Die Templer in der Provence
Den diesjährigen Osterurlaub verbrachten wir familiär in der Provence. So bot es sich an, einige Ausflüge in die Umgebung mit der Templerrecherche zu verbinden, allerdings nur in Massen, denn der Familie geht natürlich die Erholung vor. Eine erschöpfende Erkundung der Spuren der Templer in dieser riesigen Region würde zudem Wochen dauern. Leider ist die Literaturlage für die für uns erreichbare Umgebung nicht günstig, so dass die ausgewählten Ziele mit aller Vorsicht zu untersuchen waren.
Was man heute unter „der Provence“ versteht, ist etwas unscharf. Das liegt vor allem daran, dass der Begriff früher eine andere Bedeutung hatte. Der Name kommt von einer Einteilung des römischen Reiches: provincia Narbonnensis und umfasste die gesamte Mittelmeerküste des heutigen Frankreich und deren Hinterländer. Diese Gebiet ist im heutigen Frankreich in zwei Régions aufgeteilt, nämlich die Région Languedoc-Roussillon, westlich des Flusses Rhône bis hinunter zur Grenze nach Spanien und der Région Provence-Alpes-Côte-d’Azur. Sie schließt am östlichen Rhône-Ufer an und reicht bis an die italienische Grenze. Im heutigen Sinne versteht man unter Provence damit wohl nur noch das Hinterland der Côte-d’Azur und die Küstenlinie von Toulon über Marseille zum Rhône-Delta. In der geographischen Mitte dieser Provence befand sich unser Urlaubsdomizil am Fusse der Montagne du Luberon in der Nähe der Stadt Apt.
Der Forschungsradius wurde auf ca. 50 Km gesteckt, bis auf eine Fahrt an die Küste, an den – heute wie früher – legendären Badeort Les Saintes-Maries-de-la-Mer, die es erlaubte, Angenehmes mit Nützlichem zu verbinden.
Zur Vorbereitung der Recherche habe ich mich zunächst auf das grundsätzlich verlässliche Standardwerk von Jean-Luc Aubarbier, La France des Templiers, Sites, histoire et légendes, Éditions Sud Ouest, 2007 beschränkt und daraus einige Templerorte ausgewählt, die von unserem Domizil ohne Mühe erreichbar schienen. Vor Ort ist mir allerdings klar geworden, dass Aubarbier – dessen allgemeine Schwäche darin besteht, seine Quellen nicht nachvollziehbar genug zu nennen – sein Wissen über die Templerorte in der Provence offenbar fast ausschließlich auf die Veröffentlichungen eines Bernard Falque de Bezaure stützt. Dieser Autor, der als früherer Archivar einer Bibliothek in Aix-en-Provence Zugang zu historischer Detail-Literatur seiner Region und zu Manuskripten aus früheren Jahrhunderten hatte und wohl auch über ein Familienarchiv verfügt haben dürfte (seine Familie besass ein Chateau und hatte selbst dem Templerorden sowohl Ritter als auch Güter gestellt), hat fleissig in seiner Heimat vor Ort recherchiert und bis 1996 zehn Bücher über Templerspuren in verschiedenen Teilgebieten der Provence veröffentlicht. Seine Bücher sind inzwischen offenbar vergriffen und im Buchhandel derzeit nicht zu beschaffen, was dem Autor einen zusaätzlichen Hype verschafft, denn im e-bay steigen die Preise rasch auf über sechzig Euro, wenn mal eines seiner Bücher auftaucht. Mir gelang es, das Buch „Sur les Traces des Templiers de Vaucluse“ zu ergattern und ich war damit für unsere Expedition ausreichend gerüstet, denn unsere Ziele waren nur im Departemenet 84 Vaucluse gesteckt.
Trotz aller Mühen, die Falque de Bezaure auf sich genommen haben muß, ist zu bemängeln, dass er die Scheidelinie zwschen Forschung und Legende nicht scharf genug zieht, was den wissenschaftlichen Wert seiner Darstellungen arg in Mitleidenschaft zieht. So beginnen viele Beiträge mit Wendungen wie „selon une tradition locale…“ (örtlichen Gerüchten folgend…), was diese Berichte weitgehend entwertet.
1. Ausflug
Für den ersten Tag nach unserer Anreise wählten wir leicht erreichbare Ziele in nächster Umgebung zu unserer Bleibe.
