Archiv des Autors: markus

2017, Picardie, Brie, Champagne

1. Région Hauts-de-France (Picardie), Département Aisne

Die Recherchereise im Mai 2017 führte mich in den Nordosten Frankreichs. Ich hatte einige mir nur aus Büchern bekannte Templerorte ausgesucht, die möglichst gut erhaltene Gebäudereste boten und nicht zuweit auseinander lagen. Zum einen wollte ich meine Galerie vervollständigen, zum anderen begann ich um diese Zeit, den Verlauf der schon mehrfach erwähnten via francigena im Norden Frankreichs darauf zu untersuchen, ob sich auch hier in signifikanter Dichte Templerniederlassungen entlang der Strecke finden lassen würden. Um das Ergebnis vorweg zunehmen: Meine zunächst nur vagen Vermutungen sollten mehr als übertroffen werden. Aber urteilen Sie bitte selbst!

1.1 Ferme des Templièrs, 02613 Pontavert

Die erste Übernachtung hatte ich in der Stadt Soissons (Département Aisne) gebucht. Ich war gegen 10:00 aufgebrochen und erreichte das Soissonais gegen 14:30. Das erste Ziel auf meine Liste dort war die ehemalige Commanderie von Pontavert. Man fährt auf der D925 bis zur Ortsmitte, biegt bei dem Ortschild  „le Temple“ nach rechts ab und fährt ca. 2 Km auf der D19 nach Norden. Dann steht man vor des ehemaligen Templerhofes:

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Anblick von Süden

Die Erwartungen wurden beim Anblick dieser modernen Gebäude etwas gedämpft. Es gab nichts mehr aus der Templerzeit zu sehen. Dennoch konnte man die Dimensionen der ehemaligen Commanderie im wahrsten Sinne des Wortes „abschreiten“ und dadurch unmittelbarer erfassen. Ich stellte mein Menzomobil am Nordrand des Hofs ab und dort gelang dieses Bild:

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Blick von Norden

Das Wohnhaus in Bildmitte befindet sich an der Stelle der abgebrochenen Kapelle.

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Ostflanke der Ferme von Pontavert

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Blick von Osten auf die Westflanke. Rechts das Wohnhaus, links im Bild Gebäude auf der Südseite. Die Nebengebäude scheinen teilweise unter Verwendung der alten Steine wieder errichtet worden zu sein.

Auf einer Zeichnung von 1877 präsentierte die „Ferme du Temple“ sich noch so:

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Am linken Bildrand erkennt man einen Schuppen, der etwas verändert heute noch dort steht.

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Postkarte der Ferme du Temple vor 1917

Im Jahre 1917 hat offenbar eine erhebliche kriegerische Auseinandersetzung in und um Pontavert stattgefunden. Man spricht von einer Offensive eines Generals Nivelle auf dem „Chemin des Dames“.  An der D925 befindet sich ein Soldatenfriedhof und die Kirche Saint- Médard wurde in diesem Jahr komplett zerstört:

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Saint Médard, Pontavert, 1917

Ich gehe davon aus, dass die Templerkapelle auch durch Kriegseinwirkungen zerstört wurde.

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Draufsicht auf die ferme du Temple (Copyright: google maps)

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Der Auszug aus der Cassini-Karte 1774-1814 (Copyright: Templiers.net) zeigt die Entfernung der Ferme von der Ortsmitte. Auch die heute noch existierende Wegkreuzung in Pontavert ist zu erkennen. Pontavert befindet sich 5 Km westlich von der D1044, die heute Laon mit Reims verbindet. Die Stadt Laon liegt 26 Km nordwestlich und Reims 25km südöstlich.

1.2 Ferme Catillon-du-Temple, 02270 Nouvion-et-Catillon

Mein nächstes Ziel lag ca. 50 Km nordwestlich von Pontavert. Leider habe ich mir nicht die Zeit genommen, meine Aufzeichnungen vor Ort nochmal zu kontrollieren, sondern stattdessen einfach vor der Mairie geparkt und die erstbeste mittelalterliche Kirche geknipst in der Hoffnung, sie könne etwas mit den Templern zu tun haben.

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Église Saint-Remi de Nouvion-et-Catillon

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Nordseite

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Südseite

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Hatte dieses an die Kirche anschliessende Gehöft etwas mit den Templern zu tun?

Erst nach meiner Rückkehr bei der Nachbearbeitung ist mir wieder eingefallen, dass die Commanderie Catillon-du-Temple einige Kilometer ausserhalb des Ortes liegt und dass von der Templerkapelle nur noch die Westfassade steht. Es hilft nichts, da muß ich nochmal hin. Der Besuch dieses Ortes hat trotzdem nicht geschadet. Die Kirche ist für ein Dorf mit 500 Einwohnern viel zu groß! Das kann nur bedeuten, daß hier viele Reisende mitversorgt werden mußten. Man kennt solche überdimensionierten Kirchen in sonst kleinen Ortschaften vor allem an Pilgerrouten, etwa den zahlreichen sog. Jakobswegen quer durch Europa.

Kleiner Exkurs über 120 Km nach Südosten:

Dabei mußte ich augenblicklich an die kleine Ortschaft L’Épine ein paar Kilometer östlich von Châlons-en-Champagne denken. Auch dort befindet sich eine geradezu bombastische Kirche in einem 600-Seelen-Dorf:

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Notre Dame de L’Épine, 2006

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Das Dorf L’Épine ist kein Templerort, aber wie man an dem obigen Kartenausschnitt erkennt, liegt es sehr auffällig am Ende einer Linie mit den drei Templerorten Saint-Hilaire-au-Temple, Dampierre-au-Temple und Saint-Étienne-au-Temple etwas südöstlich von Reims. Der Weg weist von Nordwest bis Südost. Ich hatte schon damals den Eindruck, dass diese Kirche  so groß gebaut wurde, um erforderlichenfalls Pilgergruppen aufnehmen zu können. Nunmehr begann ich mich zu fragen, ob es sich bei der hier zu vermutenden Pilgerstrasse um nicht mehr und nicht weniger als die Via Francigena handeln könnte:

Arras BarVia Francigena, hier der Abschnitt von Canterbury nach Bar-sur-Aube (Copyright cammino di Assisi)

Die Lage südöstlich von Reims und der Verlauf von Nordwest nach Südost stimmte schonmal. Diese Route ist wohl kein Fernweg aus der Römerzeit, sondern aus dem frühen Mittelalter:

Unter den vielen Verbindungen zwischen Mittel- und Nordeuropa und Rom hat sich insbesondere für eine Strecke die Bezeichnung „Via Francigena“ eingebürgert. Es handelt sich dabei um den Weg von Canterbury nach Rom, der in den Aufzeichnungen des Erzbischofs Sigerich der Ernste von Canterbury (994) beschrieben wurde. Er reiste im Jahr 990 von Canterbury nach Rom, um vom Papst das Pallium zu erhalten, einen Wollschal als Zeichen seiner Ernennung zum Erzbischof. (Zitat: Wikipedia)

Kehren wir wieder an den Ausgang der Überlegungen zurück, nämlich 120 Km nordwestlich nach Nouvion-et-Catillon mit seiner Pilgerkirche:

Screenshot 2018-02-20 21.41.06(Google maps)

Wie man sieht, geht die Strecke in ziemlich gerader Linie erst durch Reims (zahlreiche Templerhäuser) und anschließend Laon (die berümte Templer-Kapelle) hindurch, beides  erwiesene  Stationen der via francigena. Aber es kommt noch besser:

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Die Commanderie Pontavert, die erste Station meiner Reise, liegt ebenfalls genau auf der Strecke. Und Arras (eine „Templerhochburg“) gilt auch als Station der via francigena. Nahe bei Calais unterhielten die Templer Seehäfen in Wissant (Jan Hosten, S. 231) und in Berck-sur-Mer (Aubarbier, S. 111f). In Kent konnten die englischen Pilger in der Templerkapelle von Dover auf ihr Schiff warten und auf dem Weg von und nach Canterbury zusätzlich noch in Temple Ewell Station machen. Es spricht also viel dafür, dass meine beiden zunächst nur zufällig angesteuerten Ziele tatsächlich jeweils Stationen dieser Pilgerstrecke darstellten. Insoweit war mein Irrtum, in Nouvion-et-Catillon die falsche Kirche besucht zu haben, letzlich die Ursache, dass mir diese Entdeckung gelang! Hätte ich nicht über die unpassende Größe der Kirche nachgedacht, wäre ich auf diese Zusammenhänge wohl nicht oder nicht so schnell gekommen. Alles hat seinen tieferen Sinn, sagt man. Offenbar auch Irrtümer.

Die Annahme, dass all die Templerorte nicht nur zufällig auf der Strecke liegen, sondern vielmehr systematisch dort angelegt worden sind, wird  weiter durch eine gewisse Regelmässigkeit der Distanzen gestützt. Von Arras zum Templerort Étricourt-Manancourt sind es  35 Km. Von letzterem nach St. Quentin (ebenfalls Templerort) muß man ebenfalls 35 Km zurücklegen. Catillon-du-Temple liegt 25 Km südöstlich davon und Laon weitere 22 Km. Von Laon braucht man 26 Km nach Pontavert und von diesem Ort weitere 25 nach Reims. Alles in allem sieht das doch recht nach geplanten Tagesetappen aus, wobei 25 Km für die Menschen im Mittelalter zu Fuß wohl eher noch bequem waren. 35 Km sind für eine Tagesetappe aus Sicht der heutigen Jakobsweg-Pilger eher anspruchsvoll, aber nicht unmöglich. Für Pferde und Kutschen dürfte das damals jedenfalls kein Problem gewesen sein. Von den Infanterie-Soldaten der römischen Armee wurden Tagesmärsche von 32 Km mit 20 Kg Gepäck abverlangt (Geschichte-Wissen-Blog).

1.3 Commanderie Mont-de-Soissons, 02220 Serches

Ich war im Jahr 2006 schon mal im Soissonais, aber meine Bilder sind damals recht dunkel und unschön geworden, weil ich erst recht spät am Tag dort eintraf. Ich wollte auch diesen Ort schon seit längerem nochmal aufsuchen mit mehr Ruhe und mehr Licht. Diesmal hatte ich auch insofern Glück, dass ich einen der beiden Miteigentümer des Gehöftes vor Ort antraf. Er war sichtlich erfreut über mein Interesse, als er erfuhr, dass ich eine Anreise von 600 Km auf mich genommen habe, um Templerorte zu untersuchen. Nein, ich würde ihn durchaus nicht stören, er bedauerte nur, dass er eilig weg müsse, sonst hätte er mich gerne auch herum geführt. Sein Tor sei offen, ich möge so lange hier verweilen und fotografieren, wie es mir gefiele. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich hatte die mächtige Commanderie nun für mich alleine. Und ich durfte hier sein! Vor elf Jahren hatte ich mich eher wie ein Eindringling gefühlt. Das Tor war zwar auch damals schon weit offen, aber es  war niemand da und man hat schon ein ungutes Gefühl, auf fremdem Grund umherzuschleichen, wenn man nicht ausdrücklich willkommen geheissen wird.

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Mont-de-Soissons, Blick vom Innenhof zum Haupttor nach Südosten

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Quelle: google maps

Die Ausmaße dieser Commanderie sind gigantisch. Die Kanten des „Vierecks“ sind ca. 120 Meter lang. Für mich ist das eine der größten Commanderien der Templer, die ich kenne.

Bei dieser Gelegenheit wollte ich nochmal darauf hinweisen, dass die Commanderie 12 Km ausserhalb und südöstlich der Stadt Soissons gesucht werden muß. Man fährt erst zu einem Ort namens Serches und ab dort ist Mont de Soissons beschildert.

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Stallungen entlang der Südostflanke aus der Zeit der Johanniter (16. Jh?)

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Sicht vom Haupttor auf einen nördlichen Quertrakt mit Taubenturm

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Kapelle von Südwesten und Taubenturm

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Westfassade

Nach Templiers.net ist das Anwesen eines der ältesten Besitzümer des Templerordens überhaupt. Es sei den Templern bereits im Jahre 1133, also 15 Jahre nach ihrer Gründung vom  Bischof von Soissons vermacht worden. Soissons selbst hat eine wunderbare gotische Kathedrale, deren Bau 1180 begonnen wurde.

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Kathedrale Saint-Gervais-et-Saint-Protais, Soissons, 2006

1.4 Domaine du Temple d’Ambrief, 02200 Ambrief

In unmittelbarer Nähe von Mont-de-Soissons, ca 4 Km südwestlich findet sich bereits die nächste Besitzung der Templer, die Domaine von Ambrief, die seit 1163 urkundlich belegt ist (Templiers.net aaO). Bei der Adresse 2, rue de Soissons wird man zunächst nur dieser gewaltigen Scheune ansichtig:

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Grange des Templièrs, Ambrief

Erst wenn man sich am Scheunentor nach links wendet und einen schmalen Weg hinabsteigt, sieht man die Reste des Herrenhauses dieser Domaine. Den Zweck der Gebäude konnte ich nicht erahnen. Das Gelände ist unzugänglich und man kommt hier nicht näher an die Reste heran. Der Turm scheint mir nicht mittelelterlich zu sein. Ich schätze sechzehntes Jahrhundert.

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Domaine du Templièrs, Ambrief

Ab Jetzt durfte ich mich auf mein Abendessen freuen. Ich checkte im Hotel Terminus ein und lief anschließend die Avenue du Général de Gaulle hinab bis zur

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Place de la Republique, Soissons

wo sich mein Lieblingsrestaurant von Soissons befindet. Ich hatte einen wunderbaren Tag erleben dürfen, tolle Sachen gesehen und – wie man sieht – das allerbeste Wetter für mein Vorhaben genossen. Und jetzt auch noch ein hervorragendes Essen. Was will man mehr?

1.5 Commanderie de Moisy-le-Temple, 02810 Montigny l’Allier

Mein nächstes Ziel lag 40 Km südwestlich von Soissons, im „Dreiländereck“ mit den beiden benachbarten Départements Oise und Seine-et-Marne. Das Frühstück in Soissons war offenbar nicht so üppig. Das schließe ich daraus, weil ich – nach dem Zeitstempel der Fotos – schon um 08:54 hier eintraf. Die Commanderie hat die postalische Adresse 73, rue de la Commanderie in Montigny, befindet sich westlich und etwas ausserhalb des Ortes in dem – von zahlreichen Wasserläufen durchzogenen – Mündungsgebiet des Clignon in den Ourcq, keine 100 Meter von nördlich der Grenze von 77 Seine-et-Marne.

Nach Frizot, Sur les pas des Templiers en terre de France, S. 56, haben die Templer die Kapelle im Jahre 1158 vom Kloster Saint-Jean-des-Vignes, Soissons, übernommen. Dies sei, wie im Falle der Marais in Paris, ein weiteres Beispiel dafür, dass die Templer Geschick darin zeigten, sumpfige Gelände zu entwässern und brauchbar zu machen. Das Wort moisi bedeutet „modrig“ und könnte als Namensbestandteil des Ortes den früheren Zustand fortgeschrieben haben. Entgegen der Annahme Frizots (aaO) ist das kein seltener Vorgang gewesen. Auch in der Charente haben die Templer sumpfiges Gelände geerbt und der Name der Commanderie Villemoison an der Loire im Département Nièvre scheint ähnliches zu verraten.

Als ich langsam aus östlicher Richtung der Kapelle näherkam, verschlug es mir fast den Atem. Denn ich hatte eine heruntergekommene Kapelle mit zerstörten oder zugemauerten Fenstern und mit aus den Mauern sprießendem Grünzeug erwartet, etwa so:

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(Quelle: Google maps), aber das ist wohl lange Zeit her, denn jetzt sieht sie so aus:

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Moisy-le-Temple, Montigny l’Allier, Mai 2017

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Die Bauarbeiten sind noch in vollem Gange. Die Kapelle wurde wohl als erstes in Angriff genommen. Derzeit arbeitet man an dem Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert, das leider eingerüstet war.

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Westflanke der Commanderie

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Blick auf den Innenhof aus Südwesten

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Nordflanke, von Westen

Zum Abschied ein kleines Bilderrätsel. Erkennen Sie die 10 Unterschiede?

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Copyright: Wikipedia Commons

Ein paar hundert Meter weiter östlich befindet sich die Gemeindekirche des Ortes Montigny l’Allier, ein beeindruckendes Bauwerk aus der Übergangszeit zwischen Romanik und Gotik.

DSC_0136Église Saint-Martin de Montigny l’Allier

1.5 Commanderie Viffort, 02540 Viffort

Als mein nächstes Etappenziel hatte ich mir die Commanderie Viffort ausgesucht. Sie befindet sich etwa 35 Km südöstlich von meinem letzten Ziel ind der Nähe der Grenze zum Département Marne. Wann die Templer die Commanderie genau gegründet haben, ob Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts, ist nicht bekannt. Sie wird jedenfalls erstmals im Jahre 1229 in einem Schiedsspruch urkundlich erwähnt. (Projét Beauceant).

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Blick von Osten bei der Ortseinfahrt

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Église de la Nativité de la Sainte Vierge, 02540 Viffort

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Blick von Südwesten

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Blick aus nördlicher Richtung

Von den Gebäuden der Templer und Johanniter ist seit dem 18. Jahrhundert nichts mehr übrig (Projét Beauceant, templiers.org aaO) und ich habe bisher noch keinen Beleg dafür gefunden, ob die Templer an der Errichtung dieser Kirche mitgewirkt haben. Sie stammt ersichtlich aus dem 12. Jahrhundert, also werden sie sie auch besucht haben. Sie hatten aber auch eine eigene Kapelle, St. Georges. In deren Altarraum sollen Einweihungszeremonien stattgefunden haben  (templiers.net).

Angesteckt durch die oben angestellten Überlegungen mit den Tagesetappen habe ich einmal mehr mit google.maps experimentiert und die Commanderie von Viffort in Bezug zu umliegenden Templereinrichtungen gesetzt. Provins war für den Templerorden von enorm wichtiger Bedeutung. Es gab zwei Commanderien und circa 70 Häuser in der Stadt. In Reims kreuzt sich die via francigena mit der Strecke Metz – Paris

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Die Strecke von Provins nach Saint-Martin-des-Champs (La Ferté-Gaucher) beträgt 26 Km. Von dort nach Viffort sind es ebenfalls 26 Km, von Viffort nach Scai-du-Temple (Passy) 31 Km und von dort nach Reims ebenfalls 31 Km. Ich will das nur einstweilen hier festhalten. Ein „Anfangsverdacht“ für eine strategische Planung ergibt sich daraus aber schon. Zufällig ist das wohl eher nicht.

Hier gabs nicht mehr zu sehen, also konnte ich mich meinem nächsten Ziel zuwenden. Das Wetter hätte nicht besser sein können und es war noch früh am Tag.

2. Île-de-France, Département Seine-et-Marne

Mein nächstes Ziel lag ca 40 Km südwestlich von Viffort. Hierzu mußte ich nicht nur das Département  Aisne sondern auch die Région Hauts-de-France verlassen.

2.1 Commanderie de Chevru, 77320 Chevru

 In Chevru war ich schon mal im Jahr 2013 und habe diese merkwürdige Kapelle fotografiert. Was genau mich an deren Anblick störte oder wunderte, hatte ich noch gar nicht richtig erfasst. Sie sieht irgendwie hässlich aus und man versteht nicht so recht, warum das Dach – jedenfalls auf einer Seite – so tief herabgezogen war.

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Als ich dieses Mal vor der Kirche stand, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das Haupt-portal zeigte nach Westen! Das ist mir bisher nur bei einer Templerkirche untergekommen, nämlich bei der Commanderie Sainte-Eulalie-de-Cernon im Larzac, Departement Aveyron. Dort haben die Johanniter die Kirche der Templer um 180 Grad „gewendet“ und den Haupteingang zur Ortsmitte verlegt, damit auch die Einwohner des Ortes am Gottesdienst teilnehmen konnten. Ich werde darüber nachforschen, warum das hier wohl so gemacht wurde und Ihnen zu gegebener Zeit hoffentlich etwas berichten können.

Darüberhinaus mußte ich bei der Nachbereitung der letzten Reise erfahren, dass es auch eine Commanderie in Chevru gab, die ich damals übersehen hatte, weil sie ausserhalb des Ortes liegt. Diesmal hatte ich mich besser vorbereitet. Die Commanderie liegt ca. 1 Km westlich der Ortschaft. Man gelangt dorthin, indem man rechts an der Kirche vorbei auf der Rue Médéric Charot den Ort verläßt und sodann die zweite Strasse nach links abbiegt, die Rue de la Commanderie.

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Die Ostflanke der Commanderie Chevru, Blick nach Norden

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Blick an der Ostflanke entlang in umgekehrter Richtung

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Blick durch das Haupttor auf die KapelleDSC_0156

Kapelle in der Totalen von Süden

Auch hier hatte ich grosses Glück, den Eigentümer vor Ort anzutreffen. Leider hatte er den Schlüssel für das Südtor nicht zur Verfügung. Er hätte mir gerne die Kapelle aus der Nähe gezeigt. Die besten Bilder von der Kapelle bekäme man aber ohnehin von der Südseite und die sei frei zugänglich. Er sollte recht haben.

2.2 Saint-Martin des Champs

In aller Kürze: Das nächste Ziel wurde wieder ein Flop. Ich suchte die Kapelle Saint-Martin-des Champs, von der man viele Bilder im Netz kennt. Man sieht zumeist Aufnahmen aus grosser Distanz. Sie müßte weithin sichtbar ausserhalb eines Ortes auf einem Feld stehen, umrahmt von landwirtschaftlichen Gebäuden und in schlechtem Zustand. Nach meiner Planung sollte diese recht nah bei Chevru zu finden sein und so störte ich mich nicht daran, dass das Navi nach Eingabe von „Saint-Martin-des-Champs“ eine Reisedistanz von 20 Km ermittelte. Dort war wirklich eine mittelalterliche Kapelle an einer Scheune. Auch befand sie sich in schlechtem Zustand. Aber vieles stimmte einfach nicht.

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Saint-Martin des Champs, 77560 Voulton

Diese Kapelle von Saint-Martin-des-Champs sah anders aus und stand direkt an einer Strasse. Sie war auch nicht von landwirtschaftlichen Gebäuden umgeben, sondern von Bungalows. Ausserdem fehlte das Templertürmchen an der Westfassade. Ich hatte die falsche Martinskapelle erwischt. Auch hier würde ich nochmal hinmüssen.

Ich habe zuhause erst ermittelt, daß ich hier den Ortsteil St. Martin der Gemeinde 77560 Voulton erwischt hatte. Die gesuchte Kapelle liegt 20 Km weiter nördlich in dem Ortsteil St. Martin der Gemeinde 77320 La Ferté-Gaucher. Der eine Ort war im Ortsverzeichnis meines Navis eingetragen, der andere offenbar nicht. Diese Kapelle hier hat ersichtlich nichts mit den Templern zu tun.

2.3 Commanderie de Vulaines-les-Provins

Aber auch dieser Irrtum sollte sich auf unerwartete Weise bezahlt machen. Wäre ich nicht irrig nach Süden gefahren, hätte ich wohl nicht in Vulaines-les-Provins, das etwa 5 Km westlich von Provins liegt, auf dem Parkplatz vor einem merkwürdigen Gebäude halt gemacht. Mein Templer-Instinkt wurde durch drei Fakten geweckt. Im Burgund hatten die Templer eine Commanderie Voulaines-les-Templiers.  Die Kirche ist aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Die Templer waren in und um Provins sehr zahlreich begütert. Und wenn ich falsch liegen würde, hätte es auch nicht geschadet, hier einen Halt einzulegen. Denn das Bauwerk war kurios. Eine Kapelle direkt an die Mairie geklebt:

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77160 Vulaines-lès-ProvinsDSC_0194

Auch baulich sprach sehr viel dafür, dass es sich hier um eine Templerkapelle handelt. Es fehlt ein hoher Glockenturm. Eine gewöhnliche Gemeinde-Kirche sollte zudem nicht direkt baulich mit Profanbauten verbunden sein. Das würde die Öffentlichkeit verstört haben, denn diese erwartete schließlich, dass eine Kirche als Haus Gottes abgesondert stehen müsste. Auch die Größe sprach eher für eine Ordenskapelle. Interessant sind die Strukturen im Gemäuer. Hier schlossen sich noch andere Gebäude mit Gewölbedächern an. Man konnte auch hineinsehen, aber für gelungene Fotos fand ich keine Perspektive.

Zuhause habe ich dann festgestellt, dass Vulaines-lès-Provins tatsächlich als Templerort gelistet wird (Templiers.net) .

2.4 Commanderie de Rampillon

Das nächste Ziel war 12 Km weiter westlich. Nach Aubarbier, S. 49, ist Rampillon ein Templerort. Auch Gaillard, Les Hauts-Lieux Templiers, S. 442, vertritt diese Ansicht, ebenso wie die Gemeindeverwaltung. Das Ortswappen wird von drei Templerkreuzen geziert. An der Kirche befindet sich ein offizielles Hinweisschild, das die Templer als Bauherren der Kirche benennt.

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Hinweistafel

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Auch das Strassenschild scheint zu beweisen, das wir hier richtig sind.

Die Kirche in Rampillon ist mächtig und hat einen gewaltigen Kirchturm. Das ist eher untypisch für die Templer. Diese hatten zwar auch Kirchen unter Ordenspatronat (Sarnowski, Die Templer, S. 86), aber die meisten Templerkapellen, die ich kenne, haben allenfalls ein kleines Türmchen, was anzeigt, dass sie nur für Ordensmitglieder bestimmt sind.

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Église Saint-Éliphe, 77370 Rampillon, Südseite

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Süd-Portal Saint-Éliphe

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Solche „Torhüterfiguren“ (vgl. Christina Berns, Chapelle Templière du Saulce d’Island, academia edu) gibt es an Templerkapellen oft (La Saulce d’Island, Templecombe u.a.) aber auch an Deutschordenskirchen (Münnerstadt). Möglicherweise ist das nicht einmal typisch für Ordenskirchen, sondern auch bei „gewöhnlichen“ Kirchen anzutreffen, was ich noch nicht überprüft habe.

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Westportal Saint Éliphe

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Detail, links

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Detail, rechts

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Detail links unten, unbekleidete Körper erheben sich aus Särgen

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Unten rechts, eine feine Dame öffnet ihren Sarg

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Diese Abbildung stellt wohl den Kopf eines Ritters dar.

