Archiv der Kategorie: Spanien

2021, Barcelona und Gironès

Wie seit Jahren verbrachten wir die Zeit zwischen den Jahren wieder in Baix Emporda, Katalonien. Diesmal stand eine Kurzreise nach Barcelona auf dem Programm, weil unsere Tochter seit Beginn des Jahres hier lebt. Eine gute Gelegenheit, die Templerkirche von Barcelona zu besuchen, von der ich bisher nur schlecht belichtete Fotos besaß.

Wir trafen uns am Hafen und sie führte uns in einem Rundgang zu markanten Sehenswürdigkeiten, wie etwa der berühmten gotischen Kirche Santa Maria del Mar, bekannt aus dem Roman „Die Kathedrale des Meeres“ von Ildefonso Falcones.

Basilica Santa Maria del Mar, Placa de Santa Maria

Hier ließen wir uns zu einem kleinen Imbiss mit Foie gras nieder, zu der wir uns – obwohl es noch etwas früh am Tage war – ein Glas Cava gönnten. Ich konnte sitzen bleiben, um dieses – wie ich finde – gelungene Foto des Haupteinganges zu knipsen. Obwohl diese Kirche nichts mit den Templern zu tun hat, habe ich mir gestattet, sie hier zu zeigen. Ich finde, etwas zusätzliches Lokalkolorit kann nie schaden. Templer sind ja nicht alles. Und sie lebten damals auch in einem Umfeld, mit dem Wechselwirkungen stattfanden.

Auf dem Rundgang erreichten wir schließlich das sogenannte Barri Gòtic, gotisches Viertel. An einem der Wachtürme des Eingangs zu diesem Viertel findet sich ein

Agnus Dei mit Templerkreuz. Dieses Bild ist sehr häufig (aber nicht ausschließlich) ein Hinweis für die Anwesenheit des Ordens. Der Graf von Barcelona, Jaume I, gleichzeitig König von Aragon und Mallorca, war aufs engste mit den Templern von Barcelona verbunden und gewährte ihnen zahlreiche Privilegien wie die Münzprägung (!), den Betrieb eines Kornspeichers, die Hafennutzung und vieles mehr (Fuguet y Plaza, Los Templarios en la Penìnsula Ibérica, S. 87). Dieses Lamm Gottes diente daher wohl als Wegweiser und auch als Zeichen dieser Verbundenheit, da es an einem so prominenten Ort angebracht war.

Die Templer-Kapelle befindet sich an der Straßenkreuzung der Carrer dels Templers und der Carrer d’Ataülf:

Die Templerkapelle ist das zweite Gebäude auf der rechten Straßenseite. Wie man sieht, ist die Gasse recht eng, sodaß es nicht möglich ist, die Fassade als ganze zu fotografieren.

Templerkapelle Barcelona, Blick vom Haupteingang nach oben
Blick auf die Eingangstür und die Steinbildnisse an deren Konsolen

Ein Blick auf die linke Konsole

zeigt ein männliches Bildnis mit einer Kopfbedeckung, die von Fuguet und Plaza, a.a.O. als Krone gedeutet wird, und mit zwei erhobenen Händen. Die Konsole rechts zeigt das Bildnis einer bekrönten Frau, die nur ihre rechte Hand hebt. Es sei nicht sicher festzustellen, wer hier abgebildet ist. Ich tippe einfach mal auf König Jaume I und seine Ehefrau Eleonore von Kastilien.

Anhang:

Ich habe bei der Durchsicht meiner Urlaubsbilder noch Templerfotos aus dem Gironès entdeckt, für die ich keinen eigenen Beitrag eröffnen möchte. Sie stammen aus April 2019 und zeigen das Templer-Anwesen von Aigua Viva. Man weiß nicht viel über diese Niederlassung. Nach Fugues und Plaza, a.a.O. S. 79, verfügte das Haus

Santa Magdalena del Aigua Viva noch über Ländereien in den benachbarten Orten Caldes de Malavella, Llagostera und Palafrugell und ein Haus in der Stadt Girona.

Der Eigentümer mag keine Besucher und wollte nicht, dass ich Fotos auf seinem Grundstück mache. Ich konnte das Anwesen nur von weitem aufnehmen.

Der Haupteingang

Anfahrt auf den Haupteingang

Zu diesem Templerbesitz finden Sie einen ausführlicheren Bericht hier auf meiner Webseite: http://menzendorff.de/?p=664

2017, Oktober, Tortosa und Umgebung

Im Oktober bekam meine Frau zum Geburtstag eine Reise nach Tortosa im Süden Kataloniens. Wir wollten da schon länger einmal hin. Es liegt ca 170 Km südwestlich von Barcelona. Auf der Mitte der Strecke befindet sich die Provinzhauptstadt Tarragona und der Flughafen Reus. Die Übernachtung hatte ich im Voraus im „Torre del Prior“ gebucht, einer ehemaliegen Niederlassung der Templer, die vor einigen Jahren in ein Bed-and-Breakfast Haus umgewandelt wurde. Die Unterkunft ließ kaum Wünsche offen. Einzelheiten finden Sie hier: Torre del Prior

1. Torre del Prior, Tortosa

Das Anwesen befindet sich ca. 2 Km nördlich von Tortosa an der C-12. Es liegt links von der Landstrasse. Die Ausfahrt ist schlecht beschildert. Wenn Sie von Norden kommen, können rechts nach Jesús abbiegen, im Kreisel wenden und dann über die Landstrasse hinwegfahren. Ich habe die Stelle aus Google Maps herauskopiert, um Ihnen ggf. eine lange Suche zu sparen.

Sie erwartet eine traumhaft gelegene und gestaltete Unterkunft, geräumige und moderne Zimmer, ein ordentliches Frühstück und im Sommer sogar ein Pool.

Torre del Prior, Camí de la Torre del Prior, 43500 Tortosa

Blick aus dem Zimmer auf das Ebro-Tal

Aus einem maroden Stall …. (das Foto hängt im Empfangsraum)

… wurde – mit viel Liebe zum Detail – eine schicke Empfangs-Lounge

Und so sah der Torre del Prior vor 2005 aus. (Copyright Fuguet y Plaza)

2. Stadt Tortosa

Im Jahre 1148 gelang dem Grafen Ramón Berenguer IV von Barcelona – unter Mithilfe der Templer, der Herrscher von Montcada und der Genueser – die Eroberung der Stadt Tortosa. Die Stadt wurde zu je einem Fünftel unter den Templern, denen von Montcada, dem Grafen von Barcelona, der Krone von Aragon und den Genuesern aufgeteilt. Die Templer vergrößerten Ihren Einfluß durch Schenkungen – auch und vor allem des Königs – und konnten schließlich auch den Teil der Genueser unter ihren Besitz bringen. Am Ende erlangten sie praktisch die Macht über die ganze Stadt Tortosa, bis auf die Burg Zuda (Fuguet y Plaza, S. 96 – 97).

Das Castillo de la Zuda ist nie eine Templerburg gewesen. Die Burg wurde im zehnten Jahrhundert von dem andalusischen Herrscher Abd al-Rahman III errichtet. Nach der Übernahme der Stadt durch die christlichen Eroberer diente sie erst als Gefängnis und wurde nach 1213 von König Jaume I als königliche Residenz beansprucht (La Ruta del Temple).

Castillo de la Zuda, Tortosa

Arabische Inschrift an einem Haus nahe der Kathedrale. (Foto: Beate Menzendorff)

Der Eingang zu Bischofspalast, Carrer de Cruera, Carrer de Palau, Tortosa

Bischofspalast, Obergeschoß

Der Bischofspalast von der Uferstrasse

Beim Spazieren durch die Altstadt, bzw. den Rest, der von ihr noch übrig geblieben ist, nahmen wir zufällig ein Johanniterkreuz aus dem 17. Jahrhundert an einem Gebäude war.

Wappen der Johanniter

Sitz der Johanniter in Tortosa

Kathedrale Santa Maria de Tortosa

Von den Templern ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Das ist in Städten zumeist der Fall, weil die Grundstücksspekulation schon sehr früh eingesetzt hatte. (Fuguet, S. 98).  Der Platz, an dem sich früher der „Convento del Temple“ und die „Puerta del Temple“ befunden haben, sieht heute so aus:

Straßenkreuzung in Tortosa

3. Torre de Campredó

In der Region am Unterlauf des Ebro befinden sich zahlreiche Verteidigungstürme, die wohl die Aufgabe hatten, das Hinterland vor Angriffen von See zu schützen und zu warnen. Und gegebenenfalls das Eindringen auf dem Fluß Ebro zu unterbinden. Die Templer unterhielten diese Türme zusammen mit den Johannitern und anderen Mächten, um die Mündung des Ebro zu schützen. Einer der am besten erhaltenen Exemplare davon, der Torre de Campredó

Torre de Campredó aus dem 13. Jahrhundert

gehörte den Templern und befindet sich ca 10 Km Luftlinie von Tortosa entfernt in der Nähe des Flusses Ebro einerseits und der Fernstrasse nach Tarragona andererseits, auf halben Weg zwischen den Gemeinde Camp Redó und Aldea.

Nach der Legende war zwischen diesem Turm mit quadratischem Grundriß und der „Hospitalaria de la Carrova“ auf dem anderen Ufer des Ebros eine Kette ausgelegt, die bei Bedarf gespannt werden konnte, um das Eindringen von Wasserfahrzeugen zu verhindern (Fuguet y Plaza, S. 98).

 Seitenansicht mit Ausguck auf den Fluß.

4. Torre de Burjassénia

Der zweitbesterhaltene Templerturm in der Region ist der Torre de Burjassénia in der Nähe der Gemeinde Aldea, ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert. Die Templer haben den Turm um 1200 von der Familie von Montcada gekauft (Fuguet y Plaza, S. 98 und wikipedia).

Seitenansicht Torre de Burjassénia, Aldea

Der Turm ist 14-16 m hoch und hat einen Durchmesser von 5-6 Metern am Boden (Quelle laldea.cat). Der Eingang ist sehr niedrig. Es befinden sich Fenster im Turm. Im Gemeindegebiet von Aldea gibt es vier solche militärischen Verteidigungstürme.

Zum Anwesen, das im Mittelalter mit einer hohem Mauer umgeben war

–  von der noch Reste erhalten sind –  gehört ein

Herrenhaus, wohl aus dem 17. Jahrhundert,

sowie zahlreiche kleinere Gebäude und eine Kapelle. Ein besonderes Rästel gab mir jedoch dieses Bauwerk auf:

Man konnte vor Ort nicht erkennen, was es damit auf sich hatte. Es gab keine Hinweisschilder und keine Chance, hineinzuschauen. Es mutet an, wie ein Tempel. Die Säulen scheinen aus der Römerzeit zu stammen.

Sehen wir uns die beiden Türme und die strategische Situation auf der Karte an, wird der Grund

für die Auswahl des Platzes schnell offensichtlich. Zwischen Tortosa, Campredó und Burjassénia besteht Sichtverbindung, wenn man auf die Wachtürme steigt.  Alle drei Stationen liegen in Sichtweite zu Ebro. Die beiden Türme Campredó und Burjassénia liegen zudem auch noch an der alten Römerstrasse Via Augusta, der heutigen N-340 bzw. der alten N-340 a von Tarragona nach Valencia. Der Torre de la Burjassénia grenzt sogar punktgenau an die alte Trasse.

Mas de Bujassénia, direkt an der alten Römerstraße N-340 a

Als ich vor Ort war, wußte ich noch nicht, dass die Römerstraße hier vorbeiführte. Das ergab sich erst aus der Lagekarte. Ich vermute daher, dass die Säulen von einer Einrichtung an der alten Römerstraße stammen, was bedeuten könnte, dass die Templer hier vielleicht eine Straßenstation aus der Römerzeit „wiederbelebt“ haben. Das ist aber nur eine Arbeitshypothese. Ich habe bisher noch nichts dazu in der Literaur gefunden.

Nach dieser Entdeckung sahen wir den Reisbauern im Ebro-Delta etwas bei der Arbeit zu, wie sie mit Spezialtraktoren die schlammigen Reisbecken bearbeiteten. Diese Fahrzeuge haben keine Räder, sondern Lamellenwalzen, die an Heck-Schaufelräder von alten Flussschiffen erinnern.

Anschließend fuhren wir in das schöne Örtchen Sant Carles de la Ràpita – das ganz im Süden an der Grenze von Katalonien liegt – und gönnten uns dort ein leckeres Mittagessen mit Muscheln als Vorspeise und Paella als Hauptgericht, tranken ein paar Gläser krachend kaltend Weisswein dazu und legten uns anschließen glücklich und zufrieden zum Mittagsschläfchen ans Meer. Das Leben kann so schön sein ….

