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2007 Roussillon

5. Exkurs nach Westen

Nach der Aufregung über geheime Templerkreise, -Pfade und Goldvorkommen, wenden wir uns auf der via aquitania wie die Jakobspilger nach Westen, von dem Departement 11 Aude, über das Departement 09 Ariège hinweg in das Departement 31 Haute-Garonne. Wir haben damit die Region Languedoc-Roussillon verlassen sind jetzt in der Region Midi-Pyrénées. Dort hatten die Pilger etwa Gelegenheit, in dieser interessanten Komturei Halt zu machen.

 

 

chapelle de Sainte Matrone, Mazères-sur-Salat, 31 Haute-Garonne

Nur nebenbei: Der Fluß Le Salat war noch bis ins ausgehende vorletzte Jahrhundert bekannt für seine natürlichen Goldvorkommen, die man bis in jüngste Zeit in lohnender Weise ausbeuten konnte. Ob sich daran auch schon die Templer beteiligt haben, ist nicht bekannt. Dass sie  über lange Strecken dünn besiedelt sind – im ganzen Dept. Ariège gab es womöglich keine Templer! –  aber ausgerechnet hier wieder massiv auftauchen, kann genausogut ein purer Zufall sein.

Diese Kapelle steht weit außerhalb der Ortschaft auf dem Feld.  Andere Reste der Templercommanderie sind nicht zu erkennen. Ein Blick ins Innere:

Noch 5 Kilometer weiter westlich gelangen wir zu einer der berühmtesten Kirchen der Tempelritter: Die Mysterien-Kirche von Montsaunes:

Montsaunes, 31 Haute-Garonne

Diese Kirche weist aussen wie innen bemerkenswerten Schmuck vor. Die Bemalungen der Innenseite werden der Alchimie zugeschrieben. Sie wirken in der Tat sehr esoterisch. Man sieht u.a. Maurerwerkzeug, wie ein Senkblei und Winkel. Sicher hatten die Tempelritter gute Beziehungen zu den Bauleuten, aber Geheimgesellschaften der Maurer, wie man sie aus viel späteren Jahrhunderten kannte, gab es damals so noch nicht. Auch wenn die Maurer weit davon entfernt waren, jemand aussenstehenden an ihrem Sonderwissen teilhaben zu lassen.

Leider kamen wir nicht hinein. Der Nachbar, der den Schlüssel verwahrt, war partout nicht aufzutreiben. Aber von aussen gibt es schöne Fotos, auch recht ungewöhnlich, zum Teil geheimnisvoll:

Das sog. chrismon über dem Portal ist kein Geheimzeichen. Es findet sich gerade in den Pyrenäen sehr häufig an mittelalterlichen Kirchen.

Ein „umgedrehter Gekreuzigter“ dürfte da doch schon etwas seltener anzutreffen sein. Ein Seiteneingang zeigt dieses seltsame Symbol mit „Gänsefüßchen“:

Diese Herrschaften – die Augen vor Entsetzen geweitet – scheinen sich enorm vor etwas oder jemanden zu fürchten:

Und schließlich die beeindruckende Rückseite der Kirche:

6. Templer im Roussillon

Das Roussillon gehörte zur Templerzeit noch nach Spanien, genauer gesagt zu Katalonien, später zum Königreich Mallorca. Die Hauptstadt Perpinya (= Perpignan) beherbergte sowohl einen Königspalast, als auch eine ganze Reihe von Stadthäusern der Templer, die sich ausserhalb der Stadtmauern, in einem durch sie erst entwässerten Sumpfgebiet niedergelassen haben, im Bereich der heute noch vorhandenen Kirche St. Mathieu. Die Hauptkomturei der katalonischen Templer war Mas Deu. Hiervon sprachen wir schon.

Die Grenze zwischen den Königreichen verlief damals auf dem gut erkennbaren Bergrücken mit den weltberühmten Katharerburgen chateau de Peyrepertuse und chateau de Quéribus, was man heute noch auf der Landkarte durch den abrupten Wechsel katalanischer und französischer Ortsnamen erkennen kann. Orte wie Prats-de-Mollo, Castelnou, Banyuls-dels-Aspres, Molitg-les-Bains, Lloncet, St. Feliu- d’Avall, Baixas, Belpuig oder Montbolo u.v.m tragen eindeutig katalanische Namen, die jenseits der Bergkette abrupt aufhören.

Das Becken südlich von Perpignan weist das dichteste Netz von Templerniederlassungen überhaupt auf. Auf einem Quadrat mit einer Kantenlänge von nur 15 Km gibt es – sage und schreibe – 16 Templerorte:

Canohès, Nyls, Ponteilla, Trouillas, Ste. Colombe-de-la-Commanderie, Villemolaque, Tresserre, Pollestres, Villeneuve-de-la-Raho, Bages, Banyuls-dels-Aspres, Brouilla, Ortaffa, Palau-del-Vidre, Pézilla und Perpignan.

Das sind fast alle Ortschaften in diesem Viereck. Sie sind nur zwei, drei oder vier  Km voneinander entfernt. Alle Strassen in dem Gebiet wurden damit von der Truppe bewacht. Ausserdem liegen die Ortschaften – strategisch geschickt – am Fuße des großen östlichsten Pyrenäenübergangs, wo – damals wie heute – die Hauptstrecke zwischen Spanien und Frankreich liegt. Die ehemalige via domitia läuft paralell zur bestens bekannten Autobahn  A 9. 14 Km südöstlich von Palau-del-Vidre (Was ein klangvoller Name: Das heißt Glaspalast!) unterhielten die Templer einen Hafenbetrieb in dem kleinen heute noch verschwiegen idyllischen Badeort Collioure:

Collioure, 66 Pyrénées-Orientales

Dieser Hafen war m.E. nicht geräumig genug, um von ganz großen Fahrzeugen der Templer – es gab Schiffe für mehrere hundert Passagiere – angelaufen zu werden, obwohl der Hafen im Mittelalter durchaus etwas tiefer gewesen sein wird. Aber für kleine, wendige und schnelle Frachtsegler mit 5 bis 20 Mann Besatzung war der Hafen ideal. Hier konnten die Fahrzeuge ohne große Anteilnahme der Öffentlichkeit – anders etwa als in Marseille, Toulon oder Hyères – Fracht aufnehmen und ablegen – Edelmetallfuhren vielleicht?

Die 14 Km zum nächsten Templerort Palau-del-Vidre konnte eine Pferdekutsche auch mit nicht allzu schwerer Last in einer Stunde und ohne Pause bequem schaffen.