Für eine Templerkapelle sind aufwändige Verzierungen und gotische Pracht sehr fremd. Bernhard von Clairvaux, der geistige Ziehvater der Templer, lehnte die Pracht gotischer Kathedralen ausdrücklich ab. Dieser geistigen Tradition folgend, sind die Templerkapellen ganz überwiegend schlichte Rechteckbauten mit wenigen Skulpturen und sparsam bemalt, bis auf Montsaunès, Cressac und Perugia.

Nach Jack Bocar und Wikipedia  sind die Johanniter die Gründer dieser Kirche. Mit hörenswerten, aber nicht immer voll überzeugenden Argumenten wird auf der Webseite der Organisation Temple de Paris ausführlich dargelegt, dass es an der Zeit wäre, sich von dem bisherigen Irrglauben, es handele sich hier um eine Templerkirche, abzuwenden. Ich vermag den Meinungsstreit an dieser Stelle nicht zu entscheiden und finde, dass die Meinung des Temple de Paris mit meinem Bauchgefühl übereinstimmt. Ich habe noch keine derart dekorierte Kirche von den Templern gesehen. Die Johanniter schreckten bei ihren Bauwerken jedoch nicht vor gotischer Pracht zurück (Neckarelz, Bad Mergentheim). Das nächste Ziel, bitte sehr:

2.5 Commanderie de Savigny-le-Temple

Für mein letztes Tagesziel musste ich 40 Km nach Westen zurücklegen. Savigny-le-Temple ist schon in Reichweite des Nahverkehrssystems RER (S-Bahn) und damit als Vorort von Paris zu bezeichnen. Pulsierendes Leben und moderne Strassenschluchten katapultierten mich augenblicklich in eine andere Welt, ganz weit weg von der ländlichen Idylle, die mich bisher umgeben hatte. Savigny-le-Temple liegt ein paar Kilometer nördlich von Melun und auf halbem Weg zwischen Fontainebleau und Créteil am rechten Ufer der Seine, eingebettet zwischen der A 6 im Westen und der hier parallel dazu verlaufenden A 5 im Osten. Wie man der Cassini-Karte von 1774 – 1814 entnehmen kann, ging vor ca. 200 Jahren die Fernstrasse nach Paris mitten durch den Ort, was die Bedeutung des Ortes unterstreicht. Wir wissen aus dem Bericht von Februar 2017, dass diese Fernstrasse bis ins Burgund und letztlich bis nach Marseille führte.

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Carte Cassini Copyright Templiers.net

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Templerkirche Saint-Germain d’Auxerre, 77176 Savigny-le-Temple

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Ansicht von Süden

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Blick vom Vorplatz der Commanderie auf die Kirche

Die Ländereien erhielten die Templer im Jahre 1149 von König Louis VII nach seiner Rückkehr aus dem heiligen Land als Dank für ihre Dienste auf seinem Kreuzzug: concessimus villam nostram que appellatur Saviniacum (Quelle: Templiers.net m.w.N.).

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Nordflanke der Commanderie

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Ostflanke von Nord nach Süd

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Haupttor im Norden

Eine Hinweistafel an diesem Tor verrät, dass sich an dieser Stelle bereits in der Antike ein gallisch-römischer Gutshof befunden hat.

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Wasserlauf vor dem Haupttor

Nun war aber Feierabend für heute. Ich hatte genug schöne Sachen gesehen und es befand sich auch heute nichts mehr auf dem Programm. Für morgen stand nur noch eine Position auf der To-do-Liste. Dazu mußte ich aber erst nach Osten in die Champagne fahren. Ich verließ also Savigny-le-Temple gegen halb vier und erreichte gegen 17:00 meinen Lieblingsort am Lac-du-Temple, Piney. Leider war kein Zimmer mehr frei, aber man besorgte mir ein Hotelzimmer am Ostrand von Troyes und ich stellte fest, dass man fast überall in Frankreich was richtig gutes zu essen bekommt, wenn man die richtigen Leute fragt. Glücklich, satt und zufrieden beschloss ich diesen wunderbaren und interessanten Tag.

3. Région Grand-Est, Dépt. Marne, 51120 Barbonne-Fayel

Die Templerkirche von Barbonne-Fayel stand noch als letztes Ziel auf dem Programm, weil sie  Etappenziel einer von mir gerade untersuchten Templerstrasse von Paris über Coulommiers nach Troyes  sein könnte. Ich konnte sie auf dem Nachhauseweg einplanen und es dauerte von Troyes knapp eine Stunde. Die Ländereien für diesen Stützpunkt wurden den Templern im Jahre 1143 von einem Rosselin de Sézanne übertragen. Die Commanderie wurde 1295 in Urkunden als bedeutend erwähnt (wikipedia).

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Église Saint-Pere-et-Sain-Paul, 51120 Barbonne-Fayel

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Blick von Osten

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Die beiden Seitenkapellen sind von den Johannitern im 14. oder 15 Jh. angebracht worden.

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mittelalterlicher Teil der Nordwand

Rechts im Bild oben sieht man das im 18. Jh. angebrachte Hauptschiff. Auch das Westportal ist modern. Sie können es hier betrachten.

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Chorapsis aus der Templerzeit

Mit diesen Eindrücken verabschiedete ich mich aus der Champagne mit der Gewissheit, dass ich schon sehr bald wieder hier in der Gegend sein würde. 11 Templerorte in drei Tagen abgehakt, einschliesslich An- und Abreise.  Versuch und Irrtum waren auch wieder meine Begleiter, aber die Bilanz war eindeutig positiv. Ist man auf Reisen, kommen einem Tage wie Wochen vor. Eine ungeheure Bilderflut beschäftigte meine Gedanken auf der Rückfahhrt bei allerschönstem Wetter. Es hatte sich gelohnt. Ich hoffe, auch ein bisschen für Sie. Ich danke für Ihr Interesse.

2017, Lothringen, Champagne und Burgund

1. Metz, Dept. Moselle, Région Grand-Est

Am 01.01.2016 wurden die Régions in Frankreich neu organisiert und zu größeren Einheiten zusammengelegt. Die frühere Région Lorraine wurde mit der Région Champagne-Ardennes und der Région Alsace zusammengefasst und heisst jetzt Grand-Est. Man wird sich daran gewöhnen müssen.

Als ich das erste Mal im Jahre 2006 die Templerkapelle in Metz aufsuchte, lag Metz jedenfalls noch in Lothringen. Rund um die Templerkapelle waren aber zu meiner grossen Enttäuschung damals lärmende und staubende Bauarbeiten im Gange.  Die Fotos waren deshalb fast alle unbrauchbar, sodaß ein weiterer Besuch schon länger auf meiner Agenda stand und bei der ersten Gelegenheit im Jahre 2017 realisiert werden konnte.

In den 11 Jahren hatte sich einiges verändert. Die Rue de la Citadelle ist inzwischen für den Verkehr gesperrt, womit es keine Möglichkeit mehr gibt, in der Nähe der Kapelle zu parken. Es empfiehlt sich, das Arsenal über den Boulevard Poincaré anzufahren und die neue Tiefgarage unter dem Einkaufszentrum zu benutzen. Der kurze Spaziergang lohnte sich. Schon von weitem hatte ich freie Sicht auf mein Ziel, das Wetter war wunderbar und der Platz vor dem Arsenal diesmal menschenleer. Bei strahlendem Wetter gelangen mir endlich schöne und ungestörte Aufnahmen der Templerkapelle von Metz.

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Templerkapelle, 57000 Metz

Die Hinweis-Tafel verrät, dass dieses Bauwerk zwischen 1180 und 1220 als eines der ersten Templergebäude auf dem Gebiet des hl. römischen Reiches errichtet wurde. Nach der Auflösung des Templerordens im Jahre 1312 ging die Kommende in den Besitz des Deutschen Ordens über.  In der Folgezeit wurde die Kapelle als Munitionsdepot benutzt und erst 1840 unter Denkmalschutz gestellt und restauriert.

DSC_0114Ansicht von Westen

DSC_0111Templerkreuz im Tympanon

Es ist vielfach zu lesen, dass man von diesem Bauwerk eine „typische Architektur der Templer“ ableiten könne. Dabei wird regelmässig auch auf die Templerkapelle in Laon hingewiesen, die bekanntlich ebenfalls einen achteckigen Grundriss hat. Allerdings trifft das Gegenteil zu: Es gibt weder eine typische Templerarchitektur, noch haben die Templer oktogonale oder runde Zentralbauten erfunden. Die gab es schon lange vorher (vgl. Pfalzkapelle in Aachen). Die überwältigende Mehrzahl der Templerkapellen hat in Wahrheit vielmehr einen einfachen rechteckigen Grundriss, zumeist mit geraden Chorschluss (frz. chevet plat). Das konnte ich in meinen Reisen immer wieder bestätigt finden. Lambert (L‘ Architecture des Templiers, S. 164). weist daraufhin, dass die kleinen Kapellen von Laon und wohl auch von Metz als Friedhofskapellen angesehen werden müssen, die es so ähnlich auch vielfach in Einrichtungen der Johanniter gegeben hätte (a.a.O). Typisch für Templerkirchen ist allerdings, dass sie regelmässig drei Fenster im Chorschluss oder der Apsis aufweisen, so wie auch diese hier.

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Der Ostchor und die anspruchsvolle Dachkonstruktion

Die Kapelle war – wie meist – verschlossen. Für die Innereien interessiere ich mich auch nicht sonderlich, da von dem Urzustand kaum noch etwas vorhanden ist. Meine Mission hier in Metz war so gut wie beendet. Auf dem Rückweg zum Parkhaus wurde ich auf ein Gebäude aufmerksam, das noch aus der Römerzeit von Metz (Divodurum metriomatricorum)  stammt.

DSC_0124    Église Saint-Pierre-aux-Nonnains, Metz

Ich zitiere aus Wikipedia: Das Bauwerk ist gallo-römischen Ursprungs. Es wurde im 4. nachchristlichen Jahrhundert errichtet und war zunächst Teil römischer Thermen. Im 7. Jahrhundert wurde es zur Kirche eines Benediktinerinnen-Klosters geweiht, dessen erste Äbtissin Walrada von St. Pierre war. Wenig später wurde dem Gebäude eine Chorapsis angefügt. Weitere Änderungen erfuhr die Kirche im zehnten, 15. und 16. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert erhielt das Kirchenschiff gotische Gewölbe.

Nun musste ich mich aber aufmachen, denn Ich hatte für diesen ersten Tag noch einen weiteren, sehr geheimnisvollen Templerort vorgenommen. Dazu war eine Fahrt ins nördliche Burgund erforderlich und ich wollte dort noch vor Einbruch der Dunkelheit eintreffen.

 

2. Commanderie de Coulours, Dept. Yonne, Région Bourgogne-Franche-Comté

Nach einer knapp dreistündigen Autofahrt über Châlons-en-Champagne und Troyes erreichte ich gegen 17:00 mein Ziel. Es war noch hell genug, um gute Fotos zu gestatten. Coulours liegt etwa auf halbem Weg zwischen Troyes und Sens, keine 5 km hinter der Grenze des Departements 10 Aube mit dem Departement 89 Yonne und gehört damit nicht mehr in die Région Champagne. Es ist nicht ganz einfach, diesen Ort mit Google Maps zu finden. Wer damit Schwierigkeiten hat, sucht den Canton Cerisiers im Yonne und lässt sich dann eine Route nach Coulours ausgeben. Um mir die Suche vor Ort zu erleichtern, habe ich alte Lagepläne aus dem Buch von Michel Miguet, Les Templiers en Bourgogne, herauskopiert

Miguet Karten

(Copyright Michel Miguet)

und mit dem Kartenausschnitt von google maps verglichen.

couloursmap

(Copyright google maps)

Die Rue de l’Église war mit dem Navi ohne Probleme zu finden und auch die Stelle, an der rechts der Weg in das Gelände der ehemaligen Commanderie abzweigte.

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Wie man sieht, hat sich die Vorbereitung gelohnt. Der Weg schien öffentlich zu sein. Kein Schild untersagte das Betreten des Geländes. Ich fuhr also auf den Haupteingang zu

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und hielt vor dem verschlossenen Tor.

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Ich klopfte, aber es regte sich nichts. Ich wollte auch die Privatsphäre der Eigentümer nicht stören, also beschränkte ich mich auf Aussenaufnahmen. Zunächst wandte ich mich der Westflanke zu, also dem Bereich links neben der Hauptpforte

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Sodann fuhr ich wieder hinaus und stellte mein Fahrzeug an dem Commanderie-Schild ab, denn ich blockierte die Zufahrt. Anschliessend lief ich die Rue de l’Église hinab und bog nach links in die Rue Saint-Abdon ein, um von dort auf den Pfad zu gelangen, der an der Ostflanke der Commanderie entlangführt.

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In der Bildmitte sieht man die ehemaligen Kapelle der Commanderie, die seit langer Zeit als Scheune benutzt wird. Die Mauer und der Baumbewuchs verhinderten bessere Aufnahmen der Kapelle.

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Nur ein Foto verschaffte eine Ahnung von dem Aussehen des Gebäudes. Die beste Gesamtübersicht gelang mir von der Rue Saint-Abdon.

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Commanderie des Templiers, 89120 Coulours

Die Kirche von Coulours hatte eine recht interessante Fassade. Ich konnte nicht widerstehen

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Von Nordosten wirkte sie nicht mehr so klotzig und bedrohlich

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und mit dieser letzten Aufnahme verabschiedete ich mich von der 142-Seelen-Gemeinde Coulours und fuhr in die Champagne zurück. Genauer gesagt, nach Piney, einer kleinen Ortschaft 30 km westlich von Troyes und freute mich auf mein üppiges Abendessen in dem entzückenden Hotel Le Tadorne, das wir schon seit mehr als 10 Jahren immer wieder einmal aufsuchen. Piney war selbst einst ein Templerort, aber es findet sich nichts mehr davon in der Bausubstanz. Von hier aus kann man den Forêt d’Orient und den Lac du Temple erkunden und wird auch dort leider von den einst extrem zahlreichen Niederlassungen der Templer so gut wie nichts mehr entdecken. Dafür ist das Essen im Le Tadorne ausgezeichnet.

3. Commanderie Templière d’Avalleur, 10110 Bar-sur-Seine, Aube, Grand-Est

Nach einem sehr ruhigen Nacht und einem ausgiebigen Frühstück brach ich nach Süden auf. Die Fahrt nach Avalleur (Gemeinde Bar-sur-Seine) verlief zunächst auf der D1 durch den Forêt d’Orient nach Geraudot. Mir war bewußt, dass auf diesem Abschnitt ehemalige, zum Teil besonders bedeutsame Templerfarmen im Wald versteckt liegen. Allerdings habe ich bisher noch keine Anzeichen oder Quellen dafür gefunden, ob und in wieweit auf den heute noch existierenden Gehöften Bausubstanz aus der Templerzeit übrig geblieben ist. Auf seiner Webseite Templiers.net listet und beschreibt Jack Bocar die Plätze der ehemaligen Gehöftplätze um die Commanderie de Bonlieu (es existiert dort heute ein Landwirtschaftsbetrieb unter dem Namen Earl de Bonlieu).

Bonlieu

(Copyright: Jack Bocar, www.Templers.net)

Auf dem Ausschnitt aus der sog. Carte de Cassini (1747-1818) erkennt man die Templerorte Bonlieu, La Loge-Madame und La Commanderie du Temple de l’Hôpital. Und diese drei Gehöfte kann man heute noch auf dem Satellitenbild erkennen.

Bonlieu2

(Google Maps)

Um den Nahbereich um den Lac du Temple näher zu untersuchen, würde ich einen ganze Tag benötigen, denn die Liste der Templerorte ist noch um einiges länger. Diese Recherchereise sollte jedoch einem anderen Zweck dienen:

Ich forsche – besonders im Burgund und der Champagne – seit längerem danach, ob sich eine Verbindung von Templerpäsenz mit einem mittelalterlichen Fernstrassennetz nachweisen lässt. Die Commanderie von Avalleur hatte ich aus zwei Gründen auf meiner Agenda. Zum einen hatte ich bei meinem ersten Besuch von Avalleur im Jahre 2007 Pech mit dem Wetter, denn es schneite.

Zum anderen war mir beim Markieren von Templerorten in Landkarten aufgefallen, dass in Bar-sur-Seine (in dessen Gemeindegebiet sich Avalleur befindet)  eine ganze Reihe von Fernstrecken aus bedeutsamen Städten fast sternförmig zusammen zu laufen schienen, an denen sich jeweils mehr oder weniger dicht gedrängt Templerorte aneinander reihten. Es ist noch zu früh, um Zufälligkeiten auszuschliessen, aber folgende Beobachtungen möchte ich hier einmal vorläufig festhalten:

Verläßt man Avalleur nach Westen, erreicht man nach 60 Km (zwei Tagesetappen?) die Commanderie von Coulours. Von Coulours geht es nordwestlich über Savigny-le-Temple zum Süden von Paris und südöstlich über die Templerorte Fontenay-pres-Chablis, Nuits-St. Marc und Montbard nach Dijon.

Savigny Dijon

(Copyright: Google Maps)

Reist man von Avalleur in nordwestliche Richtung, erreicht man bereits nach ca. 25 Km den Templerort Villers-les-Verrières und sodann über die weiter ziemlich gerade in einer Reihe liegenden Templerorte Troyes, Payns, Fresnoy (10400 Montpothier), Chevru, Coulommiers und Crecy-la-Chapelle schließlich den Osten von Paris.

Avalleur Chevru

(Copyright: Google Maps)

Wendet man sich von Avalleur nach Nordosten, gelangt man über die Templerorte Bar-sur-Aube (Hier kreuzt die Via Francigena und führt über Langres, Besançon und Pontarlier nach Lausanne !), Dagonville und Doncourt-aux-Templiers nach Metz.

Avalleur-Metz

(Copyright: Google Maps)

Wendet man sich nach Südsüdost, gelangt man in 35 Kilometern nach Châtillon-sur-Seine. Dort beginnt bekanntlich die von mir erstmals von mir nachgewiesene „Templerstrasse“ über die Templerorte Voulaines-les-Templiers, Bure-les-Templiers,  Busserotte-et-Montenaille, Selongey und Autrey-lès-Gray nach Gray an der Saône. In Gray gab es schon im Mittelalter eine Brücke über die Saône. Die Templerstrasse vereinigt sich  wohl aus diesem Grund in dem Ort Gray mit der Via Francigena, die dort von Langres aus eintrifft und anschliessend nach Besançon weiterführt.

Avalleur Gray

(Copyright: Google Maps)

Nach diesen halbgaren, theoretischen Erwägungen oder Spekulationen möchte ich Ihnen aber auch nicht mehr länger die Bilder von Avalleur vorenthalten. Vor Ort habe ich zu meiner grössten Freude und Überraschung festgestellt, dass man inzwischen ernsthaft damit begonnen hat, die Gesamtanlage einer gründlichen Restaurierung zu unterziehen. Die Freude darüber war größer als die Enttäuschung, dass ich wegen der Bauarbeiten den Vorplatz vor der Kapelle nicht betreten durfte und so konnte ich vom aktuellen baulichen Zustand nur Aufnahmen von ausserhalb des Geländes mitbringen.

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Chapelle des Templiers, Avalleur, 10110 Bar-sur-Aube, 2017

Die Kapelle befand sich auch 2007 schon in einem ganz ordentlichen Zustand, aber die profanen Gebäude der Commanderie waren doch schon recht heruntergekommen.

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Maison du commandeur, 2007

Ich bin dem Reiz erlegen, in diesem Beitrag Bilder von 2007 mit denen von 2017 zu vergleichen. Hier ein Blick auf die Südflanke (Die Kapelle zeigt indes nicht exakt nach Osten sondern nach Ostsüdost. Die Blickrichtung auf das Gebäude ist also eher aus Südsüdwest.)

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Commanderie Avalleur, Südseite, 2007

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Commanderie Avalleur, Südseite, 2017

Finden Sie die 10 Unterschiede? 🙂 Noch gravierender haben sich die Renovierungsarbeiten an der Nordflanke ausgewirkt:

Avalleur Tripadvisor

(Copyright: Tripadvisor)

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Und aus ähnlichem Blickwinkel mein Foto von 2017

4. Commanderie d’Épailly, 21520 Courban, Côte-d’Or, Bourgogne-Franche-Comté

Von Avalleur bis zu meiner nächsten Etappe Épailly waren es ca. 40 km in südöstlicher Richtung. Ich bemerkte, dass die Ortsnamen, die ich passierte, häufig den Zusatz „sur-Ource“ enthielten. Ich wußte, dass Voulaines-les-Templiers an eine Fluß dieses Namens liegt. Mir war aber nicht klar, dass ich mich so nah an dieser „Templerstrasse“ von Châtillon-sur-Seine nach Gray befand. Ich wähnte diese tief unten im Burgund und mich noch halb in der Champagne. Tatsächlich passiert man etwa auf halber Strecke die Grenze zwischen den Departements Aube und Côte-d’Or, mithin auch die Grenzen der Régions Grand-Est und Bourgogne-Franche-Comté.

Nach Aubarbier, S. 75, entstand die Commanderie von Épailly im Jahr 1209 aufgrund einer Spende des Grafen von Bar-sur-Seine. Die Templer erhielten zudem mehr als 60 Güter in der Umgebung, u.a. auch in dem Ort Courban.

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Commanderie d’Epailly, 21520 Courban

Die Commanderie hat gewaltige Ausmasse. Die in südöstlicher Richtung verlaufende Aussenmauer dürfte ca. 100 m lang sein.

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Chapelle des Templiers

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Commanderiegelände von Osten

Es fällt auf, dass diese riesige Kapelle fast exakt nach Osten ausgerichtet ist. Das erklärt auch den Winkel der Kapelle zur Aussenmauer.

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Westfassade (2010, Foto Thorsten Stute)

Ich hätte die Kapelle sehr gerne aus der Nähe angesehen. Der Verwalter, mit dem ich mich diesmal bestimmt eine halbe Stunde in ein Gespräch verstrickt habe, hätte es mir von Herzen gerne gestattet. Er sah sich aber daran gehindert, weil der Bürgermeister von Courban vom Zutritt von Besuchern dringend abgeraten hätte. Die Kapelle sei nicht sicher, es könnten Steine vom Dach herabstürzen. Seine Chefin, eine Deutsche, würde bei mir vielleicht eine Ausnahme machen aber sie sei nicht da und er habe Anweisung, niemanden näher treten zu lassen.

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Blick auf die Nordwestecke von Westen

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Detail an der Fassade: Fenstersturz aus dem sechzehnten Jahrhundert, typisch für Bauten der Johanniter. Solche Fensterstürze gibt es sonst noch an den Profangebäuden der Templerkommenden von Villemoison, Avalleur, Penmarc’h, Loc Amand u.v.m.

Zum Schluss zeige ich noch eine Übersicht über die mächtige Commanderie aus der Satellitenperspektive:

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Commanderie d’Epailly (copyright: Google maps)

Es dürfte die einzige Commanderie mit Hubschrauberlandeplatz sein. Und ich habe so für mich gedacht, an welcher Stelle ich in meinem Leben falsch abgebogen bin 🙂

5. Commanderie de Nuits-Saint-Marc, 89390 Nuits-sous-Ravières, Yonne, Région Bourgogne-Franche-Comté

Als nächstes Etappenziel hatte ich mir einen Ort im Département Yonne ausgesucht. Dazu musste ich 50 Km südwestlich fahren und traf dort gegen 13:00 Uhr ein. Die Commanderie liegt ca. 500 Meter nördlich des Ortes Nuits-sous-Ravières sehr malerisch am linken Ufer einer Schleife des Flusses Armançon.

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Commanderie Nuits-Saint-Marc, (copyright: google maps)

Sie wird erstmals im Jahre 1186 in einer Urkunde des Bischofs Manassés von Langres erwähnt (Maximilien Quantin, Histoire des Ordres religieux et militaires dans le Département de l’Yonne, 1882, S. 249.)

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Commanderie Nuits-Saint-Marc, Anfahrt von Süden

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Die Kapelle der Commanderie ist aus dem 12. Jahrhundert und offensichtlich sehr gut erhalten. Sie ist 15,70 m lang und 6,50 m breit (Quantin, a.a.O).

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Gebäude an der Ostseite der Commanderie

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Nordwestflanke, Stallungen?

Mit dieser Aufnahme verabschiedete ich mich von Nuits-Saint-Marc. Mein nächstes Ziel lag in nördlicher Richtung, nur etwa 7 Km flußabwärts.

6. Église Saint-Jean Baptiste, 89160 Chassignelles, Yonne

Chassignelles befindet sich am rechten Ufer des Armançon. Die Domaine du Temple de Chassignelles wurde nach Jack Bocar im Jahre 1246 als Nebenstelle der Commanderie St. Marc beigeordnet. Die Kapelle Saint-Jean Baptiste, die streng nach Osten ausgerichtet ist,  wurde  in mehreren Abschnitten zwischen 1150 und 1300 erbaut und befindet sich weit ausserhalb östlich des Ortes, weshalb Bocar (a.a.O) annimmt, dass sie vormals als Friedhofskapelle gedient habe.

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Saint-Jean-Baptiste, 89160 Chassignelles, Blick vom Ort aus nach Osten

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Der Blick Südosten auf die Kapelle läßt die unterschiedlichen Ausbaustufen erahnen…

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… und zeigt den geraden Chorabschluß (chevet plat) mit den für die Templer typischen drei Fenstern

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Bei diesen Gebäuden, die ein paar Schritte weiter in südöstlicher Richtung hinter der Kapelle liegen, könnte es sich um die ferme der Templer gehandelt haben.

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Blick von der Kapelle nach Westen auf den Ort Chassignelles, hier das erste Gehöft, das anscheinend Teile der Schutzmauer des Ortes beinhaltet.

Die auch von Aubarbier S. 70 gestützte Annahme Bocars, dass die Templer in Chassignelles Güter oder Rechte besassen, beruht auf den Angaben Maximilien Quantins, 1882, S. 25.  Hingegen findet sich weder bei Michel Miguet, Les Templiers en Bourgogne, noch bei Delphine Marie, Les Templiers dans le Diocèse de Langres ein entsprechender Hinweis auf diesen Ort.