Nach Aubarbier und de Bezaure sollen die Templer auf dem Gebiet der Gemeinde 84400 Saignon ein Schloss besessen haben, was sich aus den Cartulaires der Kirche von Apt ergäbe. Im (nicht vollständigen) Verzeichnis des Kulturministeriums über die Sehenswürdigkeiten der Gemeinde findet sich ein Eintrag über ein Kloster St. Eusèbe aus dem 12 Jh. Der Ort liegt malerisch auf einem der Ausläufer des Luberon:
84400 Saignon
Aufgang zur Burg
Oben angekommen, bot sich uns ein verwirrendes Bild. Offenbar hat man versucht, aus den mittelalterlichen Ruinen vor einer Kapelle auf der Spitze der Erhebung irgendwelche bewohnbaren Räume zu (re-)konstruieren, wobei ohne es ohne detaillierte Überprüfung nicht mehr möglich erscheint, zu erkennen, was da noch original sein könnte. Wie es scheint, wurden Fensterlaibungen und -stürze wahllos aus Schuttbergen herausgezogen und mit alten Mauersteinen zu Räumen zusammengezimmert.
Die Kapelle scheint mir hingegen echt zu sein. Ihre Basis könnte aus der Templerzeit stammen, auch wenn die Fassadengestaltung auf das 17 Jh. hinweist. Das Anwesen ist in Privatbesitz.
Zweifel sind m.E. auch an der Echtheit dieses Gargoyles und des darunter befindlichen „Baphomets“ erlaubt.
Die nächste Etappe unseres Ausfluges stellt das in der Region recht bekannte Fort von Buoux dar. Der Ort soll nach den Feststellungen de Bezaures im Jahre 1209 vom Grafen Guillaume IV de Fourcalquier testamentarisch an den Orden abgetreten worden sein. (de Bezaure, S. 123 ff.) . Laut de Bezaure sollen die Templer sogar die Festung Buoux gebaut haben, und zwar nach dem Vorbild einer Templerburg in Palästina. Die öffentlichen Tafeln vor Ort enthalten leider keinen Hinweis auf die Templer. Die offizielle website Patrimonie de France auch nicht. Vor Ort ist festzustellen, dass viele Ruinen der ausgedehnten Anlage aus der Templerzeit stammen.
Fort, 84480 Buoux, zweiter Wallgraben
Der Aufenthalt auf dieser Festungsruine ist nicht ungefährlich. Die Ränder des Felsplateaus sind nicht befestigt und es geht steil in die Tiefe.
Links im Bild die Festungsruine aus dem 13. Jh., der Blick ist gerichtet auf den dritten, obersten Wall.
Dieses letzte Bollwerk besteht u.a. aus einem ca. 4 Meter tief in den Fels gehauenen Wassergraben und hatte eine Zugbrücke.
Blick hinab in die Tiefebene von Apt
Nach der offiziellen Lesart sind das vorgeschichtliche oder frühmittelalterliche Kornspeichergruben. Nach Falque de Bezaure Templergräber. Ich meine, da irrt er. So etwas wäre mir neu. Dafür gibt es nirgendwo sonst andere Beispiele. Vorgeschichtliche Kornspeichergruben gibt es z.B. in in der Iberer-Siedlung Ullastret in Katalonien. Sie sehen denen hier sehr ähnlich.
2. Ausflug
Etwas südlich von Apt befindet sich die Gemeinde 84160 Vaugines, die ebenso wie die Nachbargemeinde 84160 Lourmarin Templerbesitzungen beinhaltet haben soll. Während in Lourmarin keine charakteristischen Gebäudereste entdeckt werden konnten, befindet sich vor dem Ortseingang von Vaugines eine sehr alter Gebäudekomplex mit Kirche (genannt: La commanderie), der aus der Templerzeit stammen könnte:
La commanderie, 84160 Vaugines
3. Ausflug
Der dritte Ausflug führte uns zunächst in die entzückende Kleinstadt L’Isle-sur-la-Sorgue, die sich rühmt, neben Paris die bedeutensten Antiquitätenhändler Frankreichs zu beheimaten. Regelmässig wird die ganze Stadt in einen Flohmarkt verwandelt, in dem es Nahrungsmittel, Feinkost, Produkte der Region wie Körbe, Seifen und Tonwaren, Möbel, Kleidung und eben auch echte Antiquitäten zu erstehen gibt. Die Ausfallstrassen sind kilometerweit zugeparkt. Aber die Mühe lohnt sich, es war sehr vergnüglich. Nachdem die Familie hier voll auf ihre Kosten kommen konnte, durfte ich auf der Rückfahrt noch zwei mutmassliche Templerorte „einbauen“.
