2016, August, Belgien 2

Belgien – Teil 2

Im August dieses Jahres gelang es mir, zwei Tage für die Templerforschung freizunehmen. Nach dem ich letztes Jahr über den Besuch der Stollen südlich von Maastricht (für den Bericht hier klicken!) darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es gegenüber dem Steinbruch auf der rechten Seite der Maas in Visé eine Komturei der Templer gäbe, plante ich diese freien Tage für eine weitere Reise nach Belgien ein. Ich hatte noch vier Templerorte in Belgien „auf dem Radar“, die doch recht weit auseinander lagen.

Die Reise sollte mich praktisch durch das ganze Land führen:

Screenshot 2017-02-02 18.30.03

1 Province de Liège

Commanderie de Visé

Ich begann die Unternehmung gleich in Visé, nachdem ich bei Aachen über die belgische Grenze in der Province Liège (Lüttich/Luik) ankam. Die Adresse der Komturei hatte ich zuvor im Internet ausfindig gemacht: Ferme de Visé.

Es werden dort Kartoffeln und Gemüse zu Kauf angeboten. Das Gehöft ist im Privatbesitz und es wird auch auf der offiziellen Homepage der Stadt Visé gemahnt, die Privatsphäre der Besucher zu respektieren und eventuelle Besuche vorher telefonisch abzustimmen. (die Telefonnummer finden Sie hier)

DSC_0003Le Temple de Visé, 4600 Visé, Liège

Links neben der Zufahrt befand sich ein recht großer Teich. Man darf vermuten, dass der Teich schon von den Templern angelegt worden ist. Die Templer hatten einen verbindlichen Speiseplan einzuhalten, in dem auch regelmäßig Fischverzehr aufgetragen wurde. Deswegen gehörte ein entsprechend großer Teich praktisch zur Grundausstattung eines Templergehöfts. Bei der Bearbeitung dieses Beitrages fiel mir eine frappierende Ähnlichkeit zu einer anderen bekannten ehemaligen Templerfarm auf, die sich im Burgund befindet. Hier wie dort liegt der Templerteich links neben der Zufahrt.

Ferme de MontmorotFerme de Montmorot, 21580 Salives, Côte d’OrDSC_0005commanderie de 4600 Visé

Ich hatte mein Auto schon am Anfang der Zufahrt abgestellt, um die Leute nicht unnötig zu stören und näherte mich dem Eingang des Gehöftes zu Fuß.

DSC_0008Über dem Tor fand sich dieses Malteserkreuz mit Jahreszahl 1719:

DSC_0007Ich beschränkte mich bei den Innenaufnahmen auf die öffentlich zugänglichen Bereiche.

DSC_0009Die Jahreszahl auf dem Hauptgebäude weist auf den Ausbauzustand des Jahres 1687 hin. Der Homepage der Stadt Visé kann man entnehmen, dass die Komturei im Jahre 1675 von den Armeen des „Sonnenkönigs“ Ludwig  XIV zerstört worden war.

DSC_0014Der Eingang zum Gemüseladen (leider gerade Mittagspause).

DSC_0013Den Namen dieses Komturs Jacques Laure de Breteuil, der nach Wikipedia auch ein Förderer der Künste gewesen sein soll, und sein Wappen findet man auch an der Templerkirche von 4550 Villers-le-Temple, die etwa 45 Km südwestlich von Visé  liegt.  Jan Hosten schreibt auf S. 224 in seinem Buch De Tempeliers von 2006: „In Visé, ten noorden van Luik, bezat de orde een huis met kapel en een flink aantal rechten.“ – In Visé, im Norden von Lüttich, besaß der Orden ein Haus mit Kapelle und eine stattliche Anzahl an Rechten.

Im Jahre 1575 soll die Komturei so ausgesehen haben:

Vise(Quelle: scarlet.be/hetoudelandvanluik)

Ebenfalls nach dieser Quelle sei das aktuelle Gebäude unter dem Komtur Charles de la Fontaine im Jahre 1628 errichtet worden.