7. 89160 Ancy-le-Franc, Yonne

Umso genauer sind jedoch die Hinweise von Delphine Marie zu den  Rechten der Templer in Ancy-le-Franc, eine 1000-Seelen-Gemeinde 2 Km weiter nördlich flußabwärts. Dort gibt es ein prachtvolles Rennaissance-Schloß (1536), dem ein befestigter Vorgängerbau aus dem 12. Jahrhundert weichen mußte (Wikipedia, a.a.O). Die Église-Sainte-Colombe zeigt sich heute in ihrem Zustand seit 1885, jedoch geht auch dieses Gebäude auf einen Ursprung im 13. Jahrhundert zurück. Ein direkter Bezug zum Templerorden besteht ersichtlich nicht, wenngleich die Mitglieder des Ordens diese Kirche in Ermangelung einer eigenen mitbesucht haben dürften (vgl. Demurger, Aufstieg und Untergang, S. 164).

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Église-Sainte-Colombe, 89160 Ancy-le-Franc

Nach Delphine Marie, S. 136, besassen die Templer in und um Ancy-le-Franc Ländereien, die sie bestellten, sowie ab 1211 Rechte an der Mühle des Ortes. Im Jahre 1224 wurde ihnen gestattet, eine Scheune zum Einzug der Steuern (grange aux dîmes) zu bauen. Im Ort gibt es enorm viele Mauern und Gebäude, die mit Steinen aus früheren Epochen offenbar neu errichtet worden sind (vgl. etwa das Schuppengebäude links im obigen Bild. Es ist daher vor Ort nicht auszumachen gewesen, an welcher Stelle die Grange des Templiérs einstmals gestanden haben mag.

Zufällig viel mein Blick beim Herumfahren im Ort auf folgendes Gebäude:

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38, Grand Rue, 89160 Ancy-le-Franc

Das große Tor scheint zum Einfahren von Fuhrwerken gebraucht worden zu sein. Auch scheint die Höhe des Gebäudes für eine Zehntscheune zu sprechen (Eine Bildauswahl für granges dîmières finden Sie hier). Ein Hinweisschild gab es jedoch nicht. Ich war hier im Département Yonne vorerst fertig. Für die zweite Übernachtung hatte ich mir ein Hotel in Dijon gebucht. Bevor ich jedoch ans Abendessen auch nur denken durfte, lagen jedoch noch weitere 100 Km Weg vor mir, zurück ins Département Côte-d’Or.

8. Commanderie de Fontenotte, 21120 Til-Châtel, Côte-d’Or

Die ferme de Fontenotte liegt etwa 3 Km südöstlich von Til-Châtel. Man erreicht sie, indem man die D974 von Til-Châtel nach Dijon befährt und auf folgendes Schild achtet:

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Man verläßt die D974 auf einem rechtwinklig nach links abbiegenden Schotterweg, auf dem man ca. einen Kilometer bis zu einem Waldstück entlang fährt. Ich traf hier um ca. 16:15 Uhr ein. Das Wetter hatte sich im Laufe des Nachmitags noch verschlechtert.

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Man nähert sich dem ehemaligen Commanderie-Gelände von Nordwesten. Im Wald knickt der Schotterweg nach links ab und führt auf das Haupttor, das mit Kameras bewacht wird.

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Ferme de Fontenotte, (copyright: google maps)

Vor dem Haupttor biegt der Weg wieder nach rechts ab und man steht vor der mit übermannshohen Mauern geschützten

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Südflanke der Ferme de Fontenotte

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Wieder nach links abgebogen steht man vor der Ostflanke.

Der Turm gehört zum Treppenhaus des Herrenhauses (Le logis), wie ich später bei Miguet, S. V.  nachschlagen konnte. Hier biegt der Weg wieder nach rechts ab.

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Blick von Osten

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Osttor, Nahaufnahme.

Nach Miguet kann man hier auch eine mittelalterliche Scheune bestaunen, aber hierzu hätte ich mir Einlass verschaffen müssen. Es war aber niemand da, den ich darum hätte bitten können.

Eine Kapelle gibt es auf diesem Gelände nicht mehr. Ich hatte schon vor einigen Jahren bei Julien Frizot, Sur le pas des Templiers en terre de France, S.102f, gelesen, dass die 15 m auf 6 m große Kapelle dort im Jahr 1960 Stein-für-Stein abgebrochen und anschliessend etwas außerhalb von Dijon, der Hauptstadt des Burgund, ebenso wieder aufgebaut wurde. Diese Location war also mein nächstes Ziel.

9. La chapelle de La Bergerie, 21000 Dijon

Ich erreichte nach ca. einer halben Stunde, gegen 17:00 die Hauptstadt des Burgund, die etwa 30 Km südwestlich von Fontenotte liegt. Man verläßt Dijon auf der Route de Corcelles (D108G) in südwestliche Richtung und  erreicht nach wenigen hundert Metern den Parc de la Combe Saint-Joseph und ein Hinweisschild La Bergerie, welches nach links weist.

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(Copyright: google maps)

Die Kapelle wurde beim Neuaufbau 1962 nicht nach Osten ausgerichtet. Der Chor zeigt nach Norden.

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Chapelle Fontenotte, La Bergerie, 21000 Dijon

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chevet plat, 3 Fenster

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niedriger Seiteneingang mit Templerkreuz

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Hinweisschild von 1962

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„Westfassade“ von Süden, mit Haupteingang

Jetzt durfte ich mich langsam auf mein Abendessen freuen. Mein Nachtquartier war im Hôtel des Ducs gebucht. Ich mußte nur noch dort einchecken und das Auto unterstellen. Das Hotel ist nur ein paar Schritte von der Place de la Libération entfernt. Dort suchte ich mir ein Restaurant gegenüber dem Palast der Herzöge von Burgund. Es schmeckte entsprechend fürstlich und die Anstrengungen des Tages gerieten so schnell in Vergessenheit.

10. Chapelle Saint-Jacques, 21200 Beaune

Offenbar war auch das Frühstück in meinem Hotel fürstlich, denn ich erreichte meine erstes Etappenziel für diesen dritten Tag meiner Reise erst gegen 11:00. Beaune liegt ca. 45 Km südwestlich von Dijon. Das Wetter hatte sich zusehends gebessert, es gab ein wenig Sonnenschein und der Dauerregen hatte aufgehört.

Bei Beaune liegt ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt Frankreichs. Hier trifft die A 36 „La Comtoise“ von Basel und Mulhouse auf die A 6 „Autoroute du Soleil“ von Paris nach Lyon. Wie ich noch zeigen werde, spielte dieser Verkehrsknotenpunkt auch im Mittelalter eine wohl überragende Rolle. Jedenfalls beginnt in Beaune eine regelrechte „Templerstrasse“ in Richtung Süden. Die Templerhäuser drängen sich hier nun dicht an dicht aneinander. In dem Bereich der 50 Km zwischen Chalon-sur-Saône und Mâcon, in dem die Fernstrasse fast direkt an der Saône entlangführt, existierten –  sage und schreibe – 9 Templerorte in einem Abstand von jeweils ca. 5 Km in einer Reihe.

BeauneMontbellet map

(Mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung von Jean-Luc Aubarbier, La France des Templièrs)

Die Saône ist hier schon lange zu einem breiten Strom angewachsen. Es dürfte spannend werden, zu untersuchen, ob die Templer eventuell auch Hafenanlagen unterhielten, so wie in Mainz (vgl. Mainzer Templertor).

Um die ehemalige Commanderie zu erreichen, wendet man sich in Beaune nach Süden in den Stadtteil (Faubourg) Saint-Jacques, begibt sich in die nach dem letzten Grossmeister des Tempelordens benannte Rue Jacques de Molay und fährt diese nach Südwesten bis zur Rue du Faubourg Saint-Jacques. Am dortigen Kreisel nimmt man die dritte Ausfahrt nach Südosten und sucht sich sofort einen Parkplatz, denn gleich hier führt ein Schotterweg von der Rue du Faubourg Saint-Jacques (Hausnummer 25) zur Templerkapelle.

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Hinweistafel am Gebäude

Vier Orte in Frankreich tragen den Namen Molay, aber zwei lassen sich leicht aussondern, weil sie im Calvados und im Yonne liegen. Denn man weiß sicher, dass Molay weder in der Normandie noch im französichen Herzogtum Burgund zur Welt kam, sondern velmehr in der damals noch zum deutschen Kaiserreich gehörenden Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté). Demurger hat sich die Mühe gemacht, das Für und Wieder für die beiden, weiter noch in Frage kommenden Ortschaften abzuwägen und neigt – wie ich finde, mit guten Gründen – dazu,  die Ortschaft 70120 Molay im Kanton Vitry (Dept. Haute-Saône) als Geburtsort vorzuziehen (Demurger, Der Letzte Templer, S. 22f.). Einvernehmen besteht, dass de Molay im Jahre 1265 durch den General-Visitator von Frankreich in den Orden der Templer aufgenommen wurde, und zwar in dieser Kapelle in Beaune (Demurger, S. 48).

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Chapelle des Templièrs, 21200 Beaune, Westfassade

Die Kapelle ist heute sehr schwer fotografisch einzufangen. Auf dem Nachbargrundstück ist vor nicht allzulanger Zeit ein Gewerbebetrieb errichtet worden. Von dessen Parkplatz hat man zwar noch immer eine gute Sicht, aber ein Zaun stört auf den Fotos. Wenn man sich vor den Zaun stellt, reicht der Platz nicht für einen günstigen Winkel.

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Blick auf die Nordflanke mit Hauptportal

Wie man auf diesem Bild gut erkennen kann, wird die Kapelle an beiden Enden von neueren schuppenähnlichen Gebäuden flankiert. Die Kapelle ist aus der Ost-West-Achse etwas herausgedreht und zeigt eher nach Ostsüdost.

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Blick von Nordost auf das Hauptportal

Das Hauptportal war einst aufwendig verziert. Der Portalvorbau wurde jedoch entweder 1919 (Aubarbier, S. 79) oder 1923 (Miguet, S. 38) demontiert und an eine Neo-Templergesellschaft in Boston verkauft (Aubarbier aaO). Miguet hat ausfindig gemacht, dass der Portalvorbau heute im Cloister Museum von New York ausgestellt wird. Dort wurde ich auch fündig:

Screenshot 2018-02-13 17.39.58Public domain, Copyright Metropolitan Museum of Arts

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Detailansicht Nordseite

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westlicher Giebel mit Templerkreuz und Schuppenvorbau

Der letzte Großmeister der Templer Jacques de Molay endete auf dramatische Weise nach einem der größten Justizskandale des Mittelalters auf dem Scheiterhaufen. Es würde den Rahmen dieses Reiseberichts sprengen, sich den Hintergründen und Umständen der Prozesse hier näher anzunehmen. Ich wage aber den Versuch, den Konflikt und die Akteure mit einigen Sätzen zu skizzieren:

König Phillip IV von Frankreich, genannt „le Bel“, wollte den Orden aus verschiedenen Gründen vernichten. Sein Gegenspieler, Papst Clemenz V, war nicht stark genug, sich mit aller Macht seines Amtes gegen seinen überehrgeizigen Widersacher zu stellen. Er hätte ihn ohne weiteres exkommunizieren können aber er fürchtete sich vor diesem Schritt, damit es ihm nicht erginge, wie dem früheren Papst Bonifatius VIII. Dieser wurde vom Berater König Phillips, Guillaume de Nogaret, so hart attackiert, dass er schliesslich verstarb. Es war auch de Nogaret, der durch fragwürdige Zeugen allerlei widerwärtige Gerüchte über ketzerisches Benehmen der Templer ins Spiel brachte. Letztlich führte das zu der bekannten Verhaftungswelle am Freitag, den 13.10.1307. Durch Folter erzielten die Beamten des Königs recht schnell „Beweise“ für die Gotteslästerungen des Ordens, die aber den Papst nicht überzeugten. Der Templerorden unterlag der Gerichtsbarkeit des Papstes, aber der König bestand darauf, die weltliche Gerichtsbarkeit über die Einzelpersonen des Ordens auszuüben.

Wohl unter Folter und wohl auch wahrheitswidrig gab de Molay am 24.10.1307 zu, bei seiner Aufnahme in dieser Kapelle in Beaune auf Anweisung und widerwillig neben das Kreuz gespuckt zu haben. Von weiteren anstössigen Praktiken bei der Aufnahme wisse er nichts (Demurger, S. 248.)  Am 27.12.1307 widerrief de Molay sein Geständnis und beklagte sich vor einer päpstlichen Kommission in Nôtre-Dame über Folter und schlechte Behandlung  (aaO, s. 249f.). In der Folge verlangte er, nur noch mit dem Papst persönlich zu sprechen, was ihm aber nicht gewährt wurde. Also schwieg er ab jetzt.

Das juristische Tauziehen zwischen dem ängstlichen Papst und dem ehrgeizigen König kürze ich hier ab. Man verständigte sich immerhin darauf, dass der Prozeß gegen den Orden der päpstlichen Gerichtsbarkeit understand, währen die Justizorgane des Königs über die persönliche Schuld und Strafe der einzelnen Mitglieder des Ordens zu richten hatten. Der Prozeß gegen den Orden fand bereits im Jahre 1312 vor dem Konzil von Vienne sein Ende: Am 06. Mai 1312 verkündete der Papst die Auflösung des Ordens, die Einziehung seiner Güter und die Übertragung derselben auf den Johanniterorden und zwar nicht, weil er den Orden für schuldig hielt, sondern weil sein Ansehen durch die jahrelangen Beschuldigungen und Prozesse schon zu sehr gelitten habe (Demurger, S. 266).

De Molay schwieg auch noch im März 1314, als drei Kardinäle in Paris das Urteil über ihn sprechen sollten. De Molay wußte, dass ein Widerruf seines Geständnisses vor Beamten des Königs als „Rückfall zur Ketzerei“ angesehen und so seinen sicheren Tod bedeuten würde. Er hoffte offenbar auf ein mildes Urteil, weil er ja nur Lappalien gestanden hatte. Um so zorniger war er, als er nach dem Schauprozeß auf dem KIrchplatz vor Nôtre-Dame am 18.03.2014  sein Urteil hörte, das auf lebenslange Haft lautete. Er widerrief daraufhin sämtliche Geständnisse. Der König fackelte nicht lange. Noch am gleichen Tag ließ Phillipp IV die beiden Würdenträger de Molay und de Charney auf einer damals vorhandenen kleinen Insel vor der Spitze der Île-de-la-Cité (heute: Square du Vert Galant) auf dem Scheiterhaufen verbrennen.

Screenshot 2018-02-14 22.07.57frz. Miniatur, 15 Jh. Copyright Wikipedia commons

Screenshot 2018-02-14 22.08.21

Hinweistafel auf dem Square du Vert Galant, copyright Wikipedia commons

Beide Darstellungen unterliegen den Regeln des  Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International und stammen aus dem Wikipedia-Eintrag über Jacques de Molay.

König Philipp hatte nicht lange Zeit, sich über sein Werk zu freuen. Er starb am 29.11.1314 an einem Jagdunfall. Auch der Papst Clemenz überlebte den letzten Grossmeister nur um etwas mehr als einen Monat: Er starb am 20.04.1314 in Roquemaure (bei Avignon), wie es heißt, nach langer und schwerer Krankheit (Barber, Die Templer, S. 278.) Einige Chronisten kamen wohl deshalb auf die Idee, de Molay habe seine Feinde auf dem Scheiterhaufen verflucht (aaO).

11. Chapelle Sainte Catherine, 71260 Montbellet, Saône-et-Loire

Mein nächstes Ziel war gleichzeitig das letzte auf dieser Reise. Ich mußte ca. 70 km südlich fahren. Das Wetter wurde immer sonniger und ich erreichte nach einer wunderschönen Fahrt am rechten Ufer der Saône entlang Montbellet gegen 12:30. Ich hatte noch nie zuvor die Landstrasse am Saône-Ufer benutzt und von der Autobahn A 6 nimmt man die Schönheit der Strecke nicht so deutlich war. Nach Westen erheben sich sanfte Hügel. Das Saône-Tal bietet ideale Bedingungen für die Platzierung strategisch wichtiger Stationen. Die Fernstrasse war nicht nur zur Zeit der Templer wichtig. Miguet (S. 66) weist darauf hin, dass schon zur Zeiten der Römer die Trasse der A6 für ihre Via Agrippa verwendet wurde und dass die Platzauswahl der Templer hier keineswegs zufällig getroffen wurde.

Screenshot 2018-02-15 20.37.21

Copyright Wikipedia

Man sieht, dass die oben angesprochene Templerstrasse südlich von Chalon-sur-Saone (= lat.  Cavillonum) sich an der zuvor schon vorhandenen Trasse der Römerstrasse orientiert. Das ist bisher der klarste Beweis, den ich für die These gefunden habe, dass die Templer ihre Stationen regelmässig entlang bereits vorhandener Fernstrassenstrecken installiert haben. Das stand bei dieser Reise im Vordergrund und ich bin mit dem gefundenen Zwischenergebnis sehr zufrieden.

Montbellet ist recht klein und so hatte ich mich mal wieder nicht ausreichend vorbereitet in der Hoffnung, dass ich die Templerkapelle vor Ort ohne weiteres finden konnte. Ich mußte aber bei der Mairie nachfragen und man druckte mir eine Karte für den Weg aus, denn die Commanderie liegt in einem Örtchen namens Mercey ausserhalb von Montbellet. Der Weg nahm nur ein paar Minuten in Anspruch. Und das Ziel erwies sich als atemberaubend.

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Anfahrt von Süden, man erkennt einen Gewässerlauf vor der Commanderie

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Chapelle des Templièrs Sainte-Catherine, 71260 Montbellet

Miguet weist darauf hin, dass diese Kapelle rätselhafterweise nicht wie üblich nach Osten sondern nach Nordenausgerichtet ist.

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Nordfassade

Die heilige Katharina wurde auch und besonders von den Kreuzrittern zur Schutzheiligen ausgewählt (Nachweis: Vierzehnheilige). Sie wird mit einem Rad (Folterinstrument) abgebildet.

Mit diesen schönen Bildern endete meine Reise und auch der Beitrag hier. Ich bedanke mich für Ihr Interesse.

2016, Oktober, Catalunya Teil 3

Catalunya – Teil 3

Im Oktober 2016 bot sich nochmals die Chance, Ferien in dem schönen Haus in Masos de Pals zu verbringen. Weil es uns im Mai dieses Jahres dort so ausnehmend gut gefiel (siehe Templerreise Mai 2016) , liessen wir uns das nicht zweimal sagen und  brachen voller Vorfreude auf. Die Strapazen der sicherlich nicht gerade kurzen Anreise war spätestens am nächsten Morgen vollends verflogen, als wir auf der sonnenüberfluteten Terrasse die frisch gekauften Croissants und Avocados zum Frühstuck geniessen konnten. Die erste Woche verbrachten wir mit Ausflügen in die Umgebung, besuchten Märkte in verschiedenen Orten in der Nähe und genossen das mediterrane Leben. Der Pool war auch noch erträglich temperiert. Inzwischen gab es hier eine gute Internetanbindung, die mir half, die Reisen vor Ort noch viel genauer zu planen.

1.1 Comarca Vallès Occidental

Palau-solità i Plegamans

Im Mai war ich an dieser Station mehr oder weniger gescheitert. Wir hatten zwar an mehreren Stellen mittelalterliche Gebäudereste ausfindig gemacht, die auch den Templern zuzuordnen sein dürften, aber die Templerkapelle haben wir verpasst. Um diese „Scharte auszuwetzen“ , durchsuchte ich das Internet auf einen Lageplan der ehemaligen Komturei von Palau. Auf der Homepage cosasdelvalles wurde ich fündig:

palau.jpgQuelle: cosasdelvalles

Leider war die Beschriftung der Skizze nur schwer zu entziffern. Strassennamen waren nicht angegeben. Das Gewässer Riera de Caldes, das auf der Skizze breiten Raum einnimmt, erwies sich in natura eher als Bach. Die Kirche Santa Maria, die ich im März besucht hatte, war jedenfalls die Pfarrkirche von Palau. Sie muß sich deshalb in dem schwarz hinterlegten Bereich oben links auf der Skizze befinden, denn dessen Beschriftung lautet Parroquia de Palau-solità und Parroquia heisst Pfarrei. Die Beschriftung des schraffierten Bereiches rechts von der Mitte der Skizze lautet Antic recinte templer und links neben der Stelle steht Nucli de St. Magdalena. Nucli bedeutet Kern, Zentrum. Die kreisförmige Struktur „El Fernot“ soll die Stelle bezeichnen, an der sich einst eine Mühle befunden hat. Ich hatte mich an den Bach erinnert, aber der bot keine Orientierungshilfe, weil man dessen Verlauf und seine Krümmungen vom Auto aus nicht sieht. Ich musste also versuchen, auf google maps die Stelle zu finden. Es gelang:

palaumap.jpggoogle maps

Oben sieht man die Pfarrkirche Sta. Maria sowie die Carrer Templers, unten erkennt man die Carrer Templer Guido  nach Süden aus dem Kartenauschnitt hinauslaufen. Mit dieser Skizze und der daraus gewonnenen Erkenntnisse wurde ich nunmehr auch vor Ort fündig.

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Ansicht der Komturei von der Carrer Pompeu Fabra

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Nach dieser Tafel handelt es sich bei dieser Anlage, die im Privatbesitz steht, um ein Kulturgut von nationalem Rang. Es ist danach offensichtlich gestattet, das Gehöft auch zu betreten. Die Eigentümer betreiben hier Landwirtschaft und verkaufen ihre Erzeugnisse vom Hof. Ich klingelte vorsorglich, weil ich mich nicht wie ein Eindringling fühlen wollte. Die Inhaberin nahm an, ich wollte etwas kaufen. Als ich ihr sagte, ich wollte nur fotografieren, sagte sie, das wäre völlig in Ordnung. Und so gelang mir endlich der heiss ersehnte Fototermin mit Santa Magdalena:

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comanda Santa Magdalena de Palau de Vallès

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Die Kapelle ist aus dem frühen 12. Jahrhundert. Sie war offenbar lange als Stall genutzt.

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Auf dem Gehöft selbst war nur die Kapelle für meine Studien interessant. Die übrigen Gebäude sind zumeist modern und dienen als Abstellräume für Alltagsgegenstände. Zudem wollte ich die Privatsphäre der Eigentümer nicht unnötig beeinträchtigen.

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Ich verließ den Hof wieder und machte ausserhalb dieses vollständig ummauerten Innenbereiches noch einige Aufnahmen.

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Westliche Aussenmauer des Gehöfts. Für meine Begriffe ist das der Originalzustand aus dem Mittelalter.

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Gebäude ausserhalb der südwestlichen Ecke des Gehöfts, teilweise unter Verwendung mittelalterlicher Steine errichtet. (Möglicherweise auch Originialzustand?)

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Ein letztes Foto noch von einem links neben dem Haupteingang befindlichen Schuppen und mit diesem Blick verabschiedete ich mich aus Palau-solità und fuhr zurück nach Pals. Zum Abendessen wagte ich mich an die Zubereitung der ersten Paella meines Lebens. Damit sie auch zu den Eindrücken des Tages passte, wurde es eine Templer-Paella:

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2 Provincia de Lleida

Gardeny, Lleida

Für den nächsten Tag hatte ich mir vorgenommen auf der sogenannten „ruta del Temple“ soviele der berühmtesten Templerburgen Spaniens – oder besser gesagt, des damaligen Königreichs Aragon – wie möglich zu besuchen. Diese Burgenstrasse zieht sich von Monzón im Nordwesten bis nach Peniscola im Süden hin. Während wir bisher in Katalonien – mit der Ausnahme von Barberà de la Conca – nur die Kapellen der Templer vorgefunden hatten, standen hier nun mächtige Trutzburgen als wahre „Bollwerke der Christenheit“ gegen das inzwischen schon um einige hundert Kilometer nach Süden zurückgedrängte „Al Andalus“ , die es zu erforschen galt.

Screenshot 2017-02-25 10.59.45Quelle: La Ruta del Temple

Von Pals nach Gardeny in der Stadt Lleida waren es schon knapp drei Stunden. Nach Monzón hätte ich noch eine weitere halbe Stunde gebraucht. Das erschien mir zu weit und so entschied ich mich, in Lleida zu beginnen und dann vor Ort zu entscheiden, was mir an diesem Tag sonst noch gelingen würde.

Screenshot 2017-02-25 10.58.52

Quelle: ebreguia.com

Die Templerburg in Lleida heißt Castell de Gardeny. Und ich hielt es für eine extrem schlaue Idee, meinen Navi auf das Ziel: Carrer del Castell de Gardeny einzustellen. Damit begann eine neue trial-and-error Tournee durch Spanien. Leider gelang mein Aufbruch in Pals nicht vor 9:00 Uhr sodaß Lleida erst um 11:45 Uhr erreicht werden konnte. Ich hatte mich der Stadt von Süden genähert und die Brücke über den Fluß Segre passiert. Als ich auf einer sehr belebten Hauptstrasse in die Stadt hineinfuhr, meinte ich, ein nach links weisendes Schild mit der Aufschrift „Gardeny“ wahrgenommen zu haben. Der wuselnde Verkehr auf der vielspurigen Einfallstrasse verlangte aber meine ganze Konzentration und mein Navi zeigte mir, dass noch einige Kilometer vor mir liegen würden. Hätte ich nur nicht auf mein Navi gehört. Hätte, hätte, Fahradkette!

Ich durchquerte also die ganze Stadt. Lleida hat immerhin ca. 140.000 Einwohner. Ich hatte schon den nordöstlichen Stadtrand erreicht, aber von einem Hügel mit einer Burg war nichts zu sehen. Am „Ziel“ stellte sich heraus, daß die Carrer del Castell de Gardeny in einer Wohnsiedlung liegt und nur den Zugang zu reizenden Bungalows am Stadtrand erschließt. Also wieder zurück zu dem Punkt, an dem ich das Verkehrsschild wahrnahm. Es war ab dort überhaupt kein Problem, die Templerburg nach den Schildern zu finden. Ich fuhr den Burgberg hinauf, fand einen riesigen Parkplatz, machte mit vor Jagdfieber zitternden Händen die Kamera klar und – erlebte den Frust meines Lebens! Es war zu. Das Kassenhäuschen war nur bis um 12:00 besetzt. Die Anlage ist eingezäunt. Rien ne va plus! Fin de partie!

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Ich hetzte rüber zu Kassenhäuschen, weil ich dort eine Bewegung bemerkte. Es war gerade 5 Minuten nach zwölf und zwei Mitarbeiterinnen unterhielten sich noch beim Zuschliessen. Alles Beteuern, dass ich drei Stunden unterwegs war, um die Anlage zu besichtigen, half nichts. Man hätte Anweisung und es sei nichts mehr zu machen. Nicht einmal für fünf Minuten. Wäre ich gleich hierher gefahren, hätte ich es gerade noch geschafft. So blieb mir nichts anderes übrig, als durch den Zaun zu fotografieren.

