2007 Roussillon

5. Exkurs nach Westen

Nach der Aufregung über geheime Templerkreise, -Pfade und Goldvorkommen, wenden wir uns auf der via aquitania wie die Jakobspilger nach Westen, von dem Departement 11 Aude, über das Departement 09 Ariège hinweg in das Departement 31 Haute-Garonne. Wir haben damit die Region Languedoc-Roussillon verlassen sind jetzt in der Region Midi-Pyrénées. Dort hatten die Pilger etwa Gelegenheit, in dieser interessanten Komturei Halt zu machen.

 

 

chapelle de Sainte Matrone, Mazères-sur-Salat, 31 Haute-Garonne

Nur nebenbei: Der Fluß Le Salat war noch bis ins ausgehende vorletzte Jahrhundert bekannt für seine natürlichen Goldvorkommen, die man bis in jüngste Zeit in lohnender Weise ausbeuten konnte. Ob sich daran auch schon die Templer beteiligt haben, ist nicht bekannt. Dass sie  über lange Strecken dünn besiedelt sind – im ganzen Dept. Ariège gab es womöglich keine Templer! –  aber ausgerechnet hier wieder massiv auftauchen, kann genausogut ein purer Zufall sein.

Diese Kapelle steht weit außerhalb der Ortschaft auf dem Feld.  Andere Reste der Templercommanderie sind nicht zu erkennen. Ein Blick ins Innere:

Noch 5 Kilometer weiter westlich gelangen wir zu einer der berühmtesten Kirchen der Tempelritter: Die Mysterien-Kirche von Montsaunes:

Montsaunes, 31 Haute-Garonne

Diese Kirche weist aussen wie innen bemerkenswerten Schmuck vor. Die Bemalungen der Innenseite werden der Alchimie zugeschrieben. Sie wirken in der Tat sehr esoterisch. Man sieht u.a. Maurerwerkzeug, wie ein Senkblei und Winkel. Sicher hatten die Tempelritter gute Beziehungen zu den Bauleuten, aber Geheimgesellschaften der Maurer, wie man sie aus viel späteren Jahrhunderten kannte, gab es damals so noch nicht. Auch wenn die Maurer weit davon entfernt waren, jemand aussenstehenden an ihrem Sonderwissen teilhaben zu lassen.

Leider kamen wir nicht hinein. Der Nachbar, der den Schlüssel verwahrt, war partout nicht aufzutreiben. Aber von aussen gibt es schöne Fotos, auch recht ungewöhnlich, zum Teil geheimnisvoll:

Das sog. chrismon über dem Portal ist kein Geheimzeichen. Es findet sich gerade in den Pyrenäen sehr häufig an mittelalterlichen Kirchen.

Ein „umgedrehter Gekreuzigter“ dürfte da doch schon etwas seltener anzutreffen sein. Ein Seiteneingang zeigt dieses seltsame Symbol mit „Gänsefüßchen“:

Diese Herrschaften – die Augen vor Entsetzen geweitet – scheinen sich enorm vor etwas oder jemanden zu fürchten:

Und schließlich die beeindruckende Rückseite der Kirche:

6. Templer im Roussillon

Das Roussillon gehörte zur Templerzeit noch nach Spanien, genauer gesagt zu Katalonien, später zum Königreich Mallorca. Die Hauptstadt Perpinya (= Perpignan) beherbergte sowohl einen Königspalast, als auch eine ganze Reihe von Stadthäusern der Templer, die sich ausserhalb der Stadtmauern, in einem durch sie erst entwässerten Sumpfgebiet niedergelassen haben, im Bereich der heute noch vorhandenen Kirche St. Mathieu. Die Hauptkomturei der katalonischen Templer war Mas Deu. Hiervon sprachen wir schon.

Die Grenze zwischen den Königreichen verlief damals auf dem gut erkennbaren Bergrücken mit den weltberühmten Katharerburgen chateau de Peyrepertuse und chateau de Quéribus, was man heute noch auf der Landkarte durch den abrupten Wechsel katalanischer und französischer Ortsnamen erkennen kann. Orte wie Prats-de-Mollo, Castelnou, Banyuls-dels-Aspres, Molitg-les-Bains, Lloncet, St. Feliu- d’Avall, Baixas, Belpuig oder Montbolo u.v.m tragen eindeutig katalanische Namen, die jenseits der Bergkette abrupt aufhören.

Das Becken südlich von Perpignan weist das dichteste Netz von Templerniederlassungen überhaupt auf. Auf einem Quadrat mit einer Kantenlänge von nur 15 Km gibt es – sage und schreibe – 16 Templerorte:

Canohès, Nyls, Ponteilla, Trouillas, Ste. Colombe-de-la-Commanderie, Villemolaque, Tresserre, Pollestres, Villeneuve-de-la-Raho, Bages, Banyuls-dels-Aspres, Brouilla, Ortaffa, Palau-del-Vidre, Pézilla und Perpignan.

Das sind fast alle Ortschaften in diesem Viereck. Sie sind nur zwei, drei oder vier  Km voneinander entfernt. Alle Strassen in dem Gebiet wurden damit von der Truppe bewacht. Ausserdem liegen die Ortschaften – strategisch geschickt – am Fuße des großen östlichsten Pyrenäenübergangs, wo – damals wie heute – die Hauptstrecke zwischen Spanien und Frankreich liegt. Die ehemalige via domitia läuft paralell zur bestens bekannten Autobahn  A 9. 14 Km südöstlich von Palau-del-Vidre (Was ein klangvoller Name: Das heißt Glaspalast!) unterhielten die Templer einen Hafenbetrieb in dem kleinen heute noch verschwiegen idyllischen Badeort Collioure:

Collioure, 66 Pyrénées-Orientales

Dieser Hafen war m.E. nicht geräumig genug, um von ganz großen Fahrzeugen der Templer – es gab Schiffe für mehrere hundert Passagiere – angelaufen zu werden, obwohl der Hafen im Mittelalter durchaus etwas tiefer gewesen sein wird. Aber für kleine, wendige und schnelle Frachtsegler mit 5 bis 20 Mann Besatzung war der Hafen ideal. Hier konnten die Fahrzeuge ohne große Anteilnahme der Öffentlichkeit – anders etwa als in Marseille, Toulon oder Hyères – Fracht aufnehmen und ablegen – Edelmetallfuhren vielleicht?