5. Horta de Sant Joan

Am nächsten Tag brachen wir gleich nach dem Frühstück in Richtung Norden auf, in die Comarca Terra Alta. Es standen fünf Orte auf dem Plan, die nicht allzuweit auseinanderlagen und mehr oder weniger mit dem Templerorden in Verbindung zu bringen sind. Das erste Ziel war Horta de Sant Joan.

Die Ortschaft wurde von Alfons, dem Trobadour, genannt auch „el Cast“ 1160 erobert und er übertrug die Herrschaft über sie im Jahre 1174 an die Templer (wikipedia) .  Um 1185 erhielten die Templer vom Bischof von Tortosa sämtliche Rechte über die ganze Ortschaft (Fuguet y Plaza, S. 105).

Kirchplatz Sankt Johannes in Horta de Sant Joan

Alle Häuser hier stammen aus dem Mittelalter und gehörten einst den Templern.

Fenstersturz aus dem 13. Jhr.

Straßenschild: Straße der Ritter

Der hl. Georg, Schutzpatron der Templer

Kirchplatz

Nicht im Ort, sondern vielmehr gegenüber – getrennt durch das Tal des Barranco de Vilans – befindet der ehemalige Templerkonvent Sant Salvador. Mit dem Auto dahin zu gelangen, erwies sich als nicht einfach, aber es gelang schließlich doch.

Monastir Sant Salvador d’Horta

Die Templer hatten ihren Konvent und Ihren Sitz für die Herrschaft über Horta in dem etwa zwei Kilometer außerhalb von Horta liegenden Kloster, das zur Zeit der Templer Santa Maria dels Àngels genannt wurde. Die Johanniter haben das Kloster nach Auflösung des Templerordens noch bis ins 16. Jahrhundert fortgeführt und ausgebaut (Fuguet y Plaza, S. 105).

Westfassade des Klosters St. Salvador

sog. schwarze Madonna, nach Mitteilung der Buchautorin und Bloggerin Helene Luise Köppel handelt es sich um eine Kopie der Montserrat-Madonna

Wer über die schwarze Madonna, ihre Bedeutung und Ausbreitung mehr erfahren möchte, wird etwa bei Ean Begg, The Cult of the Black Virgin, oder bei Jean Hani, La vierge noire et le mystère marial Antworten finden. Das würde den Rahmen hier sprengen.

Handwerkerwappen am Hauptportal

Die Ostapsis der Klosterkirche

Blick vom Kloster auf die Ortschaft Horta de Sant Joan

6. Bot

Die kleine Ortschaft Bot liegt auf halbem Wege von Horta zu unserem nächsten Ziel Batea. Sie gehörte als „Zweigniederlassung“ zur Komturei von Horta (Fuguet y Plaza, S. 105). Das einzige, was noch an die Templer erinnert, ist ein Templerkreuz im Ortswappen.

Steinkreuz von Bot

Im Buch von Fuguet und Plaza, das aus dem Jahre 2005 stammt, ist von diesem Steinkreuz eine Zeichnung abgebildet und es wurde beschrieben, dass die Wappen sehr verwittert seien. Wir trafen das Steinkreuz erst kürzlich erneuert an. Das Ortswappen von Bots zeigt einen Ochsen und das Templerkreuz ist links davon zu sehen.

7. Batea

Batea war die faktisch die „Hauptstadt“ der Unterkomturei (subencomenienda) von Algars, die mit der Burg von Miravet verbunden war (Fuguet y Plaza, S 102). Seine Gassen und Gebäude gehen auf das Mittelalter zurück. Es gibt kein spezifisches Gebäude, welches als Templerhaus zu bezeichnen wäre. Wir sind durch die Strassen spaziert und haben einige Eindrücke von diesem Rundgang eingefangen:

Parkplatz vor der Altstadt von Batea

Hauptgasse

Seitengasse mit Kapelle

Diese Kapelle könnte in der Temnplerzeit entstanden sein, sie ist aber wohl noch einige hundert Jahre später verändert worden

Batea liegt also an einem Jakobsweg. Ich bin der Sache nicht nachgegangen. Ich wollte es hier nur festhalten.

 

8. Vilalba dels Arcs

Diese gotische Kapelle aus dem 13. bis 14. Jahrhundert wird den Templern zugeschrieben. Nach einer angebrachten Hinweistafel finden sich im Inneren der Kapelle an den Pfeilern der Joche Templerwappen und -kreuze. Leider war die Kapelle nicht von innen zu besichtigen.

Templerkapelle von Vilalba dels Arcs

Bauzustand der Kapelle vor der kürzlichen Renovierung

Südseite, drei Joche, drei Fenster.

Südseite vor der Renovierung, ca 2005, Aus Fuguet y Plaza

8 Ascó

Zum Schluss erreichten wir den nördlichsten Punkt unserer Tagesreise, die Burgruine Ascó. Von ihr ist jedoch nicht mehr viel erhalten. Sie liegt am rechten Ufer des Ebro auf einer recht steilen Anhöhe, die einen enormen Weitblick ins Land gestattet. Die Burg wurde 1182 von König Alfons el Cast zum Preis von 5.000 Morabotins an die Templer übertragen (Wikipedia).

Blick von  der Burg Ascó auf das Ebrotal

dito

Dieser Bau ist ein Signalturm aus dem neunzehnten Jahrhundert. Seit 2014 finden bis heute umfangreiche Baumaßnahmen statt.

Zum Schluß dieser Reise übermittele ich Ihnen noch den Kartenausschnitt mit den einzelnen Zielen für Ihre Orientierung. Zum Vergrößern bitte anklicken.

Hier endet unser Ausflug durch die Provinz Tarragona nun. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen. Und Sie besuchen meine Seite bald wieder.

 

2018, Mai, Katalonien – Teil 5

Wie im letzten Jahr verbrachten wir auch im Mai 2018 einen Familienurlaub in Pals, Baix-Empordà mit allem was dazu gehört, im Pool oder Meer baden, auf Wochenmärkten einkaufen, auf der Terrasse wieder einmal frische Croissants, Pfirsische und luftgetrockneten Iberico-Schinken zum Frühstück geniessen und eben auch reichlich alte Bausubstanz zum Staunen, Schauen und Schlendern. Empordà war das erste und nördlichste Bistum der Franken auf spanischem Boden. Die Bischofsburg von La Bisbal und besteht seit dem 9. Jahrhundert.

Wir haben schon öfters in der Gegend unseren Familienurlaub verbracht, wie die zahlreichen vorausgegangenen Reiseberichte zeigen. Mir war bei der Auswahl der jeweiligen Tagesziele immer klar, dass ich nie alle Templerstationen auf der Route vorbereiten und abdecken könnte. Da ich immer nur für einen Tag auf Tour ging, mußte ich mich notwendigerweise auf bestimmte Ziele beschränken und die Route so zusammenstellen, dass ich nicht allzufrüh losfahren und  zum Abendessen jeweils wieder zurück sein würde. Ausserdem gab es teilweise Öffnungszeiten zu beachten und Entfernungen auf Machbarkeit überprüfen. Viel mehr als 5 Einrichtungen pro Tag „abhaken“ zu wollen, ist daher nicht erstrebenswert.

1. Santa Coloma de Queralt, Prov. Tarragona, Comarca Conca de Barberà

Für das erste Ziel mußte ich ca. 200 Km zurücklegen. Die Gemeinde Santa Coloma de Queralt liegt nordwestlich von Barcelona im Hinterland. Nach Joaquim Miret I Sans, Les Cases de Templers I Hospitalers a Catalunya, S. 157 scheint es erwiesen, das die „vila de Santa Coloma de Queralt“ den Templern von einem Gombau d’Oluja am 29.11.1192 übertragen worden sei. Fuguet und Plaza, S. 73, scheinen das in Zweifel ziehen zu wollen. Danach gäbe es keinen direkten (Urkunden-) Beweis, aber eine Reihe von begründeten Sachverhalten gestatte es, diesen Ort als zum Umkreis der Templer zugehörig anzusehen. Die Kirche Santa Maria de Bell-Lloc wurde als Grablege für die Herrschaft von Queralt gebaut und diente dem Mercedarier-Orden als Klosterkirche. Der Bau begann 1221.  In jedem Fall ist das Bauwerk sehr gut erhalten und sehr schön anzusehen, sodaß ein Abstecher sich lohnte, zumal es ohnehin auf dem Weg lag.

Kirche Santa Marie de Bell-Lloc, Passeig de Mossèn Joan Segura, 18, 43420 Santa Coloma de Queralt

Westfassade mit Haupteingang

Details der Bildhauerarbeiten am Hauptprtal

Ansicht von Norden

Eine Ansicht aus der Totale würde sehr wirkungsvoll ausgesehen haben, aber es sind wohl Arbeiten im Gange, sodaß der Platz mit Bauzäunen umstellt war.

2. Gardeny, Prov. Lleida

Eine knappe Auto-Stunde weiter westlich liegt Lleida, mit 140.000 Einwohnern wohl die zweitgrößte Stadt, gleichzeitig die Hauptstadt der größten Provinz von Katalonien. Hier waren Sie, verehrter Leser, vielleicht schon mit mir im Oktober 2016, allerdings standen wir damals leider draußen vor verschlossenen Türen.

Castell de Gardeny, Carrer Tramo de Union, Lleida

Diesmal war ich rechtzeitig und konnte mir die Gebäude nun endlich auch einmal von innen ansehen.

Blick in den Ostchor der Kapelle

Wandmalereien an der Südwand, (zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken)

Templerkreuz

Das Hauptschiff nach Westen

Blick von Südosten auf die Kapelle

Haupteingang zur Kapelle an der Nordwand

Zum Abschluß dieses Kurzberichtes möchte ich mich noch einmal sehr herzlich bei der freundlichen Mitarbeiterin bedanken, die mich mit allen Prospekten und Hinweisen versorgt hat, die ich brauchte. Wir haben uns bestimmt noch eine Viertelstunde unterhalten. Und sie hat für mich im Internet die Öffnungszeiten meines nächsten Ziels nachgeschaut.

3. Monzón, Region Aragon, Prov. Huesca, Comarca Cinca Medio

Das nächste Ziel war nur ca. 50 km in nordwestlicher Richtung entfernt. Aber es war leider gerade Mittagspause, als ich ankam. Die Dame liess auch nicht mit sich reden. Ich hätte nur für 10 Minuten hereingemußt, denn nur ein kleiner Teil der Gebäude hat etwas mit der Templerzeit  zu tun. Die Burg von Monzón wurde sogar noch im Bürgerkrieg als Bastion verwendet und so sind die meisten Gebäudeteile strategische Anbauten aus den letzen Jahrhunderten.

Und so hielt sich meine anfängliche Enttäuschung in Grenzen.  Der Turm in Bildmitte – genannt „Dependecias“ ist aus der Templerzeit, ebenso wie  der „Torre de Jaime I“, rechts im Bild (12. – 13. Jhr).

Auf diesem Bild sieht man rechts die Templerkirche Iglesia de San Nicolás

Monzón kam bereits 1143 an den Orden, und zwar aufgrund der Übereinkünfte von Ramón Berenguer IV mit dem Orden (Fuguet und Plaza, S. 113).

Bastionen an der Nordseite aus dem 16. Jahrhundert

Lageskizze aus Fuguet und Plaza, S. 115, (copyright Guitart 1986)

Ich ließ mir die Laune nicht verderben sondern nutzte die gewonnene Zeit für ein spätes Mittagessen. Dann machte ich mich langsam auf den Rückweg..

4. Granyena de Segarra, Prov. Lleida, Comarca de Segarra

Vor mir Iagen noch zwei weitere „Templereien“. Ich erreichte die nächste nach 110 Km Fahrt in Richtung Südosten. Sie liegt ca. 20 Km östlich von meinem ersten Tagesziel dieser Tour, Santa Coloma de Queralt.

Den Templern wurde die Festung von Granyena – heute eine Burgruine – im Jahre 1130 vom Grafen von Barcelona, Ramón Berenguer III zugewendet. Sie begründete damit die erste Niederlassung des Templerordens in der Region (Fuguet und Plaza, S. 72).

Burgruine Granyena de Segarra, ehem. Haupteingang

Erst im Jahre 1190 konnte man von einer Komturei sprechen. Zu diesem Zeitpunkt verlief hier noch die Grenze zur Welt des Islam (Fuguet und Plaza, a.a.O.).

Ruine des Hauptgebäudes

Diese Mauern stellten einst die Kapelle dar.

Der sorgfältig gearbeitete Torbogen hat die Zeit gut überstanden

Blick von der Burg auf die Tiefebene und den sogenanten „Camí“, den Pilgerweg. In Bildmitte sieht man  das Heiligtum der „Verge del Camí“, das sich etwa 1 km nordöstlich von der Komturei befindet. Auch diese Stätte ist dem Templerorden zuzurechnen (Fuguet-Plaza, S. 74).