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Haupteingang

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beeindruckendes Portal aus der Nähe

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nach Norden weisender Wachturm mit Blick auf Lleida

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Westfassade der Kapelle, die ziemlich genau nach Osten ausgerichtet ist

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Nach dem Hinweisschild erbauten die Templer die Anlage im Jahre 1156, nachdem der Graf von Barcelona, Ramon Berenguer IV ihnen diesen Hügel übereignet hatte.

Kurz bevor ich wieder zum nächsten Ziel aufbrechen wollte, gelang es mir noch, eine interessante Entdeckung zu machen:

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Im Erdreich versteckt tauchte eine Gewölbedecke auf, die eindeutig mit römischen Flachziegeln errichtet war. Ich würde nocheinmal hier her kommen müssen, um alle Versäumnisse nach zu holen und jetzt machte ich mich auf zu meiner zweiten Etappe.

3 Provincia de Tarragona

3.1 Comarca Ribera d’Ebre

Miravet

Ich entschied mich dagegen, noch weiter nördlich zu fahren und liess Montzón für dieses Jahr aus. Die Strecke zum nächsten Etappenziel Miravet beträgt ca. 85 Km in südlicher Richtung. Sie dauerte aber einiges über eine Stunde, denn die Strecke besteht nur aus Landstrassen. Das Ziel war nur noch 2,3 Kilometer entfernt, da tauchte ein kleines Verkehrschild nach Miravet auf und ging es von der Fernstrasse jäh nach rechts eine Böschung hinunter. Ich stand unvermittelt an den Gestaden des Ebro, des längsten spanischen Flusses. Die Fähre war ein echtes Abenteuer!

Miravet Fähre

Es dauerte ungewöhnlich lang, bis sie vom anderen Ufer losgemacht wurde. Es haben nur maximal 2 Fahrzeuge Platz. Die Fähre hat KEINEN MOTOR!! Sie wird allein durch die Strömung und die jeweilige Stellung des Ruders fortbewegt, wenn sie erstmal vom Ufer abgelegt hat. Die Fährleute müssen beim An- und Ablegen ganz schon schuften. Denn die Fähre muß mit langen Staken erst jeweils in die richtige Position gebracht werden, damit die Strömung sie dann auch in die gewünschte Richtung fortbewegt. Als mein 2 Tonnen schweres Fahrzeug auf die Fähre rollte, wurde sie zunächst beängstigend tief herabgedrückt. Aber es ging schließlich alles gut.

Und dann durfte ich mich auf einen wahrlich erhabenen Anblick freuen, den ich jetzt gleich mit Ihnen teilen werde. Ich hatte erst erwogen, zu den Bildern schlaue Kommentare zu verfassen. Aber schließlich siegte Idee, die Macht der Bilder einfach für sich sprechen zu lassen. Hier ist sie, meine erste richtige Templerburg Miravet:

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castell dels templers, 43747 Miravet, Tarragona

Die Burg ist nicht von den Templern errichtet worden. Sie entstand vielmehr durch Umbauten und Erweiterungen der bereits im sechsten Jahrhundert angelegten andalusischen Burg gegen Ende des 11. und Beginn des 12. Jahrhunderts (Quelle: Leaflet des Museu d’Història de Catalunya). Am 24. August 1153 gelang es Ramón Berenguer IV, dem Grafen von Barcelona, die starkbefestigte Burg von Miravet einzunehmen und dauerhaft zu besetzen (Fuguet, S. 99).  Auf Grundlage sogenannter Verträge von Girona übertrug der Graf die Burg zusammen mit umfangreichen Ländereien an die Templer und dazu sogar den Ort Miravet selbst (a.a.0., S. 100), der sich am Fuße der Burg befindet. Die Templer bauten dann ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und im 13. Jahrhundert die Burg für ihre Zwecke weiter um (Leaflet).

Die nachstehende Skizze gibt einen Überblick über die Bauphasen. Die Erweiterungen der Templer sind grün eingezeichnet.

Plan(Quelle: Leaflet Museu d’Història de Catalunya)

Sind Sie neugierig auf das Innere der Burg geworden? Ja? Kann ich gut verstehen. Das ging mir auch so. Hier sind die Aufnahmen mit kurzen Erläuterungen.

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Blick auf den Ebro, flussabwärts (Richtung Tortosa)

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Refektorium von aussen (Nr.11) Blick nach Nordosten

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Waffenhof (Nr. 9)

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 Refektorium (Speisesaal, Nr. 11)

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Eingang in den Kornspeicher (Nr. 12)

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Weinkeller (Nr.14)

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Lager (Nr. 13)

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Kirchenschiff, Blickrichtung nach Osten (Nr. 16)

Die Burg von Miravet sollte vor allem in der Zeit nach der grossen Verhaftungswelle der Templer noch eine bedeutende Rolle spielen. Der König von Frankreich, Philipp IV, genannt ‚le Bel‘ hatte Anweisung gegeben, am Freitag den 13. Oktober 1307 alle Templer zu verhaften. Die übrigen Länder – etwa – England, taten dem nicht gleich und warteten auf Signale vom Papst. Auch der Papst Clemenz V war zunächst nicht einverstanden mit dieser eigenmächtigen Maßnahme des französichen Königs (Demurger, S. 244) . Nachdem durch Philipps Verhörmethoden jedoch rasch erste „Geständnisse“ über vermeintliche Ketzereien von den Inhaftierten erlangt worden waren, begann der Papst, seine Haltung zu überdenken und mit ihm auch andere europäische Herrscher. Die fünf spanischen Königreiche reagierten auch untereinander unterschiedlich. Jaume II, Graf von Barcelona und König von Aragon, zögerte zuerst, obwohl er über den gemeinsamen Großvater Jaume I, den Eroberer, mit dem französichen König Philipp verwandt ist. Er hatte den Templern einiges zu verdanken, konnte und wollte sich aber auch keinen Bruch mit dem Papst leisten. Er handelte erst ab dem 1. Dezember 1307. Verhaftungen gelangen ihm aber zunächst nur in Valencia (a.a.0). Im Norden von Aragon machten die Templer Schwierigkeiten. Sie widersetzten sich den Verhaftungen und verschanzten sich – unter der Führung des Präzeptors der Komturei Mas Deu Raymund Sa Guardia, der den Rang eines Lieutenant du Maître du Temple pour la province d’Aragon innehatte (Abbé Capeille, Dictionaire de Biographies Roussillonaises, S. 251) – in den Burgen von Miravet, Asco und Montzón (aaO, S. 245).  Ab dem 8. Dezember1307 schrieb Sa Guardia zahlreiche Briefe an den König Jaume II von Aragon und versuchte, um diesen davon zu überzeugen, dass seine Templer aufrechte Christen und alle Häresievorwürfe gegen den Orden Erfindungen und Verleumdungen sind. (Robert Vinas, Le Procès des Templiers du Roussillon, S. 55ff).

Die Haltung des Königs in diesem Konflikt läßt sich recht deutlich aus einem knappen und staatsmännisch distanzierten Brief des Königs an Sa Guardia vom 15. Dezember 1307 ablesen: „Ihnen, Ramon Saguardia, antworte ich, daß ich sehr gut weiß, dass die Templer von meinen Vorgängern viele Güter und Gefälligkeiten erhalten haben. Die Templer haben zu zahlreichen Gelegenheiten den meinen und auch mir selbst gut gedient.“ Seine jetzigen Handlungen gegen die Templer erklärte der König so: „Ich handele, wie ein katholischer Prinz handeln muss … ich werde der Wahrheit und der Justiz folgen.“  (aaO, S. 56). In der Folge belagerte der König von Aragon die Burgen und parallel geführten Verhandlungen zogen sich bis August 2008 hin (Demurger, S. 245). Miravet kapitulierte erst im November 2008 (a.a.O) und die Übergabe wurde am 12.12.1308 vollzogen.  Zuvor, am 7.12.1308, hatte Jaume II dem Templer noch geschrieben, daß er sich in allen seinen Handlungen oder Unterlassungen an die Vorschriftes des Papstes halten würe. Er endete diesen Brief mit der Wendung: „Sie sollen dennoch wissen, dass ich Sie gütig behandeln werde.“ Um seine Würde zu erhalten, lieferte Ramon Saguardia sich nicht selbst aus. Die Soldaten des Königs fanden ihn schließlich zwei Tage später beim Gebet (Vinas, S. 74). Sa Guardia wurde schließlich in das zum Königreich Mallorca gehörende Rousillon ausgeliefert. Auch der König von Mallorca konnte sich dem Druck des französischen Königs nicht dauerhaft widersetzen und verhaftete schließlich die dort befindlichen Temple. Nach  Napp, Templerlexikon  erklärte Sa Guardia Im Verhör durch den Bischof von Elne, die Anschuldigungen seien „‚entsetzlich, schamlos und diabolisch‘ [horribles, extraordinairement affreux et diaboliques, vgl. Dictionnaire de biographies roussillonnaises de l’abbé Capeille (1914)], und bekannte, daß die Aufnahme der Brüder nach dem durch die Regel vorgeschriebenen Ritus und gemäß dem Glauben der Kirche erfolge.“ (Napp, aaO). Der Erzbischof von Tarragona  erklärte ihn daraufhin für unschuldig  und straffrei und wies ihm eine lebenslänge Rente zu (Dictionnaire de biographies roussillonnaises de l’abbé Capeille (1914). Nach Arnaudiès, Les templiers en Roussillon, S. 33, betrug die Rente 350 livres, die Sa Guardia auf seinem ehemaligen Sitz, der commanderie von Mas Deu noch bis ins Jahr 1319 geniessen konnte.

3 Provincia de Tarragona

3.2 Comarca Baix Ebre

Tortosa

Ich stieg also wieder die Burg von Miravet hinab und hoffte, auf dem Rückweg nicht mehr mit der Fähre fahren zu müssen. Der Umweg wäre aber beträchtlich gewesen, sodass mir leider keine Wahl blieb, als nochmal den Fährmann quälen zu müssen. Er pries sein Fahrzeug stolz als die umweltfreundlichste Fähre, die es gäbe und er hatte sichtlich Spaß an seinem Job. Auf seine Gelassenheit kann man nur neidisch sein. Es war eine ungeheuer archaisch anmutende Erfahrung. Ich bezahlte, wie es alter Brauch ist, erst am anderen Ufer, schaute mich kurz wehmütig um und steuerte – noch nichts ahnend – auf mein nächstes Scheitern zu.

Die Strecke bis Tortosa war nicht weit, knapp 50 km. Ich wollte in die Altstadt gelangen und hatte gehofft, dass dort vielleicht steinerne Zeugen der Templerzeit von Tortosa mit Hinweisschildern angezeigt werden würden. Ich hatte mich wieder mal nicht richtig vorbereitet, und diesmal rächte sich das richtig. Ich wußte nicht, dass es erstens im Stadtbereich nur eine einzige Brücke gibt, die Pont de l’Estat, die aber zweitens wegen Bauarbeiten derzeit gesperrt ist. Und so zockelte ich im einsetzenden Berufsverkehr erst mal eine ganze Weile hin und her, bis sich schließlich – weit ausserhalb der Stadt – eine Brücke fand. Damit war ich aber noch nicht am Ziel. Tortosa ist nicht sehr groß, es hat 34.000 Einwohner, aber groß genug, um unübersichtlich zu sein. Die Altstadt erwies sich teilweise als etwas eng  für mein Auto und ich hatte keine Ahnung, wonach genau ich eigentlich suchen sollte. Die Burg aus dem 10. Jahrhundert hat mit den Templern nichts zu tun, außerdem hat man sie in ein Hotel verwandelt. Ich wußte, dass die Templer in Tortosa ganze Stadtbezirke beherrscht hatten. Allerdings hatte ich keine Erinnerung daran, wo diese sich befunden haben und in wieweit davon heute noch etwas übriggeblieben ist. Ich hatte mir im Internet einige Türme angesehen, die den Templern zuzuordnen wären und naiv gehofft, diese würden vielleicht beschildert sein. Also fuhr ich auch in der Altstadt mehr oder weniger planlos durch enge Gassen ohne Parkmöglichkeiten, in denen zudem spontan nichts mittelalterliches zu entdecken war. So langsam bekam ich Hunger und wollte einfach nur noch heim.

Plötzlich tauchte ein geräumiger Platz vor mir auf, nachdem ich gerade wieder einer engen Sttrasse entkommen war. Und ich fand dort einen freien Parkplatz. Ausserdem hatte ich mittelalterliche Gemäuer erspäht. Also den Foto herausgeholt, um die „Jagdbeute“ einzufangen.

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 Teile der Stadtmauer im Nordosten von Tortosa,
Plaça de Mossèn Sol

Hinter mir erhob sich eine mächtige mittelalterliche Mauer ohne Fenster. Es war vor Ort nicht ersichtlich, zu welchem Gebäude diese Mauer gehörte. Ich tippte auf eine Kirche, was sich bei der Nachbearbeitung als zutreffend herausstellte.

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Tortosa, Carrer de la Mare de Déu de la Providencia

Spätere Nachforschungen ergaben, dass es sich bei der Mauer um die Südfassade der Kirche Sant Domènec handelt, die offenbar teilweise unter Verwendung der Stadtmauer von 1370 im Jahre 1585 errichtet wurde (tortosa antiga).

Da keine Schilder oder sonstige Hinweise vorhanden waren und ich auch noch drei Stunden Rückfahrt vor mir hatte,  brach ich mein erfolgloses Herumsuchen hier ab und stellte fest, dass ich hier noch einmal würde herkommen müssen. Aber nicht ohne mich umfassend vorzubereiten.

In Pals angekommen, beschaffte ich mir erst einmal altes Kartenmaterial von Tortosa. Auf der Verkaufsseite für alte Stiche und Landkarten www.frame.es wurde ich fundig:

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Quelle: www.frame.es

Rechts im Bild sieht man recht deutlich die Markierung Porte du Temple. Die Karte ist aber nicht nach norden ausgerichtet. Die (heute noch vorhandene) Strasse, die die Stadt hier nach rechts verläßt, führt in der Realität nach Süden. Auch in dem Buch von Fuguet und Plaza befindet sich eine Karte, die noch sehr viel mehr Details zeigte:

Fuguet Tortosa

Quelle: Joan Fuguet

Mit dem Auto würde es keinen Sinn machen, die schraffierten Bereiche untersuchen und ich überlegte, beim nächsten Besuch von Tortosa eventuelle Gebäudereste auf Spaziergängen zu identifizieren. Doch dann las ich bei Fuguet eine Seite weiter einen einzigen, irgendwie  deprimierenden Satz, der mir diese Mühe abnehmen würde: „No se conserva nada de la sede del Temple en la ciudad, que, como en las villas importantes, ha sucumbido al poder de la especulación urbana“. Es ist nichts mehr übrig geblieben von der Niederlassung der Templer in der Stadt. Wie in wichtigen Städten sind diese der Macht der städtischen Spekulation erlegen (Fuguet, S.98). Fuguet beschreibt aber drei Türme der Templer aus dem 13. Jahrhundert. Diese befinden sich z.T. weit ausserhalb der Stadt:

  1. Torre del Prior, 3 km nördlich
  2. Torre de Campredó, 13 km südöstlich und
  3. Torre de Burjassènia, 16 km südöstlich.

Alle diese Türme stehen am Flußlauf des Ebro strategisch günstig, dass sowohl die Fernstrassen, als auch der Fluß selbst, ständig überwacht werden konnten. Der Turm von Campredó steht zudem auf einem Hügel  (Localització: N 40 44 46 E 00 34 46. Altitud 32 m. , Ricard Ballo, Catalunya Medieval) . Die Legende will, dass zwischen diesem Turm und einem auf dem anderen Flußufer befindlichen Hospital eine Kette gespannt war, mit dem man das Einlaufen von Schiffen kontrollieren konnte (Fuguet, S. 98). Meine Nachforschungen haben inzwischen ergeben, dass der Torre del Prior heute als Ferienunterkunft ausgebaut ist und gleich meine Familie und mich gleich erstmal  für Herbst 2017 dort eingebucht. Ich bat Ricard Ballo, seine hervorragenden Fotos vom Torre de Campredó für diesen Bericht verwenden zu dürfen. Er hat mir das – wie stets – freundlich gestattet und mir hoch aufgelöste Bilder zur Verfügung gestellt. Ich bitte Sie, der Seite catalunya medieval zur Vorbereitung Ihrer Urlaubsreisen in die Region Ihren Besuch abzustatten. Sie finden auf der Startseite durch Anklicken Ihrer Zielregion für jede comarca hervorragende Fotos von Burgen, Türmen und mittelalterlichen Gebäuden. Das kann dazu beitragen, Ihren Urlaub besonders unvergesslich zu machen. Vorsicht: Es kann süchtig machen…..

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OLYMPUS DIGITAL CAMERA copyright Ricard Ballo, used with kind permission of the holder

Torre de Campredó, Tarragona, copyright Ricard Ballo

11-Torre de Campredó-Tortosa 080301_508

Beim Anblick gerade dieses Bildes wurde mir urplötzlich die besondere strategische Situation der Stadt Tortosa überdeutlich: Der zweitlängste Fluß der iberischen Halbinsel (=der längste Fluß Spaniens) verbindet hier das Hinterland Spaniens über den wichtigen Seehafen Tortosas (vg. Terres de l’Ebre) mit dem Mittelmeer. Es liegt auf der Hand, dass  – auch seit vorrömischer Zeit – für Fernstrassentrassen besonders die Flußläufe bevorzugt wurden (vgl. etwa Donau, Rhein, Seine, Loire, Rhône), nicht zuletzt um unnötige Steigungen zu vermeiden und die Beherbergungsstationen doppelt effektiv zu machen. Das galt natürlich besonders auch für den Ebro, zumal das Küstenhinterland Kataloniens sehr hügelig ist. Der Fluß verbindet die Küste direkt mit Zaragoza (Saragossa) und indirekt über den Segre, der bei Mequinenza in den Ebro mündet, auch mit Lleida und den Templerbesitzungen in der Comarca Segria. Auf diese Weise sicherten sich die Templer den raschen Abtransport der in Ihren Komtureien dafür bestimmungsgemäß erzeugten Produkte ins heilige Land.

Aber das war noch nicht alles. Der Verkehrsknotenpunkt südlich von Tortosa verbindet das spanische Hinterland und den Seeweg zusätzlich mit der Küstenstrasse von Narbonne über Girona, Barcelona und Tarragona bis nach Peniscola. Das heisst, die Templertürme um Tortosa dienten auch zur Überwachung des Fernverkehrs auf der Küstenstrasse. Die berühmte Römerstrasse Frankreichs, die via domitia,  die im Languedoc als Küstenstrasse die Städte Nimes, Montpelllier, Beziers und Narbonne verbindet, setzt sich über die Pyrenäen fort.

Es war an der Zeit, mal eine Karte der Römerstrassen zu Rate zu ziehen:

Römerstrasse.jpg

 

Quelle: Wikimedia

Reduzieren wir den Kartenausschnitt von Spanien, wird die besondere Bedeutung des Verkehrsknotenpunktes noch deutlicher:

Ebro Römerstrasse

Quelle: Wikimedia

Tarraco = Tarragona, Caesaraugusta = Saragossa, Castra Legionis = Leon, Brigantum = La Coruña.

Der Kartenausschnitt zeigt, dass die alte Römerstrasse Via Domitia sich über Tarragona hinaus bis zur Ebro-Mündung – also bis Tortosa, wo die Römer schon einen Hafen betrieben haben könnten (Wawrzinek, In portum navigare) – fortsetzt. Von Saragossa erschließt das Römerstrassennetz zudem gleich drei wichtige Atlantikhäfen Lissabon, La Coruña und Bordeaux, was den Warenaustausch mit England beträchtlich erleichtert haben dürfte. Ab Tortosa nannte man die Römerstrasse Via Herculea. In Galizien und Leon waren die Templer auch begütert und in Saragossa reichlich, sodass davon auszugehen ist, dass die alten Verkehrswege der Römer auch in der Templerzeit ihre Bedeutung noch nicht verloren haben werden. Nach Süden hatten sich die Templer bis nach Peniscola und Xivert ausgebreitet. Die Stadt Tortosa dürfte damit als Hauptverkehrsknotenpunkt eine der wichtigsten Gründungen der Templer auf der spanischen Halbinsel dargestellt haben.

Ich werde die Region bald wieder bereisen dürfen, und zwar im Mai und im Oktober 2017. Freuen Sie sich mit mir auf hoffentlich viele spannende Berichte aus dem Jahr 2017.

 

 

 

 

 

 

 

2016, August, Belgien 2

Belgien – Teil 2

Im August dieses Jahres gelang es mir, zwei Tage für die Templerforschung freizunehmen. Nach dem ich letztes Jahr über den Besuch der Stollen südlich von Maastricht (für den Bericht hier klicken!) darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es gegenüber dem Steinbruch auf der rechten Seite der Maas in Visé eine Komturei der Templer gäbe, plante ich diese freien Tage für eine weitere Reise nach Belgien ein. Ich hatte noch vier Templerorte in Belgien „auf dem Radar“, die doch recht weit auseinander lagen.

Die Reise sollte mich praktisch durch das ganze Land führen:

Screenshot 2017-02-02 18.30.03

1 Province de Liège

Commanderie de Visé

Ich begann die Unternehmung gleich in Visé, nachdem ich bei Aachen über die belgische Grenze in der Province Liège (Lüttich/Luik) ankam. Die Adresse der Komturei hatte ich zuvor im Internet ausfindig gemacht: Ferme de Visé.

Es werden dort Kartoffeln und Gemüse zu Kauf angeboten. Das Gehöft ist im Privatbesitz und es wird auch auf der offiziellen Homepage der Stadt Visé gemahnt, die Privatsphäre der Besucher zu respektieren und eventuelle Besuche vorher telefonisch abzustimmen. (die Telefonnummer finden Sie hier)

DSC_0003Le Temple de Visé, 4600 Visé, Liège

Links neben der Zufahrt befand sich ein recht großer Teich. Man darf vermuten, dass der Teich schon von den Templern angelegt worden ist. Die Templer hatten einen verbindlichen Speiseplan einzuhalten, in dem auch regelmäßig Fischverzehr aufgetragen wurde. Deswegen gehörte ein entsprechend großer Teich praktisch zur Grundausstattung eines Templergehöfts. Bei der Bearbeitung dieses Beitrages fiel mir eine frappierende Ähnlichkeit zu einer anderen bekannten ehemaligen Templerfarm auf, die sich im Burgund befindet. Hier wie dort liegt der Templerteich links neben der Zufahrt.

Ferme de MontmorotFerme de Montmorot, 21580 Salives, Côte d’OrDSC_0005commanderie de 4600 Visé

Ich hatte mein Auto schon am Anfang der Zufahrt abgestellt, um die Leute nicht unnötig zu stören und näherte mich dem Eingang des Gehöftes zu Fuß.

DSC_0008Über dem Tor fand sich dieses Malteserkreuz mit Jahreszahl 1719:

DSC_0007Ich beschränkte mich bei den Innenaufnahmen auf die öffentlich zugänglichen Bereiche.

DSC_0009Die Jahreszahl auf dem Hauptgebäude weist auf den Ausbauzustand des Jahres 1687 hin. Der Homepage der Stadt Visé kann man entnehmen, dass die Komturei im Jahre 1675 von den Armeen des „Sonnenkönigs“ Ludwig  XIV zerstört worden war.

DSC_0014Der Eingang zum Gemüseladen (leider gerade Mittagspause).

DSC_0013Den Namen dieses Komturs Jacques Laure de Breteuil, der nach Wikipedia auch ein Förderer der Künste gewesen sein soll, und sein Wappen findet man auch an der Templerkirche von 4550 Villers-le-Temple, die etwa 45 Km südwestlich von Visé  liegt.  Jan Hosten schreibt auf S. 224 in seinem Buch De Tempeliers von 2006: „In Visé, ten noorden van Luik, bezat de orde een huis met kapel en een flink aantal rechten.“ – In Visé, im Norden von Lüttich, besaß der Orden ein Haus mit Kapelle und eine stattliche Anzahl an Rechten.

Im Jahre 1575 soll die Komturei so ausgesehen haben:

Vise(Quelle: scarlet.be/hetoudelandvanluik)

Ebenfalls nach dieser Quelle sei das aktuelle Gebäude unter dem Komtur Charles de la Fontaine im Jahre 1628 errichtet worden.

Auszug aus dem Aufsatz von Ferdinand Henaux, in Bulletin de l’Institut Archéologique Liégois, Liège, 1852:

Seite 340Von den acht Häusern des Tempels, die sich in unserem Land befinden, ist das von Visé das am wenigsten bekannte. Dieser Tempel (man nimmt den Namen Tempel für die Häuser der Templer) liegt im Osten von Visé, 10 Minuten von dieser Stadt. Wathi Carot und seine Lebensgefährtin haben ihn den Templern gegen Mitte des 13. Jahrhunderts zum Geschenk gemacht. Der Tempel von Visé war wahrscheinlich bewohnt von einem

Seite 341Prior und einigen Rittern. Sie sind in einem Dokument von 1297 als seigneurs (Grundherren) benannt worden. Diese Priorei unterstand dem Komtur des Tempels von Villers im Condroz.

(Quelle: belgique-insolite-et-occulte.blogspot.de)

2 Province du Brabant wallon

Commanderie de Wavre

Mein nächstes Etappenziel liegt südöstlich von Brüssel. Die Autofahrt über Liége und Namur dauerte etwa eine Stunde. In der Commanderie befindet sich ein Restaurant namens La Table des Templiers. Die Adresse wird in der Homepage des Restaurants mit „Chemin du Temple“ angegeben. Der Link enthält auch eine Anfahrtsskizze, so daß nichts schief gehen konnte.

