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Die Templer und die Keltenstraße im Burgund

1. Einleitung

„Ganz Gallien ist von Flüssen durchströmt… . Sie haben so einen geschickten Lauf, dass die Waren leicht aus einem Meer ins andere gebracht werden können, so dass man sie nur kurze Strecken über Land zu schaffen braucht.. . (Strabon, Geografie, 4,1,2 und 4,1,14, zitiert nach Kuckenburg, Die Kelten in Mitteleuropa, 2004, S. 35). (Cet rapport est dédier à Mr. Xavier Quenot, La Romagne).

Commanderie La Romagne, Saint-Maurice-sur-Vingeanne, Côte-d’Or

Es wurde oft geschrieben, dass  Fernwege aus der Römerzeit im Mittelalter weiter benutzt worden sind. Auch die Templer sollen sich daran beteiligt haben. Griffige Beweise findet man kaum. Das hat seinen Grund: Es ist durchaus nicht einfach, den wahren Verlauf einer alten Straße exakt nachzuzeichnen, denn auch die Römerstraßen sind nur abschnnittsweise durch archäologische Befunde im Boden belegt. Man müßte aufwändige interdisziplinäre Forschungen mit Historikern, Archäologen, Geologen und Strassenplanungsexperten betreiben und hunderte von Quadratkilometern Gelände vor Ort inspizieren. Das wird über längere Strecken hinweg kaum gewagt, zumal durch Erosionen, Städte- und Strassenbau, aber auch Flurbereinigungen und neue Grenzziehungen die Kosten immens und die Gefahren des Scheiterns dennoch sehr hoch sind. Zudem treten unübersichtliche politische Probleme über Zuständigkeiten auf. Die über ganz Europa hinweg neuerdings durch Schilder mit gelber Muschel auf blauem Grund gekennzeichneten, sogenannten „Jakobswege“ laufen nicht wirklich auf der mittelalterlichen Trasse, von der zumeist nichts bekannt ist, sondern sind zumeist nur aktuell ausgesuchte Wanderwege, die je zwei Orte verbinden, in denen mittelalterliche Wallfahrtskirchen der Jakobspilger (z.B. Vezelay, Maria Laach) oder sogenannte „Compostellhöfe“ (z.B. Frankfurt am Main), d.h.Sammlungsplätze für Pilger, historisch nachgewiesen sind.

In meinem ersten Beitrag  über die Templer im Burgund 2007 habe ich einige Ansätze für die These geliefert, dass die Templer dort einen Fernweg der Kelten „wiederbelebt“ haben könnten, der für den Warenaustausch in Westeuropa von erheblicher Bedeutung gewesen ist.

2. Das Entstehen der Hypothese – Erste Burgundreise 2007

Wenn man vom südlichen Elsaß über Mulhouse durch die – von der Bastion des wehrhaften Belfort überwachte – sog. Porte d’Alsace (oder Burgunderpforte, je nach Sichtweise) auf der A 36 nach Frankreich einreist, taucht irgendwann ein Schild auf  mit dem Hinweis: „partage des eaux“. Gemeint ist damit die französische Wasserscheide. Links von der Autobahn fließt der Doubs am Nordrand der Westalpen entlang in Richtung Südwesten, wo er südlich von Dijon mit der Saône zusammentrifft, die sich sodann in Lyon mit dem Fluß Rhône vereinigt, der  schließlich bei Marseille ins Mittelmeer entwässert. Rechts von der Autobahn entspringen nacheinander die Meurthe, die Mosel und die Maas, alle mit Flußrichtung nach Norden. Das gilt gleichermassen für die Aube, die Marne, die Seine und die Yonne.

(Quelle: www.biketrekking.de)

Wie bereits in einem Beitrag von 2017 erwähnt, lief diese sogenannte Via Agrippa von Lyon über Châlon-sur-Saône und Langres nach Nancy und Metz (die heutige Nationalstrasse N74 von Beaune nach Nancy liegt auf dieser Trasse) sowie anschließend nach Köln über weite Distanzen exakt auf dieser Wasserscheide entlang (gelbe Strecke).

(Quelle: Wikipedia)

Im Februar des Jahres 2007 wußte ich noch nicht, dass die Wasserscheide etwas mit den Templern zu tun haben könnte. Und sogar mit den Kelten.

Dabei geht es hier um nicht mehr oder weniger als eine europäische Haupthandelsroute von geradezu überragender Bedeutung. Sie beschleunigte den Güteraustausch zwischen England und dem Mittelmeer dramatisch. Waren konnten von Marseille auf Flüssen ins Burgund und von dort – nach einer kurzen Überlandstrecke – ebenso auf Flüssen und über den Ärmelkanal nach England usw. transportiert werden – und umgekehrt natürlich auch. Zinn aus Cornwall war seit der Bronzezeit in der gesamten antiken Welt begehrt und auf den Inseln gab es ohne diese Landbrücke keinen bezahlbaren Wein.

Doch immer eins nach dem anderen. Wir hatten uns seinerzeit viel weiter westlich einquartiert, nämlich in Avallon (Dépt. Yonne), weil sich dort die meisten Ziele der damaligen Reise befanden. Im Departement Côte d’Or hatte mich vorerst nur die schöne Templerkapelle La Courroirie in der Gemeinde 21290 Leuglay gelockt. Diese liegt wenige Kilometer östlich von 21290 Voulaines-lès-Templièrs im Tal der Ource. Hier der Beginn der Templerstrasse:

 

Tal der Ource (Quelle: Wikipedia)

Voulaines-lès-Templiers war ebenfalls ein Templerort, aber es ist nicht viel mehr als ein

Turm aus der Johanniterzeit, (Foto Bertrand Savatier Quelle christalsantmarc)

übriggeblieben. Die letzten Überreste einer Burg der Templer und Johanniter mit ehemals 5 Türmen wurden 1825 geschleift (Wikipedia). Auch Leuglay war ein Templerort. Die Kirche ist aber von den Johannitern im sechzehnten Jahrhundert völlig umgebaut worden (Quelle: Patrimonie Châtillonais). Voulaines liegt etwa 18 Km südöstlich von Châtillon-sur-Seine und 22 Km südöstlich der Keltenfestung von Vix. Das bemerkte ich zufällig, als ich damals von Châtillon-sur-Seine die Seine abwärts nach Avalleur an Vix vorbei fuhr und den Mont Lassois aus der Distanz von der Fernstrasse betrachten konnte.

Wie man dem obigen Kartenausschnitt entnehmen kann, befindet sich ca. 15 Km weiter südöstlich im Tal der Ource noch der Templerort Bure-lès-Templiers.  Ich fuhr also der Tiefebene von Châtillon-sur-Seine zunächst östlich und traf sodann auf den Fluß Ource, dessen Tal sich im weiteren Verlauf nach Südosten immer mehr verengt.  Nach Leuglay war das Tal derart eng, dass die D928 direkt neben dem Fluß entlang lief:

Bei diesem Anblick durchzuckte mich seinerzeit schon der Gedanke, dass das hier eine perfekte Trasse für eine Straße war. Der Fluß lag einige Meter weit unten. So gab es Toleranz für Hochwasser und die Gefahr des Verschlammens der Straße war geringer, weil das Regenwasser gut ablaufen konnte. Im Bildhintergrund kann man die ersten Gebäude des ehemaligen Templerkomplexes schon erkennen. Der Reisende im Mittelalter hatte also keine Chance, diese Commanderie der Templer zu verfehlen.

La Courroirie, 21290 Leuglay, Blick von Osten

Agnus dei und Templerkreuz im Tympanon des Westportals.

Blick auf den geraden Chorabschluß, den sog. chevet-plat

Ein erhebendes oder sogar aufregendes Gefühl erfasste mich. Bis dahin hatte ich noch nie in einer Templerkirche gestanden. Mir war etwas unwohl, weil es sich um ein Privatgelände handelte, aber es störte sich offenbar niemand daran, dass Fremde das Anwesen betreten. Die Tore waren weit geöffnet und es war menschenleer auf dem Hof.

Das nächste Templerziel lag etwa 14 Km weiter südöstlich, in 21290 Bure-les-Templiers. Ab Recey-sur-Ource verläßt man das Tal der Ource. Der Weg biegt jetzt etwas nach Süden ab und folgt nun dem Tal der Arce. 

Das Bild muß im neunzehnten Jahrhundert gezeichnet worden sein. Als ich dort erstmals eintraf, befand sich das Commanderiegebäude links neben der Kirche in einem erbärmlichen Zustand des Verfalls. Denn einer der früheren Eigentümer hatte den angeblich hier versteckten Templerschatz so verzweifelt gesucht, dass er sogar Dynamit einsetzte (Frizot, S. 29).

Zustand 2007, das Gebäude direkt neben der Kirche lag noch in Trümmern

Ein Templergrabstein mit Templerkreuz und Schwert. In dem Objekt rechts neben dem Schwert erblicke ich einen Maurerwinkel. Ich lasse mich aber auch gerne eines besseren belehren und bitte um Vorschläge.

Im Jahre 2010 war ich nochmals dort und habe festgestellt, daß umfangreiche Baumaßnahmen begonnen wurden und auch schon Fortschritte zeigten.

Blick von Nordwesten auf die Templer-Kirche St. Julien in Bure-les-Templiers, 2010

Nach der Webseite  Pays Chatillonais sind zahlreiche Gebäudeteile schon fertiggestellt. Als ich 2018 das nächte Mal hier durchfuhr, bestätigte sich diese Information mit einem Blick:

Die gleiche Perspektive, 2018

Auf der Rückfahrt nach Vezelay kamen wir anläßlich eines Besuches von Alise-Sainte-Reine wieder mit den Kelten in Berührung:

Standbild des Vercingetorix, Alise-Sainte-Reine

2. Auf der Suche nach Beweisen und Indizien.

2.1. Literatur- und Kartenstudium 2007 – 2009

Nach der Rückkehr von dieser ersten Recherchereise im Burgund habe ich bereits frühe Ideen zu dieser Templerstraße im belgische Templerforum Tempeliers.be von Jan Hosten veröffentlicht und die Idee meiner „Templerstraße“ im östlichen Burgund auch in der Folge nie ganz aufgegeben. Der Eindruck, hier einen Abschnitt einer Templer-Straße gefunden zu haben, verstärkte sich noch um ein Vielfaches, als ich das erste Mal die oben angesteuerten Ziele in eine Karte übertrug.

Google Maps:

Die „Straße“ hatte eine deutlich erkennbare Ausrichtung nach Südosten und die „Stationen“ der Templer in Chatillon-sur-Seine, Voulaines-les-Templiers und Bure-les-Templiers liegen  aufgereiht wie an einer Kette im Abstand von je ca 15 Km in diesem Tal. Das ist eine Entfernung, die man locker zu Fuss an einem Tag schafft. Aber auch mit einem Ochsenkarren zum Beispiel. Zudem hatte man auf der Strecke keine ersichtlichen Hindernisse (Steigungen oder Flüsse) zu überwinden.

Irgendwann später nahm ich mal wieder einige ältere Bücher über die Kelten in die Hand und stieß insbesondere bei Kuckenburg, Die Kelten in Mitteleuropa, 2004, auch wieder auf die Kelten von Vix. Dann kam ganz schnell eines zum anderen.

In seinem Abschnitt: „Der Mont Lassois bei Vix als Umladestation“ (S.36 f.) schreibt Kuckenburg, dass dieser Berg genau an der Stelle liege, wo die rund 50 Km weiter südlich entspringende Seine für flache Kähne schiffbar wird. Er zitiert sodann Wolfgang Kimmig, Zum Problem späthallstättischer Adelssitze, 1969, mit der Bemerkung, der Berg verschließe „wie ein Korken den engen Flaschenhals des oberen Seinetals“ (Kuckenburg a.a.O).

Daher vermutete der Ausgräber des Mont Lassois, René Joffroy, schon 1960, dass die Kelten dort eine „wichtige Station des Nord-Süd-Handels“ eingerichtet hatten. Er unterstellte, daß die Kelten gut daran verdienten, indem sie Güter, die mit Ochsenkarren von Süden heraufgebracht wurden, hier auf Schiffe umluden und sodann auf der Seine flußabwärts zum Ärmelkanal transportierten (Kuckenburg, a.a.O.).

Auch bei Wikipedia fand ich einen entsprechenden Hinweis:

„Im 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. scheint der Fürstensitz von Vix einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt kontrolliert zu haben, an dem sich die Seine als wichtiger Transportweg zu Wasser und eine Route vom Mittelmeer nach Norden trafen. Zudem liegt Vix zentral in einem landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebiet“. Wikipedia 

Abgesehen davon, dass ich mich damals noch nicht vor Ort über die Wassertiefe und die Breite der Seine informiert hatte, schien damit der nördliche Ausgangspunkt der Umladestrecke über Land durch diese Information zunächst ausreichend markiert zu sein. Aber die Kelten werden die Fracht wohl nicht von Marseille bis hierher mit Ochsenkarren transportiert haben, nur um sie für die letzten paar hundert Kilometer aufs Wasser zu setzen. Deshalb lautete die nächste Frage: Wo lag dann der südliche Umladepunkt für den Weitertransport der Waren auf dem Wasser in Richtung Mittelmeer?