Die 14 Km zum nächsten Templerort Palau-del-Vidre konnte eine Pferdekutsche auch mit nicht allzu schwerer Last in einer Stunde und ohne Pause bequem schaffen.

Meine These: Es gab einen möglicherweise geheimen aber gut bewachten Weg von den französischen Templern aus der Gegend um Carcassonne über das Gebiet der spanischen Templer zum Mittelmeerhafen Collioure, über den alles, was man in dem Tal der Aude produziert oder zu Tage gebracht hatte, bequem sicher und schnell verschifft werden konnte über einen Hafen, den man ebenfalls gut unter Kontrolle halten konnte.

Der Ort Serres könnte der Ausgangspunkt dieses Weges sein. Ich habe bereits mit dem Tatzenkreuz nachgewiesen, dass er den Templern zugerechnet werden muß. Der Umstand, dass der Ort nicht von den Urkunden erwähnt wird, beweist, dass er nicht zu den französischen Templern aus Douzens oder La Nougarède gehört hat. Also unterstand er wohl der Komturei von Mas Deu, den spanischen Templern. Über die gibt (und gab es damals?) es so gut wie keine Urkunden. Das galt schon auch für die Templer auf dem Chateau de Templiers auf dem Bézu, denn auch diese Stätte wird von dencartulaires nicht erwähnt. Von Serres sind es nur ca. 10 Km zum Bézu und dort gegenüber endet eine angebliche Fernstrasse nach Spanien an dem Hof La Jacotte, früher angeblich ein Hospital. 15 Km weiter südöstlich war Frankreich zu Ende, die letzte Ansiedlung vor der Grenze Camps-sur-Agly, nach Meinung neuerer Forschungen ebenfalls ein Templerort, obwohl ebenfalls nicht in Urkunden genannt.

Camps-sur-Agly, 11 Aude

(Dieses Foto wurde mir dankenswerter Weise von Sachbuchautor Udo Vits überlassen)

Unmittelbar an diesen Ort schließen sich die Gorges de Galamus an, ein Durchbruch durch die Grenzbergkette, den sich der Fluß Agly dort hineingefressen hat, mit dramatischen Wasserfällen und gefährlichen Abgründen.

Gorges de Galamus, Grenze zwischen Dept. 11 Aude und 66, Pyrénées-Orientales

am rechten Bildrand sieht man die Eremitage de St. Antoine, eine Einsiedelei aus dem 7 Jahrhundert. Die heutige (recht enge und unangenehme) Strasse stammt aus 1880. Vorher galt die Schlucht als unpassierbar. Sie spielte aber schon in Mittelalter als geheimer Weg der Katharer eine wichtige Rolle.

Die Templer standen nicht etwa im Lager der Katharer. Aber man hatte – regelmässig – auch nichts weiter gegeneinander und lebte zumeist in friedlicher Nachbarschaft. Es ist anzunehmen, dass den Templern dieser geheime Grenzübergang der Katharer bekannt war. Denn am Eingang sowie am Ausgang dieser Schlucht befand sich ein Templerort.

Den südlichen Endpunkt zu finden, war wieder einmal nicht sehr leicht.  Etwas südlich von St.  Paul-de-Fenouillet sollte sich die Preceptorie de Centernach befinden. Kein sehr französich klingender Name und natürlich nicht auf der Karte zu finden. Der Name des Ortes erfuhr im Laufe der Jahre durch die unterschiedlichen Mundarten Änderungen wie Cantarnac oder Santernac. Warum nicht gleich Saint Arnac? Das gibts tatsächlich, knapp unterhalb von St. Paul:

chapelle des templiers, St. Arnac, 66 Pyrénées-Orientales

Im Ort gibt es ein Weingut, das ein edles Getränk des Namens Preceptorie de Centernach bis nach Asien vertreibt. Falls noch ein Beweis gewünscht wird: Die Strassen im Ort sind nach Großmeistern der Templer benannt, z.B. Rue Hugues de Paganis oder Rue Bernard de Tramelay. Das ist die nördlichste Dienststelle der Mas Deu Ritter im Roussillon. Hier hatte man jetzt die Wahl. Entweder eine bequeme Fahrt durch das Tal der Agly, das sogenannte Fenouilledes, auf einer ebenen gut ausgebauten geraden Strasse nach Perpignan. Einfach. Aber wie auf dem Präsentierteller.

Oder man entschied sich für den  steilen, aber versteckten Gebirgspass, überquerte den Tèt bei Ille-sur- Tèt  und gelangte sogleich in die schützende Obhut der vielen Templerorte in der Tiefebene von Perpignan. Große Lasten wird man diesen Gebirgspass nicht freiwillig und ohne Not ziehen wollen. Aber 20 Kilo Gold vielleicht schon. Dazu würde ein Esel genügen. Unauffällig. Der Gegenwert von 20 Kilo Gold war allerdings eher nicht unauffällig, sondern damals ein dramatisches Vermögen.

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