Nach Aubarbier soll sich in der Gemeinde Le Thor ein Beispiel einer Kooperation der Templer mit einer Bruderschaft von Maurersleuten zeigen. Ich will nicht missverstanden werden. Das ist kein versteckter Hinweis auf eine angebliche Verbindung der Templer mit den Freimaurern. So etwas gab es damals noch nicht. Die Freimaurerbewegung entstand erst im 18. Jahrhundert. Zur Zeit der Templer gab es aber auch Vereinigungen von Bauleuten. Die werden ihre Berufsgeheimnisse natürlich auch schon gehütet und gewiss nicht mit jedem geteilt haben, sodaß man auch den mittelalterlichen Maurern ein gewisses Maß an Geheimniskrämerei nachsagen darf. Ob das schon den Namen Geheimgesellschaft verdient, mag dahingestellt bleiben.
Es ist naheliegend, dass die Templer eine besondere Nähe zu solchen Bauhütten gesucht haben, denn sie hatten in der recht kurzer Zeit ihrer Entwicklung einen enormen Bedarf an der Errichtung von Gebäuden und Kirchen. Man wird sagen können, dass der Orden der Tempelritter einer der größten institutionellen Bauherren des Mittelalters gewesen sein dürfte. Die Abteien der Mönchsorden und die überall aus dem Boden spriessenden Kathedralen waren zwar – für sich besehen – jeweils viel größer und viel spektakulärer. Das Netz der Templereinrichtungen war aber erheblich dichter. Aus diesem – ohne besondere historische Kenntnisse abzuleitendem – Befund unterstelle ich eine sehr enge Bindung, wenn nicht gar gegenseitige Abhängigkeit der Tempelherren von den Maurersleuten – et vice versa.
Vor Ort fanden wir eine eigenwillige Kirche
Eglise, 84250 Le Thor
Überall liessen sich Steinmetzzeichen entdecken, wie dieses:
Solche Steinmetzzeichen zeigen sich aber auch an anderen mittelalterlichen Bauwerken, wie etwa dieses sogar sehr ähnliche Zeichen an der Aussenwand der sog. Barbarossa-Pfalz in Gelnhausen (Hessen):
Zufällig entdeckte ich noch eine weitere Übereinstimmung von ähnlichen Zeichen, die sich in Le Thor und in Gelnhausen zeigen. Zum Beispiel ein N in Le Thor:
und in Gelnhausen:
Das wird nicht allzuviel zu sagen haben. Die Steinmetze werden den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen als ihr Zeichen auserwählt haben und so mag es zufällig bei beiden Bauhütten Männer mit den Anfangsbuchstaben A und N gegeben haben. Dieses Zeichen gibt aber meines Erachtens einen recht eindeutigen Bezug zum Templerorden:
Das Tatzenkreuz des Templerordens
In der näheren Umgebung sollen sich nach Falque de Bezaure noch weitere Templerorte befinden, aber es war Urlaub und so mußte man sich beschränken. In 84300 Les Vignères sollte die die Kirche Notre Dame de Vignères befinden. In der Tat entdeckten wir eine Kapelle unzweifelhaft aus dem 12. Jahrhundert neben eine Fußballplatz:
Notre Dame de Vignères, 84300 Les Vignères
Ein reizvolles Detail von der Südseite: Eine Sonnenuhr
Das Alpha-Omega Zeichen über der Sonnenuhr, sog. Chrismon, befindet sich auf zahlreichen Templerkirchen der nördlichen Pyrenäen, etwa in Montsaunes, aber auch auf anderen Kirchen der Region aus der Zeit. Das beweist immerhin, dass auch die Sonnenuhr aus dem 12 Jahrhundert stammt, denn die Meisselarbeit ist einheitlich. Eine Sonnenuhr fanden wir auch an der Templerkirche von Magrinne bei Bordeaux. Vielleicht kein Beweis, aber ein Indiz, dass es sich hier tatsächlich um eine Templerkirche handelt.