Meine These: Es gab einen möglicherweise geheimen aber gut bewachten Weg von den französischen Templern aus der Gegend um Carcassonne über das Gebiet der spanischen Templer zum Mittelmeerhafen Collioure, über den alles, was man in dem Tal der Aude produziert oder zu Tage gebracht hatte, bequem sicher und schnell verschifft werden konnte über einen Hafen, den man ebenfalls gut unter Kontrolle halten konnte.

Der Ort Serres könnte der Ausgangspunkt dieses Weges sein. Ich habe bereits mit dem Tatzenkreuz nachgewiesen, dass er den Templern zugerechnet werden muß. Der Umstand, dass der Ort nicht von den Urkunden erwähnt wird, beweist, dass er nicht zu den französischen Templern aus Douzens oder La Nougarède gehört hat. Also unterstand er wohl der Komturei von Mas Deu, den spanischen Templern. Über die gibt (und gab es damals?) es so gut wie keine Urkunden. Das galt schon auch für die Templer auf dem Chateau de Templiers auf dem Bézu, denn auch diese Stätte wird von dencartulaires nicht erwähnt. Von Serres sind es nur ca. 10 Km zum Bézu und dort gegenüber endet eine angebliche Fernstrasse nach Spanien an dem Hof La Jacotte, früher angeblich ein Hospital. 15 Km weiter südöstlich war Frankreich zu Ende, die letzte Ansiedlung vor der Grenze Camps-sur-Agly, nach Meinung neuerer Forschungen ebenfalls ein Templerort, obwohl ebenfalls nicht in Urkunden genannt.

Camps-sur-Agly, 11 Aude

(Dieses Foto wurde mir dankenswerter Weise von Sachbuchautor Udo Vits überlassen)

Unmittelbar an diesen Ort schließen sich die Gorges de Galamus an, ein Durchbruch durch die Grenzbergkette, den sich der Fluß Agly dort hineingefressen hat, mit dramatischen Wasserfällen und gefährlichen Abgründen.

Gorges de Galamus, Grenze zwischen Dept. 11 Aude und 66, Pyrénées-Orientales

am rechten Bildrand sieht man die Eremitage de St. Antoine, eine Einsiedelei aus dem 7 Jahrhundert. Die heutige (recht enge und unangenehme) Strasse stammt aus 1880. Vorher galt die Schlucht als unpassierbar. Sie spielte aber schon in Mittelalter als geheimer Weg der Katharer eine wichtige Rolle.

Die Templer standen nicht etwa im Lager der Katharer. Aber man hatte – regelmässig – auch nichts weiter gegeneinander und lebte zumeist in friedlicher Nachbarschaft. Es ist anzunehmen, dass den Templern dieser geheime Grenzübergang der Katharer bekannt war. Denn am Eingang sowie am Ausgang dieser Schlucht befand sich ein Templerort.

Den südlichen Endpunkt zu finden, war wieder einmal nicht sehr leicht.  Etwas südlich von St.  Paul-de-Fenouillet sollte sich die Preceptorie de Centernach befinden. Kein sehr französich klingender Name und natürlich nicht auf der Karte zu finden. Der Name des Ortes erfuhr im Laufe der Jahre durch die unterschiedlichen Mundarten Änderungen wie Cantarnac oder Santernac. Warum nicht gleich Saint Arnac? Das gibts tatsächlich, knapp unterhalb von St. Paul:

chapelle des templiers, St. Arnac, 66 Pyrénées-Orientales

Im Ort gibt es ein Weingut, das ein edles Getränk des Namens Preceptorie de Centernach bis nach Asien vertreibt. Falls noch ein Beweis gewünscht wird: Die Strassen im Ort sind nach Großmeistern der Templer benannt, z.B. Rue Hugues de Paganis oder Rue Bernard de Tramelay. Das ist die nördlichste Dienststelle der Mas Deu Ritter im Roussillon. Hier hatte man jetzt die Wahl. Entweder eine bequeme Fahrt durch das Tal der Agly, das sogenannte Fenouilledes, auf einer ebenen gut ausgebauten geraden Strasse nach Perpignan. Einfach. Aber wie auf dem Präsentierteller.

Oder man entschied sich für den  steilen, aber versteckten Gebirgspass, überquerte den Tèt bei Ille-sur- Tèt  und gelangte sogleich in die schützende Obhut der vielen Templerorte in der Tiefebene von Perpignan. Große Lasten wird man diesen Gebirgspass nicht freiwillig und ohne Not ziehen wollen. Aber 20 Kilo Gold vielleicht schon. Dazu würde ein Esel genügen. Unauffällig. Der Gegenwert von 20 Kilo Gold war allerdings eher nicht unauffällig, sondern damals ein dramatisches Vermögen.

2007 Languedoc

„Bewegungsbilder“ des Templerordens

 

Die Untersuchungen des laufenden Jahres ergaben in manchen Regionen Frankreichs eine bemerkenswerte Verdichtung der Anwesenheit der Templer. Wir sahen ja schon mehrfach, dass der Zuerwerb von Länderein weniger zufällig, sondern eher planmäßig ablief. Vielfach gelang der Nachweis, dass die Ausbreitung der Machtzentren mehreren Zwecken nebeneinander (oder besser hintereinander) diente. Offiziell konnten sich die Tempelritter stets damit rühmen, sie verfolgten den Pilgerschutz. Auf diese Weise sicherten sie sich das Wohlwollen des Papstes und die weitgehende Steuerfreiheit. Dahinter konnten sie bequem kommerzielle Interessen verfolgen, natürlich hauptsächlich zur Unterhaltung der kämpfenden Truppe in outre-mer.

Und wer weiß, wozu sonst noch.

Folgende Regionen geraten durch besondere Templerpräsenz ins Blickfeld

1. Region Bretagne, dort befinden sich insbesondere im Departement 56 Morbihan  zahlreiche und überdurchschnittlich gut erhaltene Bauwerke der Templer. Erklärt wird das damit, dass hier die Pilger aus Irland, Schottland und England anlandeten, um sich für die weitere Reise zu Fuß nach Santiago zu sammeln.

2. Region Poitou-Charentes, dort insbesondere die beiden Departements 17 Charente-Maritime und 18 Charente. Hier befand sich der wohl wichtigste Hafen der Tempelritter am Atlantik in La Rochelle. Umschlagstark dürfte er wohl wegen des Seehandels mit Portugal, Galicien, Nordspanien einerseits und England, Irland und Schottland andererseits gewesen sein. Das Hinterland von La Rochelle war morastig. Hier mußte die Landschaft erst gehörig durch Gräben umgestaltet werden. Kein Problem für die Templer.

