ein zu jeder Jahreszeit außerordentlich lohnendes Reiseziel, auch wenn man sich für den Templerorden nicht interessiert. Die Stadt präsentiert sich mit ihrer gut erhaltenen Stadtmauer mit 22 Türmen, beachtlichen mittelalterlichen Bauwerken, Fachwerkäusern und kilometerlangen unterirdischen Gängen als Touristenziel erster Klasse.

Die Templer besassen in Provins fast siebzig Maisons (Aubarbier, S. 47) und unterhielten hier gleich zwei Commanderien, Val-de-Provins (außerhalb der Stadt) und la Madeleine. Von der erstgenannten ist nur noch ein Brunnen übrig. La Madeleine präsentiert sich jedoch heute noch in alter Pracht und recht komplett:

Commanderie des templièrs la Madeleine, 77160 Provins

Die Commanderie befindet sich in unmittelbarer Nähe einer der besterhaltensten mittelalterlichen Stadttore der Stadt, der sogenannten

Porte de Juoy, Provins

Man findet das Commenderiegebäude, in dem man in die erste Strasse hinter diesem Tor nach rechts in die Rue de la Madeleine abbiegt. In der Nähe befindet sich eine Rue la Chapelle Saint-Jean, aber eine Kapelle steht dort nicht mehr. Auf der Rue de Juoy befindet sich noch ein mittelalterliches Krankenhaus, das

Hôpital du Saint-Esprit aus dem Jahre 1177 (lt. Tafel neben dem Eingang

Die Behandlung der Kranken fand in ausgedehnten unterirdischen Halle und Gewölben statt, von denen Provins durchzogen ist.

Ein Beispiel: Dieser Gewölbekeller beherbergt heute eine Buchhandlung

Es gäbe noch viele schöne Fotos über mittelalterliche Gebäude der Stadt, aber das würde den Rahmen des Berichtes sprengen. Zu, Abschied aus Provins zeige ich noch die älteste Kirche der Stadt, die auf das Jahr 996 a.D. zurückgeht:

Èglise Saint-Ayoul de Provins

2. Département Yvelines

Für mein nächstes und letztes Ziel dieser Reise musste ich zunächst 111 Km nach Westen in das Departement Yvelines fahren, das am südwestlichen Ende der Région Île-de-France liegt. Die Commanderie Villedieu-les-Maurepas liegt 35 Km südwestlich von der Rue du Temple in Paris, genau auf der Strecke von Paris nach Chartres. Sie ist die erste Etappe einer Templerstrasse von Paris nach La Rochelle. Ich werde hierzu demnächst meinen Aufsatz aus dem Jahre 2009 veröffentlichen.

Kapelle der commanderie La Villedieu

alte Ansichtskarte der Kapelle

Haupteingang der Commanderie

Haupteingang, von Osten

Der Weiher, der in keiner Commanderie fehlen darf

Zentralhof und Nordflanke

Detail La Villedieu

Folgender Beitrag aus (wikipedia) beschreibt den Standort kurz und treffend:

La commanderie templière

Au XIIIe siècle, l‘ordre du Temple possède environ 3 000 commanderies en Europe, dont près de 700 en France. La commanderie de La Villedieu obéit au même schéma d’organisation que les autres sites4. Ils se composent généralement, dans la partie nord de la France, de bâtiments à usage divers disposés autour d’une cour centrale dotée d’une pièce d’eau. Ces lieux polyvalents abritaient notamment des activités militaires, agricoles, financières et religieuses.

Im 13. Jahrhundert besaß der Templerorden etwa 3.000 Komtureien in Europa, davon etwa 700 in Frankreich. Die Komturei von La Villedieu gehorcht dem gleichen Organisationsschema wie andere Standorte. Im Norden Frankreichs setzen sie sich im Allgemeinen aus Gebäuden mit verschiedenen Verwendungszecken zusammen, die um einen zentralen, mit einem Teich ausgestatteten Hof angelegt sind. Diese Mehrzweck-Orte eröffnen militärische, landwirtschaftliche, finanzielle und religiöse Aktivitäten.

 

 

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