Einige Kilometer weiter westlich auf der heutigen D 900, die Apt und die Haute Provence mit Avignon verbindet und die schon zur Römerzeit eine Hauptverbindungsader (via domitia) darstellte, befindet sich an einer strategisch ausserordentlich geschickten Stelle eine Burgruine mit einer Kapelle aus dem 12. Jahrhundert. Es ist erwiesen, dass diese Anlage von den Templern stammte. Das Gebäude nennt sich jetzt Chartreuse de Bonpas, beherbergte früher ein Kloster und jetzt ein Weingut. Es gehört zu der Gemeinde 84510 Caumont-sur-Durance. Die Trasse der uralten Fernstrasse passiert hier eine Engstelle zwischen dem recht beachtlichen Fluß Durance und einem Bergausläufer, sodaß von der Lage dieser Burg der gesamte Fernverkehr ohne jede Mühe kontrolliert werden konnte.
chapelle des Templiers, Chartreuse de Bonpas, 84510 Caumont-sur-Durance
Noch heute ist hier ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt der Provence. Direkt neben der ehemaligen Templerburg überquert jetzt die A 7 Nizza-Lyon das Tal der Durance und in unmittelbarer Nähe davon befindet sich der Airport von Avignon. Die Fernstrasse via domitia spielte wohl zu allen Zeiten – möglicherweise auch schon zu vorrömischen – eine ausserordentliche Rolle. Sie startet in Turin, überwindet bei Susa die Alpen und landet in 05100 Briançon in der Haute Provence. Von dort führt sie über Apt nach Nîmes, Béziers und von dort weiter über Narbonne nach Spanien. Vermutlich benutze Hannibal diesen Weg bereits, als er mit einer grossen Armee 218 v. Chr. nach Italien einmarschierte. Im Mittelalter war diese Trasse von Briançon nach Avignon Bestandteil des südlichsten französischen Pilgerwegs nach Santiago de Compostela. Von der einstigen Wichtigkeit dieser Strasse für das römische Verkehrsnetz zeugt die ebenfalls in unmittelbarer Nähe befindliche Brücke Pont . Julien, die vor 2000 Jahren so massiv und dauerhaft gebaut wurde, dass bis vor wenigen Jahren dort sogar noch LKWs drüber donnern durften.
4. Ausflug
Ein Ausflug planten wir nach Orange, wo sich das am besten erhaltenste Theater des ehemaligen römischen Reiches befindet. Auf dem Weg dahin befanden sich zwei Templerziele, die Gemeinde 84570 Blauvac, in deren Nähe sich die angebliche Templerkapelle Notre Dame des Neiges befinden soll.
chapelle Notre Dame des Neiges, 84570 Blauvac
Ob es sich hierbei wirklich um eine Kapelle der Templer handelt, ließ sich vor Ort nicht klären. Es ist eine Wallfahrtskapelle, die nur zu Fuß zu erreichen ist, aber es gab keine Hinweisschilder auf die Templer. Von dwer Größe und vom Baustil her könnte es passen. Ihre Namen trägt die Kapelle zu recht, denn von ihr hat man einen herrlichen Blick auf den schneebedeckten Gipfel des Mont Ventoux, der höchsten Erhebung der Provence.
Mont Ventoux
Der nächste Templerort auf meiner Liste heißt 84380 Mazan. Das wird von mehreren – aber nicht allen – Quellen bestätigt. Nach Falque de Bezaure, S. 174 ff, gibt es mehrere Literaturstellen, in denen die Präsenz der Templer in diesem Ort behauptet werden. Es sind auch zwei Namen von Würdenträgern diese Ordens aus dem Ort überliefert. Bis 1847 erschien der Name der Strasse hinter der Pfarrkirche St. Nazaire und St. Celse noch als „rue des Templiers“ im Kataster der Gemeinde. Die Kirche kann durchaus schon im 12 Jh.gestanden haben, aber sie hat später zahlreiche Änderungen erfahren:
église paroissiale, 84380 Mazan
Detail vom Portal aus dem 12 Jh.:
Innen finden sich diese Kreuze an der Wand, aber so etwas gibt es auch in anderen Kirchen.
Dieser Schlussstein ähnelt auch sehr dem Templerkreuz, aber das ist auch kein Beweis. Ich glaube, der ist moderner.
Interessant ist die Gemeinde auch weil sie der Stammsitz der Familie de Sade darstellt, die schon zur Kreuzugszeit dort existierte und aus der ein gewisser Schriftsteller mit etwas absonderlichen Neigungen hervorgegangen ist. Eines seiner Schlösser kann dort besichtigt werden, falls man das möchte. Das Wappen der Stadt sieht irgendwie „hermetisch“, nach Alchimie aus:
Die Inschrift: „in mano dei omnia sunt“ (- soweit reichen meine Lateinkenntnisse hoffentlich noch -) bedeutet: Alle sind in Gottes Hand. Das tröstete uns, also setzen wir unsere Fahrt fort.