Gemunkelt wird immer wieder, dass die Templer von La Rochelle aus schon Amerika bereisten. Nun: Beweise gibt es dafür nicht. Aber gewisse Indizien, sodaß man es auch nicht von vorneherein ausschließen könnte. Dazu später mehr. Ich hoffe, dass ich Ende Juli, Anfang August in diese Gegend reisen kann.

3. Regionen  Champagne-Ardenne und Bourgogne. Die Gründung des Orden konzentrierte sich auf die Umgebung von Troyes, der damaligen Hauptstadt der Champagne. Das Burgund hatten wir schon untersucht.

und schließlich

4. die Region Languedoc-Roussillon. Während man die Anwesenheit der Tempelritter sonst bequem mit dem Pilgerschutz erklären konnte, wird das hier nicht überzeugend gelingen können. Es gibt keine Hauptpilgerstrecke entlang der Mittelmeerküste. Es wäre vielmehr für die meisten Fernpilger ein ungeheurer Umweg. Also, was wollten die Tempelritter dort?

Der Pilgerstrom für das südliche Frankreich sammelte sich, wie schon bemerkt, in Arles und vereinte dort, auf der alten Römerstrasse via domitia – dem ersten Machtbauwerk der Römer in Gallien  – die Süd-Pilger aus Italien, der Schweiz und dem südlichen Deutschland, die über Genf oder Briancon und Avignon eintrafen. Die via domitia zweigte bei Narbonne an der Küste nach Süden ab. Natürlich gab (und gibt) es zwischen Perpignan und Girona einen recht bequemen Pyrenäen-Übergang. Man kam dort aber in Katalonien viel zu weit südlich heraus und konnte erst bei Barcelona oder sogar Tarragona nach Westen abbiegen. Das war für die meisten Pilger ein Umweg von einigen hundert Kilometern. Darum verließ der Hauptpilgerstrom die via domitia  bei Narbonne und folgte der dort ehemals beginnenden Römerstrasse via aquitania über Carcassonne, Toulouse, Oloron und den Somport-Pass nach Spanien.

 

 

 

4. Die Templer im Languedoc

Warum häuften die Tempelritter also ausgerechnet in dieser Region, insbesondere in den Departements 11 Aude und 66 Pyrénées-Orientales, solche enormen Massen an Gütern und Niederlassungen an?

Um dieser Frage nachzugehen, begaben wir uns im Juni 2007 erneut in die Gegend von Rennes-le-Chateau. Dass die Templer in der Strecke zwischen Narbonne und Carcassonne dicht besetzt waren, läßt sich noch ganz zwanglos mit dem Pilgerschutz erklären. Hier begann schließlich die uralte Fernstrasse via aquitania, die die beiden Meere am nördlichen Pyrenäenrand miteinander verband. So ist es kein Wunder , dass sich die Templerorte – inzwischen für uns wie gewohnt – wie die Perlen an einer Kette im Abstand von 10 bis 30 Km aufreihen: Névian, Douzens, Barbaira (St. Jean de Carrière), Floure und Carcassone (dort mind. drei Niederlassungen: Montredon, St. Jean de Brucafel und ein Stadtmaison in der Cité).

 

Eglise de la Commanderie de Douzens, Douzens, Dept. 11 Aude, Languedoc-Roussillon

Doch das wirkt sehr vordergründig. Denn: Die weitere Pilgerstrecke von Carcassonne nach Toulouse ist nur noch recht schwach von den Templern besetzt. Die „geheime Templerstrasse“, der ich hier nachgehen wollte, knickt vielmehr  –  ganz überraschend  –  in Carcassonne nach Süden ab und setzt sich durch das Tal des Flusses Aude in ständig südlicher Richtung über Pomas, Pieusse, Limoux, Magrie und Campagne-sur-Aude nach Quillan ab. Dort gibt es keinen Pilgerpass!

Doch dazu später mehr.

Es steht fest, dass Douzens die Hauptkomturei der französischen Templer im westlichen Languedoc, besser, der Aude-Region war. Das besagen die  cartulaires de Douzens, eine wohlerhaltene Sammlung von über einhundert Stück Original-Akten aus der Templerzeit, die Grundstückstransaktionen zum Gegenstand haben. Offenbar gab es in der Stadt Barbaira – noch heute ein recht wohlhabender Ort der Weinbarone – nördlich der Montagne d‘ Alaric, wo heute die Creme de la Creme der Corbiéres-Weine herkommt  – eine superreiche Adelsfamilie, die den Templern reichlich was schenkte. Warum? Sicher für das Seelenheil. Wer weiß.

(nur eine kleine Notiz am Rande. Es gibt in ganz Frankreich und Nordkatalonien 7 Orte mit dem Namen Barbeira, Barbaira oder Barberey . Jede ist entweder selbst ein Templerort, oder aber nur wenige Kilometer vom nächsten Templerort entfernt. Fragen Sie mich bitte nicht, was es damit auf sich hat).

Schauen wir uns die Templerkomtureien der Hauptniederlassung Douzens im nördlichen Aude-Tal einmal näher an:

Etwas südlich von Carcassonne befand sich die einzige militärische Anlage der Templer der Aude, die Burg Mas-des-Cours.

Chateau des Templiers, Mas-des-Cours, Dept. 11 Aude

Einige Kilometer östlich davon befand sich eine Templerkapelle, die heute nicht mehr existiert. Aber die Glocke und das Taufbecken hat man noch etwas weiter östlich nach Fajac-en-Val geschafft und dort neu aufgebaut.

cloche-mur de la chapelle templiereFajac-en-Val, 11 Aude

Zurück ins Aude-Tal folgen wir dem Fluss-Verlauf aufwärts und erreichen die Templerörtlichkeit Pomas:

evtl. Templerkirche( ?),  Pomas, 11 Aude

Exakt gegenüber, auf der anderen Flußseite befindet sich die ehemalige Templerdomäne Gaure, heute ein großes Weingut. Die meisten Gebäude sind aus dem achtzehnten Jahrhundert. Einige Mauerreste könnten aus der Templerzeit stammen. Aber man war dort nicht sehr gesprächig und will angeblich nichts von der Templervergangenheit wissen. Diese ist aber durch Urkunden erwiesen.

Ca 5 Km flußaufwärts erreichen wir den rätselhaften Ort Pieusse.