La Verge del Cami, Sanktuarium für Pilger

Im Inneren des Heiligtums bedindet sich eine sogenannte schwarze Madonna

Wer über die schwarze Madonna, ihre Bedeutung und Ausbreitung mehr erfahren möchte, wird etwa bei Ean Begg, The Cult of the Black Virgin, oder bei Jean Hani, La vierge noire et le mystère marial Antworten finden. Das würde den Rahmen hier sprengen.

5. Vallfogona de Riucorb, Prov. Tarragona, Comarca Conca de Barberà

Wir kommen noch näher an den Ausgangspunkt dieser Reise. Vallfogona befindet sich nur 15 Km westlich von Granyena. Aus der Templerzeit sind nur spärliche Reste erhalten, zumeist Steinmetzarbeiten und mittelalterliche Torbögen im inneren der Gebäude, die heute zu Wohnzwecken benutzt werden und nicht öffentlich zugänglich sind.

Modernen Wohnbedürfnissen angepasste Reste eines Turms der Templer mit „Kitschzinnen“.

Strassenschild

Detail an der Kirche

Templerkreuz an einem Gebäude

mittelalterliche Fensterbögen an einem Wohngebäude

Lageplan der Komturei. Im Text findet sich der Hinweis, dass die Komturei zum Schutz der Grenzmark der Grafschaft von Manresa errichtet wurde.

Gesamtübersicht über die heutige Tour:

Hier endete meine Besichtigungstour und ich machte mich schleunigst auf den Rückweg.

2018, Januar, Katalonien Teil 4, Empordà, Roussillon

Zum Jahresende 2017 gab es nochmal Gelegenheit für einen Kurztrip nach Pals, wo wir auch Sylvester gefeiert haben. Die Zeit reichte immerhin für drei Templerorte und ein Johanniterhospital.

1. Provincia Girona, Alt Empordà

1.1 Castelló des Empúries

Ampuriabrava klingt verheissungsvoll nach Yachten, dem Golf von Roses und … nach Massentourismus vergangener Jahrzehnte. Weniger bekannt ist, dass der Name der Region von den Griechen hierhergebracht wurde mit ihrer Gründung von Emporion, eine ab ca. 600 v.Chr. entstandene Handelsniederlassung (Wikipedia). Etwa um 100 v. Chr übernahmen die Römer die Stätte und gaben ihr den Namen Emporiae. Es gibt sehr umfangreiche Ausgrabungen der griechischen und der römischen Siedlung mit beachtlichen Gebäudeüberresten. Wer sich nächstens dort nach dem dritten Sonnenbrand vom Strand langweilt und Abwechslung braucht, dem kann der Besuch dieses fantastischen Archäologieparks nur wärmstens anempfohlen werden. Wer da nicht bald hinfahren wird, braucht etwas Geduld. Der Bericht über Emporiae kommt bald.

Die Templer traten hier ab dem Jahre 1167 auf den Plan und erwarben einige Häuser und Grund zur überwiegend landwirtschaftlichen Nutzung. Nach  Fuguet und Plaza (S.    ) sind  die Niederlassungen Castelló des Empúries und Aiguaviva (dort waren Sie mit mir bereits im Jahre 2015)  im nordöstlichen Ende von Katalonien die unbedeutensten und ärmsten Einrichtungen des Templerordens in der Region.

Comanda de Castelló d’Empúries, 4 Avenida Cobla Rossinyols

Der Text der Urkunde zur Grundstücksübertragung zwischen dem Grafen von Empúries, Dalmau de Castelló und Berengar de Monels, dem Präceptor der Templer der Provinz Catalunya, findet sich bei Joaquim Miret i Sans, Les Cases  De Templers i Hospitalers, auf S. 173.

Fast in Sichtweite zum Templerhaus befindet sich diese „Casa Gran“, der einzig übrig gebliebener Palast seiner Art, wie sie sich die Ritter oder reichen Bürger im 14. Jahrhundert in Empuries häufig errichtet hatten.

Die mittelalterliche Stadtmauer von Castelló d’Empúries wurde zwischen dem 12. und 13. Jahrhundert erbaut und 1949 unter Denkmalschutz gestellt (Empordà).

1.2 Sant Pere de Rodes

Das nächste Ziel befindet sich nicht allzuweit nördlich von Castelló d‘ Empuries und hat nichts mit den Templern zu tun. Das Kloster Sant Pere de Rodes ist der Legende nach schon im 6. Jahrhundert gegründet worden. Es fanden sich bei Grabungen tatsächlich Gebäudereste aus dieser Zeit (Wikipedia). Der Bau präsentiert sich heute, nach Renovierungsarbeiten im 20. Jahrhundert,  in seinem Zustand ab dem 11. Jahrhundert. Der berühmte Meister von Cabestany hat mit Verschönerungsarbeiten beigetragen. (Wikipedia, a.a.O.)

Fußweg vom Parkplatz mit Blick auf das Kloster Sant Pere aus nordwestlicher Richtung.

Nahaufnahme aus diesem Blickwinkel.

Das kleine frühmittelalterliche Gebäude weit ausserhalb des Klosters, ca 100 Meter vor dem Haupteingang, war einst ein Krankenhaus für Pilger.

2. Région Occitanie, Dept. 66 Pyrénées-Méditerranée

Kurz nach Sylvester machte ich mich über die nahegelegene Grenze auf nach Frankreich, genauer nach Perpignan und Umgebung. Eine Vorstadt von Perpignan oder ein Stadtteil heisst Orla. Dort sind die Templer ab Mitte des 13. Jahrhunderts begütert worden (Robert Vinas, Le procès des Templiers du Roussillon, S. 4). Die Commanderie von Orla (frz. Orle) gehörte – wie  Mas Deu – zum Großpriorat von Katalonien (Miret i Sans, S. 389).

2.1 Orla

Die postalische Anschrift der Überreste der Commanderie lautet 3170 Avenue Julien Panchot, 66000 Perpignan – Orla. Die Commanderie befindet sich an einem etwas weniger malerischen Fleck, als man sich erhoffen würde. Gegenüber ist eine moderne Tankstelle mit Café-Restaurant für Kraftfahrer und ein Kreisel für die Rocade Saint Charles zur Autobahnausfahrt 42. Perpignan-sud. Augen zu und durch:

Église Saint-Étienne d‘Orla, 66000  Perpignan,  Ansicht von Osten

Ansicht von Westen

Fenster im Chor mit Templerkreuz

Nebengebäude

Der Ostchor von Süden

Wer da nicht selbst hinfahren möchte, findet auf google maps recht eindrucksvolle Fotos, wenn er im Street view modus die Avenue Julien Panchot bis zu diesem Kreisel „entlangfährt“. Die Total-Tankstelle befindet sich genau gegenüber der Templerei.

2.2 Perpignan, Saint-Mathieu

In Perpignan fassten die Templer bereits im Jahre 1130 Fuß. Sie kauften ein Grundstück in der heutigen Rue de Mailly  und errichteten ein kleines Fort mit einer Kapelle Sainte-Marie (Arnaudies, Les Templiers en Roussillon, S. 5). Später erhielten sie vom König Jakob II. am Fuße des – ab 1262 errichteten – Palastes der Könige von Mallorca

SONY DSC Palais des rois de Majorque, 66000 Perpignan, Foto Markus Menzendorff, 2010

befindlichen Quartiers Saint-Mathieu und prägten dort mit einer schachbrettartiken Bebauung und jeweils rechtwinkligen Strassenkreuzungen das Stadtbild des Quartiers bis heute (Vinas, S. 5). Gebäudereste aus der Templerzeit sind allerdings nicht mehr zu finden.

Quartier Saint-Mathieu, Perpignan, google maps

Die Kirche von Saint-Mathieu bekommt man nicht gescheit vor die Linse, egal, wie man es anstellt. Es ist erstmal garnicht so einfach, einen Zeitpunkt zu finden, an dem sich keine Passanten auf dem Plätzchen tummeln. Darüberhinaus sind die Gassen recht eng und die Kapelle schließt mit allen Seiten – außer der Westfassade – an benachbarte Gebäude an, sodaß man sie auch nicht umrunden und von einer anderen Seite aus fotografieren könnte.

Église Saint-Mathieu, 12, Rue Grande-la-Monnaie, 66000 Perpignan

Der derzeitige Zustand der Kirche Saint-Mathieu präsentiert sich wie nach dem Neubau aus dem Jahre 1677. Der Vorgängerbau der Templerkirche stammte aus dem frühen 14. Jahrhundert. Die alte Kirche wurde zur Entlastung der Zitadelle abgerissen, wie es auf einer Hinweistafel am Eingang der Kirche zu lesen ist. In der Kirche seien die Reliquien Saintes-Épines, vier Dornen aus der Jesus-Krone, aufbewahrt worden, nachdem sie von König Ludwig IX, genannt Saint Louis, erworben und später an seinen Sohn Philipp-le-Hardi vermacht wurden. Dieser starb 1285 in Perpignan und hinterließ die Reliquien dort (Hinweistafel, a.a.O).

2.3 Maison des Chevaliers de Saint-Jean, 66000 Perpignan

An der Ecke der Rue Fontaine Lapincarda und der Rue Maximilien Sébastien Foy befindet sich ein größeres, aus Ziegelsteinen errichtetes Haus mit einem Brunnen:

8, Rue Fontaine Napincarda, Perpignan

Überdeutlich prangt hier ein eingelassenes Wappen der Johanniter.

Die Basis des Gebäudes dürfte aus dem Mittelalter stammen, die heutige Gestalt dürfte auf das 17. oder 18. Jahrhundert zurückgehen.

Maison des chevaliers de St. Jean, 66000 Perpignan

Ansicht von der Rue Maximilien Sébastien Foy, Ecke Rue de l’ancienne Comédie

Über den Zweck dieses Johanniterhauses habe ich noch nicht allzuviel ihn Erfahrung bringen können. Es existiert aber bis heute eine riesige Klinik der Johanniter in Perpignan. Vermutlich unterhielten die Johanniter auch im Mittelalter ein Krankenhaus. Perpignan liegt immerhin an einer der wichtigsten Fernstrassen in Europa, mindestens seit der Römerzeit.

 

Vielen Dank für Ihr Interesse

 

 

 

 

2016, Oktober, Catalunya Teil 3

Catalunya – Teil 3

Im Oktober 2016 bot sich nochmals die Chance, Ferien in dem schönen Haus in Masos de Pals zu verbringen. Weil es uns im Mai dieses Jahres dort so ausnehmend gut gefiel (siehe Templerreise Mai 2016) , liessen wir uns das nicht zweimal sagen und  brachen voller Vorfreude auf. Die Strapazen der sicherlich nicht gerade kurzen Anreise war spätestens am nächsten Morgen vollends verflogen, als wir auf der sonnenüberfluteten Terrasse die frisch gekauften Croissants und Avocados zum Frühstuck geniessen konnten. Die erste Woche verbrachten wir mit Ausflügen in die Umgebung, besuchten Märkte in verschiedenen Orten in der Nähe und genossen das mediterrane Leben. Der Pool war auch noch erträglich temperiert. Inzwischen gab es hier eine gute Internetanbindung, die mir half, die Reisen vor Ort noch viel genauer zu planen.

1.1 Comarca Vallès Occidental

Palau-solità i Plegamans

Im Mai war ich an dieser Station mehr oder weniger gescheitert. Wir hatten zwar an mehreren Stellen mittelalterliche Gebäudereste ausfindig gemacht, die auch den Templern zuzuordnen sein dürften, aber die Templerkapelle haben wir verpasst. Um diese „Scharte auszuwetzen“ , durchsuchte ich das Internet auf einen Lageplan der ehemaligen Komturei von Palau. Auf der Homepage cosasdelvalles wurde ich fündig:

palau.jpgQuelle: cosasdelvalles

Leider war die Beschriftung der Skizze nur schwer zu entziffern. Strassennamen waren nicht angegeben. Das Gewässer Riera de Caldes, das auf der Skizze breiten Raum einnimmt, erwies sich in natura eher als Bach. Die Kirche Santa Maria, die ich im März besucht hatte, war jedenfalls die Pfarrkirche von Palau. Sie muß sich deshalb in dem schwarz hinterlegten Bereich oben links auf der Skizze befinden, denn dessen Beschriftung lautet Parroquia de Palau-solità und Parroquia heisst Pfarrei. Die Beschriftung des schraffierten Bereiches rechts von der Mitte der Skizze lautet Antic recinte templer und links neben der Stelle steht Nucli de St. Magdalena. Nucli bedeutet Kern, Zentrum. Die kreisförmige Struktur „El Fernot“ soll die Stelle bezeichnen, an der sich einst eine Mühle befunden hat. Ich hatte mich an den Bach erinnert, aber der bot keine Orientierungshilfe, weil man dessen Verlauf und seine Krümmungen vom Auto aus nicht sieht. Ich musste also versuchen, auf google maps die Stelle zu finden. Es gelang:

palaumap.jpggoogle maps

Oben sieht man die Pfarrkirche Sta. Maria sowie die Carrer Templers, unten erkennt man die Carrer Templer Guido  nach Süden aus dem Kartenauschnitt hinauslaufen. Mit dieser Skizze und der daraus gewonnenen Erkenntnisse wurde ich nunmehr auch vor Ort fündig.