DSC_0019commanderie de Wavre – Neuve-Court, 1300 Wavre

DSC_0020Herrenhaus ausserhalb des Gehöfts

DSC_0021Nebeneinfahrt rechts neben dem Empfangsgebäude

DSC_0024Wappen über dem Haupteingang

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DSC_0027La cour intérieure

DSC_0030La cour intérieure

DSC_0031Haupttor von innen

DSC_0032Scheune rechts vom Haupteingang mit Jahreszahl 1615

DSC_0036Detailansicht Innenhof

DSC_0037Detailansicht Innenhof

 

DSC_0023Kapelle von Osten

DSC_0039Kapelle von Nordosten

Über die Commanderie Wavre habe ich in der Literatur nicht sehr viel Material finden können:

Jan Hosten schreibt in „De tempeliers“, S. 223: „In Waver tenslotte, hadden de tempeliers een huis met kapel, ‚Neuve-Court‘ genaamd. Er is geen stichtingsakte bewaard, mar Laurent Dailliez dateert de stichting van het huis in 1183.“ – In Waver schließlich hatten die Templer ein Haus mit Kapelle, genannt ‚Neuhof‘. Es ist keine Stiftungsurkunde erhalten, aber Laurent Dailliez (damit ist das Werk: Laurent Dailliez — Les Templiers en Flandre, Hainaut, Brabant, Liège et Luxembourg — Nice: Alpes-Méditerrannée Éditions — Impres-sud, 1978 gemeint, der Verf.) datiert die Stiftung dieses Hauses auf 1183.

In seiner Homepage tempeliers.be ergänzt Hosten noch: „la commanderie de Wavre – Neuve Court (Brabant) date probablement de 1183. Le bâtiment impressionant subsiste jusqu’à ce jour, mais il a subi de nombreuses restaurations Hospitaliers. “ – Die Komturei von Wavre – Neuve Court (Brabant) datiert wahrscheinlich von 1183. Das eindrucksvolle Gebäude überdauerte bis heute, aber es war zahlreichen Umbauarbeiten durch die Hospitalritter unterzogen worden.

Christophe Staf hingegen schreibt in seiner Homepage templiers.org: „L’existence de la commanderie de la Neuve-Court à Wavre est due à un don que fit Godefroid 1er, duc de Brabant, aux Templiers entre 1130 et 1140. Ce domaine, situé au nord de la ville de Wavre, comprenait une centaine d’hectares de terres, ainsi que des marais et des pâtures.
La commanderie que les Templiers installèrent à cet endroit leur permit d’exploiter et de valoriser toutes ces terres et était dépendante de la commanderie de Vaillampont près de Nivelles.“

Die Existenz der Komturei von Neuhof in Wavre beruht auf einer Schenkung Gottfrieds I, Herzog von Brabant, an die Templer zwischen 1130 und 1140. Die Domäne, die sich nördlich der Stadt Wavre befindet, umfasst einhundert Hektar Ackerboden, aber auch Moore und Weiden. Die Komturei, die die Templer an diesem Ort eingerichtet haben, erlaubte ihnen, alle diese Ländereien zu nutzen und verwerten. Sie war der Komturei von Vaillampont unterstellt.

Die Widersprüche dieser beiden Autoren zum Gründungsjahr konnte ich bisher noch nicht auflösen.

 

3 Provincie West-Vlaanderen

Ieper

Die nächste Etappe brachte mich in die Vlaamse Gemeenschap. Mein Ziel war die Stadt Ieper in West-Vlaanderen. Die Fahrt nach Westen dauerte ca. 1 h 30 min und führte über die Städte Brüssel, Gent und Kortrijk. Ieper ist eine Stadt mit ca. 35.000 Einwohnern, die im ersten Weltkrieg durch heftigste Kämpfe stark zerstört und danach mit sehr viel Feingefühl und Mühe teilweise im Originalzustand wieder aufgebaut wurde. Man muß schon sehr genau hinschauen, bevor man sich davon überzeugt, dass die Häuser viel jünger sind, als man vermuten würde.

Wie üblich übernachtete ich in meiner seit Jahren bevorzugten Pension saBBajon, die ich sehr gerne weiter empfehle, weil die sehr freundliche Inhaberin seit nunmehr 10 Jahren dafür nachhaltig sorgt, dass es ihren Gästen an nichts fehlt. Zudem sind die Zimmer äußerst geräumig und komfortabel. Die Sanitäreinrichtungen der überaus geschmackvoll und wohnlich eingerichteten Zimmer verdienen eher die Bezeichnung „Wellness-Oase“ statt „Nass-Zelle“ und das Frühstück hat mir immer ausgezeichnet geschmeckt.

1Tempelierssteen, Rijselsestraat, 8900 Ieper, West-Vlaanderen

3Dieses Gebäude war gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Verfall geraten. Es wurde von 1898 – 1908 als Postamt ausgebaut, um nach der offenbar nicht vollständigen Zerstörung im ersten Weltkrieg von 1920 – 1923 wieder instand gesetzt und bis 1996 als Postgebäude benutzt zu werden. Ein Hotelprojekt soll sich in Planung befinden (Wikipedia).

Nach Jan Hosten – dessen Beitrag über Ieper in seinem Buch ‚De tempeliers‘ wohl auch deshalb besonders umfassend und detailreich gelang, weil er selbst hier beheimatet ist – ist die Commanderie von Ieper eine der ersten Stiftungen im Westen Belgiens und verdankt ihre Entstehung einer Schenkung durch Godfried van Sint-Omaars (Godefroy de Saint-Omer), einem Gründungsmitglied des Templerordens in 1118. Im Jahre 1127 wurde von den Templern ein Kloster außerhalb der Stadt an der Straße nach Poperinge errichtet. (S. 214).

IeperQuelle: Onroerend Erfgoed

Das sich nach Westen öffnende Tor der Stadt Ieper (Poperinge liegt ca. 12 Kilometer westlich)   wurde nach diesem historischen Plan „Porte du Temple“ benannt. Im Westen der Altstadt gibt es heute noch eine „Tempelstraat“. Hosten beschreibt die Anzahl der Besitzungen der Templer in Ieper als „enorm“ (S. 215). Die Adressen und Lagen hier einzeln anzugeben, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen.

Die Nähe der Stadt Ieper zu ihrem Mitbegründer aus Saint-Omer spiegelt sich noch heute etwa dadurch wieder, dass zwischen der Stadt Ieper und der französischen Stadt Saint-Omer eine Städtepartnerschaft besteht und beide Städte das sogenannte Patriarchen-  oder Lothringerkreuz  als Bestandteil in ihren jeweiligen Wappen aufgenommen haben.

Ieper.jpgOmer

 

 

 

 

 

 

 

Wappen von Ieper (Wikipedia)                                               Wappen von St.-Omer (labelimage.fr)

Die Stadt Saint-Omer befindet sich etwa 40 Km südlich zwischen Calais und Dunkerque (Dünkirchen) und ca. 60 Km westlich von Ieper. Sie liegt übrigens an der frühmittelalterlichen via francigena, auf die wir bereits im Burgund und im letzten Frühjahr in Italien gestossen sind. Die via francigena  führt von Canterbury nach Rom und die Stadt Saint-Omer bildete mithin das erste Etappenziel dieser Fernstrasse auf dem Kontinent.

aaaDetails der Fassade

Ausschnitt aus einer Stadtchronik der Stadt Ieper

71307 8 mey wurden alle de templiers die binnen en buyten de Stad waren unde in alle andere plaetsen gedood door liest van den paus Clemens (an) ende den Koning Philippus. in 1320 is het Klooster afgebroken.

1307 8. Mai wurden alle Templer, die innerhalb und außerhalb der Stadt waren und an allen anderen Orten getötet durch List von dem Papst Clemenz und dem König Philipp. Im Jahre 1320 wurde das Kloster abgebrochen.

 

4 Province du Luxembourg

Commanderie de Hargimont

Auf dem Rückweg nach Frankfurt lag nur noch ein Ziel, die Commanderie von Hargimont in der Provinz Luxembourg. Die Fahrt von Ieper nach dort war mit 2 h 15 min angegeben. Ich wählte den Weg durch die Wallonie, vorbei an Tournai, Mons, Charleroi und Namur, und erreichte die Gemeinde Marche-en Famenne in der Provinz Luxembourg. Am Ortseingang von Hagrimont selbst befindet sich ein stattliches Schloss, das Château de Jemeppe.

Die commanderie der Templer hat die Adresse 31, Rue de la Commanderie, 6900 Hargimont und man findet sie leicht.

DSC_0050

commanderie de 6900 Hargimont

Man hat die Bausubstanz grundlegend saniert und Wohnungen in den Gebäuden der ehemaligen Komturei eingerichtet. Die Umwandlung eines historischen Denkmals in einen Zweckbau macht es schwierig, zu erkennen, was an der sichtbaren Bausubstanz historisch ist und was nicht. Aber es ist sicher ein wunderbares Ambiente zum Wohnen enstanden und auf diese Weise sind die Gebäude über die nächsten zweihundert Jahre vorerst gerettet worden. Ich denke, wenn da jetzt noch dreissig Jahre „Patina“ hinzukommt, wird es wieder „passen“.

DSC_0043

Haupttor

DSC_0042

die Lage an der Rue de la Commanderie

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Rue de la Commanderie nach Norden

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Innenbereich, Hof und Wohnungen

Das Schild besagt, dass der Graf von Namur sein Lehen von Hargimont im Jahre 1191 den Templern schenkte, die dort eine Komturei errichteten. Das aktuelle Gebäude wurde in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts (aus dem Schutt der Komtureigebäude?) errichtet und sodann im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert Umbauten unterzogen. Der derzeitige Bauzustand stammt von 1999. Hosten (S. 226) weist darauf hin, dass die Schenkung des Grafen auch die umliegenden Grundstücke und Forstflächen enthielt.

Viel gab es hier nicht mehr zu sehen oder zu berichten und so machte ich mich wieder auf den Heimweg.

 

 

2016, Mai, Catalunya – Teil 2

Catalunya – Teil 2

Der Ausflug im Oktober letzten Jahres nach Spanien hatte eindeutig Appetit gemacht, dort noch viel mehr über die Templer zu lernen und zu sehen. Ich bestellte mir also erstmal ein Buch zum Einstieg, und zwar das Werk „Los templarios en la península ibérica“ von Fuguet,  Joan und Plaza, Carmen, Barcelona, 2005, was ich allen Templerforschern und Spanienreisenden, die Interesse am Mittelalter mitbringen, nur wärmstens empfehlen kann. Im Mai stand ein Urlaub in Katalonien an. Wir haben ein absolut traumhaft gelegenes Ferienhaus gemietet, das guten Freunden von uns gehört. Wir fühlten uns dort von der ersten Sekunde an wie zuhause, vor allem weil es an nichts fehlte. Das Haus liegt in der  Urbanitzacio Mas Tomasi, Dalt -Masos, 17256 Pals, zwischen der Altstadt von Pals und Platja de Pals auf einem Hügel, von dem man aus eine fantastische Fernsicht auf die Umgebung hat.

Mas Tomasi 2Mas Tomasi mit Blick auf die Reisfelder von Pals und die Hügelkette Montgrí

Unser wunderbares Domizil hatte Wifi, sodaß die Templerreise in aller Ruhe bei feinstem Wetter auf der Terrasse geplant werden konnte. Mit einer Karte und dem Buch begann ich, mir Ziele auszusuchen. Bei der Vielzahl der Templerorte in der näheren Umgebung:

Screenshot 2017-01-28 17.28.29Quelle: ebreguia

war mir sofort klar, dass ich auch diesmal nur einen Bruchteil der Ziele erreichen würde. Die Auswahl erfolgte deshalb zum Einstieg eher willkürlich. Die Linie von Tortosa nach Montsó ist mit gewaltigen Burgen besetzt. Das würde nicht an einem Tag zu schaffen sein. Puig-reig und Barbens sollte es für den Anfang tun und dort warteten auf mich weniger trutzige Burgen, sondern eher schöne Templerkapellen. Es ergab sich folgender Reiseplan:

Plangoogle maps

Die Generalitat de Catalunya teilt sich in die vier Provinzen Barcelona, Tarragona, Girona und Lleida. Jede Provinz ist sodann in sog. Comarcas gegliedert, die die Gemeinden zusammenfasst. Die reine Fahrzeit meiner Reise sollte 7 Stunden betragen. Ich mußte also morgens um 7:00 losfahren, wenn ich noch Chancen auf ein Abendessen haben wollte.

1 Provincia de Barcelona

1.1 Comarca Beguerdà

Puig-reig

Von Pals ging es erstmal südwestlich an Vic vorbei in Richtung Manresa und kurz davor wieder nach Norden, auf die Pyrenäen zu. Puig-reig liegt (wie der Name schon sagt!) hügelig und es dauerte eine Weile, bis ich die Zufahrt zur Templerkapelle dort fand.

Pals 2016 300Sie erhob sich neben einer modernen und grossen Pfarreikirche auf einer Anhöhe über der Gemeinde.

Pals 2016 302Esglesia de Sant Martí, 08692 Puig reig, Beguerdà

Pals 2016 305Hauptportal

Pals 2016 310Die seitlichen Stützen wurden 1954 bei Instandsetzungsarbeiten angebracht.

Pals 2016 315Die Kirche Sant Martí diente sowohl der Gemeinde als Pfarreikirche als auch den Templern. Die Ländereien erhielten die Templer im Jahre 1187 von einem Troubadour namens Guillem de Beguerdà. (Fuguet et al., S. 82) Sie errichteten ein castillo, dessen Reste in ein modernes Privathaus umgestaltet wurden (Monasterios de Catalunya).  Am Fusse dieser Hügel schlängelt sich der Fluß Llobregat durch eine von den Templern errichtete Brücke. Dort betrieben die Templer Mühlen (Fuguet et al., S. 82)

Sant Sadurní de Fonollet

Zur Komturei von Puig-reig gehörten noch drei untergeordnete Kapellen, Sant Sadurni de Fonollet, Sant Joan Degollat und Sant Andreu (aaO, S. 83). Ich konnte die erstgenannte im Navi finden. Sie war etwa 13 Km entfernt.

Pals 2016 321Sant Sadurní de Fonollet.

Pals 2016 326Auch diese Besitzungen erwarben die Templer 1187 von Guillem de Beguerdà. El lloc fou cedit pel trobador Guillem de Berguedà als Templers l’any 1187. L’església era sufragània de la de Sant Martí de Puig-reig, almenys així consta en una visita pastoral de l’any 1312.  Wikipedia

Pals 2016 328Detail: romanisches Fenster über der Westpforte.

Pals 2016 333Ich verließ die comarca Beguerdà nach Süden und machte mich auf in die Nachbarprovinz Lleida.

2 Provincia de Lleida

2.1 Comarca Pla d’Urgell

Barbens

Nach etwas mehr als einer Stunde erreichte ich den Ort Barbens in tiefem Mittagsschlaf. Es war sonnig warm und absolut niemand war auf der Strasse, den ich hätte nach dem Weg fragen können. Das erwies sich auch als unnötig, denn der Ort ist recht klein. Ich durchquerte die Altstadt auf der Hauptstrasse und gelangte nach wenigen Minuten zu einem verlassenen Platz:

Pals 2016 336

Es schien niemanden zu stören, dass ich mein Auto vorerst mitten auf dem Platz abstellte. Das Malteserkreuz im Wappen der Gemeinde zeigt mir erneut, dass offenbar in Spanien (ebenso wie in Italien) die Erinnerung an die Kreuzritter deutlicher aufrechterhalten wird, als etwa in Frankreich, wo bis heute noch häufig jedwede Hinweise auf Templerbesitzungen fehlen. Es war faszinierend. Rund um den Platz waren mehr oder weniger gut erhaltene Reste mittalterlicher Gebäude teilweise in eine moderne Bebauung integriert worden.

Pals 2016 340Esglesia Parroquia Santa Maria de Barbens

 

Pals 2016 342Westfassade und Hauptportal

Pals 2016 337Gebäude aus dem 17. Jahrhundert.

Pals 2016 345Portal der Stadtverwaltung, die im ehemaligen Malteserpalast untergebracht ist. Die Inschrift ist verrät, dass die Komturei von dem Ritter Emmanuele de Montoliu y de Buxados im Jahre 1763 restauriert wurde.

Pals 2016 345Solche Inschriften der Malteser müssen mitte des 18. Jahrhunderts modern geworden sein. Hier ein Beispiel aus Belgien:

ViréCommanderie de Visé, Province de Liège, Belgien

Pals 2016 346Die Gründung der comanda templera de Barbens erfolgte im Jahre 1168 anläßlich der Erweiterung der comanda templera de Gardeny, die hier in einem Gebiet mit ertragreichem Getreideanbau Ländereien dazu erwarb (Fuguet et a., S. 93). Der Kern der Gemeinde Barbens ging sodann aus dieser befestigten landwirtschaftlichen Komturei hervor (aaO, S. 94). Die Reste der Befestigung zeigen sich auf der Aussenseite des Palastes aus der Johanniterzeit.

Pals 2016 348Komturei heisst auf katalanisch comanda und auf spanisch encomienda.

Das Gebäude ist ersichtlich erst kürzlich grundlegend renoviert worden. Die Web-Seite

Monasterios de Catalunya

zeigt den Zustand der Gebäude von 2003.

2.2 Comarca Segrià

Vilanova de la Barca

Mein nächstes Etappenziel lag etwa 30 km westlich in Richtung der Provinzhauptstadt Lleida in der Comarca Segrià.

Pals 2016 356

Esglesia Santa Maria, 25612 Vilanova de la Barca

Pals 2016 361Die Kirche ist ersichtlich erst vor einigen Jahren saniert worden, wobei man darauf Wert legte, dass die moderne Bausubstanz sich deutlich von dem Vorbefund abhebt. Schräg gegenüber befand sich ein Bauhof, was zur der Annahme berechtigt, dass die Maßnahmen dieses Projektes auch noch nicht komplett abgeschlossen sind.

Zustand in 2016:

Pals 2016 352

Zustand bis 2005:

Barca(Quelle: Los templarios en la península ibérica, J. Fuguet und C. Plaza, Barcelona, 2005)

Vilanova de la Segrià

Die nächste Etappe erreichte ich in ca. 20 Minuten. Auch hier stelle ich fest, dass die Kirche sich in einem komplett durchrestaurierten Zustand befindet. Die spanischen Denkmalschützer setzten auch hier auf die Verwendung von leicht erkennbarem Ersatzmaterial:

Pals 2016 363Esglesia de Sant Sebastià, 25133 Vilanova de la Barca

Pals 2016 366St. Sebastian ist der Schutzpatron der Stadt. Im Wappen befinden sich zwei gekreuzte Pfeile auf grünem Grund.

Pals 2016 367halbkreisförmige Ostapsis

Pals 2016 368Sicht von Südost

Ich hatte den südwestlichsten Punkt meiner Tagesreise erreicht und konnte so langsam an die Rückfahrt denken. Zunächst einmal musste ich wieder Richtung Küste fahren.

3 Provincia de Tarragona

3.1 Comarca Conca de la Barberà

Barberà de la Conca

Mein nächstes und letztes Ziel für den Ausflug hatte ich mir in Barberà in der comarca Conca gesetzt. Der Ort lag etwa 1 Autostunde südöstlich von Vilanova. Man muß hier etwas acht geben, denn es gibt noch einen Ort weiteren namens Barberà in der Nähe, der aber zwischen Sabadell und Badalona liegt. Das ist aber schon die comarca Vallès. Zur besseren Unterscheidung gibt man den Namen der comarca regelmässig mit an. Es war schon nachmittags, als ich ankam. Ich parkte am Ortseingang am Fuße dieser Strasse hier und machte mich an den Anstieg. Im Hintergrund sah man schon die befestigte comanda de Barberà:

Pals 2016 375Carrer de Promasó, Barberà de la Conca

Pals 2016 378Ups. Das sah schon von weitem sehr geschlossen aus…

Pals 2016 381… und der Befund verbesserte sich nicht, als ich die Pforte erreichte. Zu! Samstags nachmittags eigentlich auch kein Wunder. Hier würde ich nochmal herkommen müssen.

Pals 2016 383Auf diesem Schild konnte ich erkennen, was ich innen alles verpasste. Ich vertröste einstweilen  meine Leser mit Fotos aus dem Innenbereichs aus der schon mehrfach von mir empfohlenen Seite Monasterios de Catalunya.

Für die Rückfahrt würde ich zweieinhalb Stunden brauchen, sodaß ich die Reise hier abbrach und rechtzeitig zum Abendessen zuhause eintraf.

1.1 Comarca Vallès Occidental

Palau-solità i Plegamans

Die Komturei von Palau-solità war an sich als letzte Etappe der oben beschriebenen Reise geplant, aber es passte zeitlich nicht und es war auch schon zuviel an Eindrücken. So mußte diese Etappe aufgeschoben werden. Da wir am übernächsten Tag ohnehin nach Barcelona mußten, um unsere Tochter am Flughafen abzuholen, würden wir einfach etwas früher losfahren. Ich hatte die Templerkapelle nach Bildern, die ich schon mal im Internet gesehen hatte, als ein kleines asymetrisches Kapellchen in einem schlechten Erhaltungszustand in Erinnerung.

DSC_0009

Ein Blick in den Stadtplan von Palau bestätigt die Anwesenheit der Templer in diesem Ort. Screenshot 2017-02-01 19.40.15Google maps

Man erkennt die Carrer Templers und den Cami Santa Magdalena eine Plaça Santa Maria

Wir kamen nach einer knapp eineinhalbstündigen Autofahrt von Pals hier an und fanden unser Ziel schnell. Aber waren wir hier auch richtig? Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich so eine Kapellenruine in einem Ort ausmachen würde, der einen äußerst gepflegten Gesamteindruck darbot und im übrigen vornehmlich hübsche, vermutlich teure Einfamilienhäuser einladend präsentierte.  Auch die Ortskirche Santa Maria zeigte sich in einwandfrei und stilsicher restauriertem Zustand:

Pals 2016 152Santa Maria de Palau-solità

Pals 2016 147

Es ist deutlich zu erkennen, dass die Bausubstanz dieser Kirche maßgeblich mittelalterlich ist. Die Einfassung des Portals dürfte aus neuem Material bestehen. In unmittelbarer Umgebung der Kirche erkannte man mittelalterliche Mauerreste, die teilweise in modernere Gebäudestrukturen integriert waren.

Pals 2016 159alter Ortskern von Palau-solità

Pals 2016 122Das Strassenschild beflügelte uns, die Suche noch nicht so schnell aufzugeben. Am Südeingang zu diesem Vorort von Palau war uns beim Vorbeifahren noch ein altes Gemäuer aufgefallen:

Pals 2016 123

Pals 2016 126Es ist unklar geblieben, ob das vielleicht eine frühere Ortsbefestigung oder ein Gehöft ausserhalb des Ortskerns dargestellt hat, jedenfalls handelte es sich hier auch um mittelalterliche Mauern. An diese Mauern grenzte ein unbewohntes Haus, das von einer brusthohen Mauer umgeben und dessen Vorhof mit dichtem Gebüsch zugewachsen war. Hinter den Büschen blitzte einromanischer Torbogen hindurch, was das Adrenalin des Forschers mächtig in Bewegung brachte. Nun, Turnen in der Öffentlichkeit ist nicht so sehr meine Stärke. Meiner Frau machte das indessen gar nichts aus. Das Wort, was ich zu vernehmen glaubte, als sie mir den Fotoapperat aus der Hand nahm und begann, über die Mauer zu klettern, könnte „Memme“ gelautet haben, aber da bin ich mir nicht sicher. Sie verschwand jedenfalls hinter den Büchen. Es raschelte und dauerte eine ganze Weile, bis sie wieder zum Vorschein kam, mit folgender Bildausbeute:

Pals 2016 141Das war zwar immer noch nicht der Kapelleneingang, den ich suchte. Aber wir hatten hier ein Haus aus der Templerzeit entdeckt. Ich war deshalb nicht allzu traurig, dass unser Ausflug nicht das eigentliche Ziel erreichte. Das, was wir gefunden haben, hätte ich auch nicht erwartet. Hier würde ich also noch einmal herkommen müssen. Es würde garnicht so lange dauern, denn für die Herbstferien hatten wir bereits erneut unsere Traumunterkunft in Pals gebucht. Wir haben dann noch in Barcelona exquisit und mit fantastischem Ausblick am Yachthafen zu abend gegessen

20160523_212659Barcelona, Yachthafen

und anschließend unsere Tochter vom Flughafen abgeholt. Ab jetzt liess ich – jedenfalls für diesen Urlaub – von den Templern ab und wir erholten uns hier:

Pals 2016 296

2016, März, Piemonte, Liguria, Toscana

Italien – Teil 1, Piemont, Ligurien, Toscana

Im März 2016 ergab sich eine Gelegenheit für einen Kurztrip nach Italien, um Freunde zu besuchen, die ich seit mehr als dreissig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich bin nicht nur mit köstlichen Speisen und einem wundervollen Abend empfangen worden. Man hatte mir sogar bereits vier Bücher über die Templerniederlassungen besorgt und im Vorfeld noch ein paar Seiten daraus per Mail geschickt, sodaß ich die ersten Stationen für die Hinfahrt nach Ligurien schon mal auswählen konnte. Das ist meine erste Sondierungsfahrt zu Templerorten in Italien, sodaß die Auswahl mehr zufällig geriet und keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit hat.

Man kann sich für die erste Recherchereise in ein Gebiet nicht allzuviel vornehmen. Es ist vielmehr jedesmal erforderlich, erst vor Ort ein Gefühl für die Entfernungen zu gewinnen, bevor man die Machbarkeit von Etappen beurteilen kann. Und so ist auch diese Reise wieder nach dem „trial and error“ Prinzip trotz einiger bedauerlicher Auslassungen unterm Strich ein sehr spontanes und doch schönes Erlebnis geworden und die Bilder zeige ich Ihnen gleich hier. Meine Wahl für das erste Ziel fiel auf einen Templerort in der Regione Piemont, genauer in der Provincia di Alessandria, etwa hundert Km südwestlich von Milano.