Der Ausflug endete in der von den Römern gegründeten Stadt arausio, die sich heute Orange nennt. Was wenig bekannt ist, das Fürstenhaus, das heute die Monarchen der Niederlande stellt, stammt aus dieser ehemaligen Grafschaft von Orange, deren Gründung auf die Zeit Karls des Grossen zurückgeht. Insoweit ist auch die Wahl der Farbe für das Trikot der niederländischen Nationalmannschaft kein Zufall.
röm. Theater von Orange
In Orange waren die Templer auch begütert. Die Häuser sollen sich in der Nähe des Theaters befunden haben, aber es ist davon wohl nichts mehr übrig. Den Templern von Orange ist es gelungen, sich in den Jahren 1307 und 1308 ihrer Verhaftung zu entziehen. Sie konnten sich durch die Benutzung unterirdischer Geheimgänge in Sicherheit bringen.
In Orange gibt es eine Statue des Grafen und Kreuzfahrers Raimbaud II von Orange zu bestaunen. Er ist gewissermassen ein Urahn der niederländischen Königin wird als Eroberer von Antiochien und Jerusalem im Jahre 1099 gefeiert. Die Grafen von Orange standen den Templern zunächst sehr wohlwollend gegenüber. Es ist anzunehmen, dass ihre Familie auch Ordensbrüder stellten.
5. Ausflug
Der nächste Ausflug führte uns wieder in das Comtat Venaissin, dort haben Sie, verehrte/r Leser/in mich im Juni 2008 schon einmal begleitet, als ich Ihnen dort die commanderie von Richerenches zeigte. Die ehemalige Enklave des Papstes in Frankreich ist heute noch eine geographische Besonderheit. Ein Stück des Departements 84 Vaucluse befindet sich – getrennt vom übrigen Gebiet – in dem Departement 26 Drôme. Dort hofften wir, die Templerorte Roaix, Buisson und Villedieu zu erforschen und schließlich in der Stadt Vaison-la-Romaine die größten Ausgrabungen der Römerzeit in ganz Frankreich anzusehen.
Die Templerkapelle von Roaix ist nicht ohne weiteres zu besichtigen. Sie befindet sich auf einem abgeschlossenen Privatbesitz und nach Meinung von Passanten aus dem Ort sei es schwierig, das Einverständnis des Eigentümers zu erlangen. Nach Aubarbier gehört das Gelände heute einer der modernen Organisationen, die den Templerorden als Namensbestandteil führen.. Die Tatsache, dass es in Roaix eine Templercommanderie gegeben hat, ist überall in der Literatur bestätigt und ausnahmsweise einmal unstreitig.
Auf diesem Link kann man die chapelle Notre-Dame des Crottes der ehemaligen Templerkomturei von Roaix betrachten:
http://www.roaixinformatique.com/index.php?page=99
Die Nachbargemeinde 84110 Buisson ist ebenfalls mit Gewissheit eine Niederlassung der Templer gewesen. Nach einer noch vorhandenen Urkunde hat ein Bernard de Saint Véran am 14.01.1205 den Ort dem Templerorden geschenkt (de Bezaure, S. 122). Es gibt noch Reste mittelalterlicher Verteidigungsanlagen zu sehen. Die Kirche Notre-Dame de Buisson ist von den Templern gegründet worden (Aubarbier, S. 277):
église Notre-Dame, 84110 Buisson
3 km östlich davon liegt die Gemeinde 84110 Villedieu. Auch hier ist die ehemalige Templerpräsenz gesichert. Es gibt eine Urkunde aus 1219. In ganz Frankreich verstreut existieren zahlreiche Ortschaften oder Ortsteile des Namens Villedieu, an deren Gründung der Templerorden Anteil hatte. Ich werde das zu gegebener Zeit einmal gesondert untersuchen und eine Liste erstellen.