DSC_0002

Ansicht der Komturei von der Carrer Pompeu Fabra

DSC_0005

Nach dieser Tafel handelt es sich bei dieser Anlage, die im Privatbesitz steht, um ein Kulturgut von nationalem Rang. Es ist danach offensichtlich gestattet, das Gehöft auch zu betreten. Die Eigentümer betreiben hier Landwirtschaft und verkaufen ihre Erzeugnisse vom Hof. Ich klingelte vorsorglich, weil ich mich nicht wie ein Eindringling fühlen wollte. Die Inhaberin nahm an, ich wollte etwas kaufen. Als ich ihr sagte, ich wollte nur fotografieren, sagte sie, das wäre völlig in Ordnung. Und so gelang mir endlich der heiss ersehnte Fototermin mit Santa Magdalena:

DSC_0007

comanda Santa Magdalena de Palau de Vallès

DSC_0009

Die Kapelle ist aus dem frühen 12. Jahrhundert. Sie war offenbar lange als Stall genutzt.

DSC_0012

Auf dem Gehöft selbst war nur die Kapelle für meine Studien interessant. Die übrigen Gebäude sind zumeist modern und dienen als Abstellräume für Alltagsgegenstände. Zudem wollte ich die Privatsphäre der Eigentümer nicht unnötig beeinträchtigen.

DSC_0013

Ich verließ den Hof wieder und machte ausserhalb dieses vollständig ummauerten Innenbereiches noch einige Aufnahmen.

DSC_0023

 

 

Westliche Aussenmauer des Gehöfts. Für meine Begriffe ist das der Originalzustand aus dem Mittelalter.

DSC_0022

Gebäude ausserhalb der südwestlichen Ecke des Gehöfts, teilweise unter Verwendung mittelalterlicher Steine errichtet. (Möglicherweise auch Originialzustand?)

DSC_0004

Ein letztes Foto noch von einem links neben dem Haupteingang befindlichen Schuppen und mit diesem Blick verabschiedete ich mich aus Palau-solità und fuhr zurück nach Pals. Zum Abendessen wagte ich mich an die Zubereitung der ersten Paella meines Lebens. Damit sie auch zu den Eindrücken des Tages passte, wurde es eine Templer-Paella:

20161018_192410

 

2 Provincia de Lleida

Gardeny, Lleida

Für den nächsten Tag hatte ich mir vorgenommen auf der sogenannten „ruta del Temple“ soviele der berühmtesten Templerburgen Spaniens – oder besser gesagt, des damaligen Königreichs Aragon – wie möglich zu besuchen. Diese Burgenstrasse zieht sich von Monzón im Nordwesten bis nach Peniscola im Süden hin. Während wir bisher in Katalonien – mit der Ausnahme von Barberà de la Conca – nur die Kapellen der Templer vorgefunden hatten, standen hier nun mächtige Trutzburgen als wahre „Bollwerke der Christenheit“ gegen das inzwischen schon um einige hundert Kilometer nach Süden zurückgedrängte „Al Andalus“ , die es zu erforschen galt.

Screenshot 2017-02-25 10.59.45Quelle: La Ruta del Temple

Von Pals nach Gardeny in der Stadt Lleida waren es schon knapp drei Stunden. Nach Monzón hätte ich noch eine weitere halbe Stunde gebraucht. Das erschien mir zu weit und so entschied ich mich, in Lleida zu beginnen und dann vor Ort zu entscheiden, was mir an diesem Tag sonst noch gelingen würde.

Screenshot 2017-02-25 10.58.52

Quelle: ebreguia.com

Die Templerburg in Lleida heißt Castell de Gardeny. Und ich hielt es für eine extrem schlaue Idee, meinen Navi auf das Ziel: Carrer del Castell de Gardeny einzustellen. Damit begann eine neue trial-and-error Tournee durch Spanien. Leider gelang mein Aufbruch in Pals nicht vor 9:00 Uhr sodaß Lleida erst um 11:45 Uhr erreicht werden konnte. Ich hatte mich der Stadt von Süden genähert und die Brücke über den Fluß Segre passiert. Als ich auf einer sehr belebten Hauptstrasse in die Stadt hineinfuhr, meinte ich, ein nach links weisendes Schild mit der Aufschrift „Gardeny“ wahrgenommen zu haben. Der wuselnde Verkehr auf der vielspurigen Einfallstrasse verlangte aber meine ganze Konzentration und mein Navi zeigte mir, dass noch einige Kilometer vor mir liegen würden. Hätte ich nur nicht auf mein Navi gehört. Hätte, hätte, Fahradkette!

Ich durchquerte also die ganze Stadt. Lleida hat immerhin ca. 140.000 Einwohner. Ich hatte schon den nordöstlichen Stadtrand erreicht, aber von einem Hügel mit einer Burg war nichts zu sehen. Am „Ziel“ stellte sich heraus, daß die Carrer del Castell de Gardeny in einer Wohnsiedlung liegt und nur den Zugang zu reizenden Bungalows am Stadtrand erschließt. Also wieder zurück zu dem Punkt, an dem ich das Verkehrsschild wahrnahm. Es war ab dort überhaupt kein Problem, die Templerburg nach den Schildern zu finden. Ich fuhr den Burgberg hinauf, fand einen riesigen Parkplatz, machte mit vor Jagdfieber zitternden Händen die Kamera klar und – erlebte den Frust meines Lebens! Es war zu. Das Kassenhäuschen war nur bis um 12:00 besetzt. Die Anlage ist eingezäunt. Rien ne va plus! Fin de partie!

DSC_0024

Ich hetzte rüber zu Kassenhäuschen, weil ich dort eine Bewegung bemerkte. Es war gerade 5 Minuten nach zwölf und zwei Mitarbeiterinnen unterhielten sich noch beim Zuschliessen. Alles Beteuern, dass ich drei Stunden unterwegs war, um die Anlage zu besichtigen, half nichts. Man hätte Anweisung und es sei nichts mehr zu machen. Nicht einmal für fünf Minuten. Wäre ich gleich hierher gefahren, hätte ich es gerade noch geschafft. So blieb mir nichts anderes übrig, als durch den Zaun zu fotografieren.

DSC_0034

Haupteingang

DSC_0035

beeindruckendes Portal aus der Nähe

DSC_0029

nach Norden weisender Wachturm mit Blick auf Lleida

DSC_0036

Westfassade der Kapelle, die ziemlich genau nach Osten ausgerichtet ist

DSC_0030

Nach dem Hinweisschild erbauten die Templer die Anlage im Jahre 1156, nachdem der Graf von Barcelona, Ramon Berenguer IV ihnen diesen Hügel übereignet hatte.

Kurz bevor ich wieder zum nächsten Ziel aufbrechen wollte, gelang es mir noch, eine interessante Entdeckung zu machen:

DSC_0027

Im Erdreich versteckt tauchte eine Gewölbedecke auf, die eindeutig mit römischen Flachziegeln errichtet war. Ich würde nocheinmal hier her kommen müssen, um alle Versäumnisse nach zu holen und jetzt machte ich mich auf zu meiner zweiten Etappe.

3 Provincia de Tarragona

3.1 Comarca Ribera d’Ebre

Miravet

Ich entschied mich dagegen, noch weiter nördlich zu fahren und liess Montzón für dieses Jahr aus. Die Strecke zum nächsten Etappenziel Miravet beträgt ca. 85 Km in südlicher Richtung. Sie dauerte aber einiges über eine Stunde, denn die Strecke besteht nur aus Landstrassen. Das Ziel war nur noch 2,3 Kilometer entfernt, da tauchte ein kleines Verkehrschild nach Miravet auf und ging es von der Fernstrasse jäh nach rechts eine Böschung hinunter. Ich stand unvermittelt an den Gestaden des Ebro, des längsten spanischen Flusses. Die Fähre war ein echtes Abenteuer!

Miravet Fähre

Es dauerte ungewöhnlich lang, bis sie vom anderen Ufer losgemacht wurde. Es haben nur maximal 2 Fahrzeuge Platz. Die Fähre hat KEINEN MOTOR!! Sie wird allein durch die Strömung und die jeweilige Stellung des Ruders fortbewegt, wenn sie erstmal vom Ufer abgelegt hat. Die Fährleute müssen beim An- und Ablegen ganz schon schuften. Denn die Fähre muß mit langen Staken erst jeweils in die richtige Position gebracht werden, damit die Strömung sie dann auch in die gewünschte Richtung fortbewegt. Als mein 2 Tonnen schweres Fahrzeug auf die Fähre rollte, wurde sie zunächst beängstigend tief herabgedrückt. Aber es ging schließlich alles gut.

Und dann durfte ich mich auf einen wahrlich erhabenen Anblick freuen, den ich jetzt gleich mit Ihnen teilen werde. Ich hatte erst erwogen, zu den Bildern schlaue Kommentare zu verfassen. Aber schließlich siegte Idee, die Macht der Bilder einfach für sich sprechen zu lassen. Hier ist sie, meine erste richtige Templerburg Miravet:

DSC_0045

 

DSC_0047

 

DSC_0053

castell dels templers, 43747 Miravet, Tarragona

Die Burg ist nicht von den Templern errichtet worden. Sie entstand vielmehr durch Umbauten und Erweiterungen der bereits im sechsten Jahrhundert angelegten andalusischen Burg gegen Ende des 11. und Beginn des 12. Jahrhunderts (Quelle: Leaflet des Museu d’Història de Catalunya). Am 24. August 1153 gelang es Ramón Berenguer IV, dem Grafen von Barcelona, die starkbefestigte Burg von Miravet einzunehmen und dauerhaft zu besetzen (Fuguet, S. 99).  Auf Grundlage sogenannter Verträge von Girona übertrug der Graf die Burg zusammen mit umfangreichen Ländereien an die Templer und dazu sogar den Ort Miravet selbst (a.a.0., S. 100), der sich am Fuße der Burg befindet. Die Templer bauten dann ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und im 13. Jahrhundert die Burg für ihre Zwecke weiter um (Leaflet).

Die nachstehende Skizze gibt einen Überblick über die Bauphasen. Die Erweiterungen der Templer sind grün eingezeichnet.

Plan(Quelle: Leaflet Museu d’Història de Catalunya)

Sind Sie neugierig auf das Innere der Burg geworden? Ja? Kann ich gut verstehen. Das ging mir auch so. Hier sind die Aufnahmen mit kurzen Erläuterungen.

DSC_0062

Blick auf den Ebro, flussabwärts (Richtung Tortosa)

DSC_0067

Refektorium von aussen (Nr.11) Blick nach Nordosten

DSC_0068

Waffenhof (Nr. 9)

DSC_0071

 Refektorium (Speisesaal, Nr. 11)

DSC_0078

Eingang in den Kornspeicher (Nr. 12)

DSC_0084

Weinkeller (Nr.14)

DSC_0086

Lager (Nr. 13)

DSC_0093

Kirchenschiff, Blickrichtung nach Osten (Nr. 16)

Die Burg von Miravet sollte vor allem in der Zeit nach der grossen Verhaftungswelle der Templer noch eine bedeutende Rolle spielen. Der König von Frankreich, Philipp IV, genannt ‚le Bel‘ hatte Anweisung gegeben, am Freitag den 13. Oktober 1307 alle Templer zu verhaften. Die übrigen Länder – etwa – England, taten dem nicht gleich und warteten auf Signale vom Papst. Auch der Papst Clemenz V war zunächst nicht einverstanden mit dieser eigenmächtigen Maßnahme des französichen Königs (Demurger, S. 244) . Nachdem durch Philipps Verhörmethoden jedoch rasch erste „Geständnisse“ über vermeintliche Ketzereien von den Inhaftierten erlangt worden waren, begann der Papst, seine Haltung zu überdenken und mit ihm auch andere europäische Herrscher. Die fünf spanischen Königreiche reagierten auch untereinander unterschiedlich. Jaume II, Graf von Barcelona und König von Aragon, zögerte zuerst, obwohl er über den gemeinsamen Großvater Jaume I, den Eroberer, mit dem französichen König Philipp verwandt ist. Er hatte den Templern einiges zu verdanken, konnte und wollte sich aber auch keinen Bruch mit dem Papst leisten. Er handelte erst ab dem 1. Dezember 1307. Verhaftungen gelangen ihm aber zunächst nur in Valencia (a.a.0). Im Norden von Aragon machten die Templer Schwierigkeiten. Sie widersetzten sich den Verhaftungen und verschanzten sich – unter der Führung des Präzeptors der Komturei Mas Deu Raymund Sa Guardia, der den Rang eines Lieutenant du Maître du Temple pour la province d’Aragon innehatte (Abbé Capeille, Dictionaire de Biographies Roussillonaises, S. 251) – in den Burgen von Miravet, Asco und Montzón (aaO, S. 245).  Ab dem 8. Dezember1307 schrieb Sa Guardia zahlreiche Briefe an den König Jaume II von Aragon und versuchte, um diesen davon zu überzeugen, dass seine Templer aufrechte Christen und alle Häresievorwürfe gegen den Orden Erfindungen und Verleumdungen sind. (Robert Vinas, Le Procès des Templiers du Roussillon, S. 55ff).