Wie man an der Verbreitung griechischer Amphoren in Gallien erkennen kann, war der Fluß Rhône die mit Abstand wichtigste Verkehrsader von der Mitte Galliens bis nach Massilia/Marseille. Die Saône verlängert diese Nord-Süd-Achse noch ein gutes Stück in das Burgund hinein. Die südliche Umladestation nach der Landbrücke müsste zwei Voraussetzungen mitbringen: Erstens müsste die Saône bis dahin schiffbar und zweitens die auf dem Land zurückzulegende Transportstrecke möglichst kurz sein. Der Transport zu Wasser war schließlich bis zur Verbreitung von Asphaltstrassen wesentlich schneller, witterungsunabhängiger und müheloser als der Transport über schlecht gewartete, häufig morastige Wege über Land.

 

Kuckenburg, S. 36, Copyright Konrad Theiss Verlag GmbH und Peter Palm, Berlin,

Legende: die grauen Quadrate markieren Fürstensitze, die orangefarbenen, kleinen Punkte die Menge der Tonscherben oder Überreste von griechischen Amphoren und die großen gelben Punkte die Verbreitung von sog. schwarzfiguriger Keramik, ein Luxusgut der Griechen, welches die auf hohes Ansehen versessenen Keltenfürsten gerne gekauft haben.

Die Karte macht deutlich, dass sowohl westlich, als auch östlich des Mont Lassois ein Handelsweg in südliche bzw. südöstliche Richtung abging. In Bragny war kein Fürstensitz (graues Viereck) verzeichnet, wohl aber weiter flußaufwärts. Jedoch war dieser Ort in diesem Buch Kuckenburgs namentlich noch nicht erwähnt, sodaß ich ihm zunächst keine Ortsbezeichnung zuordnen konnte. Der keltische Ortsname ist offenbar nicht überliefert. Die orangefarbenen Punkte am mittleren Fürstensitz ohne Namen (graues Viereck) zeigen an, dass bei dem namenlosen Fürstensitz dreimal so viele Scherben griechischer Amphoren gefunden wurden, wie am Mont Lassois.

Diese Skizze war es jedoch, die letztlich den Geistesblitz in mir „gezündet“ hatte und so mag der Theiss-Verlag, Herr Peter Palm in Berlin und Herr Martin Kuckenburg hoffentlich einverstanden sein, dass ich mir dieses „wissenschaftliche Kleinzitat“ in rechtlich zulässiger Weise ausgeborgt habe. Ich hatte inzwischen oft genug die beiden Templerorte „meiner Templerstrasse“ in Karten eingetragen und mir wurde beim Anblick der Karte in Martin Kuckenburgs geschätztem Werk augenblicklich klar, dass ich hier ziemlich ins Schwarze getroffen haben müßte. Wenn man die Strecke Voulaines-lès-Templiers und Bure-lès-Templiers nach nach Nordwesten verlängert, trifft man auf Châtillon-sur-Seine und das sechs Kilometer entfernte Vix. Verlängert man die „Straße“ nach Südosten, schneidet sie die Saône bei der Stadt 70100 Gray. Ist Gray also der Ort des bisher noch namenlosen Fürstensitzes an der Saône und der südliche Umladepunkt?

Copyright: Google maps)

Es spricht viel dafür: Der schiffbare Teil der Seine kommt der Saône nirgendwo näher als hier. Die Luftlinie beträgt genau 100 Km. Strategisch wäre diese Trasse ebenfalls recht geschickt gewählt. Es gibt keine allzu großen Höhenunterschiede, das Gelände steigt jeweils nur leicht an.

Soweit die Theorie, aber ein Durchbruch war das noch lange nicht. Ob das eine Templerstrasse sein würde, oder nicht, würde davon abhängen, ob sich wirklich regelmässig entsprechende Stationen (Tagesetappen) entlang der Straße finden lassen würden. Ich mußte also zwischen Bure-les-Templiers und Gray noch eine Lücke von 70 Kilometern schliessen, für ich noch die Templerorte als Stationen ausfindig zu machen hatte. Die 5000 Einwohner-Stadt Gray ist jedenfalls kein ausgewiesener Templerort. Aber sie liegt direkt an der Saône und die war an der Brücke von Gray jedenfalls seit dem 17. Jahrhundert schiffbar, wie sich aus nachstehendem Gemälde zweifelsfrei ergibt.

Die Stadt Gray, vom nördlichen Kai aus gesehen, Gemälde aus dem 17. Jahrhundert

Die gleiche Ansicht, Foto von 2018

Die abgebildete Steinbrücke existiert erst seit 1647. Allerdings gab es schon seit den Neolithikum in der Nähe von Gray eine Furt über die Saône (Wikipedia) und seit dem frühen Mittelalter verschiedene Vorläufer der Brücke aus Holz, die  wegen der Eisschäden häufig neu errichtet werden mußten. Wikipedia

Fall noch ein Beweis vermisst werden sollte: Auf den nachstehenden Karte ist  ein kleines Stück flußabwärts am linken Ufer der Saône ein Hafen („Port sur Saône“) eingezeichnet.

Ausschnitt aus einer Karte der Gegend um Dijon von 1746

Oben links am Kartenausschnitt erkennt man eine gelb und grün kolorierte Linie. Dies ist die Grenze zwischen dem zur französischen Krone gehörendem Herzogtum Burgund und der zuvor noch dem deutschen Kaiserreich zugehörigen Freigrafschaft Burgund, die erst im Jahre 1648 zu Frankreich gelangte. Schauen wir uns den gleichen Ausschnitt aus der aktuellen Strassenkarte an:

Google Maps

70100 Autrey-lès-Gray existierte schon in der Merowingerzeit als Kultplatz und war im Mittelalter auch ein Templerort. Der Weg von hier nach Gray beträgt 10 Kilometer. Der Ort Écuelle am oberen Bildrand liegt auf der Strasse nach Champlitte. Letztere ist eine der Städte auf der via francigena, die ab Gray weiter nach Besançon und Pontarlier führt. Wenn ich also hier eine Templerstraße gefunden haben sollte, so vereinigt diese sich in Gray mit der via francigena, was angesichts der seit dem Mittelalter gesicherten Saône-Brücke nicht weiter verwundern sollte.

So sieht eine Römerstrasse heute aus: Die via francigena, hier: Teil von Gray nach Champlitte

Die nächste Etappe war nicht mehr so leicht zu finden. Das liegt daran, dass die Karten mit den Templerorten im Standardwerk von Aubarbier zumeist nach Régionen oder Departements aufgeteilt sind, die zudem nicht immer den gleichen Maßstab haben. Auf Karten mit einem großen Maßstab überblickt man mehrere Departements gleichzeitig, findet aber die Templerorte nicht, weil diese darauf wiederum zu klein sind und deshalb nicht zu einem Ortseintrag führen. Einen Hinweis konnte ich der Tatsache entnehmen, dass am oberen linken Bildrand der Karte oben über die Grenze zurück in das Herzogtum Burgund ein Ort namens Pouilly-sur-Vingeanne verzeichnet ist. Ich wußte, dass es dort in der Nähe eine Commanderie der Templer namens La Romagne in einem Ort 21610 St. Maurice-sur-Vingeanne gab. Nach Autrey-lès-Gray sind es von dort nur 14 Km. Eine gute Etappendistanz. Weiter nördlich auf „unserer Route“ liegt in weiteren 20 Km Entfernung der Templerort 21260 Selongey. Selongey markiert ein wichtiges Wegekreuz. Von Nordost nach Südwest läuft hier die bereits oben angesprochene Via Agrippa von der Bischofsstadt Langres (Andematunum) nach Dijon hindurch (siehe die zweite Karte in diesem Beitrag ganz oben).

Von Selongey nach Bure-les-Templiers sind es mehr als 30 Kilometer, wohl zuviel für eine Tagesetappe, jedenfalls mit beladenem Wagen. Aber die Richtung stimmte. Ich merkte, dass ich der Sache langsam näher kam. Durch fortgesetztes und beharrliches Abgleichen von Literaturstellen mit Landkarten wurde ich schließlich auch insoweit fündig. Das letzte fehlende Bindeglied mußte 21580 Busserotte-et-Montenaille sein, ein aktenkundiger Templerort, der genau auf der geraden Linie zwischen Selongey und Bure-les-Templiers liegt und die Strecke in zwei Abschnitte von 13 km und 20 Km teilte. Sehen wir uns also diese „Templerstraße“ jetzt mit diesen Informationen auf der Karte an:

Google maps

Der direkte Weg von Selongey nach Autrey-lès-Gray über Fontaine-Française beträgt nur 28 Km. Für Reiter ist das kein Problem an einem Tag. Fußgänger oder Fuhrleute würden wohl eher den Umweg über La Romagne in Kauf genommen haben.

2.2. Neue „Feldforschung“ und 2. Burgundreise in 2010

Nicht vor 2010 konnte ich eine zweite „Expedition“ ins Burgund organisieren. Ich hatte uns dazu in der ehemaligen Commanderie der Templer von La Romagne in St. Maurice-sur-Vingeanne einquartiert und möchte diesen Beitrag deshalb gerne dem Inhaber dieses hervorragend geführten Hauses, Monsieur Xavier Quenot, widmen, der uns „Templerverrückte“ in seinen wunderbaren mittelalterlichen Räumlichkeiten empfangen, im Rittersaal mit Frühstück verwöhnt und uns dazu auch noch mit Akten und Büchern versorgt hat. Ich habe ihm vor acht Jahren versprochen, ihm diesen Bericht zu schicken. Es hat leider etwas länger gedauert.

Merci très bien, Monsieur Quenot!

Ich möchte meine Leser gerne ermutigen: Wenn Sie uns Burgund möchten und noch keine Bleibe haben, checken Sie die Homepage in obigem Link. So schön und stilvoll werden Sie selten unterkommen. Sie fühlen sich wie in einer Zeitmaschine, hier draussen in der Natur.

2.2.1 Die Steinbrücke von Gray

Ich beginne den Reisebericht jetzt am unteren Ende der zu untersuchenden Strecke. Zunächst einmal galt es, mit meinen Augen eines amtlich anerkannten Sportbootführers „SBF – Binnen“ vor Ort zu Überprüfen, ob sich die Saône hier bei Gray für die Binnenschiffahrt eignen würde.

Nördliches, „linkes“ Ufer der Saône mit der Brücke bei Gray, Bild von 2018

Die Antwort fiel eindeutig positiv aus. Rings um Gray befinden sich Anlagen für die  Motor-Schiffahrt und es tummelten sich einige Sportboote auf dem Fluß. Die rot-weissen Signaleinrichtungen auf dem Foto zeigen an, dass es sich hier um eine offizielle Wasserstrasse handelt. Die Schleuse muß einen Höhenunterschied von vielleicht nur ca. 1 Meter verarbeiten, was für ein recht geringes Gefälle des Flusses spricht. Das wiederum belegt die Hypothese, dass dieser Fluß auch schon für die Wasserfahrzeuge tauglich war, als es noch keine Schleusen gab. Auf geht’s zur nächsten Etappe nach Nordosten:

2.2.2 Autrey-lès-Gray

In Autrey-lès-Gray gab es ein Maison der Templer (templiers.net). Die Kirche wird zur Templerzeit auch schon so oder in einer ähnlichen Form bestanden haben. Sie zeigt zwei für Templerkirchen typische Merkmale. Drei Fenster im Chor oder über dem Eingang. Diese hier hat beides:

Église d’Autrey-lès-Gray

Westportal mit sog. Torhüter-Figuren

 

Solche Kopfmasken links und rechts von Türen oder Fenstern sind mir schon häufig bei Bauwerken der Templer einerseits, etwa in Girona, Templecombe, Avallon und Montsaunès (vgl. Katalonien I) , und der Johanniter in Rampillon oder der Deutschordensritter in Münnerstadt andererseits aufgefallen. Ob das aber wrklich eine Spezialiät der Ordensritter ist, vermag ich selbst jedenfalls nicht zu beurteilen, Weil ich viel häufiger Ordensritterkirchen besuche, fehlt mir vielleicht der ausreichende Vergleich mit „normalen“ Kirchen. Nach Christina Berns, Chapelle Templière du Saulce d’Island (academia edu) seien jedoch „solche Masken und Torhüter-Figuren … nichts Ungewöhnliches an romanischen und gotischen Kirchen- und Kapelleneingängen“.  Der geneigte Leser möge seine Sichtweise dazu beisteuern, gerne mit Bildzuschriften. Wir werden – sei es wie es sei – im Burgund gleich noch eine weitere Kirche mit möglichem Bezug zum Templerorden mit solchen Torhütern finden.

2.2.3 La Romagne, St.Maurice-sur-Vingeanne

Die nächste Station der Templerstrasse war zugleich unser Domizil für diese Reise. Ich habe noch nie zuvor in solch einem Château genächtigt.

Hauptgebäude La Romagne, 21610 Saint-Maurice-sur-Vingeanne

Der derzeitige Bauzustand geht auf  Pierre de Bosredon, Kommandeur der Johanniter, zurück, der die Commanderie in den Jahren 1458 und 1511 durch umfangreiche Baumaßnahmen völlig neu befestigte und gestaltete (Wikipedia):

Befestigungstürme an der Ostseite

Porte Saint-Jean von Osten mit Brücke über die Vingeanne

Stallgebäude an der Südseite des Geländes

Porte St. Jean von Westen. In diesem Gebäude sind die Gästezimmer untergebracht.

2.2.4 Selongey

Gestärkt nach einem wirklich leckeren Frühstück (es wurden eigens für uns von einem Fahrrad-Boten frische Croissants  gebracht), machten wir uns zur nächsten Etappe der Templerstrasse auf, die wir nach ca. 20 Minuten erreichten.

