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2021, Piemont

Im Oktober starteten wir zu einer einwöchigen Urlaubsreise ins Piemont. Wir hatten uns für eine feine Ferienwohnung in dem kleinen Ort Roppolo entschieden, der sich in der Nähe des Lago di Viverone befindet. Geplant war unter anderem auch ein Besuch des spektakulären Klosters Sacra di San Michele, das im Susa-Tal hoch über der Stadt Turin thront. Man hat von da oben einen beeindruckenden Blick über die Tiefebene. Gut essen und ausruhen war ansonsten angesagt und nur zwei Templer-Orte standen zunächst auf dem Programm. Um es kurz zu machen: Es wurde dann doch noch ein bisschen mehr daraus.

In Roppolo selbst gab es nur ein Bäcker, der auch andere Lebensmittel verkaufte, eine Apotheke und eine Gaststätte. Wir bemerkten aber viele Wanderer, die an unserer Wohnung tagtäglich – einzeln oder in Gruppen – vorbeiliefen und fanden auch schnell den Grund dafür hinaus. Unser Haus lag direkt an der berühmten „via francigena“, der alten Pilger-Straße, die im Jahre 990 der Erzbischof von Canterbury für eine Pilgerreise nach Rom benutzte und beschrieb. Zahlreiche Hinweisschilder für die Wanderer belegen das. Am Wegesrand gab es auch immer wieder Häuser oder Herbergen, die mit entsprechenden Hinweistafeln Wanderer zur Übernachtung einluden.

Wegtafel für Wanderer

Dieser Zufall, dass unser Feriendomizil direkt an dieser berühmten Straße liegt, berührte mich sehr, weil ich seit 5 Jahren (vergleichen Sie bitte hierzu meinen Bericht aus 2016: http://menzendorff.de/?p=881 ) mit der Erforschung der Präsenz der Templer entlang dieses Weges intensiv beschäftigt bin. Um es vorweg zu nehmen: Ich bin durch diese Reise entscheidend weitergekommen!

An zahlreichen Hausfassaden am Pilgerweg befand sich ein Fensterchen, von dem eine Marienfigur mit dunkler Hautfarbe die Wanderer zu segnen schien:

Für unsere erste Templer-Station mussten wir knapp 70 Kilometer nach Südwesten fahren. Der Ort Moncalieri liegt südlich und etwas außerhalb des Stadtgebietes von Turin an Autobahn E 717, die über Savona nach Genua weiterführt. Dort erwartete uns das den Templern zugeschriebene Castello della Rotta.

Aufnahme aus der Totalen

Nach B.Capone et al., Guida all’Italia dei Templari, S. 43, bewachten die Templer hier den Verkehr auf der alten Römerstraße von Turin nach Pollenzo und Genua.

Man erkennt umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Mauerwerk. Es wird vermutet, dass die Templer von hier aus eine uralte Brücke über den Strom Banna bewacht haben. (http://www.arsliberalisarca.altervista.org/ bitte nach unten scrollen). Auch von geheimen Gängen ist dort die Rede.

Westfassade des Nordflügels.

Wir beschlossen kurzerhand, auf dem Rückweg durch Turin zu fahren und hofften, ein paar Eindrücke von der Stadt empfangen zu können. Der Stadtverkehr erwies sich jedoch als sehr dicht und wir bereuten unsere Entscheidung deshalb rasch. Wir wurden jedoch durch ein wunderbares Abendessen im Restaurant gleich neben unserer Bleibe rasch wieder wohlgestimmt.

Als nächstes stand die Templerkommende von Murello, Prov. di Cuneo, auf dem Programm. Sie befindet sich 30 Kilometer (eine übliche Tagesetappe zu Fuß) südwestlich von Moncalieri und liegt an der Straße, die nach Cuneo und schließlich nach Nizza führt. Es hat den Anschein, dass die angebliche Templerbrücke bei Moncalieri die Aufgabe hatte, südlich von Turin die Fernstraßen nach Genua und nach Nizza zu verzweigen.

Die Komturei war ersichtlich recht groß. Ihr Gelände beansprucht noch heute einen großen Teil des Ortes Murello.

Templerkomturei Murello, Provincia Cuneo, Blick von Westen auf den Haupteingang.

Das Gebäude rechts ist aus einem früheren Verteidigungsturm, der überdacht wurde, entstanden.

Gotische Pforte, ausgeführt aus Gussziegeln. Im Tympanon ein Agnus Dei mit Templerfahne.

Die Anlage ist weitgehend aus Ziegeln errichtet. Die Gegend ist ebenes Sumpfgebiet, soweit das Auge reicht. Wenn kein natürliches Baumaterial ansteht, greift man auch hier auf Tonziegeln zurück.

Blick auf den Ostchor

Nachdem wir uns in der Kirche sattgesehen hatten, beschlossen wir, das Areal der Kommende zu umrunden. Wir wandten uns dazu erst nach Süden und dann nach Osten auf die Via Calandra Claudio, von der aus dieses Foto gelang:

Kommende von Murello von Osten. Am rechten Bildrand sieht man Stallungen aus der Johanniterzeit, die die nordwestliche Grenze der Kommende markieren.
Etwässerungsgraben entlang der Südflanke der Kommende.

Auch dieses Grundstück hat man offenbar deshalb den Templern überlassen, weil es sumpfig oder moorig war. Die Templer hatten sowohl das Know-how, als auch die Manpower, um ehemaliges Sumpfgelände zu entwässern und damit maximal ertragreich zu machen.

Stallungen an der nordwestlichen Grenze der Kommende aus dem 18. Jahrhundert mit Johanniterstern.

Deutlicher kann man es nicht markieren: Hier hatten bis zuletzt die Ordensritter das Heft in der Hand. Mit Blick auf dieses Gebäude machten wir uns auf den Heimweg und freuten uns auf das Abendessen.

Am übernächsten Tag entschieden wir uns spontan, zwei weitere Niederlassungen der Templer zu besuchen, zu denen ich Sie schon mal im Jahre 2016 (http://menzendorff.de/?p=881) mitgenommen habe.

Die erste Station war nur 20 Km südlich von unserer Bleibe entfernt. Beim letzten Versuch kam ich nicht herein. Das Kirchlein steht auf dem umzäunten Gelände eines landwirtschaftlichen Betriebes. Wir erreichten unser Etappenziel in wenigen Minuten und standen wieder vor verschlossenen Toren. Meine Frau ist aber viel beharrlicher in solchen Sachen und begann, das umzäunte Grundstück zu umrunden. Ich blieb am Haupteingang und hatte gerade festgestellt, dass wir außerhalb der Besuchszeiten hier eingetroffen waren, als sich ein Fahrzeug auf der langen Auffahrt näherte. Eine junge Frau fragte mich, was ich wünschen würde. Ich habe mich entschuldigt, dass ich die Besuchszeiten nicht gekannt hatte. Sie winkte ab und verschwand im Haus. Kurze Zeit später kam aus dem Haus eine etwas ältere Dame heraus und öffnete uns bereitwillig und gerne das Tor. Da war sie nun, die Kapelle Santa Maria di Isana.

Chiesetta templari Santa Maria di Isana, Südflanke

Sie war auch – ohne Nachfrage – gerne bereit, uns die Tür zum Kirchlein aufzuschließen. Ich konnte unser Glück nicht fassen.

Westfassade, größtenteils aus Ziegeln errichtet. Die Gegend ist ebenfalls sehr sumpfig.

Blick auf ins Innere den Altar

Detail an der Westfassade: Mit (ehemals) farbigen Steinen abgebildetes Templerkreuz über romanischem Doppelfenster.

Unser nächstes Etappenziel Santa Maria del Tempio liegt ca. 40 Km südöstlich von hier.

Die Kirchenfassade stammt nicht aus der Templerzeit, …

… ebensowenig wie die Innenausstattung

Seitenaltar zu Ehren der Schutzpatronin

Das Nebengebäude im Norden der Kirche verrät Aktivitäten, die sich vor Ort nicht näher erschließen ließen. Evtl. befindet sich eine Ausstellung in dem Raum.

Dieses Bild zeigt recht deutlich, dass auch dieses Gelände sumpfig war.

Mit diesem Blick verabschiedeten uns aus der Provinz Vercelli und freuten uns auf unsere Bleibe.

Die Nachschau am Computer ergab, dass Strecke zwischen den beiden zuletzt besuchten Templer-Orten ca. 20 Km parallel und südlich von der „offiziellen“ via francigena im Abschnitt Vercelli bis Pavia verläuft. Ich erinnere daran, dass man sich diese alten Pilgerstrecken nicht als einen einzigen Weg, sondern vielmehr als Wegesystem vorzustellen hat. Von Pavia aus führt die Strecke weiter nach Südosten in die Richtung von Piacenza und Parma. Mir war klar, dass der Pilgerweg nicht an die Küste von Genua geleitet werden konnte, denn in Ligurien ist die Küste bekanntlich sehr steil und erlaubte im Mittelalter jedenfalls nicht die Anlage von Fernwegen. Von Parma aus ist der Weg über das Gebirge zur Küste nicht mehr so problematisch. Das Gelände steigt viel sanfter an.

Von einer guten Freundin erhielt ich ein Foto der Römerbrücke von Pontremoli,

Copyright: Elisabetta del Giudice

das mir bei der Lösung half. Denn diese Brücke war Bestandteil der via francigena ( https://www.discovertuscany.com/lunigiana/pontremoli.html ), womit mir der weitere Verlauf der via francigena in Norditalien und der Anschluss an die Templer-Stationen der via francigena in der Toskana schlagartig klar wurden.

Wie im Beitrag von 2010 (http://menzendorff.de/?p=53) bereits nachgewiesen, nähert sich die via francigena von Langres durch die Franche-Comté über Besançon und Pontarlier dem Genfer See. Von dort aus geht es über den Großen St. Bernhard nach Aosta. Während die Templer in der Tiefebene vom Burgund und der Franche-Comté regelmäßig und dicht an der Bewachung der via francigena beteiligt waren, haben sie im Alpengebiet offenbar keinerlei Anrechte erwerben können. In der Schweiz gibt es nur sehr wenige Templer-Niederlassungen, und von den lukrativen Bergstrecken waren sie ganz ausgeschlossen. Der Trend setzt sich in Italien fort. Im Aosta-Tal hatten die Templer ebenfalls nichts. Die Stadt Ivrea, eine wichtige Station der via francigena, befand sich in der Hand der Bischöfe und der kommunalen Machthaber.