Auszug aus dem Aufsatz von Ferdinand Henaux, in Bulletin de l’Institut Archéologique Liégois, Liège, 1852:

Seite 340Von den acht Häusern des Tempels, die sich in unserem Land befinden, ist das von Visé das am wenigsten bekannte. Dieser Tempel (man nimmt den Namen Tempel für die Häuser der Templer) liegt im Osten von Visé, 10 Minuten von dieser Stadt. Wathi Carot und seine Lebensgefährtin haben ihn den Templern gegen Mitte des 13. Jahrhunderts zum Geschenk gemacht. Der Tempel von Visé war wahrscheinlich bewohnt von einem

Seite 341Prior und einigen Rittern. Sie sind in einem Dokument von 1297 als seigneurs (Grundherren) benannt worden. Diese Priorei unterstand dem Komtur des Tempels von Villers im Condroz.

(Quelle: belgique-insolite-et-occulte.blogspot.de)

2 Province du Brabant wallon

Commanderie de Wavre

Mein nächstes Etappenziel liegt südöstlich von Brüssel. Die Autofahrt über Liége und Namur dauerte etwa eine Stunde. In der Commanderie befindet sich ein Restaurant namens La Table des Templiers. Die Adresse wird in der Homepage des Restaurants mit „Chemin du Temple“ angegeben. Der Link enthält auch eine Anfahrtsskizze, so daß nichts schief gehen konnte.

DSC_0019commanderie de Wavre – Neuve-Court, 1300 Wavre

DSC_0020Herrenhaus ausserhalb des Gehöfts

DSC_0021Nebeneinfahrt rechts neben dem Empfangsgebäude

DSC_0024Wappen über dem Haupteingang

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DSC_0027La cour intérieure

DSC_0030La cour intérieure

DSC_0031Haupttor von innen

DSC_0032Scheune rechts vom Haupteingang mit Jahreszahl 1615

DSC_0036Detailansicht Innenhof

DSC_0037Detailansicht Innenhof

 

DSC_0023Kapelle von Osten

DSC_0039Kapelle von Nordosten

Über die Commanderie Wavre habe ich in der Literatur nicht sehr viel Material finden können:

Jan Hosten schreibt in „De tempeliers“, S. 223: „In Waver tenslotte, hadden de tempeliers een huis met kapel, ‚Neuve-Court‘ genaamd. Er is geen stichtingsakte bewaard, mar Laurent Dailliez dateert de stichting van het huis in 1183.“ – In Waver schließlich hatten die Templer ein Haus mit Kapelle, genannt ‚Neuhof‘. Es ist keine Stiftungsurkunde erhalten, aber Laurent Dailliez (damit ist das Werk: Laurent Dailliez — Les Templiers en Flandre, Hainaut, Brabant, Liège et Luxembourg — Nice: Alpes-Méditerrannée Éditions — Impres-sud, 1978 gemeint, der Verf.) datiert die Stiftung dieses Hauses auf 1183.

In seiner Homepage tempeliers.be ergänzt Hosten noch: „la commanderie de Wavre – Neuve Court (Brabant) date probablement de 1183. Le bâtiment impressionant subsiste jusqu’à ce jour, mais il a subi de nombreuses restaurations Hospitaliers. “ – Die Komturei von Wavre – Neuve Court (Brabant) datiert wahrscheinlich von 1183. Das eindrucksvolle Gebäude überdauerte bis heute, aber es war zahlreichen Umbauarbeiten durch die Hospitalritter unterzogen worden.