84110 Villedieu
Gebäude auf dem Commanderiegelände
ehem. Donjon der commanderie und heute Kirchturm der Pfarreikirche
Templerkreuz an der Aussenwand der Gebäude
Der Tagesausflug endete in der Stadt Vaison-la-Romaine, wo man ausgedehnte Teile der gallo-römischen Stadt freigelegt und zur Besichtigung zugänglich gemacht hat. Die Anlagen sind so weitläufig, dass man sie nur schlecht mit der Kamera einfangen konnte. Hier ist ein recht gut erhaltenes Gemeinschaftsklo mit wesentlichen Einzelheiten zu erkennen. Ein solches Gemeinschaftsklo habe ich schon einmal am Hadrianswall im Norden Englands gesehen. Es ist offensichtlich bei den Römern üblich gewesen, gewisse Geschäfte in Gesellschaft zu verrichten.
römisches Gemeinschaftsklo in 84110 Vaison-la-Romaine
Abschliessend noch der Blick auf eine richtige Einkaufsstrasse aus der Römerzeit. Der rechte Bürgersteig war mit Arkaden überwölbt und dahinter befanden sich dann die Ladenlokale.
Der Urlaub neigte sich dem Ende zu. Aber ein Rätsel sollte ungelöst bleiben. Nach der mir vorliegenden Literatur soll es in meinem Urlaubsort selbst, in Saint Saturnin-lès-Apt eine schöne romanische Templerkapelle gegeben haben und zwar an einem Ort namens Saint-Marin (Aubarbier, S. 383). Anderen Quellen zufolge könnte der Ort auch St. Morin, St. Maurin oder St. Maurice-de-la-Cavalerie gehiessen haben. Im Ort gab es ein Hinweisschild auf einen Ortsteil St. Morin. Ich fragte meine Vermieterin, eine Dame die ihre Kindheit schon in der Gegend verbracht hatte. Sie erzählte, dass es tatsächlich einen Ort St. Marin gäbe, es handele sich um eine ferme, also ein Gehöft ausserhalb des Ortes. Früher sei dort irgendeine kirchliche Organisation ansässig gewesen, es befinde sich deshalb ein grosses Holzkreuz vor dem Anwesen. Das Haus sei kürzlich verkauft worden, der neue Besitzer lasse sich aber wohl nur selten sehen, zumeist sei das Anwesen verschlossen. Sie habe auch gehört, dass sich dort eine Kapelle befinden würde.
Ich fuhr mit dem Auto vor das mir beschriebene Gehöft und das grosse Holzkreuz war gut zu sehen. Das Navi zeigte exakt vor dem Anwesen die Ortsbezeichnung St. Marin an. Ich hatte also das Anwesen gefunden. Es ist jedoch verschlossen und rundherum eingemauert bzw. eingezäunt. Es gelang also nur ein Blick von aussen in das Anwesen. Eine Kapelle oder dergleichen war nicht zu entdecken.
ferme St. Maurin, 84490 Saint Saturnin-lès-Apt
Das Geheimnis muß ich das nächste mal lösen, wenn wir da noch mal Urlaub machen. Der Altar der Templerkapelle von St. Saturnin soll im Museum von Apt zu besichtigen sein. Aber: man muß auch noch ein paar Rätsel übrig lassen, sonst lohnt es sich nicht, da noch einmal hinzufahren.
Auch wenn es wegen der vielen Templerorte, die wir diesmal besichtigten, hier vielleicht nicht so aus sah: Es war ein sehr schöne Urlaub, das Wetter lud nicht zum Faulenzen sondern ehr zu Ausflügen ein und in allen Orten, die wir besuchten, gab es stets auch alles andere, was man sich auf Reisen wünscht. Geschäfte, Cafés, Restaurants und Boutiquen, sodaß jeder von uns auf seine Kosten kam.
Immerhin gelang in diesem Teil der Provence auch wieder der Beweis, dass die Templer sich an alten und wichtigen Fernstrassen niederliessen, hier entlang der Trasse der römische via domitia, die von Turin über die Alpen führt und dann stets am rechten Ufer der Durance entlang läuft. Die Römer sich hier schon niedergelassen und vor ihnen die Kelten, die wahrscheinlich auch vor den Römern schon diese Fernstrassentrasse benutzten. Es gibt entlang des Fernweges in der Provence einige keltische Siedlungen – auf unserem „Hausberg“ hinter unserem Ferienhaus gab es eine – und Ortsnamen wie Oppède (ein klarer Hinweis auf oppidum, wie die Keltensiedlungen genannt werden).
Nächsten Monat werde ich mir ansehen, wie die Templer sich auf der anderen Seite des Rhône an die alte Fernstrasse gesetzt haben, im Languedoc, dem Ziel der nächsten Templerreise….