Die Haltung des Königs in diesem Konflikt läßt sich recht deutlich aus einem knappen und staatsmännisch distanzierten Brief des Königs an Sa Guardia vom 15. Dezember 1307 ablesen: „Ihnen, Ramon Saguardia, antworte ich, daß ich sehr gut weiß, dass die Templer von meinen Vorgängern viele Güter und Gefälligkeiten erhalten haben. Die Templer haben zu zahlreichen Gelegenheiten den meinen und auch mir selbst gut gedient.“ Seine jetzigen Handlungen gegen die Templer erklärte der König so: „Ich handele, wie ein katholischer Prinz handeln muss … ich werde der Wahrheit und der Justiz folgen.“  (aaO, S. 56). In der Folge belagerte der König von Aragon die Burgen und parallel geführten Verhandlungen zogen sich bis August 2008 hin (Demurger, S. 245). Miravet kapitulierte erst im November 2008 (a.a.O) und die Übergabe wurde am 12.12.1308 vollzogen.  Zuvor, am 7.12.1308, hatte Jaume II dem Templer noch geschrieben, daß er sich in allen seinen Handlungen oder Unterlassungen an die Vorschriftes des Papstes halten würe. Er endete diesen Brief mit der Wendung: „Sie sollen dennoch wissen, dass ich Sie gütig behandeln werde.“ Um seine Würde zu erhalten, lieferte Ramon Saguardia sich nicht selbst aus. Die Soldaten des Königs fanden ihn schließlich zwei Tage später beim Gebet (Vinas, S. 74). Sa Guardia wurde schließlich in das zum Königreich Mallorca gehörende Rousillon ausgeliefert. Auch der König von Mallorca konnte sich dem Druck des französischen Königs nicht dauerhaft widersetzen und verhaftete schließlich die dort befindlichen Temple. Nach  Napp, Templerlexikon  erklärte Sa Guardia Im Verhör durch den Bischof von Elne, die Anschuldigungen seien „‚entsetzlich, schamlos und diabolisch‘ [horribles, extraordinairement affreux et diaboliques, vgl. Dictionnaire de biographies roussillonnaises de l’abbé Capeille (1914)], und bekannte, daß die Aufnahme der Brüder nach dem durch die Regel vorgeschriebenen Ritus und gemäß dem Glauben der Kirche erfolge.“ (Napp, aaO). Der Erzbischof von Tarragona  erklärte ihn daraufhin für unschuldig  und straffrei und wies ihm eine lebenslänge Rente zu (Dictionnaire de biographies roussillonnaises de l’abbé Capeille (1914). Nach Arnaudiès, Les templiers en Roussillon, S. 33, betrug die Rente 350 livres, die Sa Guardia auf seinem ehemaligen Sitz, der commanderie von Mas Deu noch bis ins Jahr 1319 geniessen konnte.

3 Provincia de Tarragona

3.2 Comarca Baix Ebre

Tortosa

Ich stieg also wieder die Burg von Miravet hinab und hoffte, auf dem Rückweg nicht mehr mit der Fähre fahren zu müssen. Der Umweg wäre aber beträchtlich gewesen, sodass mir leider keine Wahl blieb, als nochmal den Fährmann quälen zu müssen. Er pries sein Fahrzeug stolz als die umweltfreundlichste Fähre, die es gäbe und er hatte sichtlich Spaß an seinem Job. Auf seine Gelassenheit kann man nur neidisch sein. Es war eine ungeheuer archaisch anmutende Erfahrung. Ich bezahlte, wie es alter Brauch ist, erst am anderen Ufer, schaute mich kurz wehmütig um und steuerte – noch nichts ahnend – auf mein nächstes Scheitern zu.

Die Strecke bis Tortosa war nicht weit, knapp 50 km. Ich wollte in die Altstadt gelangen und hatte gehofft, dass dort vielleicht steinerne Zeugen der Templerzeit von Tortosa mit Hinweisschildern angezeigt werden würden. Ich hatte mich wieder mal nicht richtig vorbereitet, und diesmal rächte sich das richtig. Ich wußte nicht, dass es erstens im Stadtbereich nur eine einzige Brücke gibt, die Pont de l’Estat, die aber zweitens wegen Bauarbeiten derzeit gesperrt ist. Und so zockelte ich im einsetzenden Berufsverkehr erst mal eine ganze Weile hin und her, bis sich schließlich – weit ausserhalb der Stadt – eine Brücke fand. Damit war ich aber noch nicht am Ziel. Tortosa ist nicht sehr groß, es hat 34.000 Einwohner, aber groß genug, um unübersichtlich zu sein. Die Altstadt erwies sich teilweise als etwas eng  für mein Auto und ich hatte keine Ahnung, wonach genau ich eigentlich suchen sollte. Die Burg aus dem 10. Jahrhundert hat mit den Templern nichts zu tun, außerdem hat man sie in ein Hotel verwandelt. Ich wußte, dass die Templer in Tortosa ganze Stadtbezirke beherrscht hatten. Allerdings hatte ich keine Erinnerung daran, wo diese sich befunden haben und in wieweit davon heute noch etwas übriggeblieben ist. Ich hatte mir im Internet einige Türme angesehen, die den Templern zuzuordnen wären und naiv gehofft, diese würden vielleicht beschildert sein. Also fuhr ich auch in der Altstadt mehr oder weniger planlos durch enge Gassen ohne Parkmöglichkeiten, in denen zudem spontan nichts mittelalterliches zu entdecken war. So langsam bekam ich Hunger und wollte einfach nur noch heim.

Plötzlich tauchte ein geräumiger Platz vor mir auf, nachdem ich gerade wieder einer engen Sttrasse entkommen war. Und ich fand dort einen freien Parkplatz. Ausserdem hatte ich mittelalterliche Gemäuer erspäht. Also den Foto herausgeholt, um die „Jagdbeute“ einzufangen.

DSC_0097

 Teile der Stadtmauer im Nordosten von Tortosa,
Plaça de Mossèn Sol

Hinter mir erhob sich eine mächtige mittelalterliche Mauer ohne Fenster. Es war vor Ort nicht ersichtlich, zu welchem Gebäude diese Mauer gehörte. Ich tippte auf eine Kirche, was sich bei der Nachbearbeitung als zutreffend herausstellte.

DSC_0098

Tortosa, Carrer de la Mare de Déu de la Providencia

Spätere Nachforschungen ergaben, dass es sich bei der Mauer um die Südfassade der Kirche Sant Domènec handelt, die offenbar teilweise unter Verwendung der Stadtmauer von 1370 im Jahre 1585 errichtet wurde (tortosa antiga).

Da keine Schilder oder sonstige Hinweise vorhanden waren und ich auch noch drei Stunden Rückfahrt vor mir hatte,  brach ich mein erfolgloses Herumsuchen hier ab und stellte fest, dass ich hier noch einmal würde herkommen müssen. Aber nicht ohne mich umfassend vorzubereiten.

In Pals angekommen, beschaffte ich mir erst einmal altes Kartenmaterial von Tortosa. Auf der Verkaufsseite für alte Stiche und Landkarten www.frame.es wurde ich fundig:

Screenshot 2017-02-25 12.04.49

Quelle: www.frame.es

Rechts im Bild sieht man recht deutlich die Markierung Porte du Temple. Die Karte ist aber nicht nach norden ausgerichtet. Die (heute noch vorhandene) Strasse, die die Stadt hier nach rechts verläßt, führt in der Realität nach Süden. Auch in dem Buch von Fuguet und Plaza befindet sich eine Karte, die noch sehr viel mehr Details zeigte:

Fuguet Tortosa

Quelle: Joan Fuguet

Mit dem Auto würde es keinen Sinn machen, die schraffierten Bereiche untersuchen und ich überlegte, beim nächsten Besuch von Tortosa eventuelle Gebäudereste auf Spaziergängen zu identifizieren. Doch dann las ich bei Fuguet eine Seite weiter einen einzigen, irgendwie  deprimierenden Satz, der mir diese Mühe abnehmen würde: „No se conserva nada de la sede del Temple en la ciudad, que, como en las villas importantes, ha sucumbido al poder de la especulación urbana“. Es ist nichts mehr übrig geblieben von der Niederlassung der Templer in der Stadt. Wie in wichtigen Städten sind diese der Macht der städtischen Spekulation erlegen (Fuguet, S.98). Fuguet beschreibt aber drei Türme der Templer aus dem 13. Jahrhundert. Diese befinden sich z.T. weit ausserhalb der Stadt:

  1. Torre del Prior, 3 km nördlich
  2. Torre de Campredó, 13 km südöstlich und
  3. Torre de Burjassènia, 16 km südöstlich.

Alle diese Türme stehen am Flußlauf des Ebro strategisch günstig, dass sowohl die Fernstrassen, als auch der Fluß selbst, ständig überwacht werden konnten. Der Turm von Campredó steht zudem auf einem Hügel  (Localització: N 40 44 46 E 00 34 46. Altitud 32 m. , Ricard Ballo, Catalunya Medieval) . Die Legende will, dass zwischen diesem Turm und einem auf dem anderen Flußufer befindlichen Hospital eine Kette gespannt war, mit dem man das Einlaufen von Schiffen kontrollieren konnte (Fuguet, S. 98). Meine Nachforschungen haben inzwischen ergeben, dass der Torre del Prior heute als Ferienunterkunft ausgebaut ist und gleich meine Familie und mich gleich erstmal  für Herbst 2017 dort eingebucht. Ich bat Ricard Ballo, seine hervorragenden Fotos vom Torre de Campredó für diesen Bericht verwenden zu dürfen. Er hat mir das – wie stets – freundlich gestattet und mir hoch aufgelöste Bilder zur Verfügung gestellt. Ich bitte Sie, der Seite catalunya medieval zur Vorbereitung Ihrer Urlaubsreisen in die Region Ihren Besuch abzustatten. Sie finden auf der Startseite durch Anklicken Ihrer Zielregion für jede comarca hervorragende Fotos von Burgen, Türmen und mittelalterlichen Gebäuden. Das kann dazu beitragen, Ihren Urlaub besonders unvergesslich zu machen. Vorsicht: Es kann süchtig machen…..

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

OLYMPUS DIGITAL CAMERA copyright Ricard Ballo, used with kind permission of the holder

Torre de Campredó, Tarragona, copyright Ricard Ballo

11-Torre de Campredó-Tortosa 080301_508

Beim Anblick gerade dieses Bildes wurde mir urplötzlich die besondere strategische Situation der Stadt Tortosa überdeutlich: Der zweitlängste Fluß der iberischen Halbinsel (=der längste Fluß Spaniens) verbindet hier das Hinterland Spaniens über den wichtigen Seehafen Tortosas (vg. Terres de l’Ebre) mit dem Mittelmeer. Es liegt auf der Hand, dass  – auch seit vorrömischer Zeit – für Fernstrassentrassen besonders die Flußläufe bevorzugt wurden (vgl. etwa Donau, Rhein, Seine, Loire, Rhône), nicht zuletzt um unnötige Steigungen zu vermeiden und die Beherbergungsstationen doppelt effektiv zu machen. Das galt natürlich besonders auch für den Ebro, zumal das Küstenhinterland Kataloniens sehr hügelig ist. Der Fluß verbindet die Küste direkt mit Zaragoza (Saragossa) und indirekt über den Segre, der bei Mequinenza in den Ebro mündet, auch mit Lleida und den Templerbesitzungen in der Comarca Segria. Auf diese Weise sicherten sich die Templer den raschen Abtransport der in Ihren Komtureien dafür bestimmungsgemäß erzeugten Produkte ins heilige Land.

Aber das war noch nicht alles. Der Verkehrsknotenpunkt südlich von Tortosa verbindet das spanische Hinterland und den Seeweg zusätzlich mit der Küstenstrasse von Narbonne über Girona, Barcelona und Tarragona bis nach Peniscola. Das heisst, die Templertürme um Tortosa dienten auch zur Überwachung des Fernverkehrs auf der Küstenstrasse. Die berühmte Römerstrasse Frankreichs, die via domitia,  die im Languedoc als Küstenstrasse die Städte Nimes, Montpelllier, Beziers und Narbonne verbindet, setzt sich über die Pyrenäen fort.