Die Burg von Ivrea liegt direkt neben dem Bischofspalast

Die nächsten Komtureien an der via francigena sind Santa Maria di Isana und Santa Maria del Tempio, die die Templer nur erwerben konnten, weil sich für das Sumpfgelände sonst niemand interessiert hat. Erst ab Lucca ändert sich die Situation dramatisch zugunsten der Templer. Ab hier waren sie in allen wichtigen Metropolen der Toskana in der „ersten Reihe“ an dem Schutz der Pilgerhauptstrecke beteiligt.

Das Highlight unserer Reise behielten wir uns bis zum Ende der Ferien vor. Den Besuch des wirklich in jeder Hinsicht spektakulären Klosters Sacra die San Michele in der Provinz Turin. Es liegt etwa 1000 Meter hoch über dem Val di Susa auf dem Gipfel des Berges Pirchiriano.

Blick von Anstieg aus Nordost

Dieses gewaltige Bauwerk wurde in dieser Form zwischen den Jahren 1000 und 1150 errichtet. Der Bau erforderte Kühnheit, Sachverstand und Vermögen, das zum großen Teil von einem französischen Adeligen aus der Auvergne, Hugo von Montboissier in Erfüllung einer päpstlich auferlegten Busse beigesteuert wurde.

Foto 2 vom Anstieg
Foto 3 vom Anstieg
Blick ins Val di Susa
Bizarr steile und gefährliche Treppe zum Aufstieg. Foto M.Menzendorff, Retusche H. Trauner
Zodiak-Säulen
Der Erzengel Michael mit Georgskreuz. Hier wird die mythische Verbindung der beiden Heiligen dargestellt.

Damit endet unser Reisebericht aus dem Piemont. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen.

Nachtrag:

Seit Jahrzehnten hält sich die Legende, dass die Auswahl der Position dieses Heiligtums nicht zufällig erfolgte. Angeblich befinde es sich exakt auf einer Luftlinie, die die frühchristliche Klosterinsel Skellig Michael mit Jerusalem verbindet. Auf dieser Luftlinie lägen darüber hinaus noch die beiden Klosterinseln St. Michael’s Mount und der Mont-Saint-Michel, so wie weitere prominente Heiligtümer in Apulien und auf der griechischen Insel Symi.

Ich habe das nachgeprüft. Es scheint wohl zu stimmen. Das kann jeder Betrachter selbst beurteilen, aber nach Zufall sieht es für mich eher nicht aus:

Ich habe mich gerade entschlossen, dass ich darüber einen eigenen Artikel schreiben werde.

2019, Die Via Francigena der Templer und Johanniter in Italien

Schon bei meiner ersten Templerreise nach Italien im Jahre 2016 habe ich festgestellt, dass einige Einrichtungen der Templer entlang der Via Francigena aufgestellt waren, und zwar im Piemont (mit Livorno-Ferraris und Casale-Montferrato) und in der Toskana (San Gimignano). Ein Zufall war auszuschließen, zumal das Phänomen auch in anderen Regionen sicher nachweisbar ist (z.B. die Strecke von Arras nach Reims und die Strecke vom Burgund bis ins Jura).  Nach der Literatur liegen die drei Templerorte San Gimignano, Poggibonsi und Siena an einer sogenannten Variante der Via Francigena. Darauf wird in den genannten Orten teilweise auch mit Schildern hingewiesen. Die drei Orte liegen im Landesinneren recht eng beieinander, aber in einer Reihe, die auf Rom zielt. Ich hatte diese schon in meinem Beitrag vom September 2017 dokumentiert. Einen zweiten Zweig dieser wichtigen Fernverbindung (von Canterbury bis nach Rom) vermutete ich weiter östlich, denn es  gab Templersitze in Pistoia und Florenz.

Es erschien hilfreich, zu Beginn der Untersuchungen die Stätten der Ordensritter in einer Landkarte grafisch zu markieren. Zum Vergrößern der Karte bitte daraufklicken.

 

Ich konnte für ein verlängertes Wochenende im Mai wieder die Wohnung in Massa benutzen. Eine willkommene Gelegenheit, die Templerorte in der Toskana aufzusuchen, die in meiner Sammlung immer noch fehlten. Die Untersuchung dieser östliche Variante hatte ich mir für dieses Mal vorgenommen. Um es vorwegzunehmen: Ich habe im Mai nicht alles geschafft. Der Rest wurde im ohnehin geplanten Familienurlaub im September 2019 nachgeholt und hier mitverarbeitet.

1. Exkurs

Auch am ersten Abend dieses Besuches wurde ich wieder von meiner befreundeten Familie mit offenen Armen und einem leckeren Abendessen empfangen und wir hatten uns viel zu erzählen. Danke vielmals an Familie Del Giudice in Massa.

Erstmal stand Tanken (habe ich schon erzählt, dass das Menzomobil II für die 900 Km von Frankfurt nach Massa genau eine Tankfüllung braucht?) und Frühstücken auf der Tagesordnung. Die Croissants im nächstliegenden Café neben der Tankstelle im Industriegebiet waren frisch und lecker, der Cappucchino überirdisch. Dann noch schnell in einem Carrefour-Supremarché einkaufen, was man so für die nächsten drei Tage brauchen würde und das Moretti-Bier in den Kühlschrank gelegt. Jetzt konnte die Templerjagd wieder losgehen.

1. Pistoia

Es sind 90 Km nach Pistoia, einer 90.000 Seelen Stadt in der Toskana. Ich hatte mein Ziel schnell und einfach mit dem Navi gefunden und ein Parkplatz wurde gerade um die Ecke frei.

San Giovanni del Tempio, Via del Nemoreto, 51100 Pistoia

Nach Capone et. al, S. 133 diente diese Templerstation dem Pilgerschutz für zwei Pässe, die im Zusammenhang mit der Via Francigena stehen sollen. Sie habe zunächst ausserhalb der Stadtmauern gestanden, sei jedoch später innerhalb eines zweiten Mauerringes gelangt. Ursprünglich müsse es sich um eine isolierte Zone gehandelt haben, die im Wald gelegen sei, an einer Furt über einen Wasserlauf. Der Name der Strasse „Nemoreto“ erinnere an den Wald (nemus, nemoris = lat. Wald). Die Templerkirche ist aussen wie innen barockisiert worden und es erinnere nichts mehr an die Templer. Innen sei ein Bildnis der  Madonna zu sehen, dem Wundertätiges nachgesagt werde. Hineingelangen konnte man nicht. Die Besitzer des Cafés, in dem ich meinen Espressospiegel nachjustierte, sagten, es sei bedauerlich, aber die Kirche sei wohl für immer verschlossen. Das Dach sei einsturzgefährdet und es fehle an Geld.

Die Madonna (mit prächtigem Johanniterstern) kann man bei Wikipedia bestaunen.

Ein paar Schritte neben dieser Kirche kann man noch eine Kapelle aus dem Mittelalter bestaunen, über die merkwürdigerweise nichts zu erfahren war. Hatte diese Kapelle vielleicht etwas mit den Templern zu tun? Jedenfalls stand sie zur Templerzeit schon dort. Ich habe sie deshalb vorsorglich ebenfalls hier eingestellt, denn die beiden Gotteshäuser bildeten jedenfalls ein Ensemble außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer.

2. Prato

Von meinem Freund Ernest Andreoni, der sich auch sehr für Geschichte und Architektur interessiert, erfuhr ich, dass an einem Portal des Doms von Prato rätselhafte Symbole zu finden seien, die von manchen für Templersymbole gehalten werden. Das mußte ich mir mit eigenen Augen ansehen.

Die Kathedrale ist eine der ältesten Kirchen der Stadt. Sie wird erstmals ab dem 10. Jahrhundert erwähnt, höchstwahrscheinlich wurde sie aber schon im 5. Jahrhundert erbaut (Wikipedia). Wie bei wohl den meisten großen Gotteshäusern der Toskana wurde für auch hier vor allem weißer und grüner Marmor für den Bau verwendet.

Der Blick auf den Ostchor ist atemberaubend. Leider ist es nur schwer möglich, diese Pracht mit einfachen Mitteln fotografisch einzufangen (Blitzlicht ist nicht gestattet).

Hier ist es nun, das rätselhafte Südportal mit den Symbolen.

Es wird spekuliert, dass die Zahlen 5 (links) und 8 (rechts) hervorgehoben werden sollten. In der Tat sieht man links drei Reihen von je 5 Rechtecken. Darunter fällt ein fünfeckiger Stern auf. So etwas ist m.E. in katholischen Kirchen eher selten anzutreffen.

„Das …. Pentagramm, ein fünfzackiger Stern, führt zu Irritationen und Diskussionen. Der Fünfstern, auch „Drudenfuß“ genannt, ist in der katholischen Welt umstritten. Er wurde in den vergangenen 250 Jahren vor allem von den Freimaurern als magisches Zeichen benutzt und symbolisierte dort Beine, Arme und Kopf des sich selbst genügenden Menschen, der keinen Gott braucht. Andere Mystiker wiederum sahen in den fünf Zacken das Zeichen für die fünf Wunden Christi.“ Quelle: Augsburger Allgemeine.

Wenden wir uns der rechten Säule zu, die die 8 repräsentieren soll:

Das oberste Symbol dürfte eine Windrose darstellen (acht Himmelsrichtungen). Das darunterliegende Kreuz erinnert in der Tat an das Tatzenkreuz der Templer (acht Spitzen). Darunter befindet sich eine „Kette“ mit acht Karos. Und die Darstellung ähnelt einem Fresko in der berühmten Templerkirche von Montsaunès, Haute-Garonne, Occitanie:

Quelle: Templerlexikon

Wann wurden diese Symbole angebracht? Und von wem? Nach Wikipedia:  wurde die heutige Fassade im Jahre 1386 von Lorenzo di Filippo geschaffen. Zu diesem Zeitpunkt war der Templerorden längst aufgelöst (1314) und auch die letzten ehemaligen Ordensmitglieder – die ihr Gnadenbrot zumeist in ihrem letzten Aufenthaltsort in aller Ruhe und Abgeschiedenheit geniessen durften (außer in Frankreich kam kein Templer auf den Scheiterhaufen)  – waren wohl längst verstorben.

Dass es in Prato etwa eine „Geheimgesellschaft“ gegeben hätte, die das „Templerwesen“ für die Zukunft  erhalten oder fortgeführt haben sollte, ist nicht belegt und in hohem Masse unglaubwürdig. Dass die Templer irgendetwas mit „Zahlenmagie“ zu tun gehabt hätten, ist meines Erachtens auch eher esoterisches Wunschdenken, hier ein Beispiel zeigt. Auch die Alchimie hat in Westeuropa im ausgehenden Mittelalter erst eingesetzt. Ich will hier nicht weiter vertiefen, das würde den Rahmen sprengen.

Auf der offiziellen Homepage der Stadt Prato fand ich einen  kurzen Bericht über dieses Portal, der einen Bezug zum Templerorden immerhin andeutet:

„L’idea che a Prato sia passata l’influenza templare, rende la città legata ad un velo di intrigante segretezza. “ Quelle: Città di Prato

Meine Übersetzung, ohne Gewähr:

„Die Idee, dass in Prato unter den Einfluß der Templer gestanden haben könnte, verbindet die Stadt mit dem Schleier eines faszinierenden Geheimnisses.“

Also auch hier nur Spekulationen. In der Literatur habe ich bisher keinen Hinweis gefunden, der das bestätigt hätte.

Für meine Theorie, dass hier eine Pilgerstrasse durchgelaufen ist, reicht mir vorläufig die Erkenntnis, dass die Ritterorden sich im 13. Jhr. die Beschirmung von Straßen auch anderenorts häufig geteilt haben (Nordhessen, Elsaß und Lothringen).

Und ich habe – leider erst nach der Rückkehr – erfahren, dass jedenfalls die Johanniter in Prato tatsächlich eine Niederlassung unterhielten.

Zustand 1990

Quelle:  Bericht des Centro Ricerche Prato mit Fotos vor der Renovierung.

Da wir ohnehin für September einen Familienurlaub in der Toskana geplant haben, mußte dieser Bericht noch etwas warten. Und hier ist sie nun, die Johanniterkapelle von Prato:

 

Die Adresse lautet Via San Giovanni 9, 59100 Prato.

In diesem Gebäude finden heute regelmäßig Kunst- und Musikveranstaltungen statt. Ich muß sagen, eine würdevolle Art des Gebäuderecylings.

Grossaufnahme

Detail: „Steinmetzarbeiten“ vermutlich im Gußziegelverfahren.

Zufällig hatten wir direkt vor der Kapelle einen grösseren Parklplatz gefunden und wurden beim Aussteigen zunächst regelrecht erschlagen von dem überwältigenden Anblick einer mittelalterlichen Burg mit mächtigen Türmen und beachtlichen Ausmassen.

Castello dell’Imperatore, Prato, Baubeginn 1240 (wikipedia)

Es sei noch angemerkt, dass das Johanniterspital nur ca. 100 m (oder weniger) von dieser Burg entfernt liegt. Dazwischen befindet sich nur eine schmale Straße und ein Parkplatz. Die Burg wurde von dem deutschen Kaiser Friedrich II errichtet.

3. Florenz

Zwischen Pistoia und Prato liegen 20 km und von da nach Florenz sind es auf direktem Weg nur 17 Km. Die drei Städte liegen wie Perlen einer Kette in einer Reihe entlang der Straße auf der Westseite der Apenninnen. In Florenz hatten die Templer erst seit 1252 diese Niederlassung gekauft, die nach den Prozessen um die Auflösung des Ordens letzendlich in die Hände der Johanniter fiel. An deren Orden erinnert die Bausubstanz heute mehr.

Chiesa di San Jacopo in Campo Corbolini, Via Faenza, Florenz

Detail aus der Johanniterzeit

Templerkreuze an den Arkaden

Wappen der Johanniter über dem Haupteingang

Der Regen wurde stärker und ich hatte ohnehin keine Lust auf einen Spaziergang durch Florenz, das auch zu dieser Jahreszeit – wie in jeder anderen – so überlaufen war, daß es mir keinen Spaß machte. Ich hatte auch noch ein paar hundert Kilometer zu fahren und so löste ich mein Auto aus dem nahegelegenen Innenstadtparkhaus (man mußte die Schlüssel abgeben und die Profis parken lassen) wieder aus, um rechtzeitig zum Abendessen in Massa zurück zu sein. Wieder war ich bei meinen Freunden zu Gast.

2. Exkursion

2.1 Lucca

Im Mai dieses Jahres hatte ich mich noch nicht tief mit der Frage beschäftigt, ob es in Lucca noch sichtbare Überreste des Templerordens geben würde. Nach einer Website „Templari a Lucca“  war davon auszugehen, dass der Orden auch hier eine Niederlassung unterhalten hatte. Die Google-Suche nach „Templari“ und „Lucca“ ergab zunächst nur einen Treffer, einen Hotelbetrieb in der Via Franceschini 325 in Lucca. Das liegt außerhalb der Altstadt. Den Fotos ließ sich nicht entnehmen, ob das ein Fantasiebau war oder etwa eine umgebaute Ex-Komturei. Dass es so etwas gibt, wäre nicht neu, siehe  „Torre del Prior“ in Tortosa. Also fuhr ich die Adresse an, sie war nicht weit weg von Massa. Es war also kein großer Umweg. Voilà, der Corte dei Templari in Lucca:

Die Zinnen sind Disneyland-Gedönse. Die gewolbten Gemäuer sind neuzeitlich. Allerdings ist die Basis der beiden Gebäude aus älteren Steinen, die den behauenen Feldsteinen aus dem Mittelalter nicht unähnlich sind. Die beiden Gebäude stehen unmittelbar an einem Wasserlauf, vermutlich einem kanalisierten Fluß, sodaß nicht ausgeschlossen werden kann, dass hier früher einmal eine Mühle betrieben worden sein mag. Ich stelle das jetzt bloß mal als ungeprüfte Hypothese in den Raum.

Die Templer sind dafür bekannt, ihre Einnahmen durch das Betreiben von Mühlen vermehrt zu haben und waren damit sehr erfolgreich (prominentes Beispiel: Komturei Mühlen, bei Osthofen (Rh.-Pf.). „Kein Rauch ohne Feuer“ sagt man, aber zu einer Templer-Mühle in Lucca habe ich bisher nichts gefunden.

Als ich nach der Rückkehr etwas intensiver recherchierte, fand ich bei Wikipedia heraus, dass die Templer in der Altstadt von Lucca, genauer an der Piazza del Magione Nr. 6, eine Niederlassung unterhalten hatten. „Magione“ nennen sich auch die Templerhäuser in Siena, San Gimignano und Poggibonsi. Also spazierten wir dorthin, als wir im September wieder die Stadt Lucca aufsuchten.

Magione del Tempio, Piazza del Magione 6, Lucca

Aus der Templerzeit war nichts mehr übrig. Das ist ein Palast aus dem 16. Jahrhundert, aber nach dem oben mitgeteilten Link „Templari a Lucca“ sei im Untergrund noch etwas von den Templern zu sehen und zu entdecken. Lucca ist in jedem Fall ein Besuch wert. Es ist lange nicht so aufdringlich wie Florenz oder Pisa. Es geht beschaulicher zu und man seiht denoch jede Menge interessante historische Paläste und Kirchen.

2.2 Pisa

In Pisa galt es, die achteckige Kirche der Johanniter aus dem Mittelalter aufzusuchen. Sie befindet sich am Südufer des Arno, zwischen der Ponte di Mezzo und der Ponte della Fortezza. Es gibt einige gebührenpflichtige Parkplätze an der Uferstrasse Lungano Galileo Galilei.

Piazza Santo Sepolcro, Pisa, Blick von Südwesten

Diese Kirche wird ebenso häufig wie unzutreffend den Templern zugeschrieben, wohl wegen ihrer Form. Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass diese Achteckform keine Spezialität der Templer ist und diese sie auch nicht erfunden haben. Die Form geht vielmehr zurück auf das Heilige Grab und die sog. Anastasis-Kapelle in Jerusalem. Auch der Dom in Aachen folgte diesem Vorbild. Die meisten Templerkirchen haben einen einfachen, rechteckigen Grundriß, manchmal mit Rund- oder Radialapsis. Es gibt – nach meiner Kenntnis – nur zwei achteckige Templerkapellen, die von Laon (Kopie einer vorher in Laon schon vorhandenen Friedhofskapelle) und die von Metz.

Ansicht von Norden

Auch die Ornamente scheinen an die Templer zu erinnern, die sog. „Blume des Lebens“ und das Kreuz. Die Blume des Lebens ist eine einfach mit einem Zirkel zu erzeugende grafische Figur, die schon bei den Ägyptern und bei den Westgoten (bitte sehen Sie hierzu den Beitrag von Helene Luise Köppel über die Westgotenkirche von San Pedro del la Nave in Zamora) nachweisbar ist. Die Form des Kreuzes des Deutschen Ordens und des Johanniterordens unterschieden sich jedenfalls im 13. Jahrhundert von dem Templerkreuz noch nicht so wesentlich, daß man sie – ohne die Farben zu kennen – nur schwer zuordnen kann.

weitere Steinmetzarbeiten an Portalen, teilweise aktuell aufgearbeitet

Sitz des Großpriorats der Johanniter von Pisa, Chiesa de Santo Sepolcro, Pisa

Am Nordufer des Arno entdeckte ich zufällig dieses „Templerkreuz“ und fotografierte es vorsorglich, obwohl das Gebäude ersichtlich ca. aus dem 16. Jahrhundert zu stammen schien. Tatsachlich gehört das Gebäude zum National-Museum von Pisa und hat ebenfalls nichts mit den Templern zu tun. Die Templer hatten hier wohl keine Niederlassung.

Die nächste Niederlassung befand sich in Montelopio, ca. 50 km weiter südöstlich von Pisa und liegt damit etwa auf halben Weg der Route von Pisa nach San Gimignano. Eine gute Etappendistanz!  Aber von dieser Einrichtung ist heute nichts mehr zu sehen, zur zwei komplett verfallene Hausruinen, die dazu auch noch schwer zu finden seien (Wegbeschreibung bei Capone et. al, SS. 139). Den Abstecher habe ich mir daher lieber gespart.

2.3 Siena

In Siena waren Sie mit mir schon einmal im Jahre 2016. Bei meinem ersten Besuch dort war die Templerkirche geöffnet. Ich war von dem Innenleben der Kirche und den Gemälden so begeistert, dass ich vergaß, die Kirche anschließend aussen zu umrunden.

Auf diese Weise übersah ich, dass die Kapelle noch heute im Ensemble mit anderen mittelalterlichen Gebäuden steht.

Kirchturm und Profangebäude (Spital?) in der Seitenstrasse, der Via Malta.

Blick von Südosten auf die Kapelle

Blick auf die Via Malta nach Osten (Spitalgebäude?)

3. Pieve di Codiponte

In Codiponte befindet sich eine beeindruckende mittelalterliche Kirche aus dem 12. Jahrhundert, die Pieve dei Santi Cornelio e Cipriano (Wikipedia). Das Gebäude zeigt zahlreiche Steinmetzarbeiten an den Säulen im inneren und am Taufbecken, die den Symbolen von Templerkirchen ähnlich sind oder sein könnten.

Auch hier wird gerätselt, ob die Templer etwas mit diesem Ort zu tun hatten, wie es etwa dieser Beitrag andeuten. Eine weitere Homepage schließt sich dieser Sichtweise an. Im Guida all’Italia dei Templari von Capone et al. findet sich darüber aber nichts und auch die beiden Homepages deuten es nur an, dass die Templer hier eine Niederlassung gehabt haben könnten. Ich war selbst aufgrund der spärlichen Hinweise nicht dort, aber mein Freund und Gastgeber Ernesto Andreoni hat sich dort für mich und für Sie umgesehen.

Pieve dei Santi Cornelio e Cipriano, Codiponte, Casola, Lunigiana, (Foto: Ernesto Andreoni)

sog. „Blume des Lebens“, Foto: Ernesto Andreoni

Taufstein, Foto: Ernesto Andreoni

sog. „Melusine„, halb Frau, halb Fischwesen, Foto: Ernesto Andreoni

 

Ich lasse diese Bilder hier unkommentiert stehen. Wir wissen bereits, dass die Blume des Lebens zwar auch (z.B. Perugia) aber nicht nur von den Templern bevorzugt verwendet wurde, aber eben auch von anderen Gruppen (z.B. Johanniter in Pisa), aber auch von den Westgoten oder Ägyptern. Auch ein Kreuz in einem Kreis ist kein sicheres Templerzeichen, siehe obigen Beitrag von Pisa.

Codiponte paßt von seiner Lage her zu der Theorie, dass hier eine Station der Via Francigena bestanden haben könnte. Auch die alte Steinbrücke zeigt an, dass im Mittelalter hier eine wichtige Straße durchgeführt hat. Es bleibt abzuwarten, ob zu diesem Thema noch mehr Material beschafft werden kann.

3. Fazit

Die These, dass es eine „Templerstraße“, oder jedenfalls eine Straße der Ritterorden, zwischen Lucca und Siena gibt, kann beantwortet werden: Es gibt sogar zwei! Eine – eher südwestliche – Variante führt näher an der italienischen Westküste entlang, über Lucca, Pisa und San Gimignano. Die andere befindet sich weiter östlich, am Westhang der Apeninnen über die Städte Pistoia, Florenz und Poggibonsi.

3.1 Südwest-Variante

Lucca – 20 Km – Pisa

Pisa – 45 Km – Montelopio

Montelopio – 30 Km – San Gimignano

San Gimignano – 36 – Siena

3.2 Nordost-Variante

Lucca – 38 Km – Pistoia

Pistoia – 18 Km – Prato

Prato – 18 Km – Florenz

Florenz – 39 Km – Poggibonsi

Poggibonsi – 30 Km – Siena

Es handelt sich jeweils um zu bewältigende Tagesetappen, zumeist in der Ebene.

Q.e.d.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffe, es hat Spaß gemacht.

 

05. Oktober 2019

Special credits: Ernesto Andreoni thank you for your contribution and your fotos. Elisabetta Del Giudice thank you for the food, your patience and your hospitality. Renzo Del Giudice thank you for the wine. Thank you Barbara Del Giudice for your apartment.

 

 

 

 

 

2017, September, Norditalien

Die Templer in Italien, Teil 2

Die im letzten Reisebericht über die Templer in Italien vom März 2016 schon angedeutete,  weitere Reise nach Italien fand im September 2017 statt. Ich hatte im Vorjahr meine Suche auf Piemont und die Toscana beschränkt. Diesmal wollte ich nach Umbrien und in die Region Marken. Ich fand wieder bei meinen Freunden eine herzliche Aufnahme und dieses Mal hatte man mir sogar ein freies Apartement  zur Verfügung stellen können. Was für eine große Freude. So hatte ich hatte einen Parkplatz für mein Menzomobil II (auf seiner jungfernfahrt) und eine herrliche Aussicht auf die Stadt Massa, denn das Apartement liegt an einem recht steilen Hang.

1. Toscana

„Massa ist eine italienische Stadt mit 69.037 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2017) in der Toskana 114 km westlich von Florenz. Sie ist der Hauptort der Provinz Massa-Carrara und Sitz des römisch-katholischen Bistums Massa Carrara-Pontremoli. Massa liegt an der Via Francigena, der alten Pilgerstraße von England nach Rom“ (Zitat: Wikipedia). Es ist also kein Wunder, dass man  von hier aus Templerstädte gut erreichen kann. Massa befindet sich ca. 40 Km nördlich von Pisa, ebenfalls an der Küste.

Ich richtete mich nach meiner Anreise schnell ein und Abends ging es dann auch schon los auf ein wunderbares Familienfest. Beim üppigen Abendessen schloß und vertiefte ich meine Freundschaften mit Mitgliedern der Familie, die ich so lange nicht mehr gesehen hatte.

1.1 Poggibonsi (Siena)

Nach einigen Espressi aus der Alu-Kanne über der Gasflamme und den landestypischen, süßen Frühstücks-Hörnchen ging es los. Von Massa zu meiner ersten Station waren es 158 Km.

1.1.1 Wegbeschreibung

Man verläßt Poggibonsi auf der Strada Regionale No. 2 in Richtung Süden und erreicht nach wenigen hundert Metern den Ortsteil Calcinaia (Die SR 2 heißt hier Via Senese). Am Ende des Ortes befindet sich links an der Straßenecke eine Pizzeria. Hier kreuzt die Via Boccabarili die Via Senese, ab hier die Via della Magione. In diese Straße biegt man nach links ein und fährt darauf ca. 150 Meter aus dem Ort hinaus.

Screenshot 2017-01-14 17.19.23Kurz nach einem Eisenbahnübergang taucht die commenda rechts auf. Parkplätze sind vorhanden. Sie liegen kurz davor in einer Kurve.

San Giovanni alla Magione, 53036 Poggibonsi, Blick von Süden

1.1.2 Strategische Position

Questa „domus“ sorgeva su una variante della Francigena, la piu importante via medievale che allacciava la Francie con Roma, frequente da schiere die pellegrini che si recavano nella capitale della christianità.. „Dieses Haus entstand an einer Variante der Francigena, des wichtgsten (Fern-)wegs des Mittelalters, der Frankreich an Rom anbindet, benutzt von Pilgerscharen, die sich in die Hauptstadt der Christenheit begeben wollten,.. „schreibt Capone et al. (in Guida all’Italia dei Templari, S. 144) und weiter, es handele sich um einen eher bescheidenen Weg, der teilweise nur eineinhalb Meter breit war und sich deshalb eher für Fußgänger oder Reiter anbot. Poggibonsi sei eines der vielen Krankenhäuser gewesen, die sich entlang der Via Francigena aufreihten, aber mit einer Mehrfachfunktion, die Brücke zu verteidigen und die umliegenden Äcker zu bestellen, sowie eine Mühle zu betreiben.

Blick von Süden an der Kapelle vorbei auf den Krankenhaustrakt und das Haupthaus.

Ein Blick in den Ostchor zeigt einen gewohnt guten Erhaltungszustand. Weder Religionskriege noch Napoleon konnte die Ordensritter hier stoppen, sodaß die Templerkirchen sehr oft bis heute existieren und so aussehen, als wären sie nie außer Gebrauch gewesen.

Krankenhaustrakt und Haupthaus von Norden

2. Umbria

Für das nächste Etappenziel mußte ich nur weitere 142 Km nach Osten fahren.

2.1 Perugia

Perugia dürfte eine der größten Templerkapellen Westeuropas sein. Sie hat keinen Glockenturm und befindet sich außerhalb der Stadt Perugia, sodaß sie offenbar nicht dafür gedacht war, die Mitglieder einer Pfarrei aufzunehmen. Perugia befindet sich im Zentrum der Ländereien der Kirche, dem sogenannten „Patrimonio di S. Pietro“ (Capone et Al., S. 163.)

Wegbeschreibung

Man verläßt Perugia über die Porta Sole nach Westen auf der Via Enrico Pozzo und fährt dort etwa 500 Meter in Richtung Casaglia. Die Templerkapelle San Bevignate liegt weithin sichtbar auf freiem Felde. Die postalische Anschrift lautet:

San Bevignate, Perugia

Detail vom Tympanon des Haupteingangs, „Blume des Lebens“

Fresko an der westlichen Wand links neben dem Oberlicht. Nach Christophe Staf, Projet Beauceant, zeigt die obere Abbildung einen Löwen, der sich hilfesuchend an die Templer wendet, um ihm einen Dorn aus der Pfote zu ziehen.

2.2 Sigillo, Santa Croce di Culiano

Um meine nächste Etappe zu erreichen, mußte ich ca. 50 Km nach Nordosten fahren.

2.2.1 Wegbeschreibung

Man fährt auf der SS 318 in Richtung Ancona. Im Ort Fossato di Vico biegt man links in die SS 3 (Straßenname hier: Via Flaminia) nach Norden ein. Zwischen den Orten Purello und Sigillo geht nach links die Via Collina ab, auf der man nach ca. 500 Metern die Templerkapelle findet, und zwar an der linken Wegseite.

Chiesa Templare Santa Croce De Culiano

2.2.2 strategische Position

Die Kapelle Santa Croce befindet sich am westlichen Fuße des Bergmassivs von Monte Cucco in unmittelbarer Nähe zum Grenzübergang der Regionen Umbrien und Marche. So unscheinbar die Kapelle heute erscheinen mag, umso wichtiger war dieses Wegekreuz, dessen Schutz sie damals offenbar diente. Von hier gehen wichtige Straßen in alle vier Himmelsrichtungen ab, nämlich die Ost-West-Verbindung von Perugia mit der Adriaküste bei Ancona und  die seit der Römerzeit benutzte Nord-Süd-Straße von Rom an die Adria, die sogenannte Via Flaminia:

(Quelle: Wikipedia)

3. Marche

Das nächste Etappenziel lag auf der anderen Seite des Monte Cucco und zwar genau auf der Grenze der Regionen Umbria und Marche. Es war schon vorgerückter Nachmittag und die Lichtverhältnisse hier in den Bergen begannen schon, schwierig zu werden. Also beschloß ich, mir erst einmal eine Bleibe für die Nacht zu suchen. Ich wurde im nächstgelegenen Ort Sassoferrato (Prov. Ancona) fündig. Bei dem Ortsnamen Sassoferrato klingelte etwas in mir. Meine erste italienische Templerkirche entdeckte ich im Jahre 2016 in der Gemeinde Casale Monferrato. „Ferrato“ hat etwas mit Eisen zu tun, „Sasso“ ist der Fels und „Monte“ der Berg. Ich werde morgen erneut nach Italien aufbrechen. Prato gehört zu meinen Zielen, offenbar ein Templerort. Prato liegt ebenfalls an einem Monte Ferrato. Die deutsche Autorin Christina Berns hat mir persönlich vor Ort nachgewiesen, dass in der Nähe der abgegangenen Templerniederlassung „Seve“ bei Kirchheim (Rheinland-Pfalz) ein Felsmassiv emporragt, dessen Gesteine stark rostig aussehen. Zufall? Man wird sehen.

Jedenfalls fand ich bei meiner Ankunft in diesem Sassoferrato eine bescheidene Herberge, einen Parkplatz, ein frisch gezapftes Bier für den ersten Durst und einige Restaurants um die Ecke. Was will man mehr? Über den geringen Service der Herberge machte ich mir auch keine Sorgen. Ich hatte auf dem Weg zum Restaurant (Fleisch, Käse und Brot aus der Region, dazu Craftbier) schon ein Frühstückscafé ausfindig gemacht, und so konnte ich mich am nächsten Morgen wieder frisch gestärkt auf die weitere Suche machen.

3.1 Perticano

Die Luftlinie zwischen den beiden Etappen Sigillo und Perticano beträgt vielleicht nur 20 Kilometer oder weniger. Die Straßen sind aber steil und kurvenreich, sodaß man mit dem PKW 30 Km zurücklegen muß und zu Fuß immerhin auch noch 25 Km. Nach Google-Maps muß man für diese Pass-Strecke 770 Höhenmeter nach oben und 810 Höhenmeter nach unten überwinden.

Die Templerkirche war nicht ganz leicht zu finden. Selbst angetroffene Passanten konnten mir nicht recht weiterhelfen. Aus diesem Grund habe ich mir gestattet, eine exakte Lageskizze aus Google maps einzubinden, damit meinen Lesern evtl. unnötige Mühe erspart bleibt. Perticano liegt nämlich wirklich genau auf der Grenze zweier Provinzen (Perugia und Ancona) und zweier Regionen (Umbrien und Marken) und der Name der Zielstrasse lautet „Frazione Perticano“. Das verwundert etwas, weil Frazione gewöhnlich einen Ortsteil und keine Strasse bezeichnet.

Google maps

Man erreicht die Templerkirche, wenn man auf der SP 47 durch den (zweigeteilten) Ort Perticano nach Nordosten fährt. In Ortsmitte nähert sich von links die Straße „Località Perticano“, nach rechts verläßt die Straße „Frazione Perticano“ den Ort den Berg hinauf. Das zweite Gebäude rechts ist die Templerkirche (im blauen Kreis).

Chiesa Templare San Paterniano, Perticano (AN+PG).

Die Kirche offenbart nichts mehr aus dem Mittelalter (Capone et al., S.170). Sie ist klassischer Barock (um 1650).

Perticano, Kirchturm von Nordosten.

Wegen der steil ansteigenden Strasse und dem dichten Rundum-Bewuchs sind umfassendere Lichtbilder nicht möglich. Auf der umbrischen Seite der Gemeinde befindet sich noch eine Kapelle aus dem 18. Jahrhundert. Sie dient zur Ehrung von Kriegsopfern und sollte nicht mit der Templerkapelle verwechselt werden.

3.2 Arcévia, Sant’Ansovino di Avacelli (Ancona)

Die nächste Etappe liegt auch wieder auf der fast schon zu erwartenden Distanz von ca. 30 Km nach Westen. Mit dem Auto sind es ca. 37 Km., zu Fuß eher nur 28 Km. Auch hier hatte ich Schwierigkeiten, das Ziel zu finden. Avacelli ist ein Ortsteil der Gemeinde Arcévia, liegt aber gut 5 Km südöstlich. Man benutze die SP 14 von Arcévia nach Serra San Quirico. Nach der Haarnadelkurve nach rechts zwischen Maestà (links) und Avacelli (rechts) folge man noch weitere ca. 500 Meter auf der SP 14 nach Süden bis zur nächsten Haarnadelkurve nach links. Im Kurvenscheitel (Das Hinweisschild ist recht klein!)

(Quelle: google maps)

befindet sich unmittelbar nach einer Brücke ein nicht befestigter Waldweg, der etwa 500 Km  in den Wald hineinführt. Es lohnt sich. Und es gibt auch Parkplätze.

Sant’Ansovino di Avacelli

Haupteingang mit Templeremblem

halbrunde Chorapsis von Nordosten

Die Gebäude sind im 14. und 15 Jahrhundert umgebaut worden, aber es gibt noch viele Reste aus der Templerzeit zu sehen, wie Säulenkapitelle und unterirdische Gänge, die zu einem Ossarium führen. Die Kirche gelangte 1199 an den Templerorden (Capone et. al., S. 172 f.).

Der lange einsame Weg durch den dunklen Wald verhieß zunächst nichts gutes, aber erstmal dort angekommen, strahlte die Anlage – in hellem Sonnenschein –  eine unglaubliche Ruhe und Geborgenheit aus. Ich war dort bestimmt eine Stunde völlig alleine und habe dutzende wunderschöner Fotos machen können. Das Innere konnte ich nicht besichtigen. Es hätte sich gelohnt, aber ich hatte dafür nicht die Zeit.

3.2 Osimo

Denn das nächste Ziel lockte bereits. Es lag 50 Km entfernt nach Westen, nur 5 Km vor dem Adria-Strand. Das Templerhaus von Osimo ist jetzt ein B&B, vollständig „sandstrahlgereinigt“ – und dadurch leider aller mittelalterlicher Anmutung beraubt – hinter verschlossenen Toren und hohen Zäunen in einer sehr gepflegten Anlage.

Zur Erinnerung an die Ritter hat man ein schönes Johanniterkreuz am Eingang angebracht. Die Adresse zum Anwesen und eine Beschreibung des Beherbergungsbetriebes finden Sie hier: Templari nelle Marche.

Es war nicht einfach, ein paar hübsche Fotos über den Zaun hinweg zu erlangen. Man sah immer erst hinterher, ob ein Foto einigermaßen gelungen war oder nicht.

Angeblich sollen die Templer und Johanniter eine 2500 Jahre alte unterirdische Anlage in Osimo für irgendwelche rituellen Zwecke benutzt haben (Quelle: In Italia). In meinen Büchern stand dazu nichts.

3.3 Camerino

Ich war hier in den Marken so gut wie fertig und konnte mich wieder auf den Rückweg machen, auf dem nur noch ein Templerort liegen sollte. Camerino.

 Aula des Templerkomplexes San Sebastiano, Camerino

Dieses mehrfach umgebaute Gebäude ist die einzige sichtbare Erinnerung an den Templerorden in Camerino. Es befindet sich im Innenhof des dortigen Dominikanerkonvents und diente der Versorgung der Pilger, eine Aufgabe, die sich die Templer hier mit anderen Mönchsorden teilten (Capone et al. S. 178.)

Zeichnung aus Capone et al., Guida all’Italia dei Templari

Camerino liegt genau auf halbem Weg zwischen Perugia und dem adriatischen Meer. Es sind in beide Richtungen jeweils 70 Kilometer. Nach Capone et al., S. 178, liegt Camerino zudem an einer wichtigen Nord-Süd-Verkehrsachse der Region Marken. Ich fuhr nach Massa an die ligurische Küste zurück und freute mich auf das Abendessen, zu dem ich wieder eingeladen war.

Mein Ausflug war damit zuende. Die Stationen der Tagestour – eingezeichnet in die Landkarte – lassen erahnen, dass die Templer zwischen Perugia und den Adria-Häfen planmässig eine „Templerstrasse“ errichtet haben. Die Abstände der Orte zueinander betragen zwischen 30 und 60 Kilometern.  Sie liegen – geländebedingt nur mehr oder weniger – auf einer Linie und haben einen prominenten Ausgangs- und Endpunkt.

4. Stadt Genua

Am nächsten Tag stand zunächst noch ein Ausflug nach Genua auf dem Programm.

4.1 Templerkapelle Santa Fede

Von der Niederlassung der Templer ist nicht mehr viel übrig geblieben. Sie befand sich an der Piazza Santa Fede, zwischen der Porta dei Vacca (vorm. Porta di Santa Fede) und der Via di Prè, einer sehr langen und engen Gasse, die durch sehr alte Häuser des antiken Wohnviertels Prè führt.

Via di Prè und Porta dei Vacca, Genua

Blick vom Piazza Santa Fede auf die Porta dei Vacca

Piazza Santa Fede, rechts im Bild die Südwand der ehemaligen Kirche Santa Fede aus dem 16. Jahrhundert. Das Gebäude wird heute von einer Behörde benutzt. Im Keller hat man noch Ausgrabungen für die Öffentlichkeit sichtbar erhalten.

Reste der Templerkirche Santa Fede, Genua

Begibt man sich auf der Via Prè nach Nordwesten, erreicht man nach ca. 500 Metern den Konvent der Johanniter von Genua. Ich empfehle diesen Spaziergang. Für viele Touristen ist es ein Highlight, diese lange enge Gasse mit ihren Einblicken in andere Welten zu geniessen (Tripadvisor).

4.2 Johanniterkommende Genua

Hauptschiff von San Giovanni

Commenda di San Giovanni di Prè, Genua

Detail an der Südfassade

Genua hatte für beide Ritterorden in strategischer Hinsicht eine geradezu überragende Bedeutung. Hier traf eine der wichtigsten europäischen Nord-Süd-Straßen ein, die Deutschland und die Schweiz mit dem Mittelmeer verband. Und hier bestand schon seit der Antike ein natürlicher Seehafen, der aufgrund der Steilheit der Uferböschung und einer weit ins Meer ragenden natürlichen Mole aus Fels besten Schutz und Platz für die größten Schiffe anbieten konnte. Zudem war das Krankenhaus mit Frischwasser aus dem Bach San Hugo versorgt (Quelle: Visit Genoa.)

Genua im Mittelalter, das Gemälde zeigt den natürlich geschützten Hafen, Wikipedia

5. Stadt Pisa

Ich hatte den Nachmittag nichts vor und schnell gegoogelt, ob es wohl auch in Pisa eine Johanniterniederlassung gäbe. Ich wurde sofort fündig. Eine Prachtkirche mit einem enorm großen Johanniterkreuz wurde mir angezeigt. Die Adresse war Piazza dei Cavalieri und es gab kein Halten mehr. Von Massa nach Pisa ist es nicht weit und so stand ich rasch vor dieser Kirche. Ich war so beseelt, dieses sensationelle Gebäude so leicht zu finden, daß ich mich nicht wunderte, wie leicht ich direkt vor der Kirche auf der Piazza dei Cavalieri einen Parkplatz fand.

Chiesa di Santo Stefano dei Cavalieri, Pisa

Sieht aus wie eine Johanniterkirche. Ist aber keine.

Der ganze Platz, der mit respektablen Gebäuden aus dem 16. Jahrhundert umstellt ist, gehört dem „Ordine di Santo Stefano„. 

In den Prachtbauten, die rund um den Platz errichtet waren, befanden (oder befinden) sich noch verschiedene Institute dieses Ordens, was ich den Hinweisschildern entnehmen konnte. Meine Enttäuschung, in die sich die vorausgegangene Euphorie längst verwandelt hatte, wurde noch um ein Vielfaches größer, als ich bemerkte, dass mein Auto illegal auf dem Platz stand. Hier war ein Filmteam bei der Arbeit und es wurde eine Bühne errichtet. Die offene Zufahrt zum Platz war sicher nicht für mich bestimmt. Ich kam auch nicht leicht heraus aus der Füßgängerzone, in die ich mich sodann verfahren hatte. Ich zog nicht nur wütende Blicke von Passanten oder Gaststättenbesuchern, die im Freien saßen, sondern – was ich allerdings erst ein halbes Jahr später bemerkte – auch die Aufmerksamkeit von elektronischen Verkehrsüberwachungssystemen auf mich und mein Fahrzeug, was mir ein weiteres Andenken an diese Reise in dreistelliger Höhe bescherte.

Das letzte Abendessen in Massa im Kreise der Familie entschädigte mich jedoch schnell und so habe ich auch diesen Kurztrip in so guter Erinnerung behalten, dass ich morgen gleich wieder nach Italien fahre. Es gibt rund um Massa noch vieles zu sehen. Ich freue mich jetzt schon.

herzlichst, Ihr Markus Menzendorff

Stand der Bearbeitung 01.05.2019

2016, März, Piemonte, Liguria, Toscana

Italien – Teil 1, Piemont, Ligurien, Toscana

Im März 2016 ergab sich eine Gelegenheit für einen Kurztrip nach Italien, um Freunde zu besuchen, die ich seit mehr als dreissig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich bin nicht nur mit köstlichen Speisen und einem wundervollen Abend empfangen worden. Man hatte mir sogar bereits vier Bücher über die Templerniederlassungen besorgt und im Vorfeld noch ein paar Seiten daraus per Mail geschickt, sodaß ich die ersten Stationen für die Hinfahrt nach Ligurien schon mal auswählen konnte. Das ist meine erste Sondierungsfahrt zu Templerorten in Italien, sodaß die Auswahl mehr zufällig geriet und keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit hat.

Man kann sich für die erste Recherchereise in ein Gebiet nicht allzuviel vornehmen. Es ist vielmehr jedesmal erforderlich, erst vor Ort ein Gefühl für die Entfernungen zu gewinnen, bevor man die Machbarkeit von Etappen beurteilen kann. Und so ist auch diese Reise wieder nach dem „trial and error“ Prinzip trotz einiger bedauerlicher Auslassungen unterm Strich ein sehr spontanes und doch schönes Erlebnis geworden und die Bilder zeige ich Ihnen gleich hier. Meine Wahl für das erste Ziel fiel auf einen Templerort in der Regione Piemont, genauer in der Provincia di Alessandria, etwa hundert Km südwestlich von Milano.

Regione Piemont

1. Casale Monferrato, Prov. Alessandria

Als Standardreferenzwerk für die Etappen zog ich das Buch der Autoren Bianca Capone, Loredana Imperio und Enzo Valentini, Guida all’Italia dei Templari von 1989, 2. Aufl. 1997, 2. Nachdruck 2002, heran. Da man gewöhnlich Literatur von mehreren Autoren nach dem Namen des ersten Autors und dem Zusatz et al. zitiert, kommt hier – kurioserweise – aber nunmal unweigerlich „Capone et al.“ heraus :), und so bleibt mir nichts anderes übrig, als das Buch im folgenden genau so zu zitieren. Nach diesem Werk befindet sich die Commenda di Santa Maria del Tempio an einer alten Verbindungsstrasse ausserhalb der Gemeinde Casale Montferrato mit strategischem Bezug zu Fernstrassen nach Vercelli und Torino in einer wasserreichen Umgebung nahe des Flusses Po (Capone et al., S. 58).

santamaria(copyright: Google maps)

Ich hatte mich in einem kleinen Ort südwestlich von Casale, Ozzano Monferrato, eingemietet. Die Unterkunft befand sich in einem hübschen, sehr gepflegtem und altehrwürdigen Anwesen mit wirklich geräumigen Zimmern: La Corte delle 4 Stagioni

Italien empfing mich mit strahlend blauem Himmel. Nach einer reibungslosen Fahrt traf ich abends in Ozzano ein und ruhte mich – nach einer opulenten Pizza in einem gemütlichen Familienrestaurant – in meinem fürstlich anmutenden Quartier für einen vermutlich anstrengenden nächsten Tag aus. Dank Wifi konnte ich mir die nächsten Reiseziele  aussuchen und die Route abstecken. Gestärkt durch ein leckeres Frühstück (die sehr freundliche Inhaberin hat ein besonderes Geschick darin, es ihren Gästen unaufdringlich an nichts fehlen zu lassen) machte ich mich am nächsten Morgen gleich auf die Suche nach meinem ersten Templerort: Santa Maria del Tempio

dsc_000415033 Santa Maria del Tempio, Casale Monferrato (Prov. Alessandria),

Der erste Eindruck war atemberaubend. Die Anlage zeigte sich bei schönstem Wetter strahlend und gepflegt, was über den Umstand hinwegtröstete, dass aus dem Mittelalter nicht mehr allzuviel an oberirdischer Bausubstanz übrig geblieben war. Der Zustand der Kirche sah schon von weitem sehr nach 17. Jahrhundert aus und dürfte das Werk aus der Johanniter-Zeit sein.

Beginnen wir mit der Kirche, die noch heute als Pfarrkirche Santa Maria Degli Angeli in Benutzung ist:

dsc_0008Santa Maria Degli Angeli

dsc_0011barocke Innenausstattung

dsc_0020Beweisfoto: Wir liegen hier richtig 🙂

Auf der Südseite des Kirchenschiffes schließt sich ein geräumiger Innenhof an, der mannshoch ummauert war. An das Kirchenschiff schmiegen sich offenbar ältere Gebäude an, die wie die Reste eines Kreuzganges anmuten. Die meisten Gebäude sind offenkundig Zweckbauten aus dem 18. Jahrhundert. Die heutige Nutzung hat sich mir nicht erschlossen.  Nach Capone et al. haben sich bis heute noch unter den umstehenden Gebäuden geräumige unterirdische Anlagen erhalten (aaO).

dsc_0022

Aus einer Urkunde vom 10. Januar 1308 weiß man, dass die letzten drei Templer von Casale, Giovanni Bazano, Pietro Garilio und Manfredo de Vitreo auf Befehl des Inquisitors Ottone von Milano verhaftet und dem Vogt von Casale überantwortet wurden. (Capone et al., S. 59). Der Legende nach sollen die Templer ein Bildnis der Maria aus dem Orient mitgebracht haben, welches von den Gläubigen als wundertätig angesehen und verehrt wurde. (ebenda).

2. Livorno Ferraris, Provincia Vercelli

Am Vorabend hatte ich mich entschieden, unter den noch sehr zahlreichen weiteren Templerorten in Piemonte den zu besuchen, der am nächsten zu erreichen ist und bei dem noch am meisten erhaltene Bausubstanz aus der Templerzeit anzunehmen war. Die Wahl fiel auf Livorno Ferraris in der Provinz Vercelli. In etwa 40 Km erwartete mich nach meiner Recherche eine Templerkapelle im weitgehenden Originalzustand die, trotz einiger rüder Restaurierungen ihr Alter durch in Fischgräten-Anordnung gemauerten Ziegeln verraten soll (…mostra la sua vetustà nelle tracce di mattoni a spina di pesce… , Capone et al. S. 52).  Ohne genauer zu wissen, in welche Himmelsrichtung mich die Fahrt zur zweiten Tagesetappe führen würde, gab ich die Zieldaten ins Navi und machte mich bei weiter strahlend blauem Himmel und glasklarer Luft auf den Weg. Ich muss gestehen, dass ich vom Piemont noch nicht allzu viel wusste. Ich merkte jedoch rasch, dass die Fahrt in einer anscheinend unendlich weiten und hügellosen Tiefebene verlief und sich mir in weiter Ferne die puderzuckerbestäubten Ligurischen Alpen als grandiose und unveränderliche Kulisse darboten:

dsc_0027

Einige Kilometer vor dem Erreichen des Ortes Livorno Ferraris tauchte am rechten Fahrbahnrand der SP 7 dieses Schild auf:

dsc_0032

Hier zweigte ein ersichtlich als Damm aufgebauter Weg ab, auf dem im Hintergrund der angekündigte Bauernhof (cascina) schon zu erkennen war.

dsc_0034

Mir war zuvor schon aufgefallen, dass man rechts und links von der Strasse häufig wasserwirtschaftliche Bauwerke aller Art ausmachen konnte und dass die Umgebung von allerlei Gräben und Kanälen durchzogen war. Nicht ohne Grund gilt die Tiefebene des Po als besonders fruchtbar. Es ist auch durchaus nichts neues, dass man in einer solchen Umgebung auf Templereinrichtungen trifft. Die Templer hatten – wie das legendäre Marais in Paris augenfällig beweist – sowohl das Geschick, als auch die personellen und finanziellen Mittel, sumpfiges Land zum nachhaltigen Wohle des Ordens urbar zu machen. Die Landesherren konnten sich mit der „Spende“ von Sumpfland an den Orden großzügig erweisen und sich von vermeintlich nutzlosen Gütern trennen. Und der Orden machte anschliessend was draus.

Als ich näher kam, merkte ich, dass ich mir die Besuchszeiten und -modalitäten besser hätte ausdrucken sollen. Ich hatte etwas davon gelesen, dass man Besuche zu bestimmten Jahreszeiten vorher anmelden müsse und dergleichen mehr. Jedenfalls war zu und klingeln und sich bemerkbar machen half nicht. Aber mir gelangen einige wunderschöne Aufnahmen von aussen. Zudem wußte ich bereits, dass das innere der Kirche für meinen Geschmack „kaputtmodernisiert“ wurde, was sicher dem Umstand geschuldet ist, dass die Kirche immer noch intensiv für sakrale Zwecke genutzt wird.

dsc_0039Chiesetta Santa Maria di Isana, 13046 Livorno Ferraris, Vercelli

Urkundlich erwähnt ist das Templerhaus erstmals im Jahre 1208 als „mansio templi“. Im Jahre 1222 wird dieses Templerhaus bereits „Domus Sancte Marie de Ysana“ genannt (Capone et al., S. 53).  In einem Register der Diözese Vercelli taucht der Besitz 1298 unter dem Namen „ecclesia Sancte Marie de Exana et subest Milicie Templi“ auf (aaO).

Mir gelang schließlich dennoch ein gutes Foto, indem ich das Objektiv der Kamera durch eine Öffnung im Tor des Gehöftes stecken konnte und die Kamera dort ruhig genug lag:

dsc_0041Die fischgrätartig gemauerten Ziegelsteinreihen und eine Sonnenuhr

Falls Sie einen Besuch dieser schöngelegenen Kapelle planen sollten, erfahren Sie nähere Einzelheiten zu den Öffnungszeiten oder zu einer etwaigen Kontaktaufnahme hier: Santa Maria di Isana Homepage

Die Homepage beherbegt schöne Fotos der Kapelle von aussen und innen und zu verschiedenen Jahreszeiten. Auch wird von Legenden berichtet, die sich um die Kapelle ranken. So soll es dort einen wundertätigen Menhir geben, der den Pilgern Erleichterungen bei rheumatischen Beschwerden verschaffen würde, wenn sie sich mit dem Rücken dagegenlehnen  (Capone et al. S. 54). In der Nähe der Kapelle sei eine Quelle, deren Wasser unter der Kirche hindurchfliesse, was für tellurische Kräfte sprechen würde. Wer so etwas mag, findet auf der besagten Homepage noch mehr.

Bei der Bearbeitung dieses Beitrages kam mir in den Sinn, bei diesem und künftigen Beiträgen Kartenausschnitte einzufügen, die die besuchten Templerorte in einer größeren Umgebung eingebettet zeigen, damit sich der geneigte Leser besser orientieren kann.

isanaWie man sieht, hat die Strecke einen nordwestlichen Verlauf. Sie befindet sich zwischen Torino und Milano und weist auf den Ort Ivrea (oben links).  Danach kommt Aosta. Spätestens bei dieser Feststellung „klingelte“ es bei mir, denn diese beiden Orte werden mit der sogenanten Via Francigena in Verbindung gebracht.  Es handelt sich hierbei um eine frühmittelalterliche Fernpilgerroute von Canterbury nach Rom. Der aufmerksame Leser wird sich vielleicht daran erinnern, dass mir diese Pilgerstrecke schon einmal bei einer Templerreise begegnet ist und zwar bei dem Templerort Pierrecourt in der Franche-Comté.

Die Richtung, die meine Etappenstrecke von Casale nach Livorno Ferraris zu weisen scheint, stimmt mit der Lage der Freigrafschaft Burgund überein. Es steht ohnehin fest, dass das Aosta-Tal den südlichen Zugang zu dem schon seit alters her bevorzugten Alpenübergang bei dem Großen Sankt Bernhard markiert.

Man darf dabei nicht vergessen, immer wieder zu betonen, daß es die via francigena ebensowenig gibt, wie den Jakobsweg. Es handelt sich bei beiden Phänomenen um Wegesysteme mit häufig mehreren alternativen Teilstrecken und Zugangspunkten. Da ich auch in der Toscana in Orten mit einer Templerniederlassung auf Hinweisschilder zur via francigena bemerkt habe, begann ich mich zu fragen, ob ich hier vielleicht einen steinernen Beweis der Hypothese gestossen bin, dass die Templer tatsächlich ihre Standorte (auch) nach dem Gesichtspunkt des Pilgerschutzes ausgesucht haben. Ich folgte also der Verlockung, ausgewählte Templerorte die ich in den Jahren 2007 im Burgund und 2010 und der Freigrafschaft bereist habe, optisch in einen Bezug zu der hier auf der italienischen Seite der Alpen ausgemachten Templerniederlassungen zu bringen. Das Ergebnis hat mich jedenfalls sehr erstaunt:

francigena-jpg(mithilfe von Google maps)

Ich erlebe gerade regelrechtes Forscherglück, denn für mich persönlich ist diese eher zufällige Entdeckung schon jetzt ein rechtes Highlight. Den Nachweis einer solchen Templerstrasse (dh. einem Fernreiseweg, der in regelmässigen Abständen von Niederlassungen der Templer „überwacht“ wird) über mehrere Landesgrenzen hinweg, habe ich bisher in noch keinem anderen Werk über die Templer gefunden, auch und gerade nicht in den Standardwerken der namhaftesten Autoren.

Das liegt sicher auch daran, dass die „großen“ Autoren das Phänomen der Templer eher als ganzes behandeln und sich in solchen Details nicht „verlieren“ wollen. Andere Autoren beschränken sich eher auf nationale, regionale oder gar nur lokale Betrachtungen. Landkarten in Büchern, die nur die äusseren Umrisse eines Gebiets zeigen, in denen dann auf weissem Grund das eine oder andere Templerkreuz zu sehen ist, vermitteln zumeist nicht den richtigen geografischen Ort und es fehlt häufig der Bezug zu Ortsnamen, die man eben auch nur auf entsprechenden hochauflösenden Karten erkennen kann. Solche Karten erlauben zwar die Erkenntnisse über mögliche Verbindung von Templerorten untereinander. Sie verstellen aber wiederum die Sicht aus der Distanz.   Mit den features des Google Map Systems kann ich die  Vorteile verschieder Kartengrößen miteinander kombinieren. Ein winziger Ort wie Santa Maria del Tempio wird genauso groß und deutlich angezeigt, wie die Supergrosstadt Milano.

Auch wenn jetzt noch Feinjustierungen an obiger Karte nötig sind, denn es gibt noch einen  – ebenfalls mit regelmässigen Templerniederlassungen beflankten – Alternativ-Weg zwischen Besançon und Langres, so sind solche Augenblicke die Bestätigung für mein generell gewähltes Vorgehen, mich weder auf die Literatur noch auf die eigene Wahrnehmung auf Reisen vor Ort alleine zu verlassen. Man wird dem Phänomen der Templerniederlassungen in Europa niemals auf den Grund kommen, wenn man sich alleine mit der Auswertung der Literatur befasst. Andererseits sind Reisen zu irgendeinem Templerort relativ sinnlos, wenn man die Ergebnisse der Reise hinterher nicht mit den Erkenntnissen aus der Literatur zusammen führt, um so auf ein grösseres Ganzes schliessen zu können.

Es ist praktisch keine Literatur über die Niederlassungen der Templer in der Schweiz. Ich vermag daher derzeit keine Erklärungsansätze zu liefern, warum sich in der Schweiz scheinbar keine Niederlassungen des Ordens am „Frankenweg“ befunden haben.

Regione Liguria

3. Osiglia, Provincia Savona

Ich machte mich auf den Weg zu meiner dritten Tagesetappe, die ich so gewählt habe, dass ich rechtzeitig am Abend am Meer sein würde. Immerhin stand mir ein Abendessen mit alten Freunden bevor. Ich nahm also Kurs auf Genova. Die Autobahn umfährt Torino und dreht dann nach Süden ab. Schon bald bemerkte ich, dass ich die Tiefebene verliess und auf das Küstengebirge zuhielt.

screenshot-2017-01-10-19-35-05

Der nächste Templerort Osiglia in der Provinz Savona ist nach Capone et al. (S. 105) auch für das mittelalterliche Wegenetz von wichtiger Bedeutung gewesen. Er liegt an einem Gebirgpass, durch den die Verbindungsstrasse zwischen der damaligen Markgrafschaft Monferrato und dem ligurischen Meer verlief. Man verläßt die Autobahn an der Mautstelle Millesimo und nimmt die Strasse ins Hochtal von Bormida. Die Ortschaft Osiglia besteht nur aus einer Handvoll älterer, landwirtschaftlich geprägter Häuser. Der einzige Parkplatz befand sich vor dieser Kirche:

dsc_0044Die Fassade ist ersichtlich nicht aus dem Mittelalter, aber die Kirche stand schon zur Templerzeit:

dsc_0046

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Die chiesetta der Templer sei verfallen, ebenso wie ein Gehöft der Templer. Das ehemalige Templerhaus, das auf Militärkarten als „Casa Magione“ verzeichnet sei (Capone et a., S 105), soll auch nur noch als Ruine bestehen. Ich hatte meine Mühe, mich bei den Anwohnern über die Lage dieser Templerruine zu informieren. Ein älterer Herr, den ich letztlich erfolgreich befragen konnte, lachte laut auf, nachdem ich ihm mein Begehr verraten und er meine Hose und meine Schuhe kritisch gemustert hatte. Mit der Kleidung würde ich da wohl nicht lebend hinkommen, meinte er verschmitzt lächelnd. Der Weg sei steil, mit einer Eisenkette versperrt und überdies nicht vom Schnee geräumt. Zudem lohne der Weg sich nicht, weil alles verfallen sei. Also tröstete ich mich mit der Vorstellung, dass die Templer damals diese Kirche gewiss auch häufig betreten haben werden und machte mich nach Genua auf, wo sich das ehemalige Templerhaus an der Piazzetta Santa Fede befinden solle.

Es war schon nachmittag, als ich auf der anderen Seite des Küstengebirges ankam und da lag es – verheissungsvoll glitzernd bis zum Horizont – vor mir, das Meer! Es geschieht schon eher selten, dass eine Stunde Autofahrt ausreicht, um aus einer kälteknirschenden Schneelandschaft an sonnengeflutete Meeresstrände zu gelangen. Die Aussicht, mich jetzt im beginnenden Berufsverkehr durch die Gassen Genuas zu schleusen, um etwas zu suchen, von dem ich garnicht wusste, wie es aussah, begann mich zu irritieren. Viel lieber wäre ich gleich nach Massa gefahren und hätte mich erstmal dort am Meer in die Sonne gelegt. Ich fuhr zunächst an einigen Ausfahrten vorbei. Schließlich entschied ich mich doch, die Autobahn zu verlassen. Diese Entscheidung hatte ich jedoch schon nach wenigen Augenblicken bitter bereut. Ich kam gerade noch auf die Uferstrasse der Innenstadt und dann ging fast nichts mehr. Ich quälte mich ein paar Häuserblocks durch den zähen Stau. Dabei erhielt ich einen Anruf von meinen Freunden und erfuhr, was man gerade zubereiten würde.

Und das gab dann den Ausschlag. Ich wendete, so schnell ich konnte und hatte keine Schwierigkeiten, wieder zurück auf die Autobahn zu kommen. Danach rund eineinhalb Stunden Fahrt auf der SS1 Via Aurelia (Sie wissen schon: Tunnel, Brücke, Tunnel, Brücke usf.) und nach unzähligen Malen die Sonnenbrille auf- und wieder absetzen erreichte ich mein Tagesziel. Es war ein wunderbarer Abend mit üppigem Essen, VIEL Wein und guter Musik. Zwei der Freunde hatten Gitarren mitgebracht und es gab eine rauschende Session. Grazie mille an Elisabetta, Ernesto, Renzo und Roberto: „It’s wonderful / It’s wonderful / It’s wonderful / Good luck my baby…)“!

Regione Toscana

4. San Gimignano, Provincia Siena

Dank der unbestreitbaren Tatsache, dass Templerreisen nunmal immun gegen die möglichen morgendlichen Nachwirkungen eines schönen Abend machen, reichten die Dusche und die Espressi zum Frühstück in meiner Pension in Massa ohne weiteres aus, um meine erste Tagesetappe für den dritten Tag meiner Reise zu schaffen. Nach ca 2 Std. Autofahrt bei schönstem Wetter über die wunderschöne Hügellandschaft um Volterra (Eine „Hochburg“ der Etrusker) erreichte ich die Stadt San Gimignano in der Toscana. Die mittelalterliche Stadt ist für den Autoverkehr gesperrt. Ich wählte einen der zahlreichen Parkplätze im Süden der Stadt und beim Marsch auf das südliche Stadttor, das sich zur Via San Giovanni öffnet, gelang mir dieses Bild, das zugegeben ohne den weissen Lieferwagen noch etwas beschaulicher geraten wäre:

dsc_0063San Gimignano wird das „Manhattan der Toscana“ genannt. Warum das so ist, fasst Wikipedia zutreffend so zusammen: San Gimignano besitzt noch einige der mittelalterlichen Geschlechtertürme, die in anderen Städten nur als Stümpfe erhalten blieben. Im Mittelalter versuchten die Patrizierfamilien, sich in der Höhe ihres Geschlechterturmes zu übertreffen, obwohl ein luxuriöses Leben in diesen nicht möglich war. Von den einst 72 Geschlechtertürmen existieren in San Gimignano heute noch 15. Die beiden höchsten, der Torre Grossa aus dem Jahr 1311 und der Torre della Rognosa, weisen eine Höhe von 54 bzw. 51 Metern auf.

dsc_0077Geschlechtertürme, vom Domplatz aus gesehen.

DSC_0075Duomo di San Gimignano

Um mir die Suche nach der Templerkirche zu erleichtern, begab ich mich ins Tourismusbüro, wo ich mit einem Plan und guten Ratschlägen ausgestattet wurde. Die Altstadt von San Gimignano ist nicht eben klein und übersichtlich. Vom Domplatz aus machte mich auf den mir gewiesenen Weg und wurde bald fündig.

dsc_0078Die gute Nachricht: Die Kirche war leicht zu finden, denn sie liegt direkt am Stadttor San Jacopo. Und sie war ausgerechnet heute offen! Man erklärte mir, dass dies nur an sehr wenigen Tagen im Jahr der Fall sei. Es war die Giornate FAI di Primavera, und viele vielleicht ehrenamtliche Helfer standen ,mit Rat und Tat zur Seite. Hier ist sie nun, die Templerkirche von San Gimignano:

dsc_0079chiesa templare San Jacopo, 53037 San Gimignano

dsc_0080Templerkreuz auf dem Türsturz unter dem Tympanon

dsc_0081oberer Teil der Fassade, in Ziegelstein ausgeführt

Die schlechte Nachricht: Ich hatte offenbar mein inzwischen schon innig geliebtes „Capone et al.“ im Tourismusbüro liegen gelassen. Und das war ganz schön weit weg! Ich würde es heute noch brauchen und es war ohnehin nicht ganz leicht, das Buch aufzutreiben. Die Mitarbeiter der Organisation waren so nett, mir die Telefonnummer des Tourismusbüros zu nennen. Ich rief dort an. Ja, man hatte mein Buch entdeckt, aber ich müsse mich beeilen, es werde bald zugemacht. Also hetzte ich zurück durch die ganze Stadt, rettete mein Buch und kam erst eine Weile später dazu, die Kirche nunmehr auch innen anzusehen.

dsc_0083San Jacopo: Blick in den Ostchor

dsc_0086Gemälde an der Nordflanke: San Giovanni

dsc_0087Gemälde an der Südflanke: San Giacomo or San Jacopo

dsc_0093Das Kirchenschiff liegt ausserhalb der Stadtmauern

Man weiss nicht, wann die wohl 1096 gebaute Kirche an die Templer gelangte aber in 1239 befand sie sich bereits im Besitz der Templer und wurde von dem Tempelbruder Orlando verwaltet (Capone et al., S. 142). Nach 1309 soll es infolge der Ausführung päpstlicher Beschlüsse zu gewaltsamen Übergriffen gekommen sein. Jedenfalls mußte die Kommune anschliessend einen Geldbetrag bereitstellen, um die Kirche wiederherzustellen Capone et al. S. 142.

Auf dem Weg zu meinem Auto stolperte ich über dieses Hinweisschild an der Strasse nach Poggibonsi:

viafranDas war der Beweis für die These, dass auch der Ort für diese Templerniederlassung wegen seiner Lage an der via francigena ausgewählt wurde.

5. Siena, Provincia Siena

Ich verspürte nur geringe Neigung, die Templerkirche in mit dem Auto zu suchen. Ich hatte vielmehr Lust, mich ein bisschen in Siena treiben zu lassen. Ich fand einen Parkplatz in der Nähe der Porta Ovile, und machte mich zu Fuß auf den Weg.

dsc_0101Siena, Porta Ovile, erbaut ab 1230, Ansicht in Richtung Stadtmitte

dsc_0107Sicht aus der Stadtmitte

Nachdem ich das Stadttor hinter mich gelassen hatte, erhob sich vor mir eine recht steile Strasse, die Via Vallerozzi, deren Ende vorerst nicht absehbar war. Ich erkundigte mich bei einem Ladenbesitzer, wie weit das denn zur Templerkirche sei und verkniff mir die Frage, ob ich wohl eine Sauerstoffmaske für den Aufstieg benötigen würde. Er meinte, dass sähe schlimmer aus, als es ist und ich würde vielleicht eine Viertelstunde brauchen. Die Kirche befindet sich in der Via Comollia kurz vor dem Stadttor des gleichen Namens. Hier ist sie nun:

dsc_0111chiesa templare di San Pietro alla Magione, Siena

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dsc_0117Blick in den Ostchor

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dsc_0134Fresko im Inneren

dsc_0120Ein Dokument vom 29. Mai 1148 beschreibt die Lage einer Immobilie:“ extra porta de Camollia, prope domum Templi“ (Capone et al., S. 149) . Auf dem obigen Hinweisschild ist noch zu lesen, es sei sicher, dass die Templer in 1207 hier eine „Magione“ (nach dem frz. Wort „maison“) – also ein Templerhaus – unterhielten, an das ein Hospital und eine Herberge für Pilger  angeschlossen war.

Jetzt meldete sich aber erst mal der Hunger. Ich war wieder den ganzen Tag herumgehetzt, ohne mir eine Pause zu gönnen und eigentlich stand auch noch Perugia auf dem Programm. Ein paar Schritte vor der Templerkirche war mir bereits ein nettes kleines Restaurant aufgefallen, woher es ungeheuer anziehend roch. Also ließ ich die Templer beiseite, kippte den Plan mit Perugia und dachte erstmal an mich:

20160319_150334Pici sienese al ragù und ein Peroni.

Das war eine absolute Köstlichkeit. Pici sind extradicke Spaghettis und die Sosse war ein Gedicht. Oben links im Bild ist mein „Al Capone“, der für heute ausgedient hatte. Ich verbrachte noch eine Nacht in Massa, wo vorher noch ein gutes Abendessen auf dem Programm stand.

Es war schön in Italien. Ich möchte hier bald wieder her und hoffe, es klappt nochmal in 2017.