Christophe Staf hingegen schreibt in seiner Homepage templiers.org: „L’existence de la commanderie de la Neuve-Court à Wavre est due à un don que fit Godefroid 1er, duc de Brabant, aux Templiers entre 1130 et 1140. Ce domaine, situé au nord de la ville de Wavre, comprenait une centaine d’hectares de terres, ainsi que des marais et des pâtures.
La commanderie que les Templiers installèrent à cet endroit leur permit d’exploiter et de valoriser toutes ces terres et était dépendante de la commanderie de Vaillampont près de Nivelles.“

Die Existenz der Komturei von Neuhof in Wavre beruht auf einer Schenkung Gottfrieds I, Herzog von Brabant, an die Templer zwischen 1130 und 1140. Die Domäne, die sich nördlich der Stadt Wavre befindet, umfasst einhundert Hektar Ackerboden, aber auch Moore und Weiden. Die Komturei, die die Templer an diesem Ort eingerichtet haben, erlaubte ihnen, alle diese Ländereien zu nutzen und verwerten. Sie war der Komturei von Vaillampont unterstellt.

Die Widersprüche dieser beiden Autoren zum Gründungsjahr konnte ich bisher noch nicht auflösen.

 

3 Provincie West-Vlaanderen

Ieper

Die nächste Etappe brachte mich in die Vlaamse Gemeenschap. Mein Ziel war die Stadt Ieper in West-Vlaanderen. Die Fahrt nach Westen dauerte ca. 1 h 30 min und führte über die Städte Brüssel, Gent und Kortrijk. Ieper ist eine Stadt mit ca. 35.000 Einwohnern, die im ersten Weltkrieg durch heftigste Kämpfe stark zerstört und danach mit sehr viel Feingefühl und Mühe teilweise im Originalzustand wieder aufgebaut wurde. Man muß schon sehr genau hinschauen, bevor man sich davon überzeugt, dass die Häuser viel jünger sind, als man vermuten würde.

Wie üblich übernachtete ich in meiner seit Jahren bevorzugten Pension saBBajon, die ich sehr gerne weiter empfehle, weil die sehr freundliche Inhaberin seit nunmehr 10 Jahren dafür nachhaltig sorgt, dass es ihren Gästen an nichts fehlt. Zudem sind die Zimmer äußerst geräumig und komfortabel. Die Sanitäreinrichtungen der überaus geschmackvoll und wohnlich eingerichteten Zimmer verdienen eher die Bezeichnung „Wellness-Oase“ statt „Nass-Zelle“ und das Frühstück hat mir immer ausgezeichnet geschmeckt.

1Tempelierssteen, Rijselsestraat, 8900 Ieper, West-Vlaanderen

3Dieses Gebäude war gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Verfall geraten. Es wurde von 1898 – 1908 als Postamt ausgebaut, um nach der offenbar nicht vollständigen Zerstörung im ersten Weltkrieg von 1920 – 1923 wieder instand gesetzt und bis 1996 als Postgebäude benutzt zu werden. Ein Hotelprojekt soll sich in Planung befinden (Wikipedia).

Nach Jan Hosten – dessen Beitrag über Ieper in seinem Buch ‚De tempeliers‘ wohl auch deshalb besonders umfassend und detailreich gelang, weil er selbst hier beheimatet ist – ist die Commanderie von Ieper eine der ersten Stiftungen im Westen Belgiens und verdankt ihre Entstehung einer Schenkung durch Godfried van Sint-Omaars (Godefroy de Saint-Omer), einem Gründungsmitglied des Templerordens in 1118. Im Jahre 1127 wurde von den Templern ein Kloster außerhalb der Stadt an der Straße nach Poperinge errichtet. (S. 214).

IeperQuelle: Onroerend Erfgoed

Das sich nach Westen öffnende Tor der Stadt Ieper (Poperinge liegt ca. 12 Kilometer westlich)   wurde nach diesem historischen Plan „Porte du Temple“ benannt. Im Westen der Altstadt gibt es heute noch eine „Tempelstraat“. Hosten beschreibt die Anzahl der Besitzungen der Templer in Ieper als „enorm“ (S. 215). Die Adressen und Lagen hier einzeln anzugeben, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen.