Regione Piemont

1. Casale Monferrato, Prov. Alessandria

Als Standardreferenzwerk für die Etappen zog ich das Buch der Autoren Bianca Capone, Loredana Imperio und Enzo Valentini, Guida all’Italia dei Templari von 1989, 2. Aufl. 1997, 2. Nachdruck 2002, heran. Da man gewöhnlich Literatur von mehreren Autoren nach dem Namen des ersten Autors und dem Zusatz et al. zitiert, kommt hier – kurioserweise – aber nunmal unweigerlich „Capone et al.“ heraus :), und so bleibt mir nichts anderes übrig, als das Buch im folgenden genau so zu zitieren. Nach diesem Werk befindet sich die Commenda di Santa Maria del Tempio an einer alten Verbindungsstrasse ausserhalb der Gemeinde Casale Montferrato mit strategischem Bezug zu Fernstrassen nach Vercelli und Torino in einer wasserreichen Umgebung nahe des Flusses Po (Capone et al., S. 58).

santamaria(copyright: Google maps)

Ich hatte mich in einem kleinen Ort südwestlich von Casale, Ozzano Monferrato, eingemietet. Die Unterkunft befand sich in einem hübschen, sehr gepflegtem und altehrwürdigen Anwesen mit wirklich geräumigen Zimmern: La Corte delle 4 Stagioni

Italien empfing mich mit strahlend blauem Himmel. Nach einer reibungslosen Fahrt traf ich abends in Ozzano ein und ruhte mich – nach einer opulenten Pizza in einem gemütlichen Familienrestaurant – in meinem fürstlich anmutenden Quartier für einen vermutlich anstrengenden nächsten Tag aus. Dank Wifi konnte ich mir die nächsten Reiseziele  aussuchen und die Route abstecken. Gestärkt durch ein leckeres Frühstück (die sehr freundliche Inhaberin hat ein besonderes Geschick darin, es ihren Gästen unaufdringlich an nichts fehlen zu lassen) machte ich mich am nächsten Morgen gleich auf die Suche nach meinem ersten Templerort: Santa Maria del Tempio

dsc_000415033 Santa Maria del Tempio, Casale Monferrato (Prov. Alessandria),

Der erste Eindruck war atemberaubend. Die Anlage zeigte sich bei schönstem Wetter strahlend und gepflegt, was über den Umstand hinwegtröstete, dass aus dem Mittelalter nicht mehr allzuviel an oberirdischer Bausubstanz übrig geblieben war. Der Zustand der Kirche sah schon von weitem sehr nach 17. Jahrhundert aus und dürfte das Werk aus der Johanniter-Zeit sein.

Beginnen wir mit der Kirche, die noch heute als Pfarrkirche Santa Maria Degli Angeli in Benutzung ist:

dsc_0008Santa Maria Degli Angeli

dsc_0011barocke Innenausstattung

dsc_0020Beweisfoto: Wir liegen hier richtig 🙂

Auf der Südseite des Kirchenschiffes schließt sich ein geräumiger Innenhof an, der mannshoch ummauert war. An das Kirchenschiff schmiegen sich offenbar ältere Gebäude an, die wie die Reste eines Kreuzganges anmuten. Die meisten Gebäude sind offenkundig Zweckbauten aus dem 18. Jahrhundert. Die heutige Nutzung hat sich mir nicht erschlossen.  Nach Capone et al. haben sich bis heute noch unter den umstehenden Gebäuden geräumige unterirdische Anlagen erhalten (aaO).

dsc_0022

Aus einer Urkunde vom 10. Januar 1308 weiß man, dass die letzten drei Templer von Casale, Giovanni Bazano, Pietro Garilio und Manfredo de Vitreo auf Befehl des Inquisitors Ottone von Milano verhaftet und dem Vogt von Casale überantwortet wurden. (Capone et al., S. 59). Der Legende nach sollen die Templer ein Bildnis der Maria aus dem Orient mitgebracht haben, welches von den Gläubigen als wundertätig angesehen und verehrt wurde. (ebenda).

2. Livorno Ferraris, Provincia Vercelli

Am Vorabend hatte ich mich entschieden, unter den noch sehr zahlreichen weiteren Templerorten in Piemonte den zu besuchen, der am nächsten zu erreichen ist und bei dem noch am meisten erhaltene Bausubstanz aus der Templerzeit anzunehmen war. Die Wahl fiel auf Livorno Ferraris in der Provinz Vercelli. In etwa 40 Km erwartete mich nach meiner Recherche eine Templerkapelle im weitgehenden Originalzustand die, trotz einiger rüder Restaurierungen ihr Alter durch in Fischgräten-Anordnung gemauerten Ziegeln verraten soll (…mostra la sua vetustà nelle tracce di mattoni a spina di pesce… , Capone et al. S. 52).  Ohne genauer zu wissen, in welche Himmelsrichtung mich die Fahrt zur zweiten Tagesetappe führen würde, gab ich die Zieldaten ins Navi und machte mich bei weiter strahlend blauem Himmel und glasklarer Luft auf den Weg. Ich muss gestehen, dass ich vom Piemont noch nicht allzu viel wusste. Ich merkte jedoch rasch, dass die Fahrt in einer anscheinend unendlich weiten und hügellosen Tiefebene verlief und sich mir in weiter Ferne die puderzuckerbestäubten Ligurischen Alpen als grandiose und unveränderliche Kulisse darboten:

dsc_0027

Einige Kilometer vor dem Erreichen des Ortes Livorno Ferraris tauchte am rechten Fahrbahnrand der SP 7 dieses Schild auf:

dsc_0032

Hier zweigte ein ersichtlich als Damm aufgebauter Weg ab, auf dem im Hintergrund der angekündigte Bauernhof (cascina) schon zu erkennen war.

dsc_0034

Mir war zuvor schon aufgefallen, dass man rechts und links von der Strasse häufig wasserwirtschaftliche Bauwerke aller Art ausmachen konnte und dass die Umgebung von allerlei Gräben und Kanälen durchzogen war. Nicht ohne Grund gilt die Tiefebene des Po als besonders fruchtbar. Es ist auch durchaus nichts neues, dass man in einer solchen Umgebung auf Templereinrichtungen trifft. Die Templer hatten – wie das legendäre Marais in Paris augenfällig beweist – sowohl das Geschick, als auch die personellen und finanziellen Mittel, sumpfiges Land zum nachhaltigen Wohle des Ordens urbar zu machen. Die Landesherren konnten sich mit der „Spende“ von Sumpfland an den Orden großzügig erweisen und sich von vermeintlich nutzlosen Gütern trennen. Und der Orden machte anschliessend was draus.

Als ich näher kam, merkte ich, dass ich mir die Besuchszeiten und -modalitäten besser hätte ausdrucken sollen. Ich hatte etwas davon gelesen, dass man Besuche zu bestimmten Jahreszeiten vorher anmelden müsse und dergleichen mehr. Jedenfalls war zu und klingeln und sich bemerkbar machen half nicht. Aber mir gelangen einige wunderschöne Aufnahmen von aussen. Zudem wußte ich bereits, dass das innere der Kirche für meinen Geschmack „kaputtmodernisiert“ wurde, was sicher dem Umstand geschuldet ist, dass die Kirche immer noch intensiv für sakrale Zwecke genutzt wird.

dsc_0039Chiesetta Santa Maria di Isana, 13046 Livorno Ferraris, Vercelli

Urkundlich erwähnt ist das Templerhaus erstmals im Jahre 1208 als „mansio templi“. Im Jahre 1222 wird dieses Templerhaus bereits „Domus Sancte Marie de Ysana“ genannt (Capone et al., S. 53).  In einem Register der Diözese Vercelli taucht der Besitz 1298 unter dem Namen „ecclesia Sancte Marie de Exana et subest Milicie Templi“ auf (aaO).

Mir gelang schließlich dennoch ein gutes Foto, indem ich das Objektiv der Kamera durch eine Öffnung im Tor des Gehöftes stecken konnte und die Kamera dort ruhig genug lag:

dsc_0041Die fischgrätartig gemauerten Ziegelsteinreihen und eine Sonnenuhr

Falls Sie einen Besuch dieser schöngelegenen Kapelle planen sollten, erfahren Sie nähere Einzelheiten zu den Öffnungszeiten oder zu einer etwaigen Kontaktaufnahme hier: Santa Maria di Isana Homepage

Die Homepage beherbegt schöne Fotos der Kapelle von aussen und innen und zu verschiedenen Jahreszeiten. Auch wird von Legenden berichtet, die sich um die Kapelle ranken. So soll es dort einen wundertätigen Menhir geben, der den Pilgern Erleichterungen bei rheumatischen Beschwerden verschaffen würde, wenn sie sich mit dem Rücken dagegenlehnen  (Capone et al. S. 54). In der Nähe der Kapelle sei eine Quelle, deren Wasser unter der Kirche hindurchfliesse, was für tellurische Kräfte sprechen würde. Wer so etwas mag, findet auf der besagten Homepage noch mehr.

Bei der Bearbeitung dieses Beitrages kam mir in den Sinn, bei diesem und künftigen Beiträgen Kartenausschnitte einzufügen, die die besuchten Templerorte in einer größeren Umgebung eingebettet zeigen, damit sich der geneigte Leser besser orientieren kann.

isanaWie man sieht, hat die Strecke einen nordwestlichen Verlauf. Sie befindet sich zwischen Torino und Milano und weist auf den Ort Ivrea (oben links).  Danach kommt Aosta. Spätestens bei dieser Feststellung „klingelte“ es bei mir, denn diese beiden Orte werden mit der sogenanten Via Francigena in Verbindung gebracht.  Es handelt sich hierbei um eine frühmittelalterliche Fernpilgerroute von Canterbury nach Rom. Der aufmerksame Leser wird sich vielleicht daran erinnern, dass mir diese Pilgerstrecke schon einmal bei einer Templerreise begegnet ist und zwar bei dem Templerort Pierrecourt in der Franche-Comté.

Die Richtung, die meine Etappenstrecke von Casale nach Livorno Ferraris zu weisen scheint, stimmt mit der Lage der Freigrafschaft Burgund überein. Es steht ohnehin fest, dass das Aosta-Tal den südlichen Zugang zu dem schon seit alters her bevorzugten Alpenübergang bei dem Großen Sankt Bernhard markiert.

Man darf dabei nicht vergessen, immer wieder zu betonen, daß es die via francigena ebensowenig gibt, wie den Jakobsweg. Es handelt sich bei beiden Phänomenen um Wegesysteme mit häufig mehreren alternativen Teilstrecken und Zugangspunkten. Da ich auch in der Toscana in Orten mit einer Templerniederlassung auf Hinweisschilder zur via francigena bemerkt habe, begann ich mich zu fragen, ob ich hier vielleicht einen steinernen Beweis der Hypothese gestossen bin, dass die Templer tatsächlich ihre Standorte (auch) nach dem Gesichtspunkt des Pilgerschutzes ausgesucht haben. Ich folgte also der Verlockung, ausgewählte Templerorte die ich in den Jahren 2007 im Burgund und 2010 und der Freigrafschaft bereist habe, optisch in einen Bezug zu der hier auf der italienischen Seite der Alpen ausgemachten Templerniederlassungen zu bringen. Das Ergebnis hat mich jedenfalls sehr erstaunt:

francigena-jpg(mithilfe von Google maps)

Ich erlebe gerade regelrechtes Forscherglück, denn für mich persönlich ist diese eher zufällige Entdeckung schon jetzt ein rechtes Highlight. Den Nachweis einer solchen Templerstrasse (dh. einem Fernreiseweg, der in regelmässigen Abständen von Niederlassungen der Templer „überwacht“ wird) über mehrere Landesgrenzen hinweg, habe ich bisher in noch keinem anderen Werk über die Templer gefunden, auch und gerade nicht in den Standardwerken der namhaftesten Autoren.

Das liegt sicher auch daran, dass die „großen“ Autoren das Phänomen der Templer eher als ganzes behandeln und sich in solchen Details nicht „verlieren“ wollen. Andere Autoren beschränken sich eher auf nationale, regionale oder gar nur lokale Betrachtungen. Landkarten in Büchern, die nur die äusseren Umrisse eines Gebiets zeigen, in denen dann auf weissem Grund das eine oder andere Templerkreuz zu sehen ist, vermitteln zumeist nicht den richtigen geografischen Ort und es fehlt häufig der Bezug zu Ortsnamen, die man eben auch nur auf entsprechenden hochauflösenden Karten erkennen kann. Solche Karten erlauben zwar die Erkenntnisse über mögliche Verbindung von Templerorten untereinander. Sie verstellen aber wiederum die Sicht aus der Distanz.   Mit den features des Google Map Systems kann ich die  Vorteile verschieder Kartengrößen miteinander kombinieren. Ein winziger Ort wie Santa Maria del Tempio wird genauso groß und deutlich angezeigt, wie die Supergrosstadt Milano.

Auch wenn jetzt noch Feinjustierungen an obiger Karte nötig sind, denn es gibt noch einen  – ebenfalls mit regelmässigen Templerniederlassungen beflankten – Alternativ-Weg zwischen Besançon und Langres, so sind solche Augenblicke die Bestätigung für mein generell gewähltes Vorgehen, mich weder auf die Literatur noch auf die eigene Wahrnehmung auf Reisen vor Ort alleine zu verlassen. Man wird dem Phänomen der Templerniederlassungen in Europa niemals auf den Grund kommen, wenn man sich alleine mit der Auswertung der Literatur befasst. Andererseits sind Reisen zu irgendeinem Templerort relativ sinnlos, wenn man die Ergebnisse der Reise hinterher nicht mit den Erkenntnissen aus der Literatur zusammen führt, um so auf ein grösseres Ganzes schliessen zu können.

Es ist praktisch keine Literatur über die Niederlassungen der Templer in der Schweiz. Ich vermag daher derzeit keine Erklärungsansätze zu liefern, warum sich in der Schweiz scheinbar keine Niederlassungen des Ordens am „Frankenweg“ befunden haben.

Regione Liguria

3. Osiglia, Provincia Savona

Ich machte mich auf den Weg zu meiner dritten Tagesetappe, die ich so gewählt habe, dass ich rechtzeitig am Abend am Meer sein würde. Immerhin stand mir ein Abendessen mit alten Freunden bevor. Ich nahm also Kurs auf Genova. Die Autobahn umfährt Torino und dreht dann nach Süden ab. Schon bald bemerkte ich, dass ich die Tiefebene verliess und auf das Küstengebirge zuhielt.

screenshot-2017-01-10-19-35-05

Der nächste Templerort Osiglia in der Provinz Savona ist nach Capone et al. (S. 105) auch für das mittelalterliche Wegenetz von wichtiger Bedeutung gewesen. Er liegt an einem Gebirgpass, durch den die Verbindungsstrasse zwischen der damaligen Markgrafschaft Monferrato und dem ligurischen Meer verlief. Man verläßt die Autobahn an der Mautstelle Millesimo und nimmt die Strasse ins Hochtal von Bormida. Die Ortschaft Osiglia besteht nur aus einer Handvoll älterer, landwirtschaftlich geprägter Häuser. Der einzige Parkplatz befand sich vor dieser Kirche:

dsc_0044Die Fassade ist ersichtlich nicht aus dem Mittelalter, aber die Kirche stand schon zur Templerzeit:

dsc_0046

dsc_0048

Die chiesetta der Templer sei verfallen, ebenso wie ein Gehöft der Templer. Das ehemalige Templerhaus, das auf Militärkarten als „Casa Magione“ verzeichnet sei (Capone et a., S 105), soll auch nur noch als Ruine bestehen. Ich hatte meine Mühe, mich bei den Anwohnern über die Lage dieser Templerruine zu informieren. Ein älterer Herr, den ich letztlich erfolgreich befragen konnte, lachte laut auf, nachdem ich ihm mein Begehr verraten und er meine Hose und meine Schuhe kritisch gemustert hatte. Mit der Kleidung würde ich da wohl nicht lebend hinkommen, meinte er verschmitzt lächelnd. Der Weg sei steil, mit einer Eisenkette versperrt und überdies nicht vom Schnee geräumt. Zudem lohne der Weg sich nicht, weil alles verfallen sei. Also tröstete ich mich mit der Vorstellung, dass die Templer damals diese Kirche gewiss auch häufig betreten haben werden und machte mich nach Genua auf, wo sich das ehemalige Templerhaus an der Piazzetta Santa Fede befinden solle.

Es war schon nachmittag, als ich auf der anderen Seite des Küstengebirges ankam und da lag es – verheissungsvoll glitzernd bis zum Horizont – vor mir, das Meer! Es geschieht schon eher selten, dass eine Stunde Autofahrt ausreicht, um aus einer kälteknirschenden Schneelandschaft an sonnengeflutete Meeresstrände zu gelangen. Die Aussicht, mich jetzt im beginnenden Berufsverkehr durch die Gassen Genuas zu schleusen, um etwas zu suchen, von dem ich garnicht wusste, wie es aussah, begann mich zu irritieren. Viel lieber wäre ich gleich nach Massa gefahren und hätte mich erstmal dort am Meer in die Sonne gelegt. Ich fuhr zunächst an einigen Ausfahrten vorbei. Schließlich entschied ich mich doch, die Autobahn zu verlassen. Diese Entscheidung hatte ich jedoch schon nach wenigen Augenblicken bitter bereut. Ich kam gerade noch auf die Uferstrasse der Innenstadt und dann ging fast nichts mehr. Ich quälte mich ein paar Häuserblocks durch den zähen Stau. Dabei erhielt ich einen Anruf von meinen Freunden und erfuhr, was man gerade zubereiten würde.

Und das gab dann den Ausschlag. Ich wendete, so schnell ich konnte und hatte keine Schwierigkeiten, wieder zurück auf die Autobahn zu kommen. Danach rund eineinhalb Stunden Fahrt auf der SS1 Via Aurelia (Sie wissen schon: Tunnel, Brücke, Tunnel, Brücke usf.) und nach unzähligen Malen die Sonnenbrille auf- und wieder absetzen erreichte ich mein Tagesziel. Es war ein wunderbarer Abend mit üppigem Essen, VIEL Wein und guter Musik. Zwei der Freunde hatten Gitarren mitgebracht und es gab eine rauschende Session. Grazie mille an Elisabetta, Ernesto, Renzo und Roberto: „It’s wonderful / It’s wonderful / It’s wonderful / Good luck my baby…)“!

Regione Toscana

4. San Gimignano, Provincia Siena

Dank der unbestreitbaren Tatsache, dass Templerreisen nunmal immun gegen die möglichen morgendlichen Nachwirkungen eines schönen Abend machen, reichten die Dusche und die Espressi zum Frühstück in meiner Pension in Massa ohne weiteres aus, um meine erste Tagesetappe für den dritten Tag meiner Reise zu schaffen. Nach ca 2 Std. Autofahrt bei schönstem Wetter über die wunderschöne Hügellandschaft um Volterra (Eine „Hochburg“ der Etrusker) erreichte ich die Stadt San Gimignano in der Toscana. Die mittelalterliche Stadt ist für den Autoverkehr gesperrt. Ich wählte einen der zahlreichen Parkplätze im Süden der Stadt und beim Marsch auf das südliche Stadttor, das sich zur Via San Giovanni öffnet, gelang mir dieses Bild, das zugegeben ohne den weissen Lieferwagen noch etwas beschaulicher geraten wäre:

dsc_0063San Gimignano wird das „Manhattan der Toscana“ genannt. Warum das so ist, fasst Wikipedia zutreffend so zusammen: San Gimignano besitzt noch einige der mittelalterlichen Geschlechtertürme, die in anderen Städten nur als Stümpfe erhalten blieben. Im Mittelalter versuchten die Patrizierfamilien, sich in der Höhe ihres Geschlechterturmes zu übertreffen, obwohl ein luxuriöses Leben in diesen nicht möglich war. Von den einst 72 Geschlechtertürmen existieren in San Gimignano heute noch 15. Die beiden höchsten, der Torre Grossa aus dem Jahr 1311 und der Torre della Rognosa, weisen eine Höhe von 54 bzw. 51 Metern auf.

dsc_0077Geschlechtertürme, vom Domplatz aus gesehen.

DSC_0075Duomo di San Gimignano

Um mir die Suche nach der Templerkirche zu erleichtern, begab ich mich ins Tourismusbüro, wo ich mit einem Plan und guten Ratschlägen ausgestattet wurde. Die Altstadt von San Gimignano ist nicht eben klein und übersichtlich. Vom Domplatz aus machte mich auf den mir gewiesenen Weg und wurde bald fündig.

dsc_0078Die gute Nachricht: Die Kirche war leicht zu finden, denn sie liegt direkt am Stadttor San Jacopo. Und sie war ausgerechnet heute offen! Man erklärte mir, dass dies nur an sehr wenigen Tagen im Jahr der Fall sei. Es war die Giornate FAI di Primavera, und viele vielleicht ehrenamtliche Helfer standen ,mit Rat und Tat zur Seite. Hier ist sie nun, die Templerkirche von San Gimignano:

dsc_0079chiesa templare San Jacopo, 53037 San Gimignano

dsc_0080Templerkreuz auf dem Türsturz unter dem Tympanon

dsc_0081oberer Teil der Fassade, in Ziegelstein ausgeführt

Die schlechte Nachricht: Ich hatte offenbar mein inzwischen schon innig geliebtes „Capone et al.“ im Tourismusbüro liegen gelassen. Und das war ganz schön weit weg! Ich würde es heute noch brauchen und es war ohnehin nicht ganz leicht, das Buch aufzutreiben. Die Mitarbeiter der Organisation waren so nett, mir die Telefonnummer des Tourismusbüros zu nennen. Ich rief dort an. Ja, man hatte mein Buch entdeckt, aber ich müsse mich beeilen, es werde bald zugemacht. Also hetzte ich zurück durch die ganze Stadt, rettete mein Buch und kam erst eine Weile später dazu, die Kirche nunmehr auch innen anzusehen.

dsc_0083San Jacopo: Blick in den Ostchor

dsc_0086Gemälde an der Nordflanke: San Giovanni

dsc_0087Gemälde an der Südflanke: San Giacomo or San Jacopo

dsc_0093Das Kirchenschiff liegt ausserhalb der Stadtmauern

Man weiss nicht, wann die wohl 1096 gebaute Kirche an die Templer gelangte aber in 1239 befand sie sich bereits im Besitz der Templer und wurde von dem Tempelbruder Orlando verwaltet (Capone et al., S. 142). Nach 1309 soll es infolge der Ausführung päpstlicher Beschlüsse zu gewaltsamen Übergriffen gekommen sein. Jedenfalls mußte die Kommune anschliessend einen Geldbetrag bereitstellen, um die Kirche wiederherzustellen Capone et al. S. 142.

Auf dem Weg zu meinem Auto stolperte ich über dieses Hinweisschild an der Strasse nach Poggibonsi:

viafranDas war der Beweis für die These, dass auch der Ort für diese Templerniederlassung wegen seiner Lage an der via francigena ausgewählt wurde.

5. Siena, Provincia Siena

Ich verspürte nur geringe Neigung, die Templerkirche in mit dem Auto zu suchen. Ich hatte vielmehr Lust, mich ein bisschen in Siena treiben zu lassen. Ich fand einen Parkplatz in der Nähe der Porta Ovile, und machte mich zu Fuß auf den Weg.

dsc_0101Siena, Porta Ovile, erbaut ab 1230, Ansicht in Richtung Stadtmitte

dsc_0107Sicht aus der Stadtmitte

Nachdem ich das Stadttor hinter mich gelassen hatte, erhob sich vor mir eine recht steile Strasse, die Via Vallerozzi, deren Ende vorerst nicht absehbar war. Ich erkundigte mich bei einem Ladenbesitzer, wie weit das denn zur Templerkirche sei und verkniff mir die Frage, ob ich wohl eine Sauerstoffmaske für den Aufstieg benötigen würde. Er meinte, dass sähe schlimmer aus, als es ist und ich würde vielleicht eine Viertelstunde brauchen. Die Kirche befindet sich in der Via Comollia kurz vor dem Stadttor des gleichen Namens. Hier ist sie nun:

dsc_0111chiesa templare di San Pietro alla Magione, Siena

dsc_0114

dsc_0117Blick in den Ostchor

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dsc_0134Fresko im Inneren

dsc_0120Ein Dokument vom 29. Mai 1148 beschreibt die Lage einer Immobilie:“ extra porta de Camollia, prope domum Templi“ (Capone et al., S. 149) . Auf dem obigen Hinweisschild ist noch zu lesen, es sei sicher, dass die Templer in 1207 hier eine „Magione“ (nach dem frz. Wort „maison“) – also ein Templerhaus – unterhielten, an das ein Hospital und eine Herberge für Pilger  angeschlossen war.

Jetzt meldete sich aber erst mal der Hunger. Ich war wieder den ganzen Tag herumgehetzt, ohne mir eine Pause zu gönnen und eigentlich stand auch noch Perugia auf dem Programm. Ein paar Schritte vor der Templerkirche war mir bereits ein nettes kleines Restaurant aufgefallen, woher es ungeheuer anziehend roch. Also ließ ich die Templer beiseite, kippte den Plan mit Perugia und dachte erstmal an mich:

20160319_150334Pici sienese al ragù und ein Peroni.

Das war eine absolute Köstlichkeit. Pici sind extradicke Spaghettis und die Sosse war ein Gedicht. Oben links im Bild ist mein „Al Capone“, der für heute ausgedient hatte. Ich verbrachte noch eine Nacht in Massa, wo vorher noch ein gutes Abendessen auf dem Programm stand.

Es war schön in Italien. Ich möchte hier bald wieder her und hoffe, es klappt nochmal in 2017.

2015, Oktober, Catalunya – Teil 1

Katalonien – Teil 1, Gironès

In den Herbstferien stand eine Kurzurlaubsreise in das Gironès an. Ich habe noch keine Bücher über die Templer in Spanien beschafft. Denn ich bin mit Frankreich, England und Deutschland noch lange nicht fertig. Aber man kann ruhig immer auch mal einen Blick über den Topfrand hinaus werfen und im heutigen Katalonien waren die Templer sehr massiv verbreitet.

Hier eine Karte aus dem Netz über die Verbreitung der Templer im früheren Königreich Aragon:

mapa temple corona aragoncopyright: Tortosa Templaria Blogspot

Das ist ne ganze Menge, bei weitem zuviel für unseren Kurztrip. Aber es ist natürlich auch eine Herausforderung. Für das nächste Jahr. Wir haben uns spontan für Mai 2016 eine Ferienwohnung in Katalonien gebucht und bis dahin habe ich auch genug Zeit, die entsprechenden Bücher zu beschaffen. Doch jetzt erstmal auf den Nahbereich um Girona selbst konzentrieren. Wir wohnten in der kleinen, aber feinen Hafenstadt Sant Feliu de Guixols, ca. 25 km südöstlich von Girona, die auch dann noch liebenswert ist, wenn alle Touristen längst fort sind. Entzückende kleine Gassen, teilweise irritierend steile Strässchen in höher gelegene Ortsteile, ein beschaulicher Jachthafen, Geschäfte, vielfältige Gastronomie, eine Markthalle, und entlang der sehr reizvollen Strandpromenade prachtvolle Villen aus der belle epoque

Girona Oktober 2015 112Casino dels Nois, Sant Feliu de Guixols

herrliche Überreste eines Benediktinerklosters mit seiner Porta Ferrada und Wehrtürmen:

Girona Oktober 2015 107Monestir de Sant Feliu, beherbergt heute das historische Museum

und schliesslich mein Geheimtipp für preiswerte und leckere Tapas, die Bar Extremeño.