Église Saint-Remi, 21260 Selongey

Dass die Kirche (gebaut und modifiziert vom 13. Jh. bis zum 17. Jh., im Nationalregister klassifiziert seit 1908) direkt etwas mit dem Templerorden zu tun haben müsse, ist wohl nicht belegbar. Sie befindet sich aber nach Aubarbier (S. 78)  unmittelbar neben einem Maison der Templer, welches jedoch für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Das betreffende Grundstück ist nicht einsehbar und durch eine hohe Mauer geschützt. Wir haben das Auto als Trittleiter benutzt und so gelang wenigstens ein Foto, das einen mittelalterlichen Turm zeigt.

Es gibt nicht viel Literatur zu Selongey, also lassen wir die Bilder für sich sprechen:

Saint-Remi, Südfassade, spätgotisch

Portal, romanisch, mit Torhüter-Köpfen. Nach Berns muss einer der beiden der hl. Remigius sein. Ich kann dabei nicht behilflich sein. Es sieht für mich aus wie in Templecombe und Autrey-lès-Gray.

 

2.2.5 Busserotte-et-Montenaille

Im Gebiet dieser Gemeinde oder in unmittelbarer Nähe von wenigen Kilometern befinden sich 4 interessante Templer-Ziele. Und dazu auch noch eine keltische Ansiedlung in 4 km Distanz. Und zwar Beneuvre. Die Orte liegen allesamt in Spaziergangsdistanz zusammen:

(Google maps)

2.2.5.1 Busserotte, Saint-Ambroise

Die nächste Station der Strasse befindet sich 20 Km nordwestlich von Selongey in der Doppelgemeinde Busserotte-et-Montenaille ziemlich genau zwischen den beiden Weilern, die schon fast an der Grenze zum Nachbardepartement Haute-Marne liegen. Der Weg führt ein gutes Stück durch das Tal der Tille, die aber in Busserotte noch eher einem Bach als einem Fluß ähnelt.

Chapelle des Templiers Saint Ambroise, 21580 Busserotte-et-Montenaille

Nach der vom Rotary Club Dijon angebrachten Tafel ist die Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Im Inneren der nur nach Voranmeldung zu besichtigenden Kirche befänden sich Grabsteine der Templer mit Kreuz und Schwert. Sodann gäbe es ein Gemälde aus der Templerzeit von den 12 Aposteln und wertvolle Heiligenstatuen aus späteren Jahrhunderten. Vor ca. zwei Jahren las ich, dass die Kapelle Opfer der Zerstörungswut geworden sei.

2.2.5.2 Montenaille

In der Schwestergemeinde Montenaille, die einige Kilometer oberhalb von Busserotte und der Kapelle liegt, soll es ein Krankenaus der Templer gegeben haben (Wikipedia). Ich zeige zwei Gebäude, die aus der Templerzeit stammen können und einen Grenzstein der Templer.

Chateau de Montennaille, jetzt ein B & B, in der Mitte der Rue des Templiers

mittelalterlich anmutender Gebäudekomplex am südlichen Ende der Rue des Templiers

2.2.5.3 Borne des Templiers

Ein paar hundert Meter vom nördlichen Ortseingang von Montenaille entfernt steht ein Grenzstein mit einem Templerkreuz:

Borne des templiers, Montenaille

Die Hinweistafel erläutert, dass der Grenzstein die Gerichtszuständigkeiten zwischen den Templern und der Herrschaft der nahegelegenen Ortschaft Grancey-le-Château regelt.

2.2.5.4 Fraignot-et-Vesvrotte

Vielleicht 3 km südwestlich von Busserotte liegt der Ort Fraignot-et-Vesvrotte in Sichtweite, sodass man sich leicht von der Kapelle Saint Ambroise aus etwa mit optischen Signalen hätte mitteilen können.

Chapelle des Templiers, Fraignot-et-Vesvrotte

gerader Chorabschluß, sog. chevet-plat und (ehemals) drei Fenster

2.2.5.5 Ferme-de-Montmorot

Höchstens ein Kilometer westlich von Fraignot-et-Vesvrotte befindet sich die Ferme des Templiers von Montmorot.

Hinweisschild vor Ort

Zufahrt von der Landstrasse. Es gibt keine Gebäudereste aus dem Mittelalter.

Der typische Teich durfte aber bei keiner Commanderie fehlen.

2.2.6 Chatillon-sur-Seine

Die nächsten beiden Stationen Bure-les-Templiers und Voulaines-les-Templiers überspringen wir an dieser Stelle, denn dort begann der Bericht. Es war nur noch nachzutragen, dass auch am Ausgangspunkt der zu untersuchenden Strecke, nämlich in Chatillon-sur-Seine eine Templerkapelle vorhanden ist.

2.2.6.1 Chapelle Saint Thiebault

Man muß sich vorbereiten, um diese Kapelle zu finden.  Châtillon-sur-Seine ist schon zu groß, um zufällig ans Ziel zu kommen. Tip: Die Kapelle Saint-Thiebault liegt nahe der südwestlichen Ausfallstrasse Avenue Maréchal Joffre (D980) an einer Schleife der Seine, etwas lieblos eingepfercht zwischen einem Supermarkt, einem Wohnblock, Garagenblocks und dem Parkplatz des Supermarktes. Man erreicht die Stelle, in dem man mit der D980 zunächst über die beiden Seine-Brücken fährt und gleich danach am Supermarkt rechts in die Rue de la Feuillee abbiegt.

Ostchor „chevet plat“, Chapelle Saint-Thiebault, 21400 Chatillon-sur-Seine

Nordseite

Ornamente über dem Haupteingang. Die runden Gebilde stellen eine sich öffnende und wieder schliessende Blüte dar. Ein typisches Templersymbol, das den Anfang und das Ende, das Alpha und Omega, letztlich den Kreislauf des Lebens darstellt. Das gleiche Motiv gibt es in der Templerkapelle von Cressac am Atlantik zu sehen, aber auch an der Templerkirche von Süpplingenburg.

Südseite der Kapelle Saint-Thiebault, vom Parkplatz

Westfassade, vom Supermarkt aus gesehen

Wenn man Fotos von dieser Kapelle machen möchte, muß man seine Reise hierher unbedingt in den Winter legen. Im Sommer würde man „vor lauter Bäumen“ fast nichts von der Kapelle sehen. Leider hatte ich bei diesem Besuch nicht bemerkt, dass direkt hinter den Garagen die Seine vorbeifließt und habe daher auch kein Foto vom Flußufer mitgebracht. Auch dieser Ort kam also auf die To-do-Liste.

2.2.6.2 Das Musée du Pays Châtillonais in Châtillon-sur-Seine

René Joffroy, der Entdecker des Fürstengrabes von Vix, sollte mit seinen Vermutungen Recht behalten. Sie haben in der Tat gut verdient, die Kelten, an ihrem Waren-Umschlagplatz zwischen der Nordsee und dem Mittelmeer. Im Museum von Châtillon, welches man seit 2009 in der historischen Abtei Notre Dame untergebracht hat, kann man die Trophäe heute bestaunen, die die Griechen einer jungen keltischen Fürstin aus Dankbarkeit für den erfolgreichen Handel  geschenkt haben. Bitte sehr: Der größte griechische Bronze-Kratér (Weinmischgefäß) aller Zeiten…

sog. Voluten-Krater von Vix.

Zitat: „Die 1,64 Meter hohe Vase wiegt 208 Kilo. Ihr Fassungsvermögen beträgt 1.100 Liter.  Die Vase wurde von griechischen Bronzekünstlern im sechsten Jahrhundert vor Christus angefertigt und versinnbildlicht den regen Austausch zwischen den Kelten und den Mittelmeervölkern.“ (Burgund-Tourismus)

Tafel der Keltenorte zwischen Vix und der Saône (Copyright Musée du Pays Châtillonais)

Ich hatte diese Tafel nur beiläufig fotografiert, weil ich eine Grafik mit dem Verlauf der Flüsse im Burgund benötigte und erst jetzt wieder in meinem Fotoarchiv aufgefunden. Oberflächlich betrachtet liegen die Keltenorte ebenfalls wie an einer Kette in einem ähnlichen Bogen, wie „meine“ Templerstrasse. Nur der Zielort Gray fehlt auch hier.

3. Nachträge und letzte Ermittlungen, 3. Reise 2018

3.1 Die Seine-Schleife bei Saint Thiebault in Châtillon-sur-Seine

Ein Tagesordnungspunkt für diese Reise war die Klärung der Frage, wie die Seine in unmittelbarer Nähe zum Ausgangspunkt meiner Templerstrasse beschaffen sein würde. Hiervon hängt die Beantwortung der Frage ab, ob sich sich die Commanderie von Châtillon-sur-Seine als Warenumschlagsplatz hätte eignen können.

Das obenstehende Foto zeigt die Seine flußabwärts an der Brücke der Avenue Maréchal Joffre kurz vor der Templerkapelle, die in Bildmitte hinter den Bäumen etwas versteckt gerade noch zu erkennen ist (schmales romanisches fenster am Chorabschluß und rechte Seite des Giebels). Die Seine zeigte sich hier zwar einerseits schon ziemlich schnell, aber andererseits auch wieder schmal und recht flach. Die Aufnahme erfolgte im Apri (2018), sodaß nach der Jahreszeit von einem Wasserstand im oberen Bereich auszugehen sein würde. Die Böschung würde einen weiteren Anstieg von nur wenigen Zentimetern auch nicht mehr verdauen, sonst wäre die Kapelle überflutet. Wie in der Bildmitte unten gut zu erkennen ist, reicht die Wassertiefe nicht aus, um hier einen Umschlagsplatz vermuten zu können. Da sich die Lage der Kapelle seit dem Mittelalter nicht verändert haben kann,  war das zu Zeiten der Templer auch schon so. Ich würde den Umschlagsplatz des Mittelalters weiter flußabwärts suchen müssen.

3.2 Die Seine bei Vix

Um Kimmigs eingangs erwähnteThese von dem „Flaschenhals der Seine“ zu überprüfen, mußte ich mir die Wasserstände und die näheren Umstände des Gewässers im Ort Vix selbst ansehen. Obwohl die beiden Orte nur ca. 5-6 Kilometer auseinanderliegen, ist die Seine bei Vix schon erheblich breiter und lebhafter:

Die Seine nördlich von Vix

Blick vom 280 m hohen Mont Roussillon, dem flacheren der beiden Gipfel des Mont Lassois, nach Süden auf den Oberlauf der Seine und die Stadt Châtillon-sur-Seine. Der typische Ausblick von einer keltischen Höhensiedlung. Dort stand auf einer Hinweistafel zu lesen:

Zitat: „Schon in vorgeschichtlicher Zeit kontrollierte der Ort Vix die an dieser Stelle liegende strategisch wichtige Furt der Seine, von der aus die Seine schiffbar wurde.“ Die Furt konnte ich tatsächlich auch vor Ort ausmachen. Sie liegt direkt unter einer Steinbrücke aus dem 16. Jahrhundert. Die Seine fließt dort die Furt wie ein Stauwehr hinab, auch wenn es nur ca. 50 cm sein mögen. Vor der Furt läuft die Seine relativ ruhig. Unmittelbar danach hat sich ein kleiner Wasserfall gebildet.

Steinbrücke über der Furt von Vix

Hinter dem linken Brückenbogen kann man die Abrisskante der Furt gut erkennen

Die Steinbrücke wurde – so wie in Frankfurt am Main – zweckmässigerweise direkt über der Furt errichtet. Erstens kann man auf Furten leichter Brückenpfeiler errichten und zweitens muß man nicht nach dem Brückenbau die seit Jahrhunderten (oder Jahrtausenden?) festgestampfte Strasse umleiten.

Damit waren wir über die Schiffbarkeit der Seine in der Keltenzeit nachvollziehbar informiert. Für Flachbodenkähne mit geringem Tiefgang, die flußabwärts durch die Strömung bewegt und flußaufwärts durch die Verwendung von Stangen „gestakt“ wurden, reichte die Wassermenge ersichtlich aus. Es ist gut nachvollziehbar, dass unterhalb der Brücke ein Landungskai oder -steg bestanden hat, mithilfe dessen die Lastkähne, die nach Norden abfahren, beladen und die von Norden ankommenden entladen wurden. Über die Fernstrasse – die auch zur Keltenzeit hier schon bestanden haben muß, sonst wäre die Furt sinnlos gewesen – fand dann der weitere Warenaustausch statt.

Man darf das nicht mit den Anforderungen der heutigen Schifffahrt vergleichen. Auch kleine Sportboote dürften hier nicht fahren. Die Schiffbarkeit der Seine endet heute offiziell schon viel weiter flußabwärts, und zwar bereits in Nogent-sur-Seine (Dept. Aube, Champagne).

Es stellte sich hier nur noch die Frage, wie Vix und der Mont Lassois im Mittelalter bebaut oder besiedelt waren und ob auch die Templer den Schiffahrtsbetrieb hier genutzt haben könnten. Die Frage konnte ich zum Teil beantworten. Der höhere der beiden Hügel des Mont Lassois, der ca. 300 m hohe Mont Saint-Marcel war noch  zur Zeit der Merowinger besiedelt. Und auch im Mittelalter. Seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts, also zur Templerzeit, steht hier die romanische Kirche Saint-Marcel (Wikipedia, aaO). Es ist nicht selten, dass christliche Kirchen über keltischen Kultplätzen errichtet wurden.

Saint-Marcel de Vix, 12. Jahrhundert

Es ist zwar weder historisch noch archäologisch belegt, dass die Templer etwa auch in Vix begütert gewesen wären. Um den Landeplatz bei der Furt ausnutzen zu können, brauchten sie aber auch nicht notwendigerweise eine Commanderie. Ein (gepachteter) Lagerschuppen, von dem heute vielleicht nichts mehr nachgewiesen werden kann, hätte vollkommen genügt. Es sind – wie gesagt – nur 5 Kilometer zur nächsten Templerei in Châtillon-sur-Seine über Land auf ebener Strasse und dazu benötigt  man mit einem Pferdefuhrwerk gewiß keine Stunde.

Zwischenergebnis: Es ist erwiesen, dass Vix die nördliche Umladestation für die Kelten war. Da sich die örtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Lage der Furt, bis heute ersichtlich nicht nennenswert geändert haben und Vix auch im frühen Mittelalter fortlaufend besiedelt war, kommt Vix auch als nördlicher Ausgangspunkt für die Landbrücke zur Templerzeit – soweit ersichtlich widerspruchsfrei – in Betracht.

3.3 Der südliche Umladeplatz bei Gray

Widmen wir uns also sogleich der drängenderen Frage nach dem südlichen Umladeplatz, also der Stelle, an der die Überlandstrecke endete und die Fracht wieder auf Wasserfahrzeuge mit dem Ziel nach Süden, zum Mittelmeer, umgeladen werden konnten.

3.3.1 Die Templer in Gray

Ich habe noch einmal sämtliche, mir zur Verfügung stehende Literatur überprüft und es bleibt bei der bisherigen Feststellung, dass es dort entweder keinen Templersitz gab, oder ein solcher urkundlich nicht belegbar oder (derzeit?) archäologisch nicht auffindbar ist. Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Es ist ohne weiteres möglich, dass die Templer auch am nördlichen Umladekai nur einen Schuppen gepachtet oder gar nur ein evtl. überdachtes Zwischenlager benutzt haben.  Sie haben auch an den Seehäfen oft nur für Hafendienstleistungen (Collioure, Marseille, La Rochelle) bezahlt und mussten nicht notwendigerweise an jedem Hafen eine Commanderie unterhalten. Das Lager hätte sich genauso gut in dem nur 10 Km entfernten Ort Autrey-lès-Gray befunden haben  können. Sobald dort die Nachricht einging, dass Wasserfahrzeuge zur Umladung angelandet seien und bereitstünden, hätte man die Fuhrwerke von Autrey-lès-Gray in Bewegung setzen und so eine reibungslose Umladung unter Zuhilfenahme gepachteter Hafenanlagen (Kais, Kräne oder Rampen?) gewährleisten können. Zudem lag der Ort Gray an dem linken bzw. südlichen Ufer der Saône und der Kai zum Umladen hätte sich zweckmässigerweise am rechten bzw. nördlichen Ufer befinden sollen.

3.3.2 Die Kelten in Gray

Eine letzte Frage war bisher noch offen geblieben: Könnte Gray der namentlich bisher nicht bekannte Fürstenhügel an der Saône sein? Ich hatte während des Verfassens dieses Berichtes  im Internet bisher nur in der Seite der sogenannten Kelten-Info-Bank, betrieben von Mitgliedern des Vereins Donnersberger Kelten e.V. unter der Fachberatung u.a. des RGZM in Mainz einen einzigen Hinweis auf eventuelle Zusammenhänge entdeckt:

Quelle: Kelten-info-Bank

Die Internetrecherche ergab jedoch auch, dass Martin Kuckenburg sich den Kelten am Mont Lassois noch ein weiteres Mal in seinem neueren Buch „Das Zeitalter der Keltenfürsten“ von  2010 gewidmet hat. Ich habe das Buch sofort bestellt und es ist kurz vor Fertigstellung dieses Berichtes eingetroffen. Nach Kuckenburg haben die mitteleuropäischen Fürstensitze eine „Schlüsselrolle im hallstattzeitlichen Fernverkehrsnetz gespielt“ und lagen vielfach an verkehrstechnisch günstigen Knotenpunkte der großen Flüsse (S. 168). Nach den Feststellungen von Pauli, 1993, lägen Fürstenburgen mehrheitlich an schiffbaren Flüssen und die jeweils reichsten Fürstensitze verfügten über einen Umschlagplatz vom Land- auf den Wasserweg, „wo man nach der Überwindung der europäischen Hauptwasserscheiden am besten von Saumtieren oder Karren auf Kähne umlud.“ Es folgt eine Auflistung von 4 Fürstensitzen einschließlich dem am Mont Lassois. Gray wird in dieser Aufzählung jedoch noch nicht genannt (zitiert nach Kuckenburg, a.a.O). An anderer Stelle weist Kuckenburg darauf hin,  dass die Burg des Fürsten, die regelmässig den politischen und wirtschaftlichen Mittelpunkt des Herrschaftsbereiches markierte, eine zentrale Bedeutung hatte (aaO, S. 209).

Was zeichnet also eine Örtlichkeit der Kelten aus, um sie als Fürstensitz zu qualifizieren?

Sie mußte erstens als Warenumladepunkt geeignet sein. Das ist der Fall, wenn sich ein schiffbarer Fluss in unmittelbarer Nähe befindet. Dass die Saône bei Gray im Mittelalter schiffbar war, haben wir bereits gezeigt. Dass dies auch zur Keltenzeit schon so war, ergibt sich zum einen aus der hohen Anzahl von intakten Weinamphoren aus der Provence und der im Kapitel 2.1 nachgewiesenen Dichte von Tonscherben, die in unmittelbarer Umgebung der heutigen Stadt Gray gefunden worden sind. Zum anderen war die Saône nachweislich zur Keltenzeit in Bragny, ca. 80 Km unterhalb von Gray, der mit Abstand bedeutendste Umschlagplatz im Burgund für Waren aus dem Süden und auf dieser relativ geringen Distanz hat sich ersichtlich weder die Neigung, noch die Breite oder die Wasserkapazität des Flussbettes wesentlich verändert. Gray ist also nicht nur als Warenumschlagsplatz geeignet, sondern sogar dafür prädestiniert.

Und zweitens müßte das Gelände um die Örtlichkeit den Bau einer Burg oder einer burgähnliche Höhensiedlung gestatten. Ich bin der Ansicht, dass Gray auch diesen Test besteht.

 Blick auf Gray vom linken Ufer nach Süden

Auch wenn das Niveau des mittelalterlichen Zentrums von Gray nur ca. 30 Meter höher liegt, als das Gelände am Saône-Ufer, sieht man die Erhebung recht nahe beim Ufer auf diesem Foto bereits deutlich. In unmittelbarer Nähe zum Zentrum der Altstadt und der Kirche befand sich im Mittelalter eine Burg, die man vom Ufer aus nur über eine recht steile (Treppen-)Stiege erreichte.

Nur noch ein mittelalterlicher Turm und Überreste der Burgmauer sind erhalten.

Die Hauptsache scheint mir jedoch zu sein, dass von dieser Erhebung aus die Saône perfekt überwacht werden konnte und auch ein Fernblick in das Hinterland des Herrschaftsgebiets nach allen Richtungen störungsfrei möglich war. Ein Blick auf Gray im Google-maps Geländemodus zeigt, dass die Erhebung sich von dieser Geländekante als Höhenzug etwa 200 Meter weit nach Süden fortsetzt, sodaß auch eine Höhensiedlung hier möglich war.

Während man in Kuckenburgs neuerem Buch von 2010 noch auf Seite 171 eine die Abbildung 34 b den Fürstensitz zwischen dem Mont Lassois und Bragny an der Saône noch vorsichtig mit einem Fragezeichen bezeichnet hat, fand ich zu meiner grossem Freude und Erleichterung auf Seite 25 in der Abb. 4 eine aktualisierte Version der oben abgebildeten Karte der Verbreitung von griechischen Amphoren aus dem Buch von 2004 und hier hat nun erstmals auch der Ortsname Gray Eingang in die Liste der keltischen Fürstensitze mit Warenumschlagsmöglichkeiten gefunden. (q.e.d.?)

Es dürfte damit keinen vernünftigen Zweifeln mehr begegnen, dass meine Ausgangsannahme auch insoweit zutreffend ist.

3.4 Der alternative Umschlageplatz bei Til-Chatel

Wie dem Plan im Museum von Châtillon-sur-Seine weiter zu entnehmen war, hatte sich der Keltenstamm der Lingonen auch im Gebiet der Gemeinde Til-Châtel in ihrem Tilena genannten Ort niedergelassen. Dieser Ort liegt exakt an der Via Agrippa, 40 Km südwestlich von Langres, auf dessen Hochplateau zu Zeiten der Lingonen unter dem Namen Andematunum eine bedeutende Höhensiedlung bestanden hatte, und 25 Km nordöstlich von Dijon (Divo).

Als ich mir vor wenigen Wochen erstmals wieder den Plan des Museums von Châtillon vornahm, stellte ich überrascht fest, dass auch Selongey sowohl für die Kelten als auch die Templer ein Stützpunkt war. Auch der ebenfalls den Kelten zugeschriebene Ort Til-Châtel war mir als Templerstation ein Begriff. Sie waren dort mit mir gemeinsam im Februar 2017 auf der Suche nach der Ferme des Templiers de Fontenotte.

Die Rue de Langres, wenige hundert Meter nördlich von Til-Châtel mit Blick nach Nordosten auf die Brücke über die Tille. Die heutige Landstraße D974 führt – abgesehen von einer kleinen Kurskorrektur bei Vaux-sous-Aubigny – kerzengerade  nach Langres. Es ist die Via Agrippa der Römer.

Blick von der Rue de Langres auf den Oberlauf der Tille

Der Unterlauf der Tille bei Til-Châtel zeigt ebenfalls ausreichende Breite und Tiefe für Flachbodenkähne

Der Wald hinter dem Abfahrtsschild von der D974 markiert die Örtlichkeit des Weihers neben der Commanderie Fontenotte

Wie man diesen obigen Kartenausschnitt gut entnehmen kann, laufen einige hundert Meter westlich der oben gezeigten Brücke bei Til-Châtel eine Vielzahl wesentlich kleinerer Bäche zusammen, die wohl teilweise ebenfalls Tille genannt werden. Ich habe an einigen dieser Wasserläufe stichprobenartig angehalten und bin vorläufig der Meinung, dass die Tille und ihre Zuläufe oberhalb von Til-Châtel aufgrund ihrer geringen Tiefe, Neigung und Breite für Wasserfahrzeuge nicht geeignet ist.

Ab der oben gezeigten Brücke der Rue de Langres ändert sich ersichtlich das Bild. Die Commanderie Fontenotte befindet sich im Bereich des unteren Kreises. 200 Meter westlich der Commanderie gibt es heute einen (mit gewöhnlichem Schuhwerk unzugänglichen) Weiher oder Tümpel (Markierung 2). Man sieht deutlich, dass es zwischen dem Tümpel und der Autoroute de Lorraine-Bourgogne E17 einen Wasserlauf gibt, der vom Weiher aus in nordöstliche Richtung auf genau den Punkt zuhält, an dem die Tille mit der geringsten Entfernung die Commanderie passiert. Es drängt sich geradezu auf, dass dieser (wohl künstlich angelegte?) Wasserlauf einstmals dazu bestimmt war, das Weiherbecken mit dem Unterlauf der Tille zu verbinden. Als der Bahndamm und später die Autobahn errichtet wurden, gab es offensichtlich für dieses Gewässer keine Verwendung mehr, sodaß es gekappt bzw. umgeleitet wurde.

Es drängt sich der Verdacht auf, dass auch der Weiher künstlich angelegt oder modifiziert worden ist.

      Commanderie Fontenotte, Til-Châtel, mit rechteckig ausgegrabenem Wasserbecken und einem kleinen Forellenteich direkt bei der Commanderie. Der Kanal zur Tille ist ebenfalls zu erkennen.

Die markierte südöstliche Ecke des Weihers oder Beckens ist künstlich begradigt und annähernd rechteckig ausgestaltet worden. Die Nähe zur Commanderie beträgt ca. 150 Meter. Es kommt jetzt darauf an, wie alt dieses Becken ist und ob der Kanal von dort bis zum Fluss a) künstlich ausgehoben und b) zumindestens breit genug war, um Lastkähne vom Fluß in dieses Becken und vice versa ziehen (treideln) zu können. Würden sich diese Fragen bejahen lassen, könnte man daran denken, dass dieses Becken evtl. als Winterlager für Lastkähne oder gar als Hafen installiert wurde. Es wäre dann zu untersuchen, ob man ggf. Reste von Kaianlagen, Pollern oder Laderampen heute noch dort entdecken kann. Ich hatte kein  geeignetes Schuhwerk dabei. Also muß ich wohl nochmal dorthin. Zumindestesn befeuert ein solcher Befund die Imagination und Spekulation. Ohne Rätsel wäre das Leben langweilig.

4. Zwischenergebnisse

4.1 Die Stationen der Keltenroute

Nemen wir uns nochmal die Karte aus dem Keltenmuseum vor. Der nachstehende Ausschnitt lässt eine „Keltenstrasse“ zwischen Nod-sur-Seine einerseits und Til-Châtel andererseits deutlich erkennen. Diese Strasse hat eine ähnliche Krümmung wie die Templerstrasse in diesem Bereich. Sie liegt aber nicht im Tal der Ource, sondern teilweise ca. 10 Km weiter südlich der Ource und bei der Tille, die bei Beneuvre entspringt. Die Quelle der Ource liegt nur wenige Km neben der Quelle der Tille. Auch diese Keltenstrasse „zielt“ auf den nächsten Punkt der Saône, nämlich nach Gray. Die gerade Linie von Vix über Beneuvre und Selongey schneidet die Saône bei Gray.

Ausschnitt aus der Karte aus dem Museum von Châtillon-sur-Seine

 

Strecke von Vix  über Beneuvre und Selongey nach  Gray

4.1.1 Nod-sur-Seine

Über den Keltenort bei Nod-sur Seine ist offenbar nicht allzu viel bekannt, ausser, dass dort eine Statue über „die wieder erstarkende Europa“ gefunden werden konnte (Wikipedia).

4.1.2 Saint-Germain-le-Rocheux, „Le Tremblois“

Einen Ort namens „Le Tremblois“ sucht man – jedenfalls in dieser Gegend – vergeblich auf der Karte. Bei Wikipedia kann man immerhin in Erfahrung bringen, dass es im Gebiet der heutigen Gemeinde Saint-Germain-le-Rocheux, die eine schöne mittelalterliche Kirche ihr Eigen nennen kann, einen Tempel der Gallier, einen sogenannten fanum, gegeben hat. Die Ausgrabungen und Konservierungen sind möglicherweise noch im Gange.

Fanum Le Trembloy (Wikipedia)

4.1.3 Essarois

Über Essarois ist bekannt, dass dort ein Tempel des Apollo Vindonnus ausgegraben wurde (Wikipedia). Weiterführende Literatur zu diesem Fund finden Sie hier. Es sind dort einige sehr ansprechende Objekte aufgetaucht (Bilddatenbank zu antiken Steindenkmälern).

© Chatillon-sur-Seine – Musée du Pays Châtillonnais, Foto: Ortolf Harl, 2015 Dezember

Angeblich wurde im Gebiet der Gemeinde im 19. Jahrhundert noch ein weiterer aufsehenerregender Fund gemacht. Zumindest kursieren seit mehr als hundert Jahren Gerüchte um mysteriöse Darstellungen auf einem angeblichen Behältnis aus Elfenbein, das zu der Sammlung eines gewissen Ducs de Blacas gehört haben und  bei Ausgrabungen im Keller des Schlosses von Chastenay in Essarois entdeckt worden sein soll. Ein gewisser Héron de Villefosse will in dieser Darstellung einen „Baphomet“ der Templer erblickt haben (Literatur finden Sie hier).

sogenannter „Baphomet“ von Essarois

Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (* 9. Juni 1774 † 23. November 1856 in Wien) hatte sich leidenschaftlich in der streitigen Diskussion über diese Abbildung mit anderen Autoren im neunzehnten Jahrhundert auseinandergesetzt. Näheres finden Sie in meinem Beitrag von 2014. Ich halte von dieser Sache nichts. Das Objekt – falls es tatsächlich jemals existiert haben sollte, was umstritten ist – hat nur insoweit mit den Templern zu tun, als dass Essarois nur ca. 7 Km von einer Templercommanderie entfernt liegt. Der Stil der Darstellung ist eindeutig NICHT mittelalterlich.

4.1.4 Beneuvre

In Beneuvre sind umfangreiche archäologische Grabungen vorgenommen worde und dabei sind erhebliche Mengen an Siedlungsspuren freigelegt worden. Literatur dazu finden Sie bei Archéo sciences.

Darstellung von Ausgrabungsbefunden in Beneuvre (Copyright Cairn)

Dieser Grenzstein mit Templerkreuz findet sich ebenfalls im Gebiet der Gemeinde Beneuvre (Pays châtillonais). Das ist ein weiteres Besipiel, wie nahe die Orte und Wege der Templer und der Kelten tatsächlich beieinander gelegen haben.

4.1.5 Selongey

Im Jahre 50 n.Chr. begannen die Lingonen Gebiet der Gemeinde Selongey mit dem Weinbau, wie die dort ausgegrabenen Reste einer gallisch-römischen Weinpresse bezeugen (WikiVisually). Ausserdem wurde eine gallisch-römische Villa (sogenannte Proto-Villa) ausgegraben (researchgate).

4.1.6 Til-Châtel

Til-Châtel, das antike Tilena, ist als eine der Hauptstädte des Keltenstammens der Lingonen berühmt geworden (Wikipedia). Dort befand sich auch ein Römerkastell (Homepage der Gemeinde). Aber auch hier ist wieder eine erstaunliche Nähe zu den Templern festzustellen. Zum einen befindet sich – wie bereits erwähnt – keine drei Kilometer weiter südlich die

Ferme de Fontenotte

Zum anderen kann man in der Kirche Saint-Florent-et-Saint-Honoré in Til-Châtel Grabsteine berühmter Tempelritter aus dem späten 11. bis frühen 12. Jahrhundert  betrachten, zum Beispiel den von

Guy III. de Til-Châtel, Tempelritter und Herr von Til-Châtel und Pichanges. (Geocaching)

 

4.1.7 Die Distanzen der Stationen der Keltenroute

  1. Nod-sur-Seine – Saint Germain-le-Rocheux 9 km
  2. Saint Germain-le-Rocheux – Essarois 9,5 Km
  3. Essarois – Beneuvre 16 Km
  4. Beneuvre – Til-Châtel 30 Km
  5. Beneuvre – Selongey 28 Km
  6. Selongey – Til-Châtel 11 Km

4.2 Die Stationen der Templerroute

Wir hatten schon gesehen, daß manche der oben erläuterten Templerorte auf der Strecke zwischen dem oberen Umladepunkt an der Furt von Vix bzw. Châtillon-sur Seine und dem Endpunkt bei Gray untereinander einen Abstand von ca. 15 Km, ca. 20 Km oder auch ca. 30 Km haben. Für einen reitenden Boten oder eine kleine Gesandschaft zu Pferde sind 15 Km Tagesetappen eine reine Zeitverschwendung. Die Meinungen gehen auseinander, ob man einem Pferd Tagesetappen von 40 Km oder gar mehr zumuten kann, was nicht unmöglich zu sein scheint, aber auch nicht immer erforderlich gewesen sein wird. Es soll auch davon abhängen, ob man das Pferd an den Etappenstationen tauschen kann. Ich habe noch nichts davon gelesen, dass die Templer Reitpferdetausch für Eilboten angeboten hätten. Meines Wissens hatten die Templer jeweils ihre eigenen Pferde zugeteilt bekommen. Sei es wie es sei, eine Tagesetappe von 30 – 40 Kilometern kann man von einem Reiter erwarten, auch wenn das Pferd nur die Nacht zum Ausruhen hat. Für Fußgänger wird ein Tagesmarsch von 22,5 Km für möglich gehalten (Wikipedia). Für Ochsenkarren wird man wohl Tagesdistanzen von 15-20 Km kalkulieren können.

4.2.1 Der „Expressweg“ der Templer

Nehmen wir also an, ein Templer wäre mit nur leichtgewichtigen Lasten oder mit Depeschen, Dokumenten bzw. Münzen zu Pferde unterwegs gewesen. Er hätte für die hier zu beurteilende Templerstrasse – ohne das Pferd wechseln zu müssen – max. 3 Tage gebraucht:

  1. Tag: Vix – Châtillon-sur-Seine (6 Km) – Bure-les-Templiers (weitere 30 Km) = Total 36 Km
  2. Tag: Bure-les-Templiers – Selongey = Total 32 Km
  3. Tag: Selongey – Autrey-lès-Gray (28 Km) – Nordufer Gray (weitere 8 Km) = Total 34 Km

4.2.2 Der „Karrenweg“ der Templer

Mit einem Ochsenkarren oder zu Fuß wäre das nur schwerlich machbar. Hier hätten sich folgende Etappen von 15-20 Km angeboten:

  1. Tag: Chatillon-sur-Seine – Voulaines-les-Templiers 18 Km
  2. Tag: Voulaines-les-Templiers – Bure-les-Templiers 15 Km
  3. Tag: Bure-les-Templiers – Busserotte-et-Montenaille 13 Km
  4. Tag: Busserotte-et-Montenaille – Selongey 20 Km
  5. Tag: Selongey – Saint Maurice-sur-Vingeanne 20 Km
  6. Tag: Saint-Maurice-sur-Vingeanne – Autrey-lès-Gray 13 Km und nach Gray weitere 8 Km = Total 21 Km

4.2.3 Die alternative Tille-Route

  1. Busserotte-et-Montenaille – Villey-sur-Tille 15 Km
  2. Villey-sur-Tille – Ferme de Fontenotte 8 Km
  3. Ferme de Fonenotte – Ruffey-lès-Echirey 20 Km
  4. Ruffey-lès-Echirey – Fauvernay 16 Km
  5. Fauvernay – Trouhans 16 Km

5. Fazit

Sowohl die Kelten als auch die Templer haben zwischen den Punkten Vix und Gray eine mit Stationen in regelmässigen Abständen versehene, etwa 100 Kilometer lange Strasse als „Landbrücke“ für den Warenumschlag zwischen Nordsee und Mittelmeer benutzt und kontrolliert. Die Strasse beginnt in Vix als Umladestation nach Norden. Sie endet zum einen in Gray und zum anderen in Til-Châtel.  Die Templerstrasse, beginnend bei Châtillon-sur-Seine verlief zunächst ca. 10-15 Km weiter nördlich im Tal der Ource über die Stationen Voulaines-les-Templiers und Bure-les-Templiers. Die Keltenstrasse begann hingegen bei Nod-sur-Seine und verlief ein Tal weiter südlich, zunächst über die Orte Saint-Germain-les-Rocheux (Le Tremblois) und Essarois. Nachdem sich der Abstand der Keltenstrasse von der Templerstrasse kontinuierlich verringert, je weiter östlich sie sich vom Oberlauf der Seine entfernten, treffen die Trassen beider Strassen etwa im Bereich der Stelle, an der das Flüßchen Tille enstpringt, bei dem Keltenort Beneuvre einerseits und dem Templerort Busserotte-et-Montenaille andererseits wieder zusammen. Beide Wege führen sodann – wohl auf der gleichen Trasse – von hier aus weiter südöstlich nach Selongey, ein Ort, in dem sowohl die Kelten als auch die Templer sich niedergelassen haben sollen.

Abschnitt der Überlandbrücke zwischen Vix und Selongey (google.maps)

Auf dem direkten Weg zur Saône unterhielten die Templer noch in Saint-Maurice-sur-Vingeanne und in Autrey-lès-Gray eine Station. Gray war ein keltischer Fürstensitz und der gemeinsame Umladepunkt zur Saône, obwohl für die Templer in Gray keine Besitzung nachweisbar, aber für das Be- und Entladen von Schiffen auch nicht unbedingt erforderlich gewesen ist. Zwischen Selongey und Gray ist bis heute noch kein weiterer Ort der Kelten nachweisbar, aber wahrscheinlich, zumal im Umkreis von bis zu 20 Km um Gray keltische Großgrabhügel bekannt sind. Sowohl die Kelten als auch die Templer unterhielten Niederlassungen in Selongey und auch 10 Km weiter südlich auf der Via Agrippa in Til-Chatel, wo die Tille sich mit der Via Agrippa kreuzt.

Abschnitt der Überlandbrücke zwischen Beneuvre und Gray (google.maps)

Möglicherweise gab es zwischen dem Ursprung der Tille bei Beneuvre bzw. Busserotte-et-Montenaille und Til-Châtel noch eine alternative Strasse im Tal der Tille, wofür etwa der 10 Km flußaufwärts von Til-Châtel liegende, angebliche Templerort Villey-sur-Tille (Aubarbier, S. 78) und die Lage des aktenkundigen Templerortes Ferme de Montmorot sprechen könnte. Ein Keltenort ist in diesem Abschnitt der Tille bisher nicht nachgewiesen. Ob der Oberlauf der Tille tatsächlich für den Warentransport benutzt werden konnte, ist noch fraglich und würde umfangreiche Untersuchungen erfordern. Ab Til-Châtel erscheint der – ungestaute – Fluss Tille ausreichend breit. Ob die Kelten am Unterlauf der Tille bis zur Saône weitere Stützpunkte unterhielten, ist nicht bekannt.

Es ist denkbar, jedenfalls derzeit nicht auszuschließen, dass die Templer einige hundert Meter westlich von der Commanderie Fontenotte eine Art Hafenbecken ausgehoben und einen Verbindungskanal von dort nach irgendeinem nahegelegenen Punkt der Tille gegraben haben könnten. Dort könnte theoretisch die Umladung der Güter von Flachboden-Kähnen auf Ochsenkarren stattgefunden haben und die jeweilige Zwischenlagerung bis zum Abtransport nach Norden oder Süden in den reichhaltig vorhandenen Schuppen und Scheunen der Commanderie Fontenotte organisiert worden sein. Hier ist aber noch Beweis zu erheben. Das ist nur eine Spekulation.

Entlang des Unterlaufes der Tille ab Til-Châtel gab es jedoch nach Aubarbier, S. 78.f, bis zur Mündung der Tille in die Saône bei Les Maillys (Hafenanlagen vorhanden) im Abstand von je ca. 20 Km die Templerorte Ruffey-lès-Echirey, Fauverney und Trouhans, die zwar nicht direkt am Ufer der Tille gelegen haben mögen, aber jeweils nur wenige Kilometer weiter westlich.

Im 16. Jh. scheint die Stadt Dijon die Funktion der Umladestation übernommen zu haben, möglicherweise mithilfe der Flüsse Yonne (nach Norden) und Ouche (nach Süden)  (Wikipedia).   Spätestens anläßlich der Fertigstellung des Canals de Bourgogne in 1843, der ca. 5 km unterhalb der Tille bei Sainte-Jean-de-Losne in die Saône  mündet, verloren diese Landbrücken jegliche Bedeutung. Auch letzterem war nur eine kurze Erfolgsgeschichte beschieden, weil im Jahre 1851 mit dem Bau von Eisenbahnen in der Region begonnen wurde (a.a.O.)

 

 

Beitrag noch in Bearbeitung, letzter Stand 24.04.2018

 

 

 

Mai 2018, Grand-Est: Nachträge für Elsass, Burgund und Champagne

Vatertag und ein verlängertes Wochenende. Zeit für die Ordensritter. Drei Tage und 1.400 km später entstand dieser Reise-Kurzbericht. Ich habe eine Rundreise über das Elsass, das Burgund, die Champagne und Lothringen zusammengestellt, um die To-do Liste für versäumte Ziele in diesem Bereich weiter abzuhaken.

1 Elsass

Fangen wir also beim Elsass an. Die Templerorte dürfte ich alle schon haben, aber auch Deutsch-Ordensritter und Johanniter waren hier zahlreich präsent. Ich plane einen eigenen Bericht über eine der wichtigsten Fernstrassen in Europa, nämlich die alte (linksrheinische) Römerstrasse von Basel nach Köln, entlang derer alle drei Ritterorden – in unterschiedlicher Dichte – ansässig waren.

1.1 Boersch, Bas-Rhin

Erstes Ziel Boersch, Deutsch-Ordenskommende nahe des Mont-Saint-Odile und dem Templer-Ort Ottrott:

Deutsches Haus, 67530 Boersch

1.2 Kayersberg, Haut-Rhin

60 Km weiter südlich – in unmittelbarer Nähe wiederum zum Templerort Bergheim – hat sich der Deutsche Orden eine weitere Niederlassung gegönnt. Eine prachtvolle Kirche aus dem 12. Jh. in der malerischen Ortschaft Kaysersberg:

Deutscher Orden, ehemalige St. Marien-Kirche, 68240 Kaysersberg

1.3 Rixheim, Haut-Rhin

Weitere 60 Km südlich von Kaysersberg befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Stadt Mulhouse, in der die Johanniter ansässig waren, das ehemalige Schloß des Deutschen Ordens von Rixheim.

Château des Chevaliers Teutoniques, 68170 Rixheim

Ich übernachtete, wie stets, wenn ich im südlichen Elsass ankomme, im Hotel Au Lion Rouge in Bartenheim. Es liegt nur ca. 10 Km von meinem letzten Ziel entfernt und so konnte ich mich auf ein baldiges Abendessen freuen. Zwischen der Foie Gras und dem Bavette vom Angus-Rind – und befeuert durch einen halben Liter Côte-du-Rhône – beschloß ich, noch in diesem Jahr einen Spezialthread über alle Ritterorden im Elsass zu schreiben. Ich hatte jetzt fast alle Ziele der Johanniter, Templer und des Deutschen Ordens zusammen. Aber nur fast alle, denn ein letztes Ziel stand für den Morgen des nächsten Tages noch aus.

Bei diesem Abendessen kam bei mir auch erstmals die Idee auf, ob nicht die Ritterorden – gerade hier im recht engen Rheintal – irgendwelche Abkommen untereinander geschlossen haben, etwa um sich nicht gegenseitig unerwünschte Konkurrenz zu machen. Oder etwa, um sich gegenseitig behilflich sein zu können? Es erschien mir daher zweckmässig, demnächst in einem Spezialbeitrag über das Elsass einheitlich für alle Ritterorden zu berichten. Auch in Mainz waren alle drei Orden begütert und hielten es in enger Nachbarschaft offenbar gut aus. So eine enge Nachbarschaft der drei Orden kennt man sonst nur etwa aus Jerusalem und Akkon. In der Pfalz liegt Ober-Flörsheim (DO) in unmittelbarer Nähe zu Hangen-Weisheim (Joh.) und Osthofen (TRO). In Frankfurt gab es Johanniter und den Deutschen Orden. Neuere Forschungen scheinen auch eine Templerpräsenz in Frankfurt zu bestätigen (Templerlexikon)

Was meine Leser bis heute noch nicht wissen können: Ich habe zu Beginn des letzten Jahres meinen Fokus erweitert und untersuche seither nicht nur die heute noch sichtbaren Reste der Niederlassungen der Tempelritter, sondern vielmehr auch die der anderen beiden großen Ritterorden, der Johanniter und der Deutschordensritter.  Mir fehlte nur noch das passende Format für diese Berichte. Daneben sind in letzter Zeit offenbar so viele Reisen zusammengekommen, sodaß dazwischen nicht genug Zeit blieb, das Bildmaterial in Berichten zusammen zu  fassen und zu kommentieren.

1.4 Friesen, Haut-Rhin

Nach einem betont leckeren Frühstück – es gab selbstgemachte Waffeln – machte ich mich auf, zum letzten Ziel im Elsass, das mir noch fehlte. Das Ziel war nach 35 Km erreicht.

Johanniterkirche, 68580 Friesen

Westfassade, Johanniterkirche Friesen

Friesen ist die letzte Station der Johanniter auf der deutschsprachigen Seite der Überlandstrecke in der Porte d’Alsace/Burgunderpforte. Nach dem Pass, der sogenannten „Ueberstrass“ wird es dort frankophon, d.h., die Ortschaften tragen ab hier Namen mit erkennbar französischem Ursprung. Nachdem ich mich die letzen Wochen intensiv mit einer Überlandstrecke im Burgund auseinandergesetzt hatte, wußte ich durch die Veröffentlichungen Martin Kuckenburgs, dass weiter östlich eine weitere Wasserscheide besteht, nämlich die zwischen dem Doubs und dem Mittelmeer einerseits und dem Rhein und der Nordsee andererseits. Dadurch keimte in mir die Idee, dass sich hier vielleicht eine solche Wiederbelebung keltischer Überlandverbindungen wiederholt haben könnte. Nur waren diesmal nicht die Templer, sondern die Johanniter die Akteure.

2 Franche-Comté

Ich hatte schon zuvor ermittelt, dass sich Friesen etwa 30 Km südwestlich von Mulhouse befindet. Dort hatte ich letztes Jahr eine prachtvolle Johanniterkirche besichtigt. Ausgehend von der Theorie, dass Friesen die vorletzte Station der Überlandverbindung der Johanniter sein müßte, suchte ich nun nach einem geeigneten Ort für die Umladung der Frachten auf Boote. Von den Kelten war bekannt, dass sie ab Bragny den Doubs für die Weiterverschiffung von Waren in den Elsass, die Schweiz und den Neckarraum benutzten.

Friesen war auch wieder exakt 30 Km von dem östlichsten Punkt des Doubs entfernt, dessen Oberlauf sich ab Audincourt in einer weitläufigen Schleife wieder zurück nach Westen vom Oberlauf des Rheins wegwendet. Insoweit hat man es bei der sog. Burgunderpforte auch  mit einer Wasserscheide zu tun.

2.1 Audincourt

Über Audincourt wußte ich nicht viel, bis auf dass dort eine Steinbrücke über den Doubs existiert und an der Schifflände eine Kirche steht, die „Temple“ genannt wird.

Le Temple d’Audincourt

Es wäre zwar verlockend gewesen, das anzunehmen, aber diese Kirche hat wohl nichts mit dem Templerorden zu tun. „Le Temple“ heissen in vielen Regionen Frankreichs heute noch die lutherischen Kirchengebäude.

Der Ort war dennoch sehr schön und die Reise hierher hatte sich gelohnt. Denn die entsprechenden Steganlagen und Verkehrszeichen liessen mit einem Blick erkennen, dass der Doubs bis hierhin schiffbar ist. Die Anwesenheit eines der Ritterorden liess sich jedoch für Audincourt nicht feststellen.

2.2 Valentigney

Erst bei der Nachbereitung der Bilder gelang mir insoweit der Durchbruch. In dem Buch von Gérard Moyse, Les hospitaliers de Saint-Jean de Jérusalem dans le diocèse de Besançon en 1373, Rom, 1973 findet sich an mehreren Stellen der Eintrag, dass die Johanniter tatsächlich in Valentigney begütert waren.

Auszug aus Seite 502 des genannten Buches

Wappen von Valentigney, aus Wikipedia

Valentigney liegt am anderen Ende der Brücke und der Stadt Audincourt unmittelbar gegenüber, am linken Ufer des Doubs. Der Ort ist daher als Umladestation genauso gut geeignet wie Audincourt. Davon, dass die Johanniter sich hier niedergelassen haben, zeugt das weisse Johanniterkreuz auf blauem Feld im Stadtwappen. Das Wappenfeld oben links erinnert nicht etwa nur zufällig an das Emblem des VfB Stuttgart. Sowohl Audincourt als auch Valentigney gehörten noch bis 1796 zu der damaligen Grafschaft Württemberg-Mömpelgard mit ihrer Hauptstadt Montbéliard.

Es bleibt einem weiteren Beitrag vorbehalten, diese Überlandstrecke genauer zu dokumentieren. Einstweilen freue ich mich, dass mir diese offenbar neue Entdeckung gelang. Ich habe noch keine Literaturstelle dazu gefunden.

3 Burgund

Um mein nächstes Ziel auf der Tagesordnung zu erreichen, mußte ich zunächst etwa 160 Km  in westsüdwestliche Richtung fahren. Die Autobahn A 36 läuft hier mehr oder entlang des Flusses Doubs. In meinem Bericht über die Templerstrasse zwischen Châtillon-sur-Seine und der Saône erwähnte ich eine alternative Templerstrasse, über die ich noch nähere Nachforschungen anstellen wollte.

 

Anhand der Fülle des neu aufgetauchten Materials habe ich entschieden, über diese Teilstrecke der Templerstrasse einen gesonderten Bericht abzufassen, wobei ich – zur Vermeidung überflüssiger Fahrten – meinen Bericht im Süden, im Mündungsgebiet von Tille und Saône, beginnen möchte:

3.1 Trouhans

Über die Templerpräsenz in Trouhans fand sich bei Aubarbier auf Seite 79 nur ein knapper Vermerk: „Notons, à Trouhans, le lieu-dit la Croix Rouge“. Dies erwies sich bei der Nachschau vor Ort jedoch als nicht zutreffend. Einen solchen Ort gab es dort nicht.

Église Saint-Martin, 21170 Trouhans

Die Kirche ist nicht aus der Templerzeit. Im Ort gibt es ein recht modernes Schloß, das für Hochzeitsfeierlichkeiten genutzt wird. Hinweise auf die Templer konnte ich keine entdecken. Es ist festzuhalten, dass dieser Ort direkt an der Ouche liegt. Die Ouche spielte im 16. Jahrhundert für die Stadt Dijon eine große Rolle und den Überlandtransport zwischen der Yonne und der Saône erheblich zu verkürzen. Dijon verdankte diesem einträgliches Geschäft ihren Wohlstand (Wikipedia).

Die Ouche bei Trouhans. Links im Bild der Damm mit einem gut erkennbaren Treidel-Pfad

3.2 Fauverney

Nach Delphine Marie (S. 124) gehörte die „templerie“ von Fauverney zur Commanderie La Madeleine in Dijon. Es existiere dort nicht mehr als eine Kapelle aus dem 18. Jahrhundert, genannt „Le Temple“. In Templiers.net findet sich folgende Lageskizze:

copyright www.templiers.net

Eine Kapelle habe ich vor Ort nicht gefunden. Die Kirche hat wohl nichts mit den Templern zu tun. Sie ist schön, wirkt aber arg rekonstruiert.

Église Saint-Georges de Fauverney

Wie ich so durch den Ort fuhr, bemerkte ich ein Schild „Salle de Chassagne“. Dabei fiel mir ein, dass ich am Ortseingang ein Strassenschild gesehen hatte: „Ferme de Chassagne“. Die wollte ich mir ohnehin ansehen. Chassignelles heisst ein Templerort mit Farm im Departement im Departement Yonne. Und nach Marie, S. 134 , gibt es ein maison der Templer mit dem Namen Chassagne daneben noch im Departement Haute-Marne, arrondissement de Langres, canton de Prauthoy, commune d’Isômes. Es konnte also nicht schaden, dieser Ferme einen Besuch abzustatten. Die Ferme lag ca. 500 Meter ausserhalb, war größtenteils mit Mauern umgeben und hatte durchaus die Größe einer ehemaligen Templercommanderie.

Château de Ferme de Chassagne, Fauvernay

Das Château wurde von einer wohlhabenden Familie aus Dijon errichtet und stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert. Im Internet gibt es kein Hinweis auf einen Templerbezug des Anwesens.

In dem Anwesen ist jetzt die Mairie untergebracht und die Lokalität läßt sich mieten.

Der Ort Fauverney liegt an der Ouche. Aber auch die Tille ist hier ganz nah, in Spaziergangdistanz. Beide Flüsse sind auch hier mit Treidelpfaden gesäumt. Für eine Templerpräsenz habe ich keine Hinweise entdecken können. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Schloss an der Stelle einer früheren Templerei errichtet wurde. Auch hier sind Teiche in der Nähe der Ferme.

3.3 Ruffey-lès-Echirey

Das nächste Ziel auf der Liste sollte sich als das geheimnisvollste erweisen. Weder in der Literatur noch im Internet war viel über die Templerpräsenz in Erfahrung zu bringen. Bei TEMPLARII gab es einen kurzen Eintrag und auch bei Templiers.net. Aubarbier erwähnt diesen Stützpunkt, Marie Delfine nicht. Die Kirche im Ort war modern. Sonst war auf dem Stadtplan vor der Marie nichts als Sehenswürdigkeit beschrieben, das etwas mit dem Orden zu tun haben könnte. Allerdings entdeckte ich an der südwestlichen Ecke der Bebauung eine Sackgasse mit dem Namen Cour du Château. Merkwürdigerweise gab es keinen Hinweis, dass das eine Touristenattraktion wäre, was man sonst bei Schlössern doch erwarten durfte. Ich vermutete deshalb, dass es sich hier um Privatbesitz handelt. Umso besser! Da musste ich natürlich sofort hin.

Ich stellte meinen Wagen also noch im Bereich der Kreuzung ab und öffnete die Tür, als schon von allen Seiten Hundegebell ertönte. Ich habe nichts gegen Hunde, also lief ich ein paar Schritte in diese Sackgasse hinein. Rechts und links der Gasse waren Wohnhäuser und im Hintergrund konnte man ein Gehöft erahnen. Bis dahin kam ich aber nicht. Mein Versuch, das Schild „defense d’entrer absolument“ geflissentlich zu ignorieren, weil ich mit deutschem Nummernschild schliesslich weitgehende Sprachunkenntnis vortäuschen könnte, verfing leider nicht. Eine resolute Dame verließ ihren Vorgarten und kam auf mich zu. Es sei nicht gestattet, weiterzugehen und zwar unter keinen Umständen. Es fühlte sich an, als wäre ich hier in ein „Fünf Freunde Abenteuer“ von Enid Blyton hieingeraten…. 🙂

Nun gut, deshalb hatte ich mir – ganz cool – einen Plan B zurecht gelegt. Ich schlich mich also aus dem Ort hinaus und von draußen gelangen mir dann die Aufnahmen, die ich brauchte:

Château de Ruffey-lès-Echirey

Das Château ist aus dem 16. Jahrhundert. Es war vor Ort nicht in Erfahrung zu bringen, was es damit auf sich hat.

3.4 Til-Châtel

Til-Châtel ist selbst kein Templerort. Die Kirche ist aber sehr beeindruckend. Der Bau begann 1116 auf Betreiben des Erzbischofes Guy de Vienne (Webseite der Stadt Til-Châtel).

Saint-Florent-et-Saint-Honoré in Til-Châtel

Zahlreiche Würdenträger der Commanderie Fontenotte aus dem Hause derer von Til-Châtel sind hier begraben und es zeugen erstaunlich gut erhaltene Grabplatten von ihrem Wirken (näheres bei Geocaching).

3.5  Villey-sur-Tille

Über einen Templerbezug dieses Ortes habe ich nur einen Hinweis bei Aubarbier entdeckt. Delfine Marie schweigt. Und das Internet auch. Selbst bei Templiers.net fand ich nichts. Im Ort  gibt es ein Château. Man hat kaum Einsichtsmöglichkeiten. Es läßt sich von aussen jedenfalls einen „pigeonnier“, einen Taubenturm, ausmachen. Da knistert es schon verdächtig, denn viele Templereien hatten einen solchen Taubenturm. Aber andere Gutsherren sicher auch.

Im Internet konnte ich erfahren, dass dieser Turm „Pigeonnier Permigny“ heissen soll.

Die Rampe hinab zur Tille war interessant. Sie ware breit genug, dass man sich hätte vorstellen können, dass dort Kähne oder Lasten hätten hochgezogen werden können. Die Tille ist aber da unten keinen Meter breit und recht steil, d.h. für Wasserfahrzeuge aller Art definitiv ungeeignet. Als Mühlbach hätte sie wohl dort eingesetzt werden können. Ich sah einige Vorrichtungen, die darauf schliessen lassen.

Château de Villey-sur-Tille

Fazit: Es gab keinen Anlaß, diesen Ort noch länger auf der Templerliste stehen zu lassen. Da Aubarbier auch keine Fundstellen für seine Behauptungen angibt, bleibt mir derzeit nichts anders übrig.

Weiteres Ergebnis: Es gibt insgesamt nicht genügend Beweise für die Annahme, es gäbe eine „Templerstrecke entlang einer Tille-Route“. Die ausgewiesenen Templerorte sind der Ouche näher als der Tille.

3.6 Leuglay

Dass diese Kirche einst von den Templern erbaut wurde, bestreitet niemand. Sie zeigt sich allerdings in ihrem derzeitigen Zustand als Werk der Johanniter aus dem Jahr 1554. Wer sich für die zum Teil erstaunlichen „Innereien“ der Kirche interessiert, dem sei dieser Link empfohlen.

Als ich den Ort besuchte, war die Kirche verschlossen und ich hatte noch zuviel auf dem Programm, um mich nach dem Schlüssel zu erkundigen. Allen Liebhabern der Innerräume von Kirchen sei gesagt, dass es in Frankreich immer einen Nachbar gibt, der einem helfen würde, den Besitzer des Schlüssels zu kontaktieren, wenn man nur freundlich genug fragt. Mir hat es bisher immer die Seelen der Leute aufgeschlossen, wenn ich gesagt hatte, ich wäre x-hundert Kilometer gefahren, um diese oder jene Kirche zu besuchen. Man muß wohl wenigstens etwas französisch beherrschen, um festzustellen, dass sich hinter der reservierten Höflichkeit der Franzosen eine Art unaufdringliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft verbirgt, die man nicht erlangt, wenn man einfach in seiner eigenen Sprache drauflos spricht. Wer mag das schon… :). (Gut, ich gebe zu, in Ruffey-lès-Echirey hat mein Trick NICHT geklappt 🙂

Westfassade der Johanniterkapelle von Leuglay

4 Champagne

Vom nördlichen Burgund war es nicht mehr weit zu meinem nächsten Etappenziel in der Champagne, wo ich auch übernachten wollte. Und es zog mich eher nicht zufällig wieder in mein Lieblingshotel Le Tadorne in Piney am Lac du Temple.

Hotel Le Tadorne, 10220 Piney

In meinem Bericht über den letzten Aufenthalt in dieser Gegend im Februar 2017 konnte ich nur einen kurzen Hinweis auf die sehr zahlreichen fermes der Templer in näherer Umgebung der Gemeinde Piney unterbringen. Für dieses mal hatte ich mir vorgenommen, wenigstens die ersten vier Gehöfte einmal selbst aufzuzuchen.

copyright Templiers.net

copyright Google maps

An der westlichen Strasse unterhalb von Piney, der D1, trifft man zunächst nach wenigen Kilometern auf die Ferme de Bonlieu.

4.1 Bonlieu

Der Name aus der Templerzeit wird heute noch für diesen Landwirtschaftsbetrieb fortgeführt. Gebäude aus der Templerzeit (oder Reste davon), waren von der Strasse aus nicht auszumachen und sind recht unwahrscheinlich.

Ferme de Bonlieu, 10220 Piney

4.2 l’Hôpiteau

Nur wenige hundert Meter weiter südlich und auf der gegenüberliegenden Seite der D1 fand ich mühelos die ehemalige Commanderie du Temple de l’Hopiteau, ebenfalls ein modernisierter Landwirtschaftsbetrieb.

Hier gab es etwas ältere Bauten zu sehen, aber diese sind wohl auch nicht aus der Templerzeit.

Das Hinweisschild am Eingang läßt keinen Zweifel, dass ich das Ziel gefunden hatte

4.3 La Loge Madame

An der östlichen Strasse D79 lagen in diesem Bereich zwei ehemalige Templerfarmen

ferme de La Loge Madame, 10220 Piney

4.4 Maurepaire

und wieder ein paar hundert Meter südlich diese hier:

ferme de La Maurepaire, 10220 Piney

Es gab keine Veranlassung, die Betriebe zu betreten. Man konnte auch aus der Distanz gut erkennen, dass auf keinem der Anwesen Reste einer Kapelle vorhanden waren und die Zweckbauten waren sämtlich auch aus der Distanz als modern zu erkennen. Ich wollte die Privatsphäre der Bewohner nicht stören und machte mich auf den Rückweg, auf dem auch  das letzte Etappenziel dieser Reise lag.

5 Lothringen: Bazoilles-sur-Meuse

Diesen Ort hatte ich mir ausgesucht, weil er auf der Via Agrippa von Chalon-sur-Saône nach Metz liegt und von manchen Quellen (etwa Aubarbier, S. 52) als Templerort bezeichnet wird. Das ist allerdings nicht unumstritten. Bei Templiers.net findet sich kein Eintrag. Die Seite Templarii enthält einen etwas kryptischen Eintrag, der Templerpräsenz andeutet. Für diese Annahme scheint auch der Umstand zu sprechen, dass die Via Agrippa auch im überigen sehr dicht und auffallend regelmässig Templerorte passiert. Von Metz sind es 60 Km nach Libdeau bei Toul. Von dort wiederum ist Bazoilles-sur-Meuse ebenfalls 60 km entfernt und in weiteren 60 Km liegt die Bischofs- und Templerstadt Langres:

Es sprach also genug dafür, diesem Ort einen Besuch abzustatten, zumal sich dort eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert  befindet.

Église Saint-Martin, 88300 Bazoilles-sur-Meuse

Der Schutzheilige dieser Kirche ist über einem Seitenportal mit einem kleinen Reiterstandbild verewigt.

St. Martin, Bazoilles-sur-Meuse

Allerdings spricht einiges dafür, dass diese Kirche nicht den Templern, sondern dem Deutschen Orden gehört hat. Daß der Deutsche Orden hier im Ort tatsächlich begütert war, ist durch Dokumente beweisbar:

Aus Henri d’Arbois de Jubainville, L’Ordre teutonique en France, 1871 S. 67

Vor allem aber dieses Detail auf dem Seitenfenster an der Südfassade scheint zu bestätigen, daß wir es hier mit einer Kirche des deutschen Ordens zu tun haben.

Die große Marienfigur ist mehr als typisch für die Marienritter (vgl. Kommende Frankfurt, Kommende Kaysersberg). Viele Deutschordensburgen heissen Marienburg (Malborg) oder ähnlich. Mergentheim ist altfränkisch für Marienheim. Ausserdem haben die Templer viel seltener Gemeindekirchen als die Johanniter oder Deutschordensritter unterhalten.

Der Beitrag aus Vosges matin erklärt die Legenden um „Templergespenste“ in einer nahegelegen Feengrotte schlicht mit einer Verwechselung der Orden. Sei es wie es sei, die Ortschaft ist gewiß als Station auf einer wichtigen Handels- und Pilgerroute zu sehen, was sich fast unwiderleglich aus den planmässigen Abständen ableiten läßt.

Fazit: Die Deutschordensritter hatten im Elsass alle 60 Km eine Station. Die Strecke zwischen Langres und Metz ist ebenfalls alle 60 Km mit einer Station von Ordensrittern besetzt, wobei hier die Aufgabe scheinbar unter zwei Ritterorden aufgeteilt wurde. Das Nebeneinander oder Miteinander verschiendener Ritterorden bei der Sicherung oder Flankierung von Handels- und Pilgerwegen in Westeuropa  wird gesondert untersucht werden müssen. Soweit ersichtlich hat sich auch diesem Thema bisher noch niemand systematisch angenommen.

Frankfurt, 01.06.2018

 

 

 

2011 Franche-Comte 2

Templer in der Franche-Comté, Teil 2

Mein Mit-Forscher Thorsten Stute arbeitet – wie gesagt – am Buch über die Templer in der Schweiz. Er fand heraus, dass es unabdingbar ist, sich besonders um die Templereien in der Franche-Comté zu kümmern, ohne die das Problem der Templer mit der Schweiz nicht darstellbar sein würde. Ich will nicht zu viel verraten. Ich zeige nur einige Templerkapellen, die ich auf meiner ersten Reise in diese Région (bitte hier nachlesen) nicht „mitnehmen“ konnte. Wir nächtigten und speisten wieder hervorragend in unserer – meinem geneigten Leser bereits bekannten – immer noch sehr empfehlenswerten Bleibe in Champlive: http://www.auberge-chateau-vaite.com. 

 

1. Fay

Direkt nach unserem Eintreffen in unserer Bleibe am Freitag nachmittag, machten wir uns auf den Weg, die Ruinen der Kapelle von Fay nochmal zu suchen, die sich in der Nähe des Ortes Dammartin-les-Templiers befinden musste. Vgl. die erste Reise in die Franche-Comté. Thorsten hatte die Zwischenzeit genutzt und das Gelände ausgiebig und gründlich mit den Satelliten-Bildern von google untersucht. Den von ihm ins Auge gefassten Standort hat er sich per e-mail Anfrage vom Bürgermeister ders Ortes Dammartin-les-Templiers bestätigen lassen. Das Gelände steht in Privateigentum, sodass ich darauf verzichte, hier einen Lageplan einzufügen. Aber Bilder möchte ich schon zeigen:

Fay1Die farblich veränderte Grasnarbe zeigt die Lage der ehemaligen Umfassungs-Mauer des Komtureigeländes an.

Fay2Das sind Reste einer zusammengesunkenen Gebäude-Mauer. An manchen Stellen liegen noch von Menschenhand behauene Steine frei.

Fay3Die deutlichste Spur der Ruine: der Brunnenschacht

Der Bürgermeister sollte uns noch darauf hinweisen, dass er es sehr bedauert, dass die staatliche Denkmalpflege hier keinen Handlungsbedarf erkennt. Offenbar ist die Komturei einem Brand zum Opfer gefallen und wurde nicht wieder aufgerichtet. Das Abendessen im Château de Vaite hat uns jedoch aufgerichtet und uns bereits jetzt für die doch recht lange Anreise entschädigt.

Am nächsten Tag fuhren wir zunächst in Richtung Süden, ins Departement 39 Jura und untersuchten einige der dortigen Templerorte auf sichtbare Spuren. Auf unserer Tour durch die südliche Franche-Comté, auf den alten Wege von Dole in Richtung Schweiz besuchten wir die Region um Montagna-le-Templier.  Um 1237 bekamen die Templer dort rund 20000 km² Land vom Comte de Bourgogne geschenkt. In dieser hügeligen Waldregion bauten sie diverse Häuser und Kirchen. Während Montagna-le-Templier nur den Namen erbte, sind es die kleinen, angrenzenden Gemeinden, wo man Reste von den Templern finden kann, auf einem Hügel bei Villechantria, in Saint-Julien und in den Ruinen von La Creux. Für diese Orte, die alle etwas unzugänglich sind, bedarf es entsprechender Ausrüstung, über die wir nicht ausreichend verfügten. Thorsten Stute wird davon später noch berichten.

 

2. Montagna-le-Templier

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Waldkapelle, 39347 Montagna-le-Templier

Auf dem Weg dorthin begegnet man der Kapelle von St. Alban aus dem 15 Jhd. Es ist keine Templerkapelle, aber ein Ort mit irgendwie eigentümlicher Ausstrahlung. Eine Heilquelle entspringt hinter der Kapelle und fliesst unter ihr hindurch, Kranke wurden früher dort und der in der Nähe liegenden Maladerie gepflegt. Die Tür der Kapelle zeigt zum Wald.

3. Dramelay

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Kapelle, 39240 Dramelay

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Château de Dramelay, Geburtsort des 4. Grossmeisters der Templer, Bernard de Tremelay (1151 bis 1153)

Der Weg zur Burg und zu einer besonders schönen Kapelle war aufgrund der tagelang zuvor herrschenden, schlechten Witterung ab hier schlichtweg unpassierbar, es sei denn, wir hätten Neopren-Anzüge und eine kleine Planierraupe im Gepäck gehabt. Das muss man mal im Sommer erklimmen.

4. Chatagna

Etwas weiter nördlich von Dramelay befindet sich der kleine Templerort Chatagna  auf dem Gebiet der Gemeinde Chavéria. Ein winziger Ort, eine sehr hübsche Templerkapelle dominiert ihn.

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Chapelle des Templiers39270 Chatagna

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Rückseite, Kapelle von Chatagna.

 5. Graveleuse

Einige Kilometer nordwestlich von Chatagna erreichten wir unsere letzte Etappe für diesen Tag, die Templerkapelle von Graveleuse auf dem Gebiet der Gemeinde Rosay. Die Templerkapelle ist aus dem 12. Jhd. und dort unterhielten die Templer ab dem Ende des 12. Jhd. ein Hospiz (Aubarbier, S. 63 und Inschrift). Davon steht kaum noch etwas, aber auch diese Kapelle ist sehr hübsch. Sie befindet sich ausserhalb eines Ortes auf dem Gelände eines Bauerhofs und ist von einigen Mauerresten umstanden, die durchaus auch noch aus der Templerzeit stammen könnten.

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Chapelle des Templiers39466 Graveleuse

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Altar und Ostchor

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Malteserkreuz auf dem Schlussstein des Chors

Der Ort Graveleuse lag nach der Inschrift des Tableaus vor der Kapelle an der alten Römerstrasse von Lyon (Lugdunum) nach Besançon (Vesontio). Nun beendeten wir unsere Tour und freuten wir uns auf unseren Aperitif mit dem Bürgermeister von Dammartin-les-Templiers und auf unser Abendessen.

6. Montussaint

Am zweiten Tag stand unsere Hauptattraktion an, die Commanderie von Falletans bei Dole. Auf dem Weg dahin streiften wir den Ort Montuissant, nördlich von Baume-les-Dames. Dort soll es Templerkreuze aus Stein zu sehen geben (Aubarbier, S. 64). Vor der Dorfkirche, rechts neben dem Eingang fanden wir diesen kreuzförmigen Stein. Es gab in dem Ensemble noch einen Stein, der die sog. fleur-de-lys, die Lilienblüte, zeigte. Dieses heraldische Symbol steht in einem besonderen Bezug zu Frankreich.

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Dorfkirche25680 Montussaint

Es könnte sich um einen Grenzstein handeln, oder auch um eine Grabstele. Im Volksmund würde dieser Stein jedenfalls Templerkreuz genannt und es ist angegeben, dass diese Objekte sehr selten in der Gegend gefunden worden seien. Das eingravierte Kreuz mit den Querbalken an den Enden erinnert an das Jerusalemkreuz (Kreuz des Ritterordens des hl. Grabs von Jerusalem.) http://de.wikipedia.org/wiki/Ritterorden_vom_Heiligen_Grab_zu_Jerusalem.

 

7.  Le Temple-lez-Dole, Dole – Falletans

Schließlich fuhren wir nach Dole, der Hauptstadt des Dept. 39 Jura. Dort waren die Templer auch begütert, aber es steht dort nichts mehr. Östlich vor den Toren von Dole befindet sich die Gemeinde Falletans, in deren Gebiet die Templerkomturei sich befindet. Die Kirche soll Steinskulpturen von Ritterköpfen zeigen, die wir aber nicht fanden.

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Eglise39700 Falletans

 

Die Kommanderie von Dole wurde nach 1131 als Erste in der Freigrafschaft gegründet. Einer der ersten Kommandeure war 1134 Bernard de Dramelay, welcher später für kurze Zeit Grossmeister des Ordens wurde. Die eigentliche Kommanderie liegt einige wenige Kilometer südöstlich in einer Ansiedlung mit dem Namen Le Temple rechtsseitig der Doubs, oftmals auch als Kommanderie von Falletans bezeichnet.

 Hinter einer alten, ehemals massiven Mauer findet sich das Hauptgebäude der Komturei, dessen Erdgeschoss ein herrliches Tonnengewölbe aus dem Mittelalter aufweisen soll. Das Anwesen ist derzeit offenbar verlassen, es wurde zuletzt von einem Künstler bewohnt.

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Maison des Templiers39700 Temple-lez-Dole

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Schild am ehemaligen Haupteingang der Komtureianlage

Hier endete unser Ausflug in die Franche-Comté, wir verabschiedeten uns von unseren wahlschweizerischen Mitforschern und kehrten getrennter Wege nach Hause zurück.

2010 Franche-Comte

Templer in der Franche-Comté

Die Région Franche-Comté  (sogenannte Freigrafschaft Burgund), unterhalb Lothringens, eingezwängt zwischen Burgund, Elsass und Schweiz, nördlich begrenzt durch die Porte d’Alsace, (der einzige Durchgang zwischen den Alpen und den Vogesen), stößt im Süden an das Department Ain (Rhône-Alpes). Es gibt 4 Departements, 70 Haute-Saône, 39 Jura, 25 Doubs und 90 Territoire-de-Belfort (nur die Stadt Belfort).

Die Gegend ist erst unter Ludwig XIV nach heftigen Gefechten zu Frankreich gekommen. Der Freigraf war vorher Vasall des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

Man sprach aber Französisch, die Sprachgrenze ist früher wie heute die Porte d’Alsace. Wer das Franche-Comté kontrolliert, kontrolliert nicht mehr und nicht weniger, als den wesentlichen Teil des Waren- und Personenaustausch zwischen Frankreich und Deutschland.

Ich nutze einen Elsass-Trip im September für einen Abstecher in diese ehemalige Freigrafschaft, die für ihren ausserordentlich guten Bergkäse und für bestimmte Kirchsturmspitzen berühmt ist, um mir einige Templerorte dort näher anzusehen. Meine Ziele lagen in den Departements 25 Doubs und 70 Haute-Saône. Mir war auf der Karte aufgefallen, dass sie sich ziemlich in einer Reihe befanden. Sogar scheinbar recht regelmässig, wie Perlen an einer Kette.

Bevor ich auf das südliche Ende dieser Kette zuhielt, lag noch ein anderer Templerort auf dem Weg, den ich mir mal mit eigenen Augen anschauen wollte.

1. Station 25430 Chazot

chapelle des Étaings25430 Chazot

Es ist deutlich zu erkennen, dass diese Kapelle häufig, offenbar auch erst kürzlich umgebaut oder restauriert wurde. Es ist aber noch genug von der ursprünglichen Bausubstanz zu erkennen, dass man von einer echten Templerkapelle sprechen darf.

2. Station 25110 Dammartin-les-Templiers

Die Gründung dieses Ortes geht auf die Templer zurück. Von der Commanderie ist ersichtlich heute nichts mehr übriggeblieben. Es gibt eine Domaine des Templiers, heute eine Wellnessfarm. Dort kann man evtl. den Teich der ehemaligen Commanderie noch erkennen, aber das lässt sich wohl nicht verifizieren. Die Ortskirche wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts von den Templern erbaut, aber im 15. Jahrhundert umfangreich umgebaut, vergrössert und dem Zeitgeschmack angepasst. Der Kirchturm ist übrigens ein solch ein „reinrassiger“ clocher comtois, mit dem für die Région so typischen sog. Turmhelm

Église Saint Martin25110 Dammartin-les-Templiers

Wenige Kilometer östlich von Dammartin soll sich nach Literaturangaben (Aubarbier, S. 64) eine Templerkapelle Notre-Dame in einem Ort namens Fay befinden. Es ist mir leider nicht gelungen, etwas derartiges vor Ort ausfindig zu machen. Auch befragte Passanten konnten mir nicht weiterhelfen. Zu Hause gelang es uns später, den Ort jedenfalls schon einmal in der Cassini Karte (1750-1815) zwischen Dammartin und Bretigney zu finden.

Reproduktion: Thorsten Stute, unterhalb des blauen Winkels sieht man ein Kreuz und den Ortsnamen Fay

Auf dem google Maps Ausschnitt ist dort kein Ort und auch keine Kapelle zu entdecken.

Einigermassen entäuscht von diesem Ort beschlossen wir, eine Mittagspause einzulegen. In Dammartin selbst gab es nichts, aber im westlichen Nachbarort Champlive wurden wir fündig. Dort kehrten wir ein in eine wunderbaren Gasthaus, in dem wir nicht nur preiswert, sondern vor allem genussreich speisten und von einer ebenso überaus charmanten wie hilfsbereiten jungen Dame bewirtet wurden. Auch sie bemühte sich nach Kräften, uns bei unserem Anliegen zu unterstützen. Der Aufenthalt dort war derart vergnüglich, dass ich mir das Recht herausnehmen möchte, für dieses ausgezeichnete Haus Werbung zu machen:

Auberge de Château de Vaite, Champlive

http://www.auberge-chateau-vaite.com

Nachdem so die Kräfte wieder aufgetankt und die Laune wiederhergestellt war, fuhren wir über Besançon zu unser nächsten Templerstation, der nächsten „Perle auf der Kette“:

3. Station 70190 Villers-le-Temple

Diese Kapelle ist modern, das Gebäude steht aber an der Stelle der früheren Templerkapelle. In der Kapelle wird eine wertvolle hölzerne Madonna mit sitzendem Kind aufbewahrt, die seit den Zeiten der Templer dort ist. Leider war es diesmal nicht möglich, den Schlüssel für die Kapelle zu organisieren, das wird aber nachgeholt.

4. Station 70130 Fresne-Saint Mamès

Ziemlich genau 30 Kilometer Luftlinie, also genau ein Tagesfussmarsch in nordwestliche Richtung entfernt von diesem Ort stiessen wir auf die nächste Etappen-Station

auberge des Templiers, 70130 Fresne-Saint Mamès

Nach der Inschrift über dem Türsturz links im Bild stammt das Haus aus 1301 und ist von der Größe her eine typische Templerherberge. Das Gebäude erinnert mich an die Templer-Herberge in Bad Breisig. Es ist ebenso in der Johanniterzeit umgebaut worden. Die oberen Fenster sind 15. -16. Jh.

5. Station 70600 Pierrecourt (Aumonières)

Fast genau weitere 30 Km nordwestlich kam – nach einer Überquerung der Saône – die letzte Stations-Etappe in Sichtweite. Die Templerkirche ist heute zu einer Scheune umgebaut und in einen landwirtschaftlichen Betrieb integriert. Der Kirchturm ist teilweise eingestürzt und dicht mit Efeu bewachsen. Man könnte ihn betreten, aber ein Warnschild „danger de mort“ rät einem eindringlich davon ab. Dichte Brennessel- und Brombeerwälle wären auch ein rein praktisches Annäherungshindernis für den Sonntagsspaziergänger.

70600 Aumonières

Die nachstehende Übersichtskarte zeigt wunderschön, dass sich die hauptsächlich hier behandelten Templerorte auf einer recht geraden, von  Nordwest nach Südost-Linie befinden und alle den gleichen Abstand von etwa 30 Kilometer haben. Ein Zufall ist wohl auszuschliessen.  Einem Verkehrsschild am Saône-Übergang von Seveux kann entnommen werden, dass es sich bei dieser „Templerstrasse“ um ein Teilstück der sogenannten VIA FRANCIGENA handelt, einer uralten Pilgerstrecke von Canterbury (England) nach Rom, die ab 994 beschrieben wurde.

google maps, Reproduktion Thorsten Stute und Markus Menzendorff

Über Vercel-Villedieu-le-Camp gehts zu den Templern in der Schweiz. Die nächste Etappe ist La Chaux (CH), wo die Templer ebenfalls eine sehr wichtige Commanderie unterhielten.  Thorsten Stute arbeitet derzeit intensiv an einem in Vorbereitung begriffenen zweiten Band einer geplanten Buchserie über die Templer, darum wird jetzt nix mehr verraten.