Die Nähe der Stadt Ieper zu ihrem Mitbegründer aus Saint-Omer spiegelt sich noch heute etwa dadurch wieder, dass zwischen der Stadt Ieper und der französischen Stadt Saint-Omer eine Städtepartnerschaft besteht und beide Städte das sogenannte Patriarchen-  oder Lothringerkreuz  als Bestandteil in ihren jeweiligen Wappen aufgenommen haben.

Ieper.jpgOmer

 

 

 

 

 

 

 

Wappen von Ieper (Wikipedia)                                               Wappen von St.-Omer (labelimage.fr)

Die Stadt Saint-Omer befindet sich etwa 40 Km südlich zwischen Calais und Dunkerque (Dünkirchen) und ca. 60 Km westlich von Ieper. Sie liegt übrigens an der frühmittelalterlichen via francigena, auf die wir bereits im Burgund und im letzten Frühjahr in Italien gestossen sind. Die via francigena  führt von Canterbury nach Rom und die Stadt Saint-Omer bildete mithin das erste Etappenziel dieser Fernstrasse auf dem Kontinent.

aaaDetails der Fassade

Ausschnitt aus einer Stadtchronik der Stadt Ieper

71307 8 mey wurden alle de templiers die binnen en buyten de Stad waren unde in alle andere plaetsen gedood door liest van den paus Clemens (an) ende den Koning Philippus. in 1320 is het Klooster afgebroken.

1307 8. Mai wurden alle Templer, die innerhalb und außerhalb der Stadt waren und an allen anderen Orten getötet durch List von dem Papst Clemenz und dem König Philipp. Im Jahre 1320 wurde das Kloster abgebrochen.

 

4 Province du Luxembourg

Commanderie de Hargimont

Auf dem Rückweg nach Frankfurt lag nur noch ein Ziel, die Commanderie von Hargimont in der Provinz Luxembourg. Die Fahrt von Ieper nach dort war mit 2 h 15 min angegeben. Ich wählte den Weg durch die Wallonie, vorbei an Tournai, Mons, Charleroi und Namur, und erreichte die Gemeinde Marche-en Famenne in der Provinz Luxembourg. Am Ortseingang von Hagrimont selbst befindet sich ein stattliches Schloss, das Château de Jemeppe.

Die commanderie der Templer hat die Adresse 31, Rue de la Commanderie, 6900 Hargimont und man findet sie leicht.

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commanderie de 6900 Hargimont

Man hat die Bausubstanz grundlegend saniert und Wohnungen in den Gebäuden der ehemaligen Komturei eingerichtet. Die Umwandlung eines historischen Denkmals in einen Zweckbau macht es schwierig, zu erkennen, was an der sichtbaren Bausubstanz historisch ist und was nicht. Aber es ist sicher ein wunderbares Ambiente zum Wohnen enstanden und auf diese Weise sind die Gebäude über die nächsten zweihundert Jahre vorerst gerettet worden. Ich denke, wenn da jetzt noch dreissig Jahre „Patina“ hinzukommt, wird es wieder „passen“.

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Haupttor

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die Lage an der Rue de la Commanderie

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Rue de la Commanderie nach Norden

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Innenbereich, Hof und Wohnungen

Das Schild besagt, dass der Graf von Namur sein Lehen von Hargimont im Jahre 1191 den Templern schenkte, die dort eine Komturei errichteten. Das aktuelle Gebäude wurde in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts (aus dem Schutt der Komtureigebäude?) errichtet und sodann im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert Umbauten unterzogen. Der derzeitige Bauzustand stammt von 1999. Hosten (S. 226) weist darauf hin, dass die Schenkung des Grafen auch die umliegenden Grundstücke und Forstflächen enthielt.

Viel gab es hier nicht mehr zu sehen oder zu berichten und so machte ich mich wieder auf den Heimweg.

 

 

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