Diese Kirche stammt unzweifelhaft aus der Zeit der Templer. Ob es eine von den Templern errichtete Kirche ist, liess sich nicht feststellen. Für eine spezielle Templerkapelle wäre sie zu groß. Die Templer hatten aber häufig auch das Recht erworben, die Pfarrei zu für den ganzen Ort zu betreiben, in dem sie einen ihrer Kapläne die Messe halten (und die Gebühren vereinnahmen) liessen.

Dieses Chateau in Pieusse stammt unzweifelhaft aus dem 12. Jahrh. Die roten „Templerkreuze“ im Mauerwerk sind leider nicht Original, sondern viel später zur Standsicherheit eingefügt worden. Es handele sich um ein Katharer-Schloß, war dort zu lesen. Bedauerlicherweise habe ich bislang nichts näheres in Erfahrung bringen können.

gotisches sog.  Oratoire, Pieusse, 11 Aude

Ein merkwürdiges Gebetshäusschen schließt die Ortschaft zum Flußufer hinunter ab. Es stammt auch aus der Templerzeit. Einige hundert Meter weiter südlich von Pieusse befindet sich die bekannte Kirche Notre Dame de Marceille mit einer berühmten vierge noire, einer dunkelhäutigen Madonnenfigur. Dieses Phänomen der besonderen Verehrung dunkelhäutiger Madonnen finden wir in ganz Europa verbreitet und noch recht wenig erforscht. Man findet sie in z.B. Polen (Tschenstochau), Deutschland (Altötting), Schweiz (Einsiedeln) und Spanien (Montserrat) u.v.m.

Aber ihre hauptsächliche Verbreitung erfuhr die dunkelhäutige Madonna in Frankreich. Wir werden später noch sehen, dass sich hier jeweils im Abstand von einigen Kilometern zu einer der Wallfahrtsplätze mit  solchen Statuen sehr häufig eine Templereinrichtung befindet…..

Hier in Notre Dame de Marceille, nördlich der Stadt Limoux endete wohl der Einflußbereich der Templer von Douzens und es beginnt der Machtbereich der zweiten bedeutsamen Commanderie des Aude-Tals. La Nougarède.

Diesen Ortsnamen würde man auf Landkarten vergeblich suchen. Die Gemeinde heißt inzwischen Magrie:

Eine wahrhaft wuchtige und trutzige Kirche hat man da zum Zeichen äußerer und innerer Macht in die Gegend gestellt, dass keine Zweifel aufkommen können, wer in dieser seigneurie das Sagen hat. Die Templer!

Das wird auch am Eingang der inneren Stadtmauer deutlich demonstriert.

Von La Nougarède aus wurden folgende Templereinrichtungen kontrolliert:

Campagne-sur-Aude, Croux,  (da waren Sie mit mir, lieber Besucher , bereits im letzten Jahr) , Salza, Laroque-de-Fa, St. Julia-de-Bec, Camps-sur-Agly und dann gibt es da noch ein Rätsel um ein kleines Örtchen. Aber erstmal eins nach dem anderen:

chapelle de SalzaSalza, 11 Aude

Der umgedrehte Fünfzack über dem Eingang (Teufelssymbol) ist nicht etwa ein Rätsel der Templer, sondern eine esoterische Spielerei aus der Zeit der Akkuschrauber.

eglise,  Ste. Julia-de-Bec, 11 Aude

Die Kirche stammt ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert, das frühere Niveau wird vorgegeben durch das Portal und das niedrige Fenster in Bildmitte. Die hohen Fenster entstammen einer Erweiterung der 14. Jahrhunderts.

Tatzenkreuz mit Fünfstern über dem Portal in St. Julia-de-Bec

Und jetzt kommt das kleine Örtchen Serres ins Spiel. Es befindet sich an dem Flüßchen Rialsesse kurz vor der Einmündung in die Sals. Eine sehr alte Brücke gibt es dort, ein bedrohlich düster wirkendes Chateau und eben eine Kapelle, von der gemunkelt wird, es sei eine Kapelle der Templer.

chateau de SerresSerres, 11 Aude

Die alte Steinbrücke von Serres,

über sie lief noch bis zum 18 Jahrhundert ein Fernweg am rechten Ufer der Sals entlang. Und schließlich die angebliche Templer-Kapelle von Serres:

chapelle de Serres, Serres, 11 Aude

Aus der Templerzeit stammt dieses Gebäude unzweifelhaft. Aber es gibt keinerlei Urkunden über eine Templergründung an diesem Ort. Sonst sind alle Templerbesitzungen bestens dokumentiert, das gilt jedenfalls für den französischen Teil der Region. Jede Schenkung, jede Grundstückstransaktion wurde dokumentiert und auch schon früh in der Templerliteratur erfasst. Man weiß, wer wann welche Grundstücke erworben und eine Commanderie darauf errichtet hat:

– Carcassonne 1132
– Brucafel (bei Carcassonne) 1133
– Mas-des-Cours 1136
– Pieusse 1139
– Pomas 1138
– Esperaza 1140
– Saint-Jean-de-Carriere 1153
– Douzens 1133

Quelle: Georges Bordonovo, la vie quotidienne des Templiers au XIIIe siecle, Hachette, 1975

Von Serres keine Spur. Kein schriftlicher  Hinweis. Im inneren der Kirche gibt es uralte Wandmalereien, rote Kreuze auf weißem Grund. Ich konnte sie nicht fotografieren. Seitdem die Gerüchte um die Templerkapelle Serres brodeln, mag der Bürgermeister den Schlüssel offenbar nicht mehr herausgeben und die sonst immer hilfsbereiten Nachbarn, die immer wissen, wer den Schlüssel ihrer Kirchen hat, beenden abrupt das Gespräch und machen ihre Fensterläden dicht.

Auf der Rückseite der Kapelle – man muß etwas klettern – verrät sie mir aber ihre Herkunft:

Das ist m.E. ein eindeutiges Zeichen. Ein Tatzenkreuz wäre noch nicht mal der Durchbruch, aber diese beiden Abwärtsstriche verraten die Templerherkunft dieses Steins. Man findet das gleiche Symbol u.a. in Bure-les-Templiers im Burgund, dort auf einem Grenzstein der Templer:

  oder auf zahlreichen Grabplatten oder -stelen von Tempelrittern:

Nachgestellter cimetiére des Templiers, La Couvertoirade, 12 Aveyron, Midi-Pyrénées

Für mich ist das bewiesen. Serres war ein Templerort. Auch wenn es keine Dokumente gibt. Das wäre nicht das erste Mal. Warum ist das so wichtig?