Schauen wir uns den realistischen Nahbereich für unseren Vier-Tage-Trip einmal an:

Girones

Sie lesen richtig. Perpinyà oder heute besser bekannt unter Perpignan, war damals noch ein Teil von Spanien, ebenso wie das Mas Déu, das Sie mit mir schon im Jahre 2010 besichtigt haben und das gesamte heutige französische Departement 66 Pyrénées-Orientales, Region Languedoc-Roussillon. Perpinyà gehörte zum Königreich Mallorca und Girona zu zum Königreich Aragon. Über Templer in Girona habe ich im Netz bisher noch nicht allzuviel – oder besser eher nichts – gefunden, aber der Ort Aiguaviva wird vielversprechend als Templerstätte beschrieben, etwa in Wikipedia.

1. Casa dels Templers, Aiguaviva

Es gibt dort ein Casa dels Templers, das auf der Webseite Catalunya Medieval  oder auf der Seite Monestirs de Catalunya wunderbar mit vielen schönen Bildern beschrieben wird. Eine Wegbeschreibung findet man auf der Webseite des Ajuntament de Aiguaviva. Es stellte sich heraus, dass die Örtlichkeit tatsächlich sehr leicht zu finden ist, man kann sie sogar von der Autobahn AP-7 sehen. Das Anwesen befindet sich unmittelbar an der Landstrasse GI 533, direkt am ersten Kreisel zwischen Vilablareix und Aiguaviva. Parkplätze gibt es keine. Die Gebäude befinden sich offensichtlich in Privatbesitz. Obwohl es in den Listen der denkmalgeschützen Objekte der Generalitat de Catalunya aufgenommen ist, gibt es vor Ort keinen Hinweis darauf, ob Besucher willkommen oder verboten sind. Das Anwesen ist hoch umzäunt und wird umfassend landwirtschaftlich genutzt. Es gibt keine asphaltierten Strassen oder Wege dahin. Man fühlt sich als unwillkommener Eindringling, wenn man versucht, sich über  ordentlich bestellte Felder ringsherum dem Anwesen auf holperigen Traktorwegen zu nähern. Liegt das an dem wütend bellenden Hund? Egal, es gab auch keine Verbotsschilder, also ran an die Sache.

Von vorne zu nähern, machte den Hund noch wütender. Der Haupteingang aus Distanz.

Girona Oktober 2015 022casa dels Templers,  Aiguaviva, Provincia de Girona, Catalunya

Wir umrundeten das ersichtlich aus dem 17. Jh. stammende Haus und erreichten, indem wir ein kleines Gewerbegebiet durchquerten, den Feldweg zur Rückseite des Anwesens.

Girona Oktober 2015 043

Hier liessen wir das Auto stehen und umrundeten das Gelände zu Fuss. Das störte den Hund offenbar nicht.

Girona Oktober 2015 035Neben diesem Schuppen mit Schießscharten tauchte die Kapelle Santa Magdalena auf.

Girona Oktober 2015 023Etwas näher ran:

Girona Oktober 2015 026Santa Magdalena de Aiguaviva

Der Bau ist auch aus dem 17. Jh., aber die Johanniter haben darauf geachtet, dass das Templerkreuz auf dem Glockentürmchen erhalten blieb.

Weil wir nicht nah genug an den Haupteingang herangelangen konnten, kann ich leider die Steinmetzarbeiten nicht mit eigenen Fotos zeigen. Das Haupttor als ganzes zeige ich Ihnen hier aufgrund ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung von Ricard Ballo, Catalunya Medieval und mit dem Hinweis, das Copyright unbedingt zu beachten:

Casa dels Templers 090919_725copyright: Ricardo Ballo, Catalunya Medieval

Diese Seite wird den Freunden der Geschichte Katalonies allerwärmstens empfohlen. Sie enthält Fotos von tausenden mittelalterlicher Bauwerke, geordnet nach den Provinzen Kataloniens und dem Bauwerkstyp. Diese Seite regt zum stöbern an und lädt zu Zielen ein, die man im Urlaub mal ansteuern könnte, wenn einem der Strand langweilig geworden ist.

Detail des Türsturzes:

Aiguaviva-03copyright: Monestirs de Catalunya

Die Templerkreuze stammen gewiss aus dem Bau im Urzustand. Über dieses Templerhaus ist bekannt, dass der letzte Bewohner – kein Ritter, sondern ein Handwerker – aus dem naheliegenden Ort Aiguaviva selbst stammte und Ramon de Vilert hiess (mediterranées.net).

Girona Oktober 2015 052Zu Ehren der Templer hat die Gemeinde eine Strasse nach dem Orden benannt und …

Girona Oktober 2015 064das Ortswappen mit einem Lamm Gottes mit Templerkreuz geschmückt.

2. Spurensuche Templer in Girona

Gibt man verschieden kombinierte Suchbegriffe, etwa templers girona oder gironès ein, findet man keine direkten Treffer. Zumeist landet man auf einen Link nach Aiguaviva. Ich hatte bislang nur den Hinweis auf der eingangs gezeigten Karte und die blasse Erinnerung daran, dass mir vor acht Jahren beim Spaziergang in der Altstadt von Girona eine Art Platte an der Aussenwand der Kirche Sant Feliu de Girona aufgefallen war, die mir „templerisch“ vorkam. Ich hatte damals keine Kamera dabei und konnte mich auch schon bald nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Nun ergab sich die Gelegenheit, dem mal auf den Grund zu gehen.

Girona Oktober 2015 073Sant Feliu de Girona

Der Bau der Kirche, die sich seit einem Papstbesuch Basilika nennen darf, wurde im 12. Jh. begonnen und bis ins 17. Jh. fortgesetzt. Man findet sie im Norden der Altstadt unterhalb der Kathedrale aus der Barockzeit. Man kann dort frühchristliche Särge aus dem 3.- 5. Jh. und das gotische Grab des heiligen Narziss, dem Stadtheiligen von Girona bestaunen. Ausserdem glaube ich, dass die Templer dort ihre Spuren hinterlassen haben. Dazu habe ich bisher aber noch nichts in der Literatur gefunden.

Seien Sie meine Gäste, und folgen Sie mir, wenn Sie wollen, bei meiner „Beweisaufnahme“. Wir nähern uns der Kirche von Süden:

Girona Oktober 2015 077Südpforte Sant Feliu de Girona

Direkt neben dem südlichen Eingang findet man diese oben beschriebene und aus grauem Stein gefertigte Platte.

Näher ran:

Girona Oktober 2015 081

Man sieht (von aussen nach innen): 1.)  zwei Menschenköpfe, die nach innen schauen,  2.) zwei Katzenköpfe (oder was soll das sonst sein)

Noch näher ran:

Girona Oktober 2015 082

und in dem Sonnenmotiv 3.) ein Agnus dei mit einem Stab, der in einem Kreuz endet. Das alles erregte meine Neugier, denn solcher Zierrat kommt sehr häufig in Templerkirchen oder -kapellen vor.

1.) nach innen schauende Gesichter.

Ich muss nicht allzulange in meinem Gedächtnis kramen, denn die letzte Sichtung einer solchen Skulptur ist noch garnicht so lange her. War es nicht in Temblecombe?

England 2015 Markus Kamera 2 017Templar Church St. Mary, Templecombe, Somerset

Aber das kenne ich auch noch von anderen Kapellen. Ich musste mir dazu bloss tausende von Fotos seit 2006 ansehen. Doch die hartnäckige Suche hat sich gelohnt. Le Saulce d’Island hat sowas auch:

Burgund 331Templerkapelle Le Saulce d’Island, 89200 Avallon, Yonne, Burgund

Als ich diese Kapelle im Jahre 2007 aufsuchte, hatte ich wahrhaft grosses Glück. Man durfte das Gelände ausserhalb der Kapelle ohne Hindernis betreten. Wie mir Frau Prof. Dr. Helen Nicholson, deren zahlreiche Bücher über die Templer und ihre Prozesse man nicht oft genug empfehlen kann,  ein paar Jahre später per e-mail mitteilte, ist das Gelände jetzt nicht mehr zu betreten sondern weiträumig abgesperrt, sodass solche Fotos heuite nicht mehr möglich sind.

Und wo gibt es sowas sonst noch? An der berühmten Templerkirche von Montsaunès:

RlC07 175Kirche St. Christophe, 31391 Montsaunès, Haute-Garonne, Midi Pyrenées

Viel bewiesen ist damit noch nicht. Die Platte könnte durchaus etwas mit den Templer zu tun haben. Aber immerhin, dieses auffällige Motiv war an drei sicher zugeschriebenen Templerkirchen zu finden, die tausende von Kilometern auseinanderliegen. In Südengland, dem Burgund, den nördliche Pyrenäen und eben im Gironès. Jetzt müsste man Prüfungen anstellen, ob es sich hierbei nicht um ein typisches Motiv gehandelt haben könnte, was so auch an ganz gewöhnlichen Kirchen der Epoche gefunden werden kann. Ich werde die Augen offenhalten und bitte meine Leser insoweit um das gleiche.

Aber wir haben ja noch mehr Auffälligkeiten:

2) Katzenköpfe.

Girona Oktober 2015 081

Gibt es die vielleicht auch an anderen Templerkirchen? Oh ja, doch. Prominentes Beispiel:

KathedralenTour 079Templerkapelle, 02020 Laon, Aisne, Picardie

Das bedeutet garnichts, sagen Sie? Es ist purer Zufall? Abwarten. Ich muss nur mal eben schnell wieder tausende Bilder durchforsten…..

und bin auch zahlreich auf Katzenköpfe an anderen verbürgten Templerkirchen und -kapellen gestossen:

London - Temple Church

London – Temple Church, copyright MM

Chapelle des Templiers, 02020 Laon, Aisne, Pcardie

Chapelle des Templiers, 02020 Laon, Aisne, Picardie, copyright MM

Chapelle des Templiers, 11330 Laroque-de-Fa, Aude, Languedoc-Roussillon

Chapelle des Templiers, 11330 Laroque-de-Fa, Aude, Languedoc-Roussillon, copyright MM

Chapelle des Templiers, 16110 Yvrac-et-Malleyrand, Charente, Poitou-Charentes

Chapelle des Templiers, 16110 Yvrac-et-Malleyrand, Charente, Poitou-Charentes, copyright Markus Menzendorff

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Eglise des Templiers, 33127 Martinas-sur-Jalle, Gironde, Aquitaine, copyright Markus Menzendorff

Die Häufung von Katzenköpfen in Templerkirchen, die auch wieder weit ausseinander in Europa verstreut liegen, scheint mir signifikant zu sein. Ich habe zwar noch keine akribischen Statistiken im Vergleich mit gewöhnlichen Kirchen zusammengestellt. Ich halte aber auch gewöhnlich stets Ausschau in Kirchen nach Ausschmückungsmerkmalen und mir ist etwas derartiges bisher noch nirgendwo sonst aufgefallen. Auch hier ist der geneigte Leser gefragt, mir seine etwa gegenteiligen Beobachtungen mitzuteilen.

Kann man anhand dieses Befundes  nur von einer ordenstypische Aufmerksamkeit des Templerordens gegenüber diesem Tier oder schon einer Art Verehrung, gar einer Götzenanbetung sprechen? Oder sind das nur harmlose Sympathiebeweise einzelner Ordensmitglieder? Es ist unabweisbar, dass den Templern in den Prozessen, die zur Auflösung des Ordens führten, unter anderem auch die Anbetung von Katzen vorgeworfen wurde (Demurger, der letzte Templer, S. 241). Es lohnt sich also, über die Hintergründe dieser Vorwürfe und über die Rolle der Katze im Mittelalter nachzudenken.

„Die Bedeutung der Katze war im frühen Mittelalter gering. Mit der zunehmenden Ausbreitung der – ebenfalls über Seehandelswege eingeschleppten – Vorratsschädlinge Wanderratte, Hausratte und Hausmaus ergab sich die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung, was im Spätmittelalter zu einer starken Zunahme der Hauskatzen führte.“ (Wikipedia).

Katzen wurden als Haustiere unersetzlich und waren recht wertvoll. Im Sachsenspiegel der Jahre 1220-1230 wurde der Preis einer Katze mit dreivierteln des Preises von Kühen oder Schafen festgesetzt (aaO). Katzen wurden aber nicht nur als nützliches Haustier, sondern auch als „Gespielinnen“ für adlige Damen geschätzt (ebenda). Allerdings war diese Wertschätzung der Katze nicht ungeteilt. Sie mußte im Laufe der Zeit durch Aberglaube eine Änderung erfahren. Die Katze wurde zunehmend dämonisiert. Sie galt bald als unglücksbringendes Wesen und als Begleiterin der Hexen (aaO).

„Im Mittelalter verabscheut man die Katze als Ausgeburt der Hölle, verbrennt sie und misshandelt sie aufs Übelste. Im Mittelalter, besonders zwischen 1180 und 1233, wird die Katze auf Grund ihrer merkwürdigen und unverstandenen Verhaltensweise zur Zielscheibe schwerster Anschuldigungen. Sie wird der Verbrechen beschuldigt, welche die Heiden den Christen, und später die Christen den Gnostikern und Juden zuschreiben. Man bringt sie mit Teufelsanbetungsritualen ketzerischer Sekten in Verbindung. Den Katharern zufolge erscheint der Teufel in Gestalt einer Katze. Im Jahr 1230 beschreibt der Bischof von Paris, Guillaume d’Auvergne, Luzifer in seinen Schriften als eine Krähe oder Katze.“ (Royal Canin, die Bedeutung der Katze in der Geschichte).

Malcolm Barber untersuchte schon 1973 die Anschuldigungen gegen die Templer, die jedenfalls 1308 insgesamt nicht wirklich etwas neues darstellten, vor dem Hintergrund von früheren anderweitigen Verfahren der Ketzerverfolgung (Anke Krüger,  Das „Baphomet-Idol“, in Histor. Jahrbuch 119 (1999), S. 124) . „So konnte er für den Artikel der Anbetung eines Katers Parallelvorwürfe gegen häretische Gruppen eruieren, die Walter Map in seiner um 1182 verfaßten Schrift De Nugis Curialium, und Papst Gregor IX. in seiner 1233 erlassenen Bulle Vox in Rama berichteten“ (Anke Krüger, aaO). Allerdings weist Anke Krüger darauf hin, dass der Vorwurf der Katzenanbetung gegen die Templer erst recht spät, nämlich erst in der Befragung durch die Provinzialkommissionen erstmals erhoben wurde, „nachdem bereits drei Verfahren – das der königlichen Beamten und der Inquisition 1307/8 und der Sonderkommission 1308 – geführt worden waren, in denen dieser Anklagepunkt nicht“ erschien (aaO.., S.125).  Auch nach Demurger tauchte der Katzenanbetungsvorwurf noch nicht in der Aufstellung der 127 Artikel vom 1308 auf (Demurger, Die Templer, S. 249), sondern erst in den 11 Anklagepunkten der sog. Grandes Chroniques de France (aaO). Dagegen bezieht sich Strelka offenbar auf ein anderes Dokument einer Anklage gegen den Orden vom 12.08.1308 (Strelka, Dante und die Templergnosis, S. 36). Ein diesem Datum überschriebenes Dokument kann man bei Barber, (The Trial of the Templers, S. 248ff.) als Appendix A einsehen. Es enthält aber ersichtlich mehr als 11 aber wohl auch nicht 127 Anklagepunkte und ist damit wohl nicht mit den beiden von Demurger zitierten Dokumenten identisch. Aber es enthält ausdrücklich den Vorwurf der Anbetung einer gewissen Katze, die manchmal in Versammlungen der Templer erschienen sei. Dieser Anklagepunkt beruhte ersichtlich nur auf einer einzigen Zeugenaussage, die durch List in die Hände Nogarets, des Chefanklägers des Königs von Frankreich gelangt war (Strelka, aaO, S. 37).

Die Feinde des Tempels, soviel ist sicher, brauchten Anklagevorwürfe, die unter der gerecht denkenden Bevölkerung Ekel und Anwiderung auslöste, um erfolgreich zu sein. Die Bevölkerung musste das aber auch glauben. Und die Vorwürfe leicht verstehen können. Demurger bringt das mit einem Satz auf den Punkt: „Jede Anschuldigung bezog sich auf etwas Bekanntes, das dem größten Teil der Bevölkerung unmittelbar zugänglich war“ (aaO). So bezog man sich zum „Beweis“ der angeblich organisierten Homosexualität unter den Templern auf deren bekanntes Siegel, was zwei Ritter hintereinander auf einem Pferd abbildete:

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Quelle: Wikipedia, copyright siehe dort

Und so mag es auch mit den Katzenbildnissen an Dachtraufen gewesen sein. Die Erinnerung der Bevölkerung an den Katzenwahn von 1230 wird leicht damit aufzufrischen gewesen sein, dass die Inquisitoren von ihren Kanzeln etwa geiferten: „und haben sie nicht schliesslich auch an jeder ihrer gottverlassenen Kirchen Katzenköpfe angebracht, um die gerechte Christenheit zu verhöhnen?“

Wäre die Katze an den Kirchen ein „gnostisches Geheimzeichen“ wie immer wieder gemunkelt wird, wären die Templer ganz schön dumm gewesen. Denn Geheimzeichen serviert man nicht auf dem Präsentierteller, wenn man nicht die Inquisition gegen sich aufbringen wollte. Der Argwohn von Teilen der Bevölkerung gegen Katzen wird sich auch bei den Templern herumgesprochen haben. Wenn ich mir die Bilder der Katzenköpfe so ansehe, haben die nichts geheimes, nichts bedrohliches und nichts verhöhnendes an sich. Sie wirken eher heiter, wie Karikaturen. Manchmal ist man sich garnicht sicher, ob die Bildnisse wirklich Katzen zeigen sollen. Katzenohren sind es wohl. Aber die Gesichter scheinen mitunter menschliche Gesichtszüge zu tragen. Sind es Spott-Grimassen? Ich werde das Phänomen weiter beobachten.

Zurück zu Girona. Das dritte Symbol auf der Platte, das Lamm Gottes mit Kreuzfahne ist ein sehr häufig mit Gewißheit belegbares und damit mindestens typisches – wenn gleich auch nicht etwa exklusives  – Templersymbol. Wir finden es an a) Templergebäuden, b)Templersiegeln und c) Templerortswappen

a) Templergebäude:

Burgund 253chapelle La Courroirie, 21290 Voulaines-les-Templiers, Côte-d’Or, Bourgogne

KathedralenTour 088Schlussstein, chapelle des Templiers, 02020 Laon, Aisne, Picardie

Hof Iben 016Schlusssstein, Templerkirche Hof Iben, 55546 Fürfeld, Rheinland-Pfalz

London 2009 127 Portal Middle Temple Treasury, London WC2

SONY DSCPortal, Stadtkirche, 38154 Königslutter, Niedersachsen

Letzere Kirche ist keine nachgewiesene Templerkirche. Man muss das also cum grano salis aufnehmen. Aber Königslutter ist nur etwa 8 km von der nachweislichen Templerkirche  38376 Süpplingenburg entfernt. Auf halbem Weg liegt die Gemeinde 38154 Groß Steinum, die seit 1373 den Johannitern gehörte. Da die Ursprünge der Kirche im dunklen liegen und die ersten Gebäudeteile aus dem 12. Jahrhundert stammen, werden die Templer zumindestens einen Einfluss ausgeübt und diese Kirche sicher auch besucht haben. Vielleicht hatten sie die Pfarreirechte erhalten, aber darüber gibt es offenbar heute jedenfalls keine Unterlagen.

b) Templersiegel, Auswahl

März 2006 078Museum, 12230 Ste. Eulalie-de-Cernon, Aveyron, Midi-Pyrénées, Siegel des Roncelin de Fos

 Agnus_dei_seal_Artistic_representationiSeal of Robert of Sandford, the Master of the Temple in 1241 in the British Library

Copyright: Wikipedia

c) Wappen von Templerorden

Girona Oktober 2015 063Wappen von 17181 Aiguaviva, Girona, Catalunya

2015, Oktober, Yorkshire

England – Teil 4, Yorkshire

Eine Geschäftsreise nach England gab Gelegenheit, zwei Templerorten in Yorkshire einen Besuch abzustatten. York wurde als Ausgangspunkt der Reise gewählt. Ich kam in dem wunderschönen Ascot-House preiswert in einem geräumigen Zimmer unter.

Click for a 360° view of the Ascot House lounge

Ascot House, York, Salon

1. Temple Hirst

Ungefähr 21 Meilen auf der A 19 südlich von York befinden sich noch gut erhaltene Reste der ehemaligen Präzeptorei Temple Hirst. Obwohl der Ort Temple Hirst recht klein ist, war das historische Templergebäude nicht leicht zu finden. Heute wird in dem Anwesen eine Seniorenresidenz betrieben. Ich hab mir zunächst vom Management die Erlaubnis erteilen lassen, das Privat-Grundstück zu betreten und auch Fotos des historischen Gebäudes zu machen. Es ist nicht gestattet, eigenmächtig das Grundstück zu betreten und es ist selbstverständlich auch erforderlich, die Privatsphäre der Bewohner zu respektieren.

2015-10-12 Yorkshire 001Preceptory of Temple Hirst

Im Jahre 1152 übertrug Ralph Hastings das Manor von Birkin an den Templerorden (British History online). Sein Bruder Richard of Hastings war von 1155 bis 1185 Meister des Templerordens für England (Wikipedia).

2015-10-12 Yorkshire 005Bitte beachten Sie die behauenen Steinquader am Fusse des Turmes:

2015-10-12 Yorkshire 007Einmal um das Gebäude herumgeschlichen:

2015-10-12 Yorkshire 008

Noch weiter: Die Südpforte, das wunderschöne (normannische) Templerportal:

2015-10-12 Yorkshire 014

 Gesamtansicht vom Süden:

2015-10-12 Yorkshire 013

Ausser dass man sich mit Wollhandel beschäftigt hat, ist von dieser Präzeptorei nichts weiter bekannt (Brighton, S. 192). In den Prozessen in London wurde den Templern von Temple Hirst vorgehalten, Sie hätten u.a. Katzen angebetet oder ein Festmahl zu Ehren eines Kalbes abgehalten. Die Vorwürfe haben sich nicht erhärten lassen (aaO).

2. Templer in Ribston

Etwa 33 Meilen nordwestlich von Temple Hirst, grösstenteils entlang der A1, gelangt man nach Ribston Hall, Wetherby, in North Yorkshire. Hier unterhielten die Templer ebenfalls eine Präzeptorei und umfangreiche Ländereien. Der Ort Little Ribston ist recht klein. Man sieht schon in der Durchfahrtsstrasse, daß die Mauern von Scheunen und Einfriedungen aus mittelalterlich behauenen Steinen gefertigt sind.

2015-10-12 Yorkshire 030 2015-10-12 Yorkshire 027Ich nehme an, dass die Steine aus Templer-Mauern stammen. Ribston Hall habe ich – um es kurz zu machen – vor Ort jedenfalls nicht gefunden. Ich habe mehrere Passanten gefragt und unterschiedliche Beschreibungen gehört, die ich aber – „nach der Kreuzung links, und dann an so einem Metallgatter vorbei, das erste rechte nach der Scheune … usw“ – vor Ort leider nicht nachvollziehen konnte oder aber nach den ersten zwei Abbiegungen schon wieder vergessen hatte. Ich hätte eine Wanderkarte der Gegend gebraucht, oder ein Internetcafé, beides war in dieser ländlichen Idylle nicht zu finden. Und so habe ich Ribston Hall beim ersten Anlauf VERPASST ! Das ist mir sehr peinlich, aber ich muss es bedauerlicherweise gestehen. Alle Passanten sagten mir zudem, dass die Besitzer von Ribston Hall nicht gerade begeistert über Besucher sind, es wäre besser, sich vorher anzumelden. Aber auch eine Telefonnummer war nicht bekannt. So konnte ich keine eigenen Fotos anfertigen.

Mein Dank gebührt daher Herrn Nigel Nicholson, Cardiff, der mir freundlicherweise gestattet hat, seine Fotos von Ribston Hall und der Templerkapelle hier zu veröffentlichen:

Copyright: Nigel Nicholson, Cardiff

Eine Hinweis folgend, dass in die Kirche des in der Nähe befindlichen Ortes Spofforth Steinmetzarbeiten mit Templerbezug verbaut worden seien, und zwar oben auf dem Dach über dem nördlichen Mittelgang und unten diese Steinmetzarbeit hier:

spofforth crossCopyright: Dennis Garner, Templars in Britain

 begab ich mich zu der ca. 3 Meilen entfernten All-Saints-Kirche in dem Örtchen Spofforth, deren älteste Teile aus dem 12. Jahrhundert stammen.

2015-10-12 Yorkshire 022

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2015-10-12 Yorkshire 021Templersteine, wohin man sieht.

Den Abend verbrachte ich in in einem Pub in der Altstadt von York, sehr zu empfehlen, alles zu Fuß erreichbar und vergnügte mich mit ein paar Drinks und einem sehr üppigen Cajun Chicken Sandwich mit Guacamole und Chili-Sauce.Ein paar Impressionen aus York mitgenommen:

Handy Samsung 148

Kathedrale, York

Handy Samsung 152York, Stonegate

Handy Samsung 154

Dann freute ich mich auf mein Baldachin-Bett im Ascot House. Die Rückreise am nächsten Tag war – jedenfall in meinem bisherigen Leben – eine Art logistischer Höhepunkt in Planung und Ausführung. Ich habe noch nie derartig viele verschiedene Verkehrsmittel an einem Tag benutzt. Aufstehen um 7:00, frühstücken um 8:00.