Es war an der Zeit, mal eine Karte der Römerstrassen zu Rate zu ziehen:

Römerstrasse.jpg

 

Quelle: Wikimedia

Reduzieren wir den Kartenausschnitt von Spanien, wird die besondere Bedeutung des Verkehrsknotenpunktes noch deutlicher:

Ebro Römerstrasse

Quelle: Wikimedia

Tarraco = Tarragona, Caesaraugusta = Saragossa, Castra Legionis = Leon, Brigantum = La Coruña.

Der Kartenausschnitt zeigt, dass die alte Römerstrasse Via Domitia sich über Tarragona hinaus bis zur Ebro-Mündung – also bis Tortosa, wo die Römer schon einen Hafen betrieben haben könnten (Wawrzinek, In portum navigare) – fortsetzt. Von Saragossa erschließt das Römerstrassennetz zudem gleich drei wichtige Atlantikhäfen Lissabon, La Coruña und Bordeaux, was den Warenaustausch mit England beträchtlich erleichtert haben dürfte. Ab Tortosa nannte man die Römerstrasse Via Herculea. In Galizien und Leon waren die Templer auch begütert und in Saragossa reichlich, sodass davon auszugehen ist, dass die alten Verkehrswege der Römer auch in der Templerzeit ihre Bedeutung noch nicht verloren haben werden. Nach Süden hatten sich die Templer bis nach Peniscola und Xivert ausgebreitet. Die Stadt Tortosa dürfte damit als Hauptverkehrsknotenpunkt eine der wichtigsten Gründungen der Templer auf der spanischen Halbinsel dargestellt haben.

Ich werde die Region bald wieder bereisen dürfen, und zwar im Mai und im Oktober 2017. Freuen Sie sich mit mir auf hoffentlich viele spannende Berichte aus dem Jahr 2017.

 

 

 

 

 

 

 

2016, Mai, Catalunya – Teil 2

Catalunya – Teil 2

Der Ausflug im Oktober letzten Jahres nach Spanien hatte eindeutig Appetit gemacht, dort noch viel mehr über die Templer zu lernen und zu sehen. Ich bestellte mir also erstmal ein Buch zum Einstieg, und zwar das Werk „Los templarios en la península ibérica“ von Fuguet,  Joan und Plaza, Carmen, Barcelona, 2005, was ich allen Templerforschern und Spanienreisenden, die Interesse am Mittelalter mitbringen, nur wärmstens empfehlen kann. Im Mai stand ein Urlaub in Katalonien an. Wir haben ein absolut traumhaft gelegenes Ferienhaus gemietet, das guten Freunden von uns gehört. Wir fühlten uns dort von der ersten Sekunde an wie zuhause, vor allem weil es an nichts fehlte. Das Haus liegt in der  Urbanitzacio Mas Tomasi, Dalt -Masos, 17256 Pals, zwischen der Altstadt von Pals und Platja de Pals auf einem Hügel, von dem man aus eine fantastische Fernsicht auf die Umgebung hat.

Mas Tomasi 2Mas Tomasi mit Blick auf die Reisfelder von Pals und die Hügelkette Montgrí

Unser wunderbares Domizil hatte Wifi, sodaß die Templerreise in aller Ruhe bei feinstem Wetter auf der Terrasse geplant werden konnte. Mit einer Karte und dem Buch begann ich, mir Ziele auszusuchen. Bei der Vielzahl der Templerorte in der näheren Umgebung:

Screenshot 2017-01-28 17.28.29Quelle: ebreguia

war mir sofort klar, dass ich auch diesmal nur einen Bruchteil der Ziele erreichen würde. Die Auswahl erfolgte deshalb zum Einstieg eher willkürlich. Die Linie von Tortosa nach Montsó ist mit gewaltigen Burgen besetzt. Das würde nicht an einem Tag zu schaffen sein. Puig-reig und Barbens sollte es für den Anfang tun und dort warteten auf mich weniger trutzige Burgen, sondern eher schöne Templerkapellen. Es ergab sich folgender Reiseplan:

Plangoogle maps

Die Generalitat de Catalunya teilt sich in die vier Provinzen Barcelona, Tarragona, Girona und Lleida. Jede Provinz ist sodann in sog. Comarcas gegliedert, die die Gemeinden zusammenfasst. Die reine Fahrzeit meiner Reise sollte 7 Stunden betragen. Ich mußte also morgens um 7:00 losfahren, wenn ich noch Chancen auf ein Abendessen haben wollte.

1 Provincia de Barcelona

1.1 Comarca Beguerdà

Puig-reig

Von Pals ging es erstmal südwestlich an Vic vorbei in Richtung Manresa und kurz davor wieder nach Norden, auf die Pyrenäen zu. Puig-reig liegt (wie der Name schon sagt!) hügelig und es dauerte eine Weile, bis ich die Zufahrt zur Templerkapelle dort fand.

Pals 2016 300Sie erhob sich neben einer modernen und grossen Pfarreikirche auf einer Anhöhe über der Gemeinde.

Pals 2016 302Esglesia de Sant Martí, 08692 Puig reig, Beguerdà

Pals 2016 305Hauptportal

Pals 2016 310Die seitlichen Stützen wurden 1954 bei Instandsetzungsarbeiten angebracht.

Pals 2016 315Die Kirche Sant Martí diente sowohl der Gemeinde als Pfarreikirche als auch den Templern. Die Ländereien erhielten die Templer im Jahre 1187 von einem Troubadour namens Guillem de Beguerdà. (Fuguet et al., S. 82) Sie errichteten ein castillo, dessen Reste in ein modernes Privathaus umgestaltet wurden (Monasterios de Catalunya).  Am Fusse dieser Hügel schlängelt sich der Fluß Llobregat durch eine von den Templern errichtete Brücke. Dort betrieben die Templer Mühlen (Fuguet et al., S. 82)

Sant Sadurní de Fonollet

Zur Komturei von Puig-reig gehörten noch drei untergeordnete Kapellen, Sant Sadurni de Fonollet, Sant Joan Degollat und Sant Andreu (aaO, S. 83). Ich konnte die erstgenannte im Navi finden. Sie war etwa 13 Km entfernt.

Pals 2016 321Sant Sadurní de Fonollet.

Pals 2016 326Auch diese Besitzungen erwarben die Templer 1187 von Guillem de Beguerdà. El lloc fou cedit pel trobador Guillem de Berguedà als Templers l’any 1187. L’església era sufragània de la de Sant Martí de Puig-reig, almenys així consta en una visita pastoral de l’any 1312.  Wikipedia

Pals 2016 328Detail: romanisches Fenster über der Westpforte.

Pals 2016 333Ich verließ die comarca Beguerdà nach Süden und machte mich auf in die Nachbarprovinz Lleida.

2 Provincia de Lleida

2.1 Comarca Pla d’Urgell

Barbens

Nach etwas mehr als einer Stunde erreichte ich den Ort Barbens in tiefem Mittagsschlaf. Es war sonnig warm und absolut niemand war auf der Strasse, den ich hätte nach dem Weg fragen können. Das erwies sich auch als unnötig, denn der Ort ist recht klein. Ich durchquerte die Altstadt auf der Hauptstrasse und gelangte nach wenigen Minuten zu einem verlassenen Platz:

Pals 2016 336

Es schien niemanden zu stören, dass ich mein Auto vorerst mitten auf dem Platz abstellte. Das Malteserkreuz im Wappen der Gemeinde zeigt mir erneut, dass offenbar in Spanien (ebenso wie in Italien) die Erinnerung an die Kreuzritter deutlicher aufrechterhalten wird, als etwa in Frankreich, wo bis heute noch häufig jedwede Hinweise auf Templerbesitzungen fehlen. Es war faszinierend. Rund um den Platz waren mehr oder weniger gut erhaltene Reste mittalterlicher Gebäude teilweise in eine moderne Bebauung integriert worden.

Pals 2016 340Esglesia Parroquia Santa Maria de Barbens

 

Pals 2016 342Westfassade und Hauptportal

Pals 2016 337Gebäude aus dem 17. Jahrhundert.

Pals 2016 345Portal der Stadtverwaltung, die im ehemaligen Malteserpalast untergebracht ist. Die Inschrift ist verrät, dass die Komturei von dem Ritter Emmanuele de Montoliu y de Buxados im Jahre 1763 restauriert wurde.

Pals 2016 345Solche Inschriften der Malteser müssen mitte des 18. Jahrhunderts modern geworden sein. Hier ein Beispiel aus Belgien:

ViréCommanderie de Visé, Province de Liège, Belgien

Pals 2016 346Die Gründung der comanda templera de Barbens erfolgte im Jahre 1168 anläßlich der Erweiterung der comanda templera de Gardeny, die hier in einem Gebiet mit ertragreichem Getreideanbau Ländereien dazu erwarb (Fuguet et a., S. 93). Der Kern der Gemeinde Barbens ging sodann aus dieser befestigten landwirtschaftlichen Komturei hervor (aaO, S. 94). Die Reste der Befestigung zeigen sich auf der Aussenseite des Palastes aus der Johanniterzeit.

Pals 2016 348Komturei heisst auf katalanisch comanda und auf spanisch encomienda.

Das Gebäude ist ersichtlich erst kürzlich grundlegend renoviert worden. Die Web-Seite

Monasterios de Catalunya

zeigt den Zustand der Gebäude von 2003.

2.2 Comarca Segrià

Vilanova de la Barca

Mein nächstes Etappenziel lag etwa 30 km westlich in Richtung der Provinzhauptstadt Lleida in der Comarca Segrià.

Pals 2016 356

Esglesia Santa Maria, 25612 Vilanova de la Barca

Pals 2016 361Die Kirche ist ersichtlich erst vor einigen Jahren saniert worden, wobei man darauf Wert legte, dass die moderne Bausubstanz sich deutlich von dem Vorbefund abhebt. Schräg gegenüber befand sich ein Bauhof, was zur der Annahme berechtigt, dass die Maßnahmen dieses Projektes auch noch nicht komplett abgeschlossen sind.

Zustand in 2016:

Pals 2016 352

Zustand bis 2005:

Barca(Quelle: Los templarios en la península ibérica, J. Fuguet und C. Plaza, Barcelona, 2005)

Vilanova de la Segrià

Die nächste Etappe erreichte ich in ca. 20 Minuten. Auch hier stelle ich fest, dass die Kirche sich in einem komplett durchrestaurierten Zustand befindet. Die spanischen Denkmalschützer setzten auch hier auf die Verwendung von leicht erkennbarem Ersatzmaterial:

Pals 2016 363Esglesia de Sant Sebastià, 25133 Vilanova de la Barca

Pals 2016 366St. Sebastian ist der Schutzpatron der Stadt. Im Wappen befinden sich zwei gekreuzte Pfeile auf grünem Grund.

Pals 2016 367halbkreisförmige Ostapsis

Pals 2016 368Sicht von Südost

Ich hatte den südwestlichsten Punkt meiner Tagesreise erreicht und konnte so langsam an die Rückfahrt denken. Zunächst einmal musste ich wieder Richtung Küste fahren.

3 Provincia de Tarragona

3.1 Comarca Conca de la Barberà

Barberà de la Conca

Mein nächstes und letztes Ziel für den Ausflug hatte ich mir in Barberà in der comarca Conca gesetzt. Der Ort lag etwa 1 Autostunde südöstlich von Vilanova. Man muß hier etwas acht geben, denn es gibt noch einen Ort weiteren namens Barberà in der Nähe, der aber zwischen Sabadell und Badalona liegt. Das ist aber schon die comarca Vallès. Zur besseren Unterscheidung gibt man den Namen der comarca regelmässig mit an. Es war schon nachmittags, als ich ankam. Ich parkte am Ortseingang am Fuße dieser Strasse hier und machte mich an den Anstieg. Im Hintergrund sah man schon die befestigte comanda de Barberà:

Pals 2016 375Carrer de Promasó, Barberà de la Conca

Pals 2016 378Ups. Das sah schon von weitem sehr geschlossen aus…

Pals 2016 381… und der Befund verbesserte sich nicht, als ich die Pforte erreichte. Zu! Samstags nachmittags eigentlich auch kein Wunder. Hier würde ich nochmal herkommen müssen.

Pals 2016 383Auf diesem Schild konnte ich erkennen, was ich innen alles verpasste. Ich vertröste einstweilen  meine Leser mit Fotos aus dem Innenbereichs aus der schon mehrfach von mir empfohlenen Seite Monasterios de Catalunya.

Für die Rückfahrt würde ich zweieinhalb Stunden brauchen, sodaß ich die Reise hier abbrach und rechtzeitig zum Abendessen zuhause eintraf.

1.1 Comarca Vallès Occidental

Palau-solità i Plegamans

Die Komturei von Palau-solità war an sich als letzte Etappe der oben beschriebenen Reise geplant, aber es passte zeitlich nicht und es war auch schon zuviel an Eindrücken. So mußte diese Etappe aufgeschoben werden. Da wir am übernächsten Tag ohnehin nach Barcelona mußten, um unsere Tochter am Flughafen abzuholen, würden wir einfach etwas früher losfahren. Ich hatte die Templerkapelle nach Bildern, die ich schon mal im Internet gesehen hatte, als ein kleines asymetrisches Kapellchen in einem schlechten Erhaltungszustand in Erinnerung.

DSC_0009

Ein Blick in den Stadtplan von Palau bestätigt die Anwesenheit der Templer in diesem Ort. Screenshot 2017-02-01 19.40.15Google maps

Man erkennt die Carrer Templers und den Cami Santa Magdalena eine Plaça Santa Maria

Wir kamen nach einer knapp eineinhalbstündigen Autofahrt von Pals hier an und fanden unser Ziel schnell. Aber waren wir hier auch richtig? Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich so eine Kapellenruine in einem Ort ausmachen würde, der einen äußerst gepflegten Gesamteindruck darbot und im übrigen vornehmlich hübsche, vermutlich teure Einfamilienhäuser einladend präsentierte.  Auch die Ortskirche Santa Maria zeigte sich in einwandfrei und stilsicher restauriertem Zustand:

Pals 2016 152Santa Maria de Palau-solità

Pals 2016 147

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Bausubstanz dieser Kirche maßgeblich mittelalterlich ist. Die Einfassung des Portals dürfte aus neuem Material bestehen. In unmittelbarer Umgebung der Kirche erkannte man mittelalterliche Mauerreste, die teilweise in modernere Gebäudestrukturen integriert waren.

Pals 2016 159alter Ortskern von Palau-solità

Pals 2016 122Das Strassenschild beflügelte uns, die Suche noch nicht so schnell aufzugeben. Am Südeingang zu diesem Vorort von Palau war uns beim Vorbeifahren noch ein altes Gemäuer aufgefallen:

Pals 2016 123

Pals 2016 126Es ist unklar geblieben, ob das vielleicht eine frühere Ortsbefestigung oder ein Gehöft ausserhalb des Ortskerns dargestellt hat, jedenfalls handelte es sich hier auch um mittelalterliche Mauern. An diese Mauern grenzte ein unbewohntes Haus, das von einer brusthohen Mauer umgeben und dessen Vorhof mit dichtem Gebüsch zugewachsen war. Hinter den Büschen blitzte einromanischer Torbogen hindurch, was das Adrenalin des Forschers mächtig in Bewegung brachte. Nun, Turnen in der Öffentlichkeit ist nicht so sehr meine Stärke. Meiner Frau machte das indessen gar nichts aus. Das Wort, was ich zu vernehmen glaubte, als sie mir den Fotoapperat aus der Hand nahm und begann, über die Mauer zu klettern, könnte „Memme“ gelautet haben, aber da bin ich mir nicht sicher. Sie verschwand jedenfalls hinter den Büchen. Es raschelte und dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder zum Vorschein kam, mit folgender Bildausbeute:

Pals 2016 141Das war zwar immer noch nicht der Kapelleneingang, den ich suchte. Aber wir hatten hier ein Haus aus der Templerzeit entdeckt. Ich war deshalb nicht allzu traurig, dass unser Ausflug nicht das eigentliche Ziel erreichte. Das, was wir gefunden haben, hätte ich auch nicht erwartet. Hier würde ich also noch einmal herkommen müssen. Es würde garnicht so lange dauern, denn für die Herbstferien hatten wir bereits erneut unsere Traumunterkunft in Pals gebucht. Wir haben dann noch in Barcelona exquisit und mit fantastischem Ausblick am Yachthafen zu abend gegessen

20160523_212659Barcelona, Yachthafen

und anschließend unsere Tochter vom Flughafen abgeholt. Ab jetzt liess ich – jedenfalls für diesen Urlaub – von den Templern ab und wir erholten uns hier:

Pals 2016 296

2015, Oktober, Catalunya – Teil 1

Katalonien – Teil 1, Gironès

In den Herbstferien stand eine Kurzurlaubsreise in das Gironès an. Ich habe noch keine Bücher über die Templer in Spanien beschafft. Denn ich bin mit Frankreich, England und Deutschland noch lange nicht fertig. Aber man kann ruhig immer auch mal einen Blick über den Topfrand hinaus werfen und im heutigen Katalonien waren die Templer sehr massiv verbreitet.

Hier eine Karte aus dem Netz über die Verbreitung der Templer im früheren Königreich Aragon:

mapa temple corona aragoncopyright: Tortosa Templaria Blogspot

Das ist ne ganze Menge, bei weitem zuviel für unseren Kurztrip. Aber es ist natürlich auch eine Herausforderung. Für das nächste Jahr. Wir haben uns spontan für Mai 2016 eine Ferienwohnung in Katalonien gebucht und bis dahin habe ich auch genug Zeit, die entsprechenden Bücher zu beschaffen. Doch jetzt erstmal auf den Nahbereich um Girona selbst konzentrieren. Wir wohnten in der kleinen, aber feinen Hafenstadt Sant Feliu de Guixols, ca. 25 km südöstlich von Girona, die auch dann noch liebenswert ist, wenn alle Touristen längst fort sind. Entzückende kleine Gassen, teilweise irritierend steile Strässchen in höher gelegene Ortsteile, ein beschaulicher Jachthafen, Geschäfte, vielfältige Gastronomie, eine Markthalle, und entlang der sehr reizvollen Strandpromenade prachtvolle Villen aus der belle epoque

Girona Oktober 2015 112Casino dels Nois, Sant Feliu de Guixols

herrliche Überreste eines Benediktinerklosters mit seiner Porta Ferrada und Wehrtürmen:

Girona Oktober 2015 107Monestir de Sant Feliu, beherbergt heute das historische Museum

und schliesslich mein Geheimtipp für preiswerte und leckere Tapas, die Bar Extremeño.

Schauen wir uns den realistischen Nahbereich für unseren Vier-Tage-Trip einmal an:

Girones

Sie lesen richtig. Perpinyà oder heute besser bekannt unter Perpignan, war damals noch ein Teil von Spanien, ebenso wie das Mas Déu, das Sie mit mir schon im Jahre 2010 besichtigt haben und das gesamte heutige französische Departement 66 Pyrénées-Orientales, Region Languedoc-Roussillon. Perpinyà gehörte zum Königreich Mallorca und Girona zu zum Königreich Aragon. Über Templer in Girona habe ich im Netz bisher noch nicht allzuviel – oder besser eher nichts – gefunden, aber der Ort Aiguaviva wird vielversprechend als Templerstätte beschrieben, etwa in Wikipedia.

1. Casa dels Templers, Aiguaviva

Es gibt dort ein Casa dels Templers, das auf der Webseite Catalunya Medieval  oder auf der Seite Monestirs de Catalunya wunderbar mit vielen schönen Bildern beschrieben wird. Eine Wegbeschreibung findet man auf der Webseite des Ajuntament de Aiguaviva. Es stellte sich heraus, dass die Örtlichkeit tatsächlich sehr leicht zu finden ist, man kann sie sogar von der Autobahn AP-7 sehen. Das Anwesen befindet sich unmittelbar an der Landstrasse GI 533, direkt am ersten Kreisel zwischen Vilablareix und Aiguaviva. Parkplätze gibt es keine. Die Gebäude befinden sich offensichtlich in Privatbesitz. Obwohl es in den Listen der denkmalgeschützen Objekte der Generalitat de Catalunya aufgenommen ist, gibt es vor Ort keinen Hinweis darauf, ob Besucher willkommen oder verboten sind. Das Anwesen ist hoch umzäunt und wird umfassend landwirtschaftlich genutzt. Es gibt keine asphaltierten Strassen oder Wege dahin. Man fühlt sich als unwillkommener Eindringling, wenn man versucht, sich über  ordentlich bestellte Felder ringsherum dem Anwesen auf holperigen Traktorwegen zu nähern. Liegt das an dem wütend bellenden Hund? Egal, es gab auch keine Verbotsschilder, also ran an die Sache.

Von vorne zu nähern, machte den Hund noch wütender. Der Haupteingang aus Distanz.

Girona Oktober 2015 022casa dels Templers,  Aiguaviva, Provincia de Girona, Catalunya

Wir umrundeten das ersichtlich aus dem 17. Jh. stammende Haus und erreichten, indem wir ein kleines Gewerbegebiet durchquerten, den Feldweg zur Rückseite des Anwesens.

Girona Oktober 2015 043

Hier liessen wir das Auto stehen und umrundeten das Gelände zu Fuss. Das störte den Hund offenbar nicht.

Girona Oktober 2015 035Neben diesem Schuppen mit Schießscharten tauchte die Kapelle Santa Magdalena auf.

Girona Oktober 2015 023Etwas näher ran:

Girona Oktober 2015 026Santa Magdalena de Aiguaviva

Der Bau ist auch aus dem 17. Jh., aber die Johanniter haben darauf geachtet, dass das Templerkreuz auf dem Glockentürmchen erhalten blieb.

Weil wir nicht nah genug an den Haupteingang herangelangen konnten, kann ich leider die Steinmetzarbeiten nicht mit eigenen Fotos zeigen. Das Haupttor als ganzes zeige ich Ihnen hier aufgrund ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung von Ricard Ballo, Catalunya Medieval und mit dem Hinweis, das Copyright unbedingt zu beachten:

Casa dels Templers 090919_725copyright: Ricardo Ballo, Catalunya Medieval

Diese Seite wird den Freunden der Geschichte Katalonies allerwärmstens empfohlen. Sie enthält Fotos von tausenden mittelalterlicher Bauwerke, geordnet nach den Provinzen Kataloniens und dem Bauwerkstyp. Diese Seite regt zum stöbern an und lädt zu Zielen ein, die man im Urlaub mal ansteuern könnte, wenn einem der Strand langweilig geworden ist.

Detail des Türsturzes:

Aiguaviva-03copyright: Monestirs de Catalunya

Die Templerkreuze stammen gewiss aus dem Bau im Urzustand. Über dieses Templerhaus ist bekannt, dass der letzte Bewohner – kein Ritter, sondern ein Handwerker – aus dem naheliegenden Ort Aiguaviva selbst stammte und Ramon de Vilert hiess (mediterranées.net).

Girona Oktober 2015 052Zu Ehren der Templer hat die Gemeinde eine Strasse nach dem Orden benannt und …

Girona Oktober 2015 064das Ortswappen mit einem Lamm Gottes mit Templerkreuz geschmückt.

2. Spurensuche Templer in Girona

Gibt man verschieden kombinierte Suchbegriffe, etwa templers girona oder gironès ein, findet man keine direkten Treffer. Zumeist landet man auf einen Link nach Aiguaviva. Ich hatte bislang nur den Hinweis auf der eingangs gezeigten Karte und die blasse Erinnerung daran, dass mir vor acht Jahren beim Spaziergang in der Altstadt von Girona eine Art Platte an der Aussenwand der Kirche Sant Feliu de Girona aufgefallen war, die mir „templerisch“ vorkam. Ich hatte damals keine Kamera dabei und konnte mich auch schon bald nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Nun ergab sich die Gelegenheit, dem mal auf den Grund zu gehen.

Girona Oktober 2015 073Sant Feliu de Girona

Der Bau der Kirche, die sich seit einem Papstbesuch Basilika nennen darf, wurde im 12. Jh. begonnen und bis ins 17. Jh. fortgesetzt. Man findet sie im Norden der Altstadt unterhalb der Kathedrale aus der Barockzeit. Man kann dort frühchristliche Särge aus dem 3.- 5. Jh. und das gotische Grab des heiligen Narziss, dem Stadtheiligen von Girona bestaunen. Ausserdem glaube ich, dass die Templer dort ihre Spuren hinterlassen haben. Dazu habe ich bisher aber noch nichts in der Literatur gefunden.

Seien Sie meine Gäste, und folgen Sie mir, wenn Sie wollen, bei meiner „Beweisaufnahme“. Wir nähern uns der Kirche von Süden:

Girona Oktober 2015 077Südpforte Sant Feliu de Girona

Direkt neben dem südlichen Eingang findet man diese oben beschriebene und aus grauem Stein gefertigte Platte.

Näher ran:

Girona Oktober 2015 081

Man sieht (von aussen nach innen): 1.)  zwei Menschenköpfe, die nach innen schauen,  2.) zwei Katzenköpfe (oder was soll das sonst sein)

Noch näher ran:

Girona Oktober 2015 082

und in dem Sonnenmotiv 3.) ein Agnus dei mit einem Stab, der in einem Kreuz endet. Das alles erregte meine Neugier, denn solcher Zierrat kommt sehr häufig in Templerkirchen oder -kapellen vor.

1.) nach innen schauende Gesichter.

Ich muss nicht allzulange in meinem Gedächtnis kramen, denn die letzte Sichtung einer solchen Skulptur ist noch garnicht so lange her. War es nicht in Temblecombe?

England 2015 Markus Kamera 2 017Templar Church St. Mary, Templecombe, Somerset

Aber das kenne ich auch noch von anderen Kapellen. Ich musste mir dazu bloss tausende von Fotos seit 2006 ansehen. Doch die hartnäckige Suche hat sich gelohnt. Le Saulce d’Island hat sowas auch:

Burgund 331Templerkapelle Le Saulce d’Island, 89200 Avallon, Yonne, Burgund

Als ich diese Kapelle im Jahre 2007 aufsuchte, hatte ich wahrhaft grosses Glück. Man durfte das Gelände ausserhalb der Kapelle ohne Hindernis betreten. Wie mir Frau Prof. Dr. Helen Nicholson, deren zahlreiche Bücher über die Templer und ihre Prozesse man nicht oft genug empfehlen kann,  ein paar Jahre später per e-mail mitteilte, ist das Gelände jetzt nicht mehr zu betreten sondern weiträumig abgesperrt, sodass solche Fotos heuite nicht mehr möglich sind.

Und wo gibt es sowas sonst noch? An der berühmten Templerkirche von Montsaunès:

RlC07 175Kirche St. Christophe, 31391 Montsaunès, Haute-Garonne, Midi Pyrenées

Viel bewiesen ist damit noch nicht. Die Platte könnte durchaus etwas mit den Templer zu tun haben. Aber immerhin, dieses auffällige Motiv war an drei sicher zugeschriebenen Templerkirchen zu finden, die tausende von Kilometern auseinanderliegen. In Südengland, dem Burgund, den nördliche Pyrenäen und eben im Gironès. Jetzt müsste man Prüfungen anstellen, ob es sich hierbei nicht um ein typisches Motiv gehandelt haben könnte, was so auch an ganz gewöhnlichen Kirchen der Epoche gefunden werden kann. Ich werde die Augen offenhalten und bitte meine Leser insoweit um das gleiche.

Aber wir haben ja noch mehr Auffälligkeiten:

2) Katzenköpfe.

Girona Oktober 2015 081

Gibt es die vielleicht auch an anderen Templerkirchen? Oh ja, doch. Prominentes Beispiel:

KathedralenTour 079Templerkapelle, 02020 Laon, Aisne, Picardie

Das bedeutet garnichts, sagen Sie? Es ist purer Zufall? Abwarten. Ich muss nur mal eben schnell wieder tausende Bilder durchforsten…..

und bin auch zahlreich auf Katzenköpfe an anderen verbürgten Templerkirchen und -kapellen gestossen:

London - Temple Church

London – Temple Church, copyright MM

Chapelle des Templiers, 02020 Laon, Aisne, Pcardie

Chapelle des Templiers, 02020 Laon, Aisne, Picardie, copyright MM

Chapelle des Templiers, 11330 Laroque-de-Fa, Aude, Languedoc-Roussillon

Chapelle des Templiers, 11330 Laroque-de-Fa, Aude, Languedoc-Roussillon, copyright MM

Chapelle des Templiers, 16110 Yvrac-et-Malleyrand, Charente, Poitou-Charentes

Chapelle des Templiers, 16110 Yvrac-et-Malleyrand, Charente, Poitou-Charentes, copyright Markus Menzendorff

SONY DSC

Eglise des Templiers, 33127 Martinas-sur-Jalle, Gironde, Aquitaine, copyright Markus Menzendorff

Die Häufung von Katzenköpfen in Templerkirchen, die auch wieder weit ausseinander in Europa verstreut liegen, scheint mir signifikant zu sein. Ich habe zwar noch keine akribischen Statistiken im Vergleich mit gewöhnlichen Kirchen zusammengestellt. Ich halte aber auch gewöhnlich stets Ausschau in Kirchen nach Ausschmückungsmerkmalen und mir ist etwas derartiges bisher noch nirgendwo sonst aufgefallen. Auch hier ist der geneigte Leser gefragt, mir seine etwa gegenteiligen Beobachtungen mitzuteilen.

Kann man anhand dieses Befundes  nur von einer ordenstypische Aufmerksamkeit des Templerordens gegenüber diesem Tier oder schon einer Art Verehrung, gar einer Götzenanbetung sprechen? Oder sind das nur harmlose Sympathiebeweise einzelner Ordensmitglieder? Es ist unabweisbar, dass den Templern in den Prozessen, die zur Auflösung des Ordens führten, unter anderem auch die Anbetung von Katzen vorgeworfen wurde (Demurger, der letzte Templer, S. 241). Es lohnt sich also, über die Hintergründe dieser Vorwürfe und über die Rolle der Katze im Mittelalter nachzudenken.

„Die Bedeutung der Katze war im frühen Mittelalter gering. Mit der zunehmenden Ausbreitung der – ebenfalls über Seehandelswege eingeschleppten – Vorratsschädlinge Wanderratte, Hausratte und Hausmaus ergab sich die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung, was im Spätmittelalter zu einer starken Zunahme der Hauskatzen führte.“ (Wikipedia).

Katzen wurden als Haustiere unersetzlich und waren recht wertvoll. Im Sachsenspiegel der Jahre 1220-1230 wurde der Preis einer Katze mit dreivierteln des Preises von Kühen oder Schafen festgesetzt (aaO). Katzen wurden aber nicht nur als nützliches Haustier, sondern auch als „Gespielinnen“ für adlige Damen geschätzt (ebenda). Allerdings war diese Wertschätzung der Katze nicht ungeteilt. Sie mußte im Laufe der Zeit durch Aberglaube eine Änderung erfahren. Die Katze wurde zunehmend dämonisiert. Sie galt bald als unglücksbringendes Wesen und als Begleiterin der Hexen (aaO).

„Im Mittelalter verabscheut man die Katze als Ausgeburt der Hölle, verbrennt sie und misshandelt sie aufs Übelste. Im Mittelalter, besonders zwischen 1180 und 1233, wird die Katze auf Grund ihrer merkwürdigen und unverstandenen Verhaltensweise zur Zielscheibe schwerster Anschuldigungen. Sie wird der Verbrechen beschuldigt, welche die Heiden den Christen, und später die Christen den Gnostikern und Juden zuschreiben. Man bringt sie mit Teufelsanbetungsritualen ketzerischer Sekten in Verbindung. Den Katharern zufolge erscheint der Teufel in Gestalt einer Katze. Im Jahr 1230 beschreibt der Bischof von Paris, Guillaume d’Auvergne, Luzifer in seinen Schriften als eine Krähe oder Katze.“ (Royal Canin, die Bedeutung der Katze in der Geschichte).

Malcolm Barber untersuchte schon 1973 die Anschuldigungen gegen die Templer, die jedenfalls 1308 insgesamt nicht wirklich etwas neues darstellten, vor dem Hintergrund von früheren anderweitigen Verfahren der Ketzerverfolgung (Anke Krüger,  Das „Baphomet-Idol“, in Histor. Jahrbuch 119 (1999), S. 124) . „So konnte er für den Artikel der Anbetung eines Katers Parallelvorwürfe gegen häretische Gruppen eruieren, die Walter Map in seiner um 1182 verfaßten Schrift De Nugis Curialium, und Papst Gregor IX. in seiner 1233 erlassenen Bulle Vox in Rama berichteten“ (Anke Krüger, aaO). Allerdings weist Anke Krüger darauf hin, dass der Vorwurf der Katzenanbetung gegen die Templer erst recht spät, nämlich erst in der Befragung durch die Provinzialkommissionen erstmals erhoben wurde, „nachdem bereits drei Verfahren – das der königlichen Beamten und der Inquisition 1307/8 und der Sonderkommission 1308 – geführt worden waren, in denen dieser Anklagepunkt nicht“ erschien (aaO.., S.125).  Auch nach Demurger tauchte der Katzenanbetungsvorwurf noch nicht in der Aufstellung der 127 Artikel vom 1308 auf (Demurger, Die Templer, S. 249), sondern erst in den 11 Anklagepunkten der sog. Grandes Chroniques de France (aaO). Dagegen bezieht sich Strelka offenbar auf ein anderes Dokument einer Anklage gegen den Orden vom 12.08.1308 (Strelka, Dante und die Templergnosis, S. 36). Ein diesem Datum überschriebenes Dokument kann man bei Barber, (The Trial of the Templers, S. 248ff.) als Appendix A einsehen. Es enthält aber ersichtlich mehr als 11 aber wohl auch nicht 127 Anklagepunkte und ist damit wohl nicht mit den beiden von Demurger zitierten Dokumenten identisch. Aber es enthält ausdrücklich den Vorwurf der Anbetung einer gewissen Katze, die manchmal in Versammlungen der Templer erschienen sei. Dieser Anklagepunkt beruhte ersichtlich nur auf einer einzigen Zeugenaussage, die durch List in die Hände Nogarets, des Chefanklägers des Königs von Frankreich gelangt war (Strelka, aaO, S. 37).

Die Feinde des Tempels, soviel ist sicher, brauchten Anklagevorwürfe, die unter der gerecht denkenden Bevölkerung Ekel und Anwiderung auslöste, um erfolgreich zu sein. Die Bevölkerung musste das aber auch glauben. Und die Vorwürfe leicht verstehen können. Demurger bringt das mit einem Satz auf den Punkt: „Jede Anschuldigung bezog sich auf etwas Bekanntes, das dem größten Teil der Bevölkerung unmittelbar zugänglich war“ (aaO). So bezog man sich zum „Beweis“ der angeblich organisierten Homosexualität unter den Templern auf deren bekanntes Siegel, was zwei Ritter hintereinander auf einem Pferd abbildete:

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Quelle: Wikipedia, copyright siehe dort

Und so mag es auch mit den Katzenbildnissen an Dachtraufen gewesen sein. Die Erinnerung der Bevölkerung an den Katzenwahn von 1230 wird leicht damit aufzufrischen gewesen sein, dass die Inquisitoren von ihren Kanzeln etwa geiferten: „und haben sie nicht schliesslich auch an jeder ihrer gottverlassenen Kirchen Katzenköpfe angebracht, um die gerechte Christenheit zu verhöhnen?“

Wäre die Katze an den Kirchen ein „gnostisches Geheimzeichen“ wie immer wieder gemunkelt wird, wären die Templer ganz schön dumm gewesen. Denn Geheimzeichen serviert man nicht auf dem Präsentierteller, wenn man nicht die Inquisition gegen sich aufbringen wollte. Der Argwohn von Teilen der Bevölkerung gegen Katzen wird sich auch bei den Templern herumgesprochen haben. Wenn ich mir die Bilder der Katzenköpfe so ansehe, haben die nichts geheimes, nichts bedrohliches und nichts verhöhnendes an sich. Sie wirken eher heiter, wie Karikaturen. Manchmal ist man sich garnicht sicher, ob die Bildnisse wirklich Katzen zeigen sollen. Katzenohren sind es wohl. Aber die Gesichter scheinen mitunter menschliche Gesichtszüge zu tragen. Sind es Spott-Grimassen? Ich werde das Phänomen weiter beobachten.

Zurück zu Girona. Das dritte Symbol auf der Platte, das Lamm Gottes mit Kreuzfahne ist ein sehr häufig mit Gewißheit belegbares und damit mindestens typisches – wenn gleich auch nicht etwa exklusives  – Templersymbol. Wir finden es an a) Templergebäuden, b)Templersiegeln und c) Templerortswappen

a) Templergebäude:

Burgund 253chapelle La Courroirie, 21290 Voulaines-les-Templiers, Côte-d’Or, Bourgogne

KathedralenTour 088Schlussstein, chapelle des Templiers, 02020 Laon, Aisne, Picardie

Hof Iben 016Schlusssstein, Templerkirche Hof Iben, 55546 Fürfeld, Rheinland-Pfalz

London 2009 127 Portal Middle Temple Treasury, London WC2

SONY DSCPortal, Stadtkirche, 38154 Königslutter, Niedersachsen

Letzere Kirche ist keine nachgewiesene Templerkirche. Man muss das also cum grano salis aufnehmen. Aber Königslutter ist nur etwa 8 km von der nachweislichen Templerkirche  38376 Süpplingenburg entfernt. Auf halbem Weg liegt die Gemeinde 38154 Groß Steinum, die seit 1373 den Johannitern gehörte. Da die Ursprünge der Kirche im dunklen liegen und die ersten Gebäudeteile aus dem 12. Jahrhundert stammen, werden die Templer zumindestens einen Einfluss ausgeübt und diese Kirche sicher auch besucht haben. Vielleicht hatten sie die Pfarreirechte erhalten, aber darüber gibt es offenbar heute jedenfalls keine Unterlagen.

b) Templersiegel, Auswahl

März 2006 078Museum, 12230 Ste. Eulalie-de-Cernon, Aveyron, Midi-Pyrénées, Siegel des Roncelin de Fos

 Agnus_dei_seal_Artistic_representationiSeal of Robert of Sandford, the Master of the Temple in 1241 in the British Library

Copyright: Wikipedia

c) Wappen von Templerorden

Girona Oktober 2015 063Wappen von 17181 Aiguaviva, Girona, Catalunya