Achtung: Jetzt gibt es eine kleine Sensation. Nur wenn man  die nicht unbestrittenen Templerbesitzungen in Salza und Serres anerkennt, fällt einem auf,  dass die meisten Templerorte in dem Aude-Gebiet einigermassen genau auf einer KREISLINIE errichtet wurden:

Am rechten Bildrand, bei 16:00 ist Salza, man sieht nur das S. Bei 19:00 liegt Serres, bei 10:00 Pieusse, bei 11:00 Gaure und Pomas, bei 13:00 Mas-des-Cours und bei 14:00 Fajac-en-Val.

Das ist kein exakter Kreis, aber schon bemerkenswert. Bevor man jetzt in irgendwelche esoterischen oder pseudoastronomischen Schwärmereien verfällt: In der Gegend haben schon viele Autoren irgendwelche obskure Geheimgeometrie „hineingeheimnist“ und wie toll Landkarten bemalt und beklebt mit Figuren, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nie standhielten.

An solchen Spekulationen werde ich mich nicht beteiligen. Zum Auspacken der Klappspaten ist es auch noch zu früh, denn der Kreis hat immerhin einen Durchmesser von 24 Kilometern und sein Mittelpunkt steht nicht fest. Es fragt sich auch, ob die Templer zur Erzeugung einer exakten Geheimgeometrie in einer Landschaft schon geeignete Mittel zur Verfügung hatten. Ich bezweifele das.

Ein befreundeter RlC-Forscher aus der Skeptiker-Ecke, Mariano Tomatis Antoniono,

(ein begnadeter Mathematiker, Computerexperte und Mysterienentlarver, der mit selbstentwickelten satellitengestützten Computerprogrammen okkulte Drei-, Fünf- oder Sechsecke als unsignifikanten Blödsinn entlarvt.

Auf seiner Homepage (leider italienisch, seufz)

    http://www.renneslechateau.it/rennes-le-chateau.php

gibt es ein Programm, mit dem sich jeder beliebig viele Fünfecke in der Region selber basteln kann. Sie sehen alle ungeheuer beeindruckend aus, besagen aber nichts. )

äußerte die geniale Idee, dass eine solche Struktur entsteht, wenn viele Einrichtungen gleichweit von einer zentralen Versorgungseinrichtung (Quelle, Wald, Acker, Steinbruch  usw) entfernt sein, aber sich nicht gegenseitig ins Gehege kommen sollen. Dann wählte man in früheren Siedlungsstrukturen zweckmässigerweise solche Kreisformen. Also bitte wieder Platz nehmen….

Um gleich wieder aufzustehen: Es könnte einen trifftigen, einen sehr trifftigen Grund für die besonders massive Templerpräsenz gerade hier geben, wo sich kein Santiago-Pilger verirren muss:

Das kleine Örtchen Salsigne beispielsweise, zwischen Mazamet und Carcassonne, abseits der D 118 gelegen, befindet sich fast genau nördlich über Mas-des-Cours. Es ist nur 33 Kilometer vom Punkt des Geschehens entfernt.

Wie ich aus dem Schulatlas meiner Tochter erfuhr, ist dort die einzige Stelle in ganz Frankreich, in der heute noch industrieller (=lohnender ) Goldabbau betrieben wird. Ein guter Grund für die Spekulationen, dass sich die Templer da unten doch am Edelmetallgeschäft beteiligt haben könnten.

Ich werde noch beweisen, dass es von Serres, dem südlichen Teil des „Templerkreises“ aus – unter Ausnutzung von Schmugglerpfaden und vielleicht Katharerwegen über die damalige Grenze nach Katalonien –  eine geheime Verbindung über die spanischen/katalonischen Templergebiete hinweg ans Mittelmeer gegeben hat. Dort befindet sich ein kleiner, feiner, ebenso unspektakulärer wie abgeschiedener Mittelmeerhafen, der ebenfalls maßgeblich unter Kontrolle der Templer stand. Spätestens alle 10 Kilometer war diese Strecke von einer oder mehreren Templereinrichtung bewacht, eine Strecke die kein Pilger je gebraucht hätte. Möglicherweise die dichteste Streckenüberwachung überhaupt. So dicht waren nicht einmal die Pilgerpfade in Palaestina bewacht!

Gab es im Zentrum des Templerkreises vielleicht ein Bergwerk?

2007 Alsace, Lorraine und Bourgogne

Auf den Spuren der Templer im Elsass, Lothringen und Burgund

Der Winter war kaum vorbei, da wurde die dicken Schwarten zur Seite gelegt und das Templerstudium am Schreibtisch wieder gegen „Feldversuche“ vor Ort ausgetauscht. Sie sind unersetzlich. Die Literatur ist lückenhaft, auch weil kaum Autor je an allen Templerstätten, über die er berichtet, selbst zugegen gewesen sein kann. Es sei denn, er berichtet nur über eine überschaubare Region. Es gibt kein einziges Werk, in dem etwa nur sämtliche Templerstätten eines Landes (oder was davon übriggeblieben ist) zusammen gefaßt beschrieben werden. Auch die – immer wieder vom einen Autor dem anderen abgeschriebenen – Listen solcher Stätten enthalten viele Fragezeichen. Etwa, weil ein Templerort nur urkundlich erwähnt ist und heute vielleicht eine andere Schreibweise hat. Oder weil der Orden an dem Ort nur Grundstücke, aber keine Gebäude unterhalten hat. Oder weil die Lage wegen fehlender Hinweise im Gelände heute nicht mehr sicher bestätigt werden kann.

Anfang März führte die erste Recherchefahrt des Jahres 2007 ins benachbarte Elsass und in die Lorraine. Im Elsass soll es nach Beschreibungen mehrerer Autoren zwischen 5 und 10 commanderies gegeben haben. Es stehe aber kein Stein mehr auf dem anderen. Gehandelt werden Orte wie u.a. Andlau, Bergheim oder Ottrott.  Letzeres liegt am Fuß des weltberühmten Mt. Ste  Odile, heute wie im Mittelalter ein Wallfahrermagnet. Auf dem Odilienberg wird es eine keltische oder vorkeltische Kultstätte gegeben haben, die mit einer riesigen Mauer, der sog. Heidenmauer umzogen ist. Diese Mauer ist 11 km lang (300.000 Steine verbaut) und gibt den Wissenschaftlern immer noch Rätsel auf. Militärischen Zwecken – darin ist man sich einig – kann diese Mauer nicht gedient haben, denn es gäbe auf dem Areal nicht genug Quellwasser, um die Menschen zu versorgen, die hinter solch einer enormen Mauer Schutz gesucht hätten.

Ergo: ein Kultplatz, wohl aus einer unbekannten Megalith-Kultur.

  

   Die typische Schwalbenschwanztechnik.  Keile aus Bronze oder Holz sorgten für eine unglaubliche Stabilität dieser Mauer

Es ist das größte vorgeschichtliche Bauwerk in ganz Europa.

Nun ereignete es nicht eben selten, dass  christliche Kultstätten auf  frühere Heiligtümer älterer Kulturen errichtet wurden. Für die einen sind das „Kraftplätze“, Orte mit hoher Energie, die  angeblich besonders von den Kelten aufspüren werden konnten und zu denen sich natürlich später auch Christen hingezogen fühlten.

Andere bemerken zynisch, dass die christliche Kirche sich solche heidnischen Kultplätze einfach zueigen gemacht hat, etwa wenn man merkte, dass man dem heimlichen Hingezogensein der Bevölkerung zu alten Kultplätzen anders nicht Herr werden konnte.

Man fühlt sich gewiss besonders an diesem Ort. Solange man mir aber kein zuverlässiges Messverfahren zeigt, aus dem sich so ein „Kraftfeld“ anzeigen läßt, ists für mich einfach ein beeindruckender Ort mit einem tollen Ausblick ins Rheintal und zum Schwarzwald rüber.

Die Templer wollen wir nicht aus dem Auge verlieren. Sie hatten sich dem Schutz der Pilger verschworen und ihre „Dienststellen“ befinden sich sehr häufig tatsächlich an den wichtigen Knotenpunkten des weitverzweigten und gut erforschten Systems an sog. Jakobswegen.  Auch hier läßt sich ein wichtiger Jakobsweg feststellen: Er kommt aus Prag und führte über Nürnberg, Speyer, an der Ostflanke der Vogesen und eben dem Odilienberg vorbei, an Straßburg und Dijon nach Vezelay.

In  Ottrott zeugt von der einstigen Templerpräsenz der Name einer Strasse und es gibt auf dem Stadtplan ein quartier des templiers. Ausser einiger mittalalterlicher Steinhaufen kann man aber sonst nichts mehr ausmachen

Ottrott, 67 Bas-Rhin, Alsace

Der Legende entsprechend waren die Rittersleut‘ an der Entwicklung eines kräftigen Rotweines beteiligt, dem der Ort seinen Namen verdankt.

Wenden wir uns etwas weiter westlich über die Vogesen hinweg nach Lothringen. Auch dort stehen heute nur wenig Templergebäude. Spärliche Literatur, noch spärlichere Wegbeschreibungen machen es schwer, seine Ziele – wie dieses hier – zu finden:

Commanderie de Xugney, Commune de Rugney, 88 Vosges, Lorraine

Ausserhalb der Gemeine Rugney hat sich diese Komturei als landwirtschaftlicher Betrieb erhalten. Aus der Zeit der Templer ist – wie fast immer – nur noch die Kapelle erhalten. Diese ist zwar baufällig, aber sehr ergreifend.

Da ändert auch ein Bagger nichts dran:

Ende März ein neuer Vorstoß, noch weiter westlich. Das nördliche Burgund, besonders die benachbarten Departements 89 Yonne und 21 Cote-d’Or versprechen lohnende Ausbeute an sichtbaren Resten der Templermacht. Die Häufigkeit, mit der der Ritterorden – durch Schenkungen und Zukäufe – versuchte, seine Macht dort überdurchschnittlich zu repräsentieren, beruht meines Erachtens auf zwei von einander unabhängigen Gründen.

1. Pilgerschutz im Dept. 89 Yonne

Wir müssen uns die Compostella-Pilgerei als gigantische Wirtschaftsmaschinerie des Mittelalters vorstellen. Da hat nicht gelegentlich mal irgend ein vereinzelter, armer Tropf sein Bündel geschnappt und erklärt, er sei dann mal weg. Laufend sind Tausende Pilger aus allen Gegenden Europas aufgebrochen.  Sammelstellen, zumeist selbst Wallfahrtsziele, auf den wichtigen Hauptwegen fungierten als Treffpunkte für Pilger der verschiedenen Nationen, die sich zu Gruppen zusammenschließen konnten, um die Pilgerei sicherer und bequemer zu machen.

Einer der wichtigsten Sammelplätze in Frankreich war neben Paris für den Norden, Puy-en-Velay in der Auvergne und Arles im tiefen Süden, die Stadt Vezelay im Burgund, Departement 89 Yonne,  In Vezelay startet die via lemovicensis über Nevers, Limoges und Perigueux zu dem sog. Somport-Pass über die Pyrenäen. Die Kirche Ste. Madeleine in Vezelay war schon im Jahre ihrer Fertigstellung zu klein, um die Pilgermassen aufzunehmen , dass man ihr noch eine Vorhalle hinzufügen mußte.

In der Krypta dieser Kirche befindet sich angeblich die Grablege der hl. Maria Magdalena, der „reuigen Sünderin“. Sie wird herkömmlich mit langen Haaren und einem Salbgefäß abgebildet. Für die einen ist Maria Magdalene die gestrauchelte Dirne, die durch die Kraft des Glaubens und die Güte des Herrn zum rechten Weg zurückfinden konnte. Andere meinen, diese Annahme beruhe auf einer ungenauen Übersetzung aus dem Zusammenhang gerissener Bibelstellen und passe nur in die „Frauenfeindlichkeit“ der frühen Christenkirche. Wiederum andere sehen in Maria Magdalena die Geliebte oder die Ehefrau von Jesus, ja gar die Mutter eines geheimnisvollen Kindes.

Reliquienschrein in der Krypta von Vezelay

Man sieht sich gestützt durch frühchristliche Dokumente, die keinen Eingang in die Bibel fanden. Es gibt zudem nicht wenige Werke alter Meister, die die Frau mit dem Salbgefäß in herrschaftlicher Kleidung mit recht eindeutigen Schwangerschaftsmerkmalen zeigen. Auch ist da Vincis Abendmahlbild durchaus nicht das einzige, das die Person neben Jesus mit sehr weiblichen Zügen zeigt.

Ein Großteil der Christenheit in Frankreich nahm an, dass Maria Magdalena mit Gefolge in Südfrankreich gelandet sei (etwa in Maguelonne oder in Les  Stes-Maries-de-la-Mer) und dass sie in einer Grotte lebte und starb, von der aus ihre Gebeine wegen anhaltender Sarazeneneinfälle nach Vezelay gebracht werden mußten. Andere bleiben skeptisch. Es ist mit den „echten“ Reliquien immer so eine Sache.

Bei einem derartig hochrangigen Pilgerzentrum durften die Templer nicht weit sein. Zwischen Vezelay und der Nachbarstadt mit dem klangvollen Namen Avallon findet man – auf halben Wege, noch  ca. einen Stundenfußmarsch vom Etappenziel entfernt in einem landwirtscahftlichen Ambiente dieses Templergebäude:

Le Saulce d‘ Island, 89 Yonne, Bourgogne

Es ist meines Erachtens das größte Sakralgebäude der Templer in Frankreich. Die Größe entsprach wohl den Pilgerströmen in das nahe Vezelay. Die Templer werden jedenfalls den betuchteren Pilgern sicher auch andere, kostenpflichtige Dienste erwiesen haben, wie Beherbergung und „Bankgeschäfte“.

Rund um diese commanderie befinden sich sehr zahlreiche andere Einrichtungen der Templer.

  

Chassignelles, 89 Yonne

Commanderie de Marchesoif, Commune de Marsoif, 89 Yonne

Escolives-Ste-Camille, 89 Yonne

Ein Templerbezug dieses Gebäudes könnte noch fraglich sein. Das agnus dei über der Pforte spricht aber sehr dafür.

Fontenay-pres-Chablis, 89 Yonne, hier sollen sich die Templer im Weinanbau verdient gemacht haben.

Und schließlich noch eine kleine Sensation in dem Örtchen St. Bris-le-Vineux, ein intaktes Templergebäude gibts dort nicht mehr. Aber am Postamt prangt ein Bas-Relief von der früheren Templerkomturei.

Das Bild zeigt einen bärtigen Teufelskopf und ein Lamm, was von Engeln einem Taufritual unterzogen wird, der Engel darüber trägt ein Stein oder ein Buch. Von den Anklägern der Templer wurde vor allem dieses Bild als Beweis für eine unzulässigen Götzenanbetung angeführt.

Aber ist es wirklich etwas besonderes, dieses Bild? Von irgendwoher kam mir das nicht unbekannt vor. Ich durchsuchte wieder und wieder die Fotos meiner Recherchereisen und wurde endlich fündig:

Zwei Details – das Tier links und die beiden Hörner der Fratze – sind sich so ähnlich, dass man meint, sie stammen aus der gleichen Hand.

Jedenfalls hat der Erzeuger des einen Bildes das andere gekannt oder es gab eine gemeinsame Vorlage, wie die Haltung des Schwanzes des Tiers zeigt. Was merkwürdig ist, denn die Orte sind 650 km voneinander entfernt. Bei dem anderen Ort handelt es sich um die Kirche von Wölchingen, Gemeinde Boxberg in der Region Hohenlohe (Ba/Wü). Man nennt die Kirche den „Frankendom“, sie erscheint viel zu groß für die kleine Gemeinde und soll nach der offiziellen Geschichtsschreibung von den Johannitern der „Konkurrenzorganisation“ der Templer erbaut worden sein.

Betrieben etwa die Johanniter auch heimlich Anbetung irgendwelcher Idole und hatten nur Glück, nicht „erwischt“ worden zu sein? Für mich  ist die Verwendung solcher gehörnten Wesen nichts besonderes. Dämone und „unchristliche“ Darstellungen finden sich überall, oft sogar sind extreme Motive erstaunlich weit verbreitet:

Hier haben wir einen Menschkopf, aus dem eine Pflanze oder Schlange herausquillt. Es ist eher ein esoterisches Motiv einer nichtchristlichen Religion, und zwar starten wir in Wölchingen, dem Frankendom

(Ferdinand Wilcke, Die Geschichte des Ordens der Tempelherren, Halle 1860, 2 Aufl., Bd. 2, S. 29 schreibt  diese „schöne Kreuzkirche zu Wölfingen“ den Templern zu, es gibt dafür aber wohl keine Beweise)

finden das gleiche Motiv zwei Tagesritte auf der Siegfriedstrasse nach Westen wieder, in Worms:

und 1200 km weiter westlich in St. Génis-des-Fontaines, 66 Pyrénées-Orientales, Languedoc-Roussillon

Es steht also fest, dass die Verwendung solcher esoterischer Symbole nicht spezifisches der Templer wäre. Meines Erachtens hatten die Baumeister  in ihren nach aussen abgeschotteten Gilden ihre recht eigenen Regeln und haben nicht immer nur das getan, was der Auftraggeber gerne gehabt hätte. Man spürt einen tabulosen Umgang mit heidnischen Motiven. Der Bischof, der zu laut meckerte, hatte gute Chancen, sein Konterfei verzerrt in einem wasserspuckenden Affen am oberen Rand der Kirche wieder zu finden.

Zurück zu den Templern ins Burgund:

2. “ Transportgeschäft“ im Dept. 21 Cote d’Or

Nur auf den allerersten Blick scheinen die Templereinrichtungen rein zufällig in der Gegend verstreut zu liegen. Wenn man die Lagen mit anderen bekannten Faktoren oder der Geografie in Beziehung setzt, kommt zumeist ein durchdachtes Konzept heraus, manchmal strategisch brilliant und andersmal religiös motiviert, letzteres vielleicht auch nur vordergründig.

Denn: So wie die Pilger den Schutz der Templer auf ihrer Reise durchs ungewisse Land schätzten und sogar benötigten, waren die Kaufleute gewiß auch froh, regelmässig auf eine Templereinrichtung treffen zu können. Häufig liegen Templereinrichtungen in Tagesmarschdistanz an wichtigen Strassen, z.B. zwischen Narbonne, Carcassonne und Quillan (vgl. Emile Bonnet, Les Maisons de l‘ Ordre du Temple dans le Languedoc Méditerranéen, Nimes 1934) .

 Man kann sich gut vorstellen, dass ein Kaufmann mit wertvoller Ware sich auf diese Weise eine Eskortenstaffel zugelegt , oder einfach nur die Beherbergungseinrichtungen und Pferdedienste der Templer gern in Anspruch genommen haben wird. Womöglich gab es damals schon so etwas wie einecorporate identity, gleiche Preise, verläßlicher Service im ganzen Land = kalkulierbares Risiko für vielreisende Geschäftsleute. Man weiß zudem, dass die Templer regelrecht Bankdienstleistungen gewähren konnten. Das Geld, was sie in Mainz bei den Templern in bar eingezahlt hatten, konnten sie mittels Kreditbrief etwa nach Avignon mitführen und dort in in bar und in jeweiliger Landeswährung wieder zurückverlangen.

In dem Bereich zwischen Dijon und Chatillon-sur-Seine gibt es ebenfalls eine bemerkenswerte Dichte bekannter Templerniederlassungen.

Commanderie Avalleur, Bar-sur-Seine, 10 Aube, Champagne-Ardennes

Commanderie La Courroirie, Leuglay, Voulaines-les-Templiers, 21 Cote d’Or

Bure-les-Templiers, 21 Cote d’Or

abbaye de Mormant, 52 Haut Marne, Champagne-Ardenne

Wir dürfen getrost davon ausgehen, dass vom barmherzigen Verköstigen armer, zerlumpter Pilger alleine die Templer nicht einen so machtvollen „Handels- und Dienstleistungskonzern“ mit vielen Tausend „Filialen“ überall in der damals bekannten Welt errichten konnten. Die Strategie hier ist leicht gefunden. Das Chatillonais liegt nicht nur extrem verkehrsgünstig, es ist ein Fernwegekreuz allerersten Ranges!

Hier treffen die Pilgerwege (und damit Fernstrassen) nach Nancy, Metz, Köln, Münster, Hamburg usw. sowie nach Straßburg, Speyer, Nürnberg, Prag, Krakau usw. auf die noch u.U. wichtigere Strassenverbindung von Dijon nach Marseille.  (nach Ulrich Wegner, Der Jakobsweg, Freiburg i.Br. 2000)

Ausserdem liegt Chatillon-sur-Seine auf der französischen Hauptwasserscheide, der Trennlinie von den zu den Nordmeeren und den zu dem Mittelmeer abfließenden Gewässern. Seit der Antike konnte man in Marseille angelandete Waren mit Lastkähnen zunächst den Fluß Rhone, ab Lyon dann die Saone heraufziehen.

Bei Chatillon beträgt der Abstand zu dem damals schon schiffbaren Teil  Seine in Richtung Paris und Nordsee nur ca. 70 bis 100 km. Schon die Kelten haben diesen erheblichen Lagevorteil ausgenutzt und sind am Umschlag von Waren regelrecht reich geworden (Vix am Mont-Lassois, Schatzfunde usw.). Denn die Kaufleute waren auf Einrichtungen angewiesen, mit denen man die vom Süden heraufgekommenen Waren für die Landstrecke umlädt und zum nördlichen Flußsystem bringt, wo sie erneut umgeladen werden mußten.

Die Hypothese und ihr Beweis

Ich wage die Theorie, ja bin sogar davon überzeugt, dass die Templer das Transportgeschäft dort wiederbelebt und neu organisiert haben. Ich habe davon zwar noch nichts gelesen, fühle mich aber dadurch bestätigt, dass es im südlichen Deutschland, zwischen Hohenlohe und Ingolstadt ein ähnliches Phänomen zu beobachten gibt. Davon später mehr….

Und wie könnte sie ausgesehen haben, diese Landverbindung zwischen den beiden Flußsystemen? Die Aufgabe bestand jetzt darin, aus den zahlreichen – in Internetlisten oder Büchern – erwähnten Templerorten des Departements solche auszusuchen, die – möglichst in einer „Kette“ – auf dem Landrücken (= der Wasserscheide) zwischen dem Oberlauf  beider Flüsse Saone und Seine liegen.

Auf Karten mit zu kleinem Massstab konnte man mit Mühe die Templerorte ausmachen, hatte aber keine Übersicht über die grobe Richtung. Große Karten zeigen den Flußverlauf und die Templerorte nicht deutlich.  Ich nahm Chatillon-sur-Seine als Ausgangspunkt. Voulaines-les-Templiers (mit der Kapelle La Courroirie) hatten wir besucht. Es liegt im Tal der Ource und ist etwa 19 Km von Chatillon in ostsüdöstlicher Richtung entfernt. Die Richtung zur Saone stimmte schon mal.

Von dort folgt man der heutigen Straße 928 in Richtung Süd-Südost noch einmal so weit. Dort trifft man auf Bure-les-Templiers  (15 Km). Von einer bekannten Internetseite, die im Departement 21, Cote-d’Or knapp zwanzig Templerplätze listet (leider nicht ganz zuverlässig) entnahm ich einen angeblichen Templer-Ort Busserotte-et-Montaille, (bestätigt u.a. durch Wikipedia) . Diese nächste Templerstation liegt danach ebenfalls in Richtung Südsüdost auf der D 959 13 Km von Bure entfernt.

Bekannt war mir noch eine große Templerstation weiter östlich, eine sehr aufwändige Anlage mit beachtlichen Verteidigungsanlagen, die commanderie La Romagne bei St. Maurice-sur-Vingeanne. Die lag zwar in der richtigen Richtung, aber es tat sich eine Lücke von mehr als 40 Kilometern auf, die später noch geschlossen werden mußten. Von dort konnte man eine Strasse in entsprechender Richtung auf die Saone ausmachen, der Ort Gray mußte dann wohl die Umladestation sein. Richtig, Autrey-les-Gray erwies sich ebenfall als Templerort und befindet sich 14 Km von der letzten Station entfernt.

Die berühmte Templerkomturei Fontenotte, deren Kapelle 1960 abgebrochen und etwas südwestlich von Dijon (Corcelles-les-Monts) wieder Stein-für-Stein aufgebaut wurde, lag tatsächlich ursprünglich auf dem Gebiet der Gemeinde Til-Chatel!

(Literatur: Frizot, Julien, Sur les pas des Templiers, 2005, Rennes, Edition Ouest-France)

Diese Spur erwies sich als Volltreffer, denn Til-Chatel lag auf dem Weg und damit konnte die Lücke geschlossen werden. Von hier waren es sowohl herauf nach Busserotte als auch herab nach La Romagne jeweils ca. 24 Km. Später erfuhr ich noch, dass sich  etwas nördlich von Fontenotte, nämlich in Selongey übrigens auch eine Templereinrichtung befindet, ein maison, das kürzt die Wege zwischen Busserotte und St. Maurice jeweils auf nur 20 km ab.

Die Verbindung Dijon, Til-Chatel und Selongey dürfte der Beginn der alte Fernstrasse nach Deutschland gewesen sein, denn diese trifft hier auf dem Landrücken der Wasserscheide ebenfalls ein.

Der Vollbeweis einer „Templerstrecke“ zwischen den beiden Fluss-Systemen war damit erbracht und die These, dass die Templer das einst von den Kelten betriebene, äußerst lukrative Transportgeschäft wieder aktiviert haben, scheint dadurch bestärkt.

Wie gesagt, eine solch erstaunliche Entdeckung wird sich noch wiederholen…..