  1. mit dem Mietwagen vom Hotel zur Abgabestation, direkt am Bahnhof von York
  2. keine 10 Minuten später sitze ich im „Virgin“-Zug non stop nach London, Abfahrt ca. 9:00, Ankunft 11:00, Kings Cross Railway Station.
  3. Mit London undergroud, die (schwarze) Northern-Line nach Süden bis „Bank“
  4. Umsteigen in die DLR (Docklands Light Railways) bis zum London City Airport,
  5. einchecken, kurz warten und Abflug, eine Stunde später Landung in Frankfurt
  6. Mit der S-Bahn nach Sachsenhausen
  7. mit der Strassenbahn in meinen Stadtteil, puh! Fertig, und jetzt ein Guinness! cheers 🙂

2015, August, Cornwall und Somerset

England – Teil 3, Cornwall und Somerset

Sommerferien mit der Familie in England auf dem Lande! Wir fuhren wir diesmal mit dem Auto nach England, weil das Hündchen mitkommen sollte. Doch ein Stempel im Hundepass fehlte und so mussten wir erst in Dunkerque einen Tierarzt aufsuchen. Wir verpassten dadurch nicht nur unsere Fähre, sondern die nächste und die übernächste auch noch. Wir kamen daher erst gegen 20:00 in Dover an, viel zu spät, um die Ruine der Templerkirche in Dover besuchen zu können. Die Fahrt vom südöstlichsten Punkt Englands bis in dessen Südwestspitze sollte lt. Reiseroutenrechner ca. 5 Std. dauern. Tatsächlich kamen wir erst um 02.00 – nach einer sehr anstrengenden Fahrt (die Briten benutzen bekanntlich die falsche Strassenseite 🙂 ) durch heftige Regenschauer – in unserem Feriendomzil in Cornwall an: Das Gamekeepers Cottage in den Tregrehan Gardens, Gemeinde Par, Cornwall. Ich möchte das sehr gerne weiterempfehlen. Wir wurden sehr herzlich willkommen geheißen und aufmerksam nach evtl. Sonderwünschen befragt. Ein perfekter Urlaub bahnte sich an. Es gibt dort herrliche Gartenanlagen zu besichtigen, mit Bäumen aus Überseee: Südafrika, New Zealand, Kalifornien, Australien u.v.m. Die Familie der heutigen Eigentümer sammelt dort seit dem frühen 19. Jahrhundert Pflanzen aus aller Welt.

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Tregrehan Hall, ca. 1820

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Unsere Ferienwohnung Tregrehan Cottages, 1840

1. Templer in Cornwall

Nicht einmal 20 Meilen entfernt von unserer traumhaften Unterkunft, die keine Wünsche offenliess, befindet sich die nächste Templerei, soweit ersichtlich die einzige in  Cornwall, auf dem Gebiet der Gemeinde Blisland nahe des Colliford Lake. Wir befinden uns mitten im Bodmin Moor, das zur Zeit der Templer noch „Temple Moor“ (Simon Brighton, S. 116) genannt wurde! Wegen eines Umbaus der A 30 an der Stelle ist die Ausfahrt nach Temple nur schlecht zu finden. Die Zufahrt ist nur aus nordöstlicher Richtung kommend möglich. Die A 30 ist heute wie früher die wichtigste Zufahrtsstrasse nach Cornwall und führt durch das Bodmin Moor. Die Ausfahrt liegt etwa auf der halben Strecke zwischen Launceston an seinem Eingang und Bodmin an seinem Ende. Ein strategisch wichtiger Platz also, denn auch die Pilger benutzen damals schon diese Fernstrasse durch das Bodmin Moor, um einen der Pilgerhäfen an der südwestlichen Küste Englands zu erreichen.

Als wir die A 30 auf einem schmalen Feldweg verliessen, um uns langsam über das Moor der Temple Church zu nähern, verschlug es uns beim Anblick einer offenbar sehr alten Brücke, die noch intakt ist, den Atem:

England 2015 Markus Kamera 1 039Templerbrücke, Bodmin Moor

 Aber das eigentliche Ziel unseres Tagesausfluges steigerte unsere Begeisterung noch um ein vielfaches.

England 2015 Markus Kamera 1 040Die Ortschaft, in der sich diese Wegmarkierung befindet, besteht nur aus einer Handvoll von Gebäuden, die vielfach teilweise mit offensichtlich im Mittelalter behauenen Steinen errichtet worden sind:

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Vermutlich handelt es sich um Baumaterial aus den alten Templergebäuden, von denen sonst nichts mehr übriggeblieben ist. Aber das:

England 2015 Markus Kamera 1 047Temple Church, Blisland, Bodmin Moor

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Die Kirche war sogar auf!

England 2015 Markus Kamera 1 060

Wie man sieht, ist die Kirche innen modern restauriert, und zwar im Jahre 1883. Im Jahre 1584 hatte die Kirche einen denkbar schlechten Ruf. Ungesetzliche Hochzeiten wurden geschlossen und sogar Selbstmörder konnten beerdigt  werden (Brighton, S. 119). Schliesslich stürzte die Kirche im Sturm in sich zusammen und begrub einen Obdachlosen, der dort vergeblich Schutz gesucht hatte (aaO). Von der alten Kirche stand nur der links im Bild zu sehende Bogen, aber sie wurde unter Verwendung des Original-Materials im gleichen Design wieder aufgebaut (aaO).

Hinter der Kirche befindet sich noch ein Nebengebäude oder Schuppen, in dessen Fassaden verschiedene behauene Steine hineinverarbeitet worden sind, um sie für die Nachwelt zu erhalten:

England 2015 Markus Kamera 1 057

In der Mitte sieht man das Handwaschbecken der alten Kirche, das sog. piscina. Zwei Steine, der links neben dem Becken und an der unteren rechten Ecke zeigen (etwas primitiv) eingeritzte Kreuze. Nach Simon Brighton, S. 120, der sich dabei auf R.A. Courtney stützt, seien dies Reste sogenannter standing stones aus dem Neolithikum, die auf diese Weise „christianisiert“ worden seien. Wenn die frühen christlichen Missionare die Leute nicht davon abhalten konnten, ihre heidnischen Steinstelen zu verehren, hat man anfangs eben einfach ein Kreuz hineingeritzt und später die Spitze dieser standing stones oder menhire häufig von Steinmetzen zu Kreuzen umarbeiten lassen, wie dies überall in Irland und Grossbritannien zu sehen ist.

Detailansicht des Fensters im Ostchor:

England 2015 Markus Kamera 1 065Das Tatzenkreuz der Templer, eine moderne Arbeit

Informationsblatt mit geschichtlichen Details:

England 2015 Markus Kamera 1 066

Und was gabs sonst noch im Bodmin Moor?

England 2015 Markus Kamera 1 078Geologische Formation oder neolithisches Monument?

2. Templer in Somerset, Templecombe

Die nächste Templerstation war zu weit von unserer Unterkunft entfernt, um sie in einen Ausflug einbeziehen zu können, nämlich 138 Meilen oder 2 1/2 Autostunden über die A 30, die kurz nach Honiton in die A 303 übergeht. Also überließen wir während der Ferien die Templer sich selbst und erkundeten die entzückenden, eleganten, quirligen oder mondänen Hafenorte in unserer Umgebung. Die nächste Templerniederlassung auf dem Weg von Bodmin Moor nach London befindet sich etwa auf dem halben Weg von Exeter nach Andover im Südosten von Somerset, direkt an der Grenze zu Dorset. Wir nahmen diesen Ort daher erst auf dem Heimweg nach Dover in Augenschein:

England 2015 Markus Kamera 2 006Templar Church St. Mary, Templecombe, Somerset

England 2015 Markus Kamera 2 004Templergräber

England 2015 Markus Kamera 2 003Ansicht von Osten

 England 2015 Markus Kamera 2 001ebenso

England 2015 Markus Kamera 2 010Ostchor von innen

England 2015 Markus Kamera 2 012Dachkonstruktion

Die Templer erhielten diese Besitzung von Serlo FitzOdo, einem Nachkommen des Bischofs Odo von Bayeux im Jahre 1185 (Brighton, S. 110).

In der Nähe der Kirche machte eine Dame namens Molly Drew in den fünfziger Jahren – zufällig – eine aufsehenerregende Entdeckung. Sie sammelte Holz in ihrem  Schuppen und bemerkte, dass sich vom (hölzernen) Dach des Schuppens ein Stück Putz abgelöst hatte und heruntergefallen war. Sie blickte hinauf und entdeckte das gemalte Gesicht eines Bärtigen, das auf sie herabsah (aaO). Sie berichtete von leuchtenden Farben, die kurz danach den dilettantischen Versuchen des damaligen Vikars, das Bild zu reinigen, zum Opfer fielen (somersetroutes.co.uk) . Das Bild wurde jahrelang in der Kirche  St. Mary aufbewahrt (offenbar bis 2006, dem Erscheinungsjahr von Brightons Buch) und befindet sich jetzt in Bischofspalast in Wells.

Templecombe Head cropped colourQuelle: http://www.somersetroutes.co.uk/

Es ist schon viel Tinte geflossen über das, was es mit dieses Bild auf sich haben soll. Ist es eine Kopie des Grabtuches von Turin? Eine Abbildung des Schleiers der Veronika, des sog. Mandylions? Fakt ist, es zeigt einen bärtigen Mann. Keine Inschrift, kein Heiligenschein. Stellt es Jesus dar, oder gar Johannes, den Täufer? Warum hat es keinen Heiligenschein? Handelt es sich um eins der sagenhaften Kopfidole, die die Templer nach Ansicht ihrer Ankläger angebetet haben? Man wird es wohl nie genau wissen.  Mit ein bisschen zeichnerischer Fantasie könnte man leicht etwa die vermeintliche Ähnlichkeit zum Grabtuch von Turin darstellen. Das erscheint aber eher eine Spielerei.

E4CDF7FAF6Bild kopiert aus Miryline blogspot

Es fällt auf, dass das Gesicht auf dem Gemälde in keiner Weise entspannt wirkt. Der Mann hat aufgerissene Augen, einen starren Blick und einen wie zum Schrei geformten Mund. Soll das vielleicht einen abgeschlagenen Kopf darstellen?

Tatsächlich gibt es in Templerkirchen oft Kopfskulpturen, die einen Kopf ohne Heiligenschein mit heraushängender Zunge zeigen. Für mich stellen sich diese Bilder regelmässig als Abbildungen des abgeschlagenen Kopfes von Johannes dem Täufer dar.

chapelle St. Jean-Baptiste, le Grand-Madieu, 16 Charente, Poitou-Charentes

Der Umstand, dass das Bild von Templecombe (nur) den Kopf einen Bärtigen mit geöffnetem Mund und weit aufgerissenen, starren Augen, aber ohne Halsansatz (!) zeigt, spricht vielleicht dafür, dass es sich hier auch um den abgeschlagenen Kopf des Johannes handeln könnte. Johannes wird auch in der Ikonographie häufig nicht mit einem Heiligenschein abgebildet. (Heiligenlexikon.de)

In dem Zusammenhang drängt sich ein Vergleich mit anderen Skulpturen von Menschenköpfen an Templerkirchen, insbesondere der für ihre Fresken weltberühmten Templerkirche von Montsaunès auf.

Detail vom Hauptportal, Westfassade Templerkirche 31260 Montsaunès, Dept. Haute-Garonne

Achten Sie bitte auf die weitaufgerissenen Augen und den starren Blick vieler Gesichter. Bei manchen hängt die Zunge heraus. Bei dem zweiten und den vierten von links sehen wir eine ovale Öfffnung des Mundes, die dem Bildnis von Templecombe sehr ähnlich ist.

Templecombe Head cropped colourRlC07 159RlC07 159Sollten also die Gesichter mit den angstvoll aufgerissenen Augen und Mündern auf dem Portal von Montsaunès tatsächlich, wie ich vermute, abgeschlagene Köpfe darstellen, so dürfte der (einzelne) Kopf von Templecombe tatsächlich den Johannes zeigen. Aber was bedeuten dann die vielen Köpfe von Montsaunes? Mir ist heute Nacht eine Idee gekommen, die eventuell eine Erklärung dafür liefern könnte. Die Kreuzfahrer hatten im Jahre 1187 die Schlacht von Hattin verloren und hunderte von teilnehmenden Tempelrittern und Johannitern fielen in der Schlacht selbst. Aber es gerieten auch weitere hunderte von ihnen in Gefangenschaft. (Wikipedia) . 230 gefangene Templer und Johanniter wurden auf Anordnung von Saladin enthauptet (Aubarbier, S. 16, Jan Hosten, S. 118). Der Templerorden hatte nie zuvor eine solche Niederlage erlebt. Das ganze Abendland stand unter Schock. Ist das Portal von Montsaunès vielleicht eine Hommage an die hingerichteten Templer von Hattin?

Das kann man jedenfalls nicht ausschliessen, denn der zeitliche Rahmen könnte ganz gut passen. Die Commanderie wurde zwar schon 1156 gegründet (Aubarbier, S. 232), aber die Kirche entstand erst gegen 1180 (a.a.o. und Templerlexikon). Genaueres ist über den Zeitpunkt nicht bekannt. Aber da eine solche gewaltige Kirche nicht über Nacht gebaut wird und die Templer erstmals im Jahre 1187 den Anblick einer solchen Menge abgeschlagener Köpfe ihrer Brüder verdauen mussten, ist es mindestens naheliegend, dass das Portal von Montsaunes auf die Katastrophe von Hattin hinweisen soll. Gelesen habe ich dazu aber bisher noch nichts.

Was gab es sonst noch schönes zu sehen auf unserer Englandreise? Hier noch eine kleine Auswahl.

England 2015 Markus Kamera 1 204Schaurig schön: Tintagel Castle, nur der Sage nach Sitz von König Artus, erbaut 1230

England 2015 Markus Kamera 1 115Launceston Castle, vor 1067, normannische Burg, sogenanntes Motte-and-bailey castle

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Mên-an-Tol, Megalith-Formation, Penzance, Cornwall, 3000 bis 4000 Jahre alt

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Der Verfasser und seine Tochter, nicht ganz so alt 🙂

Es hat uns gut gefallen in England, wir möchten da so bald wie möglich wieder hin.

 

2015, Juli, Belgien

Templer in Belgien

Eine Reise in das „Dreiländereck“ um Maastricht und Liège (Lüttich) ergab die Gelegenheit, sich noch einmal die bereits Im Jahre 2011 besuchte Commanderie der Templer in der Gemeinde 4550 Nandrin (ca. 20 km süd-westlich von Lüttich) näher anzusehen.

1. Templer in Villers-le-Temple

Diese Commanderie wurde gegründet von Gerard de Villers um 1257 (Hosten, De Tempeliers, S. 223). Zur Commanderie gehörten noch einige Grundstücke in der näheren Umgebung und zwei Mühlen (aaO).

Maastrich und Liege 122Ostchor der Kirche von Villers-le-Temple

Maastrich und Liege 123  Detailansicht Ostchor, Wappen des Commandeurs der Johanniter, „Fr. Laure de Breteuil“, 1762

Ein Blick durchs verschlossene Hoftor der ummauerten Commanderie:

Maastrich und Liege 131sog. „basse Cour de la Commanderie“

Was gibt es noch zu sehen in Villers-le-Temple:

Maastrich und Liege 130Manoir de la Tour, 16. Jahrhundert

Derzeit „a vendre„, vorausgesetzt, man hat das nötige Kleingeld.

1. Templer in Haneffe

Ebenfalls in der Province Liège, ca. 25 km nordwestlich von Villers-le-Temple, in der Gemeinde 4357 Donceel, befand sich eine weitere Commanderie der Templer, und zwar in dem Ort Haneffe.

Maastrich und Liege 140Haupteingang

Die Kapelle ist in einem recht schlechten Zustand und nur auf Absprache innen zu besichtigen. Es handelt sich um ein  Nachfolgerbau der abgebrochenen Templerkapelle aus dem 17. Jahrhundert:

Maastrich und Liege 153

chapelle St. Jean-Baptiste, nach einer Inschrift „RE EDIFIEE PAR LE CDR DE LA FONTAINE A 1628“

Maastrich und Liege 143Informationstafel vor Ort

 

3. Templer in Maastricht ?

Im Juli 2015 folgte ich einer Einladung nach Maastricht, um an einer geführten Höhlenbegehung teilzunehmen. Es hatten sich ca. zwei dutzend interessierte Personen – vornehmlich aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden zu dieser Führung verabredet. Ein Ziel der Führung war auch, zahlreiche teilweise rätselhafte Malereien an den Höhlenwänden zu interpretieren. Einige der Abbildungen an den Wänden sollen Ähnlichkeiten mit Templermotiven haben. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen! Wir trafen uns einige Kilometer südlich von Maastricht in einem am Ufer der Maas auf einer Anhöhe gelegen Ausflugslokal namens Buitengoed Slavante

Maastrich und Liege 024

Mit dieser Anhöhe beginnt ein Hochplateau, das sich auf einige Kilometer Länge direkt am linken Maasufer nach Süden ausbreitet.

Im Inneren des Bergs gibt es ein 200 Kilometer großes Labyrinth, welches künstlich erschaffen wurde. Einige Bergwerke sind zwar viel größer als das des St. Pietersbergs, aber kaum ein anderes hat einen ebenso interessanten geschichtlichen Hintergrund. Das aktuell bestehende Labyrinth wurde in 800-jähriger Handarbeit mit den verschiedensten Handwerkzeugen gebaut. … Man kann an den Wänden der Gänge Denkmäler oder Skulpturen entdecken. (wikipedia) 

Diesere Wikipedia-Eintrag ist nicht aktuell. Durch industrielle Aktivitäten der letzten Jahre sind zwei drittel der Anlagen zerstört und es existieren jetzt nur noch ca. 70 Kilometer an Gängen. (Quelle: Joris de Lange).

Es war so gegen 13:00, als sich alle Teilnehmer versammelt hatten. Nach der Begrüßung und einer Stärkung verteilte man sich auf mehrere Fahrzeuge und fuhr entlang der Uferstrasse einige Kilometer weiter nach Süden über die belgische Grenze hinweg, bis das Zeichen zum Anhalten gegeben wurde. Unser Führer bat uns, die Lage des von uns benutzten Eingang in das Labyrinth nicht zu veröffentlichen. Denn es seien schon mindestens 2 Besucher in den Höhlen umgekommen. Man darf die Anlage unter allen Umständen nur mit einem sachkundigen Führer betreten! Ich möchte meine Leser hiermit ausdrücklich warnen. Der unbegleitete Aufenthalt in den Höhlen kann lebensgefährlich sein!

Maastrich und Liege 037

Jetzt hieß es: Jacken anziehen und Taschenlampen kontrollieren und dann ging es an dieser Stelle hinein in das Abenteuer. Wir liefen mehr als eine halbe Stunde durch mehrere Gänge scheinbar kreuz- und quer, aus denen wenig zu berichten war, bis wir auf die hier interessierenden Malereien trafen. Die Stollen hatten eine Höhe von geschätzt 6 oder 8 Metern und waren von oben nach unten in den Kalkstein hineingetrieben worden. Das ist auch der Grund, warum die ältesten „Malereien“ jeweils an den Decken zu finden waren. Es wurden keine Farben verwendet. Die Motive wurden vielmehr mittels Kerzenruß hergestellt. Man nimmt an, dass die Schöpfer dieser Abbildungen rücklings auf dem Stollenboden lagen, als der Stollen noch niedriger als ein Meter war. So ist zu erklären, dass die Abbildungen mit einigermassen ruhigen Händen erzeugt werden konnten.

Maastrich und Liege 109In der Mitte dieser Motive läßt sich ein Templerkreuz ausmachen.

Das Templerkreuz ist eingerahmt von einigen sog. Kruken-Kreuzen

Diese Symbolform eines Kreuzes mit Querbalken ist schon aus de Antike bekannt. Gottfried von Bouillon, der Begründer der Kreuzzüge, hat eine Abwandlung dieses Kreuzes zu seinem Wappen erkoren:

Argonnen und Ardennen Mai 2005 213Chateau de Bouillon, Prov. Luxembourg

Dieses Wappen wurde (in gelb) von dem Königreich Jerusalem der Kreuzfahrer übernommen und ist heute noch das Wappen des Ordens der Grabesritter. Aber auch in Templerkirchen konnte ich eine ähnliche Darstellung entdecken, etwa in Brandenburg:

Berlin Juli 2008 012Templerkapelle, 15518 Tempelberg

oder in Süpplingenburg:

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Templerkirche, 38376 Süpplingenburg

Diese Kreuze passen also gut in die Templerzeit und ihre Symbolik hinein. Aber es sollten sich noch mehr Vergleiche aufdrängen.

Maastrich und Liege 101An einer anderen Stelle in diesem Abschnitt fanden sich an der Decke weitere Templerkreuze, aber auch ein stilisiertes Dame- und Mühle- Brettspiel. Das Mühlespiel ist schon seit der Antike bekannt. Nach wikipedia soll sich in der Aachener Pfalzkapelle so eine Abbildung finden lassen.

Ein Mühlespiel fand sich auch auf einer Dachziegel eingebrannt in der Templerkapelle von Slijpe:

Slijpe(mit freundlicher Genehmigung von Jan Hosten, aus: De tempeliers, 2006).

Ein weiteres Motiv erregte meine Aufmerksamkeit, und zwar diese kreisrunden Objekte mit radialen Linien von einem inneren Kern auf den äußeren Umkreis.

Maastrich und Liege 105Dies Motive haben starke Ähnlichkeiten mit dem Skelett eines Seeigels.

Maastrich und Liege 081Dieses Beispiel fand sich in der Nähe eines Galgens und zweier Totenschädel. Beim genaueren Betrachten findet man auch bei dem oberen Abbildung ein solches Galgenmotiv. Aber auch dieses seeigelähnliche Motiv hat Entsprechungen in anderen Kirchen, die Bezug zu den Templern haben.

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Templerkirche St. Johannis, 38376 Süpplingenburg

Das rechte Motive solle eine sich öffnende und das linke eine geschlossene Blüte darstellen, der Kreislauf des Lebens, A und O.  Andere Templerkirchen haben vier solche Motive:

ChatillonChapelle des templiers St. Thibault,  21400 Chatillon-sur-Seine

Nuits sous RavieresPortal der Kirche von 89390 Nuits-sur-Armançon

Charente 020Wandmalerei Templerkapelle Cressac, 16115 Cressac-St. Genis, Charente

Ich kann derzeit noch nicht ausschliessen, dass sich solche Seeigel-Motive nicht auch auf anderen Kirchen befinden, die nichts mit den Templern zu tun hatten. Aber immerhin scheint es für die Epoche eine sinnstiftende Aussage gemacht haben und die Ähnlichkeit zu den Abbildungen in der Höhle sind mindestens signifikant.

Es gab noch eine weitere Entsprechung. Unterhalb der Decke, an der Wand eines Stollens fand sich dieses Christus-Bild.

Maastrich und Liege 073Das hatte frappierende Ähnlichkeit mit einer Glasmalerei aus der Templerkapelle von Slijpe

Slijpe(Mit freundlicher Genehmigung von Jan Hosten)

Nachdem feststeht, dass die Steinbrüche im Sint-Pietersberg seit 800 Jahren in Benutzung sind und viele der dort angebrachten Graffitis sehr große bis signifikante Ähnlichkeiten mit Verzierungen an nachgewiesenen Templerkirchen aufweisen, dürfte zumindestens ein „Anfangsverdacht“ dafür sprechen, dass die Templer sich hier auch wirtschaftlich betätigt haben könnten. Aber waren die Templer auch in Maastricht begütert? Ein lateinisches Dokument von 1269 soll das bestätigen:

image002(Quelle: Sporen van de Tempeliers in Nederland)

Im unteren Drittel der linken Spalte ist die Rede von „expensis persolvi faciam in Trajecto per Fratres Domus Templi„.

Trajectum kann sich aber auf Maastricht (=Trajectum ad Mosam) ebenso wie auf Utrecht (=trajectum ad Rhenum) beziehen. Trajectum heisst einfach nur Übergang (=hier Brücke) .

Der Frage, ob sich dieses Dokument auf Templer aus Utrecht oder aus Maastricht bezieht, oder ob sich daraus schliessen lässt, dass der Templerorden überhaupt in einer der beiden Städte eine Niederlassung unterhielt, hat man sich auf der Seite Sporen van de Tempeliers in Nederland angenommen:

Welk Trajectum?

Indertijd was sprake van een Trajectum ad Rhenum (Utrecht) en een Trajectum ad Mosam (Maastricht). Welk werd hier bedoeld?

Bij Utrecht is nooit sprake geweest van een vestiging van de Tempelorde. Guido van Avesnes, bisschop van Utrecht bericht voorts in 1307 aan de Franse koning, dat in zijn gebied geen huizen van de Tempelorde voorkomen. (J.Schwalm: Reise nach Frankreich und Italien im Sommer 1903. In: Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. XXIX (1904). Berlin, 1903. pg.635.) Naar het zich laat aanzien komt Utrecht hier dus niet in aanmerking. Met betrekking tot Maastricht heeft Ramakers uitvoerig betoogd, dat daar geen kommanderij of huis van de Tempelorde gevestigd is geweest (Zie verder: Maastricht.) Ook Maastricht als vestigingplaats van het tempelhuis komt dan te vervallen. Dit is een ongerijmdheid. Ergens schuilt hier een fout in de gedachtengang. De toekomst zal misschien leren welke fout. Hier is van belang te zien hoe het vaak gesteld is met onze kennis van de Tempelorde in ons land. Het is schimmige kennis. Zoals hier, we weten dat de Orde hier actief is geweest, maar nadere kennis over de wijze waarop ze hier was, over wat ze deed en hoe het haar verging ontbreekt veelal. Zoals hier, we weten dat er een tempelhuis was, maar reeds de juiste plaats is een vraag. Op dit glibberig pad beweegt zich deze site, Voorzichtigheid zal geboden zijn.

Die Seite warnt, dass man sich dieser Frage nur vorsichtig nähern kann, weil sie von vielen Ungereimtheiten flankiert ist. Die Frage, ob die Templer auch in Maastricht begütert waren oder nicht, ist für die hier vertretene These, dass die Templer im Sint-Pietersberg einen Steinbruch betrieben haben könnten, nicht weiter von Belang. Man weiss sicher, dass die Templer jedenfalls in der belgischen Stadt Visé eine Komturei unterhalten haben, und Visé soll sich unmittelbar gegenüber von dem Steinbruch im Sint-Pietersberg befinden.

Bei der Überprüfung dieses Sachverhaltes stellte ich fest, dass der belgische Teil dieses Felsmassivs sogar im heutigen Gebiet der Gemeinde Visé selbst liegt:

Vise(google maps)

Maastricht befindet sich nördlich von diesem Kartenausschnitte. Das Sint-Pieter-Massiv befindet sich am oberen Rand des Kartenausschnittes. Sein südlicher Ausläufer ragt in das Gebiet der Gemeinde Visé hinein.

Über die commanderie Visé werde ich im Jahre 2016 berichten. Ich bitte noch um